FAQ Arbeitsrecht
Schwangerschaft, Mutterschutz
Einer besonderen Formvorschrift unterliegt das individuelle Beschäftigungsverbot nicht. Es ist allerdings ratsam das individuelle Beschäftigungsverbot schriftlich in doppelter Ausführung - für die Personalakte und für die schwangere Mitarbeiterin - zu verfassen.
Ein individuelles Beschäftigungsverbot kann vom Arzt oder auch vom Arbeitgeber ausgestellt werden. Der Arzt stellt das individuelle Beschäftigungsverbot in der Regel dann aus, wenn es sich z. B. um eine Risikoschwangerschaft handelt. Bei angestellten Zahnärztinnen, die in der Regel mit Gefahrenstoffen in Berührung kommen, stellt der Arbeitgeber meist das individuelle Beschäftigungsverbot aus. Hierzu bedarf es zunächst einer allgemeinen Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes. Auf Grundlage dieser Gefährdungsbeurteilung wird sodann an die Fachgruppe Mutterschutz des Regierungspräsidiums Baden-Württemberg eine Mitteilung zur Beschäftigung einer schwangeren Mitarbeiterin geschickt. Der Arbeitgeber stellt der Schwangeren ggfls. sodann ein schriftliches (Teil-)Beschäftigungsverbot aus.
Zunächst muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Neben einer Version für die eigenen Akten muss das Regierungspräsidium diese erhalten. Die Vorlage finden Sie hier (unter Ziffer 3.1.7.14.1 und 3.1.7.14.2).
Die Verwaltungsgerichtsrechtsprechung ist hier sehr streng, so dass eine Tätigkeit am Behandlungsstuhl nicht mehr möglich ist, da jeglicher Kontakt mit Blut oder Speichel vermieden werden muss. Selbstverständlich muss auch jegliche Strahlenbelastung durch Röntgen vermieden werden. Ein Einsatz an der Rezeption oder im Rahmen der Behandlungsplanung ist aber möglich.
Sofern kein Bedarf für die Arbeit in einem unproblematischen Bereich besteht, ist die Mitarbeiterin unter Fortzahlung des Gehalts freizustellen. Das Gehalt erhalten Sie als Arbeitgeber über die U2 Umlage von der Krankenkasse der Mitarbeiterin erstattet.
Ein Beschäftigungsverbot kann von einem Arzt ausgesprochen werden, wenn es beispielsweise Komplikationen in der Schwangerschaft gibt und deshalb die Gesundheit der Mutter oder die Gesundheit des Kindes durch die weitere Verrichtung der Arbeit gefährdet wäre.
Beschäftigungsverbote können auch dann ausgesprochen werden, wenn unabhängig vom Gesundheitszustand die Arbeit an sich die Gesundheit der Mutter oder die des Kindes gefährdet. Diese Beschäftigungsverbote spricht der Arbeitgeber oder die zuständige Aufsichtsbehörde (in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium) aus.
Die Kündigung einer schwangeren Frau bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft/Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird (§ 17 Mutterschutzgesetz).
Eine schwangere Frau soll ihrem Arbeitgeber gemäß § 15 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist.
Die Ausfallzeit aufgrund eines Beschäftigungsverbots gilt rechtlich gesehen als Beschäftigungszeit. Bleibt eine schwangere Mitarbeiterin daher aufgrund eines Beschäftigungsverbots zuhause, so verliert sie für diese Zeit ihren Urlaubsanspruch nicht. Nach § 24 Mutterschutzgesetz (MuSchG) kann sie nach dem Ende des Beschäftigungsverbots den Resturlaub, welchen sie vor Beginn ihres Beschäftigungsverbots nicht oder nicht vollständig nehmen konnte, im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.
Der Arbeitgeber, der zunächst lediglich eine Gefährdungsbeurteilung für die Zeit der Schwangerschaft ausgestellt hat, hat eine erneute Gefährdungsbeurteilung für die Stillzeit vorzunehmen. Diese Gefährdungsbeurteilung muss sodann an die Fachgruppe Mutterschutz (Regierungspräsidium BW) weitergeleitet werden. Hier kommen Sie zur „Arbeitshilfe Gefährdungsbeurteilung Stillzeit für beschäftigte stillende Frauen in zahnmedizinischen Praxen“.
Hinweis:
Das Arbeitsgericht Freiburg hat sich am 14.06.2021 mit dem Still-Beschäftigungsverbot befasst. Unter Bezugnahme auf das Empfehlungspapier des ad hoc-Arbeitskreises Stillschutz sowie der Mustergefährdungsbeurteilung für stillende Frauen in Zahnarztpraxen in BW, welches das Regierungspräsidium in Abstimmung mit der LZK BW ausgearbeitet hat (s.o. Link), wurde ein umfassendes Stillbeschäftigungsverbot vom Gericht abgelehnt. Lediglich Tätigkeiten, bei denen eine stillende Zahnärztin mit Amalgam im Rahmen des Legens (frischer) Amalgamfüllungen in Berührung kommen kann, wurden untersagt.
Hierzu hat die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg einen Leitfaden erstellt. Diesen finden Sie im Downloadbereich auf der Webseite der LZK BW.
Wurde bereits ein Still-Beschäftigungsverbot ausgesprochen, ohne eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung für die Stillzeit vorzunehmen, so empfiehlt sich, schnellstmöglich die Gefährdungsbeurteilung für die Stillzeit nachzuholen und diese der Fachgruppe Mutterschutz zukommen zu lassen. Eine solche Mustergefährdungsbeurteilung wurde neu vom Regierungspräsidium herausgegeben.
Die angestellte stillende Zahnärztin sollte, sofern ein Beschäftigungsverbot nicht mehr gerechtfertigt ist, darüber informiert werden und es sollte eine zeitnahe Rückkehr an den Arbeitsplatz avisiert werden. Damit verhindert der Praxisinhaber sich Regressansprüchen der Krankenkasse ausgesetzt zu sehen. Selbstverständlich steht es der Angestellten frei, Elternzeit zu beantragen.
Hier kommen Sie zur „Arbeitshilfe Gefährdungsbeurteilung Stillzeit für beschäftigte stillende Frauen in zahnmedizinischen Praxen“