FAQ Arbeitsrecht
Urlaub/zeitweise Praxisschließung
Die Entscheidung über die Schließung der Praxis obliegt stets dem Praxisinhaber. Der Arbeitgeber trägt auch das Betriebsrisiko.
Folgendes ist daher zu beachten:
- Der Praxisinhaber kann auch in seiner Abwesenheit Aufgaben an Praxispersonal vergeben. Hierbei darf es sich jedoch nicht um Tätigkeiten handeln, die unter seiner Aufsicht und Anleitung erfolgen müssen (beispielsweise PZR). Organisatorische Tätigkeiten können aber unproblematisch übertragen werden.
- Entscheidet sich der Praxisinhaber für eine komplette Schließung der Praxis und stellt die Mitarbeiter frei, muss er grundsätzlich dennoch die Vergütung fortzahlen. Die Anordnung von Nacharbeit ist hier nicht möglich.
- Alternativ besteht die Möglichkeit, Betriebsurlaub anzuordnen, was aber mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf erfolgen muss (s.h. FAQ zum Betriebsurlaub).
- Bestehen Überstunden, kann der Arbeitgeber ggf. verlangen, dass diese eingelöst werden. Die Anordnung durch den Arbeitgeber muss billigem Ermessen entsprechen – eine Absprache mit den Mitarbeiterinnen ist zu empfehlen. Hinsichtlich der Überstunden ist aber vorab in jedem Fall die arbeitsvertragliche Regelung zu prüfen. Enthält der Arbeitsvertrag beispielsweise eine Regelung, dass Überstunden auszubezahlen sind, steht dies einer solchen Anordnung entgegen.
Das BAG hat nun am 20.12.2022 entschieden, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht mehr so einfach verfallen darf. Der Resturlaub verfällt demnach nur noch dann, wenn der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin
-im laufenden Kalenderjahr auf den noch vorhandenen Resturlaub aufmerksam gemacht hat,
-ihn/sie aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen
-und ihn/sie auf den drohenden Verfall ausdrücklich und unmissverständlich hingewiesen hat (z. B. durch ein Schreiben, per E-Mail oder durch Mitteilung in der Teambesprechung (was protokolliert wird).
Dies bedeutet, die dreijährige Verjährungsfrist des gesetzlichen Urlaubsanspruchs beginnt erst, nachdem der Arbeitgeber/ die Arbeitgeberin seine/ihre urlaubsrechtlichen Mitwirkungspflichten (Arbeitgeber/Arbeitgeberin hat den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zuvor rechtzeitig darauf hingewiesen und zum Urlaub aufgefordert) erfüllt hat.
Den schriftlichen Hinweis könnte man beispielsweise wie folgt formulieren:
„Sehr geehrte …..,
wir möchten Sie davon in Kenntnis setzen, dass Sie nach unseren Unterlagen noch Urlaubsansprüche in Höhe von …. Tagen haben. Die Urlaubstage bitten wir so zu beantragen, dass diese bis zum … von Ihnen genommen werden. Wir weisen darauf hin, dass für den Fall, dass Sie die Urlaubstage nicht beantragen diese zum …. ersatzlos verfallen.“
Dieser muss vom Arbeitnehmer/ von der Arbeitnehmerin nicht zwingend unterschrieben werden. Jedoch möchten wir darauf hinweisen, dass der Arbeitgeber/ die Arbeitgeberin in der Beweispflicht steht, dass er/sie seiner/ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen ist.
Vgl. Entscheidung des BAG vom 20.12.2023
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verfall-von-urlaub-aus-gesundheitlichen-gruenden/
Krankheit
Der Urlaubsanspruch verfällt mit Ablauf der 15-Monatsfrist, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin seit Beginn des Urlaubsjahres (z. B. 2021) durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres (31.03.2023) aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen/ihren Urlaub anzutreten. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet hat, bevor er/sie voll erwerbsgemindert oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden ist. In dieser Fallkonstellation setzt die Befristung des Urlaubsanspruchs regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in die Lage zu versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen (z. B. durch Hinweis möglichst in Textform, dass noch Urlaubsansprüche bestehen und diese bis zu einem bestimmten Datum zu nehmen sind, da sonst deren Verfall droht; vgl. FAQ-Frage: „Wann verfällt der Urlaubsanspruch?“).
Vgl. Entscheidung des BAG vom 20.12.2023
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verfall-von-urlaub-aus-gesundheitlichen-gruenden/
Fortbildung
Das Bildungszeitgesetz in Baden-Württemberg sieht vor, dass nach 12-monatigem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses bei einer Fünf-Tage Woche grundsätzlich Bildungszeit in Höhe von 5 Tagen in An-spruch genommen werden kann. Werden weniger Tage pro Woche gearbeitet, verkürzt sich die Bildungszeit entsprechend. Während der Bildungszeit wird der Arbeitnehmer unter Lohnfortzahlung von der Arbeit freigestellt, ohne dass Urlaub genommen werden muss.
Spätestens 8 Wochen vor der geplanten Fortbildung muss die Bildungszeit beim Arbeitgeber beantragt werden. Der Arbeitgeber kann diese aber aus dringenden betrieblichen Belangen ablehnen. Als dringender betrieblicher Belang gilt nach § 7 Abs. 3 Bildungszeitgesetz auch, wenn im Betrieb der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers am 1. Januar eines Jahres insgesamt weniger als zehn Personen ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt sind oder wenn zehn Prozent der den Beschäftigten am 1. Januar eines Jahres zustehenden Bildungszeit bereits genommen oder bewilligt wurde. Häufig findet sich zu dieser Frage auch eine Regelung im Arbeitsvertrag.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Elternzeit
Resturlaub, der vor der Elternzeit nicht in Anspruch genommen werden konnte, verfällt nicht. Dieser besteht nach Ende der Elternzeit weiter. Während der Elternzeit kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch pro Kalendermonat um 1/12 kürzen. Besteht die Elternzeit innerhalb eines Monats nur zum Teil, kann eine Kürzung nicht erfolgen. Die Kürzung kann bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgenommen werden. Es bietet sich allerdings an, eine Kürzung direkt mit der Bestätigung, dass Elternzeit für den angegebenen Zeitraum genommen werden kann, vorzunehmen. Hier kommen Sie zu unserem Musterformular (Ziffer 3.1.5.11.15)