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Ausgabe 48/ 2022

BUNDESZAHNÄRZTEKAMMER & LANDESZAHNÄRZTEKAMMER

Ergebnisse der BZÄK-Bundesversammlung in München

Mit einem "Baden-Württemberg-Wumms" setzten die Delegierten der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer am vergangenen Freitag, 4. November in München ein deutliches Ausrufezeichen gegen die "Ausbeutung der zahnärztlichen Praxen". Der von den Delegierten der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg eingebrachte Antrag wurde auf Anregung der Delegierten der Bayerischen Landeszahnärztekammer kurzerhand und mit Zustimmung des BZÄK-Vorstandes zum Leitantrag umgewidmet: "Die Bundesversammlung der BZÄK fordert die Bundesregierung auf, die Rahmenbedingungen für die zahnärztlichen Praxen zu verbessern und nicht kontinuierlich zu verschlechtern. Die Gebühren der privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen müssen den Kostensteigerungen dauerhaft angepasst werden. Budgetierungen sind abzulehnen. Die selbstständige zahnärztliche Praxis muss gestärkt werden." Einstimmig - mit der Gegenstimme von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dessen Name ein Delegierter auf die Frage des Versammlungsleiters Dr. Kai Voss, ob es Stimmen gegen diesen Antrag gebe, emporhob - wurde der Leitantrag verabschiedet.

Ehrungen
Mit einer schönen Tradition eröffnete BZÄK-Präsident Prof. Christoph Benz die Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer am 4.und 5. November 2022 in München: Er verlieh die höchste Auszeichnung der Bundeszahnärztekammer, das Fritz-Linnert-Ehrenzeichen, an Prof. Dr. Dietmar Oestereich. Eine "wendedeutsche Erfolgsgeschichte" nannte Prof. Benz den Werdegang Prof. Oesterreichs, der 21 Jahre als Vizepräsident an der Spitze der BZÄK stand. "Man findet nicht viele Kollegen, die so aufrecht, mit so viel Sachverstand und mit so viel Leidenschaft um die Prävention gekämpft haben."

Die Goldene Ehrennadel der BZÄK erhielt Flottenarzt Dr. Helfried Bieber. Der leitende Zahnarzt der Bundeswehr wurde erst Anfang September in einer akademischen Feierstunde in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.

Grußworte
Der Staatsminister im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, FDI-Präsidentin Prof. Ihsane Ben Yahya, Christian Berger, BLZK-Präsident und KZV-Vorsitzender in Bayern, und der Vorsteher der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte, Dr. Klaus-Achim Sürmann, sprachen Grußworte zu den Delegierten: Klaus Holetschek sicherte dem Berufsstand seine Unterstützung bei der Eindämmung der Aktivitäten versorgungsfremder Investoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen in der Zahnheilkunde zu. "Mir san mir - das gilt nicht nur im Sport", appellierte Christian Berger an seine Kolleginnen und Kollegen, selbstbewusst für die Interessen des Berufsstandes einzustehen und starke Signale von München nach Berlin zu senden.

Berichte
"Krise ist Chance", ist sich BZÄK-Präsident Prof. Benz sicher. Trotz der Geringschätzung und des fehlenden Respekts, den die Politik dem Berufsstand entgegenbringe und der zuletzt seinen Ausdruck in der Nichtberücksichtigung von Zahnärzten und Ärzten beim Wirtschaftsstabilisierungsfonds fand, hätten die Zahnärztinnen und Zahnärzte unter Beweis gestellt: Wir können Hygiene! Wir dürfen impfen! Wir haben eine Kooperation mit Diabetologen und Kardiologen auf den Weg gebracht! Und wir tragen mit einem Plus von 4,9 Prozent zum Wachstum der Bruttowertschöpfung bei. "Lasst uns weiter mit Mut und Zuversicht für unsere Interessen kämpfen!"

Auch der stv. Präsident, Konstantin von Laffert versicherte, "wir werden dicke Bretter bohren und nicht nachlassen, damit die Versorgung stabil bleibt." Insbesondere im Zusammenhang mit den investorengetragenen MVZ richtete er einen dringenden Appell im Interesse der Patientenversorgung an Gesundheitsminister Karl Lauterbach: "Helfen Sie uns aus dieser Situation heraus und tun Sie endlich etwas gegen die i-MVZ."

Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler gestand, eine Schwäche für Zitate zu haben und stieg mit einem treffenden der Schauspielerin Ruth Gordon in ihren Bericht ein: "Mut ist ein Muskel. Er wird dann gestärkt, wenn wir ihn benutzen." Mut, Muskeln und Kraft brauche auch die Zahnärzteschaft, um die Zukunft zu gestalten, appellierte Dr. Ermler. Vorallem wenn es darum geht, "junge Menschen für unseren Beruf und für eine Niederlassung zu begeistern und die zahnärztliche Digitalisierung praxistauglich zu gestalten, und uns selbst in eine digitale Zukunft mit mehr Effizienz zu führen - vorallem aber wenn es um die GOZ geht!" Die Ignoranz des Staates, der sich seit 1988 seiner Verantwortung bei der Anpassung der Gebührenordnung entziehe, sei "kaum mit Worten zu beschreiben." Dr. Ermler versicherte, die BZÄK werde alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, damit "wir zu unserem Recht kommen." Auch in Punkto Digitalisierung ließ Dr. Ermler kein gutes Haar an der Politik: "Fast alles, was wir mit der politisch auferlegten Digitalisierung tun müssen, hat mit Chaos zu tun: Telematikinfrastruktur, Konnektorentausch etc." und machte den vielleicht gar nicht so ironisch gemeinten Vorschlag, "vielleicht sollten wir einfach Strom sparen und den Stecker ziehen, bis die Digitalisierung funktionstüchtig ist."

Anträge
Nach der Aussprache zu den Berichten und der Entgegennahme des Jahresabschlusses 2021 sowie der Entlastung des Vorstandes für das Jahr 2021, debattierte die Versammlung Ziele und Aufgaben der BZÄK anhand zahlreicher durch den BZÄK-Vorstand sowie von Delegierten eingebrachter Anträge:

  • Der von den BW-Delegierten eingebrachte Antrag "Schluss mit der Ausbeutung der zahnärztlichen Praxen" wurde als Leitantrag der Delegierten der Bundesversammlung einstimmig verabschiedet. Zwei angenommene Resolutionen untermauern den Leitantrag.
  • Zur Gebührenordnung verabschiedete die Bundesversammlung drei Anträge. Der Verordnungsgeber wird "mit allergrößtem Nachdruck" dazu aufgefordert, den seit 34 Jahren unveränderten Punktwert sofort im erforderlichen Maß anzuheben und gleichzeitig eine Dynamisierung einzuführen.
  • Mittlerweile ist fast ein Drittel aller zahnärztlichen MVZ in Investorenhand. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder hat den Gesetzgeber bereits mehrfach aufgefordert, die längst überfälligen gesetzlichen Regulierungen dieser iMVZ auf den Weg zu bringen. Mit dem Antrag "Vergewerblichung der Zahnheilkunde endlich stoppen - Gesundheit ist keine Handelsware" forderte die Versammlung das BMG auf, dem mehrfachen Beschluss der GMK endlich Folge zu leisten.
  • Angesichts der sich unvermindert ausbreitenden sogenannten „Aligner Start-Ups“ forderte die Bundesversammlung den Gesetzgeber mit dem Antrag "Kieferorthopädie gehört in Zahnarzthand" auf, nun endlich gesetzliche Regelungen zu treffen, um die Qualität von Alignerbehandlungen zu sichern und die Aktivitäten der Start-Ups zu unterbinden.
  • Mit zwei Anträgen forderten die Delegierten ein Hilfspaket und finanzielle Unterstützung für ambulante Zahnarztpraxen zum Ausgleich der Energiekosten.
  • In einem weiteren Antrag forderte die Bundesversammlung den europäischen Gesetzgeber und die Bundesregierung auf, für den Europäischen Gesundheitsdatenraum einen hohen Schutz der Gesundheitsdaten zu gewährleisten und die DSGVO zu beachten.
  • Die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen auch in ländlichen Regionen entsprechend dem Bedarf von Mitgliedern der Heilberufe und ihrer Beschäftigen ausgebaut werden, forderte die Bundesversammlung.
  • Alle Komponenten und Anwendungen in der TI müssen ausreichend getestet, versorgungsfördernd, seriös evaluiert und kostendeckend finanziert werden, lautete die Forderung der Delegierten an die Bundesregierung.
  • Die Rahmenbedingungen für die zahnärztliche Versorgung von Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf müssen weiter verbessert werden, forderten die Delegierten und machten zahlreiche Vorschläge in ihrem Antrag.
  • Kontrovers diskutierte die Bundesversammlung über den Fachkräftebedarf in den zahnärzlichen Praxen und die Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Die LZK BW ist aktuell dabei, einen zweiten Imagefilm für das Berufsbild der ZFA zu initiieren und hat bereits zahlreiche Maßnahmen, insbesondere im Social Media Bereich, ergriffen.
  • In einem weiteren Antrag werden die EU-Institutionen und die Bundesregierung aufgefordert, Amalgam als bewährten und sicheren Werkstoff in der Zahnmedizin im Rahmen der Revision der EU-Quecksilberverordnung zu erhalten.
  • Mit äußerstem Unverständnis stellte die Bundesversammlung fest, dass durch das GKV FinStG die notwendige Versorgung der Patientinnen und Patienten im Bereich der Parodontitis unter eine Budgetierung gestellt wurde und forderte die "Beseitigung der medizinisch unverantwortlichen Budgetierung".

