Aug19 Grünen-Landeschef will Hamburger Modell übernehmen

27. August 2019

LZK kritisiert "Bürgerversicherung durch die Hintertür"

Der Vorsitzende der baden-württembergischen Grünen, Oliver Hildenbrand, macht sich für ein Wahlrecht von Beamten bei der Krankenversicherung stark. "Beamte sollen sich ohne finanzielle Nachteile für die gesetzliche Krankenversicherung entscheiden können und nicht länger in die private Krankenversicherung getrieben werden", sagte er der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten am Dienstag. Er schlägt vor, dass Baden-Württemberg das Hamburger Modell einer pauschalen Beihilfe übernimmt und für Beamte, die sich gesetzlich versichern, die Hälfte der Versicherungsbeiträge zahlt. Das schaffe mehr Gerechtigkeit, mehr Solidarität und mehr Stabilität, so Hildenbrand.

Der Hamburger Senat hatte als erstes und einziges Bundesland die Öffnung der gesetzlichen Krankenkasse für Beamte zum 1. August 2018 eingeführt.

"Das bedeutet die Einführung der Bürgerversicherung durch die Hintertür",  kritisiert LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert. "Die  Bürgerversicherung ist der Einstieg in ein staatlich dirigiertes Gesundheitssystem mit allen negativen Tendenzen für die Patienten und den Berufsstand. Das duale Krankenversicherungssystem aus GKV und PKV ist das tragende Element des deutschen Gesundheitswesens und hat sich bewährt".

Für eine Änderung der Beamtenversorgung sieht Dr. Tomppert auch deshalb keinen Handlungsbedarf, weil Beamte bereits heute Wahlfreiheit und einen Rechtsanspruch auf Aufnahme in die PKV unabhängig vom Gesundheitszustand haben. "Das Hamburger Modell will mit dem Zuschuss die Ausübung dieses Wahlrechts in Richtung GKV befördern, es schafft damit aber nicht mehr Wahlfreiheit, sondern beschränkt sie, da die Beamten eine einmal getroffene Wahl - anders als heute - nicht mehr revidieren können. Das führt letztlich zur Austrocknung der PKV."

Auch beim Beamtenbund Baden-Württemberg BBW ist man davon überzeugt, dass das Hamburger Modell ein Einstieg in die Bürgerversicherung ist, die der BBW ablehnt. Beim Dialoggespräch im IZZ im vergangenen Jahr betonte BBW-Vorsitzender Kai Rosenberger, "wir sind mit PKV und Beihilfe gut gefahren. So etwas wirft man nicht über Bord, sondern daran hält man fest.“

Der Entscheidung im Hamburger Senat ging ein von der Linksfraktion im Deutschen Bundestag vorgelegter Antrag voraus, wonach in der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vorgesehen werden soll, dass anstatt eines Beihilfeanspruchs nur für die private Krankenversicherung (PKV) auch eine dem Arbeitgeberbeitrag analoge Zahlung an die Krankenkasse von gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Beamtinnen und Beamten und vergleichbaren Beschäftigen auf deren Wunsch erfolgen kann.

Bei der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 1. April 2019 stieß das Ansinnen der Linksfraktion, Beamten den Weg in die gesetzliche Krankenversicherung zu erleichtern, bei Experten auf Ablehnung ebenso wie auf Zuspruch. Mit Verweis auf die Ablehnung der Initiative durch den Beamtenbund sagte Prof. Dr.  Gregor Thüsing von der Universität Bonn: „Wir haben hier eine Regelung, die keiner fordert und die keiner haben muss.“ Es fehle also an „guten Gründen“, dieses verfassungsrechtlich zumindest umstrittene Vorhaben umzusetzen.

Quelle: dpa, Deutscher Bundestag

 


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