Haushalt
Die Bundesversammlung schloss mit dem Bericht des Vorsitzenden des Finanzausschusses und der Festlegung des Haushaltsplans 2023, der Mitgliederbeiträge und des Aktionshaushalts.


LANDESZAHNÄRZTEKAMMER

Gespräch mit Vertretern der CDU-Landtagsfraktion zur Pauschalen Beihilfe

Am 10. November 2022 wird im Landtag der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer pauschalen Beihilfe für Landesbeamte – analog zum Hamburger Modell – beraten. Anfang der Woche trafen sich deshalb LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert und LÄK-Präsident Dr. Wolfgang Miller mit Vertretern der CDU-Landtagsfraktion zu einem Hintergrundgespräch. Dabei brachte Dr. Tomppert gegenüber dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Dr. Michael Preusch MdL, seine Befürchtungen zum Ausdruck, das neue Gesetz könne der Türöffner für eine Bürgerversicherung sein. Mit Tobias Wald MdL, Mitglied im Ausschuss für Finanzen, wurden die Mehrausgaben in Millionenhöhe erörtert, die im Falle der Gesetzesänderung künftig vom Steuerzahler zu zahlen sind. Weitere Informationen zum geplanten Gesetz finden Sie hier.


APOBANK

Neue apoBank-Studie zur Work-Life-Balance: Besser in eigener Praxis oder in Anstellung?

Die apoBank veröffentlichte die aktuelle Studie „Niederlassen oder lieber lassen?“, an der sich 400 angestellte und 400 selbstständige Heilberuflerinnen und Heilberufler beteiligten. Überraschenderweise geben die meisten Befragten beider Gruppen die „Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben“ als wichtigen Grund für ihre Entscheidung an, angestellt oder selbstständig zu arbeiten. Ursache hierfür könnten unterschiedliche berufliche Erfahrungen sein, erläutert Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmarkt und Beteiligungen bei der apoBank. Aus weiteren Ergebnissen folgert er: „Niederlassung ist anspruchsvoll - nicht zuletzt aufgrund der besonderen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen - aber sie lohnt sich.“

Infos zur Studie
Die Ende Oktober veröffentlichte Studie der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) greift die Befragung „Chance Niederlassung“ aus dem Jahr 2014 wieder auf. Untersucht wurde, weshalb sich Angehörige verschiedener Heilberufe für eine Niederlassung oder eine Anstellung entschieden. Hierfür wurden je 200 Allgemeinmediziner, Fachärzte, Zahnärzte und Apotheker beiderlei Geschlechts befragt.

Pro Niederlassung: Gestaltungsfreiheit, Flexibilität und gutes Einkommen
Für die meisten Selbstständigen waren die besseren Gestaltungsmöglichkeiten, Selbstverwirklichung, ein gutes Einkommen und die therapeutische Selbstbestimmung wichtige Gründe dafür, eine eigene Praxis zu eröffnen. 71 % der Zahnärztinnen und Zahnärzte gaben zudem an, dass für sie Möglichkeit zur Nutzung moderner Technologien wichtig gewesen sei.

Contra Niederlassung: Bürokratie, finanzielle Belastung und Workload
Angestellte, die sich gegen eine Niederlassung entschieden hatten, führten als Begründung häufig die Bürokratie, die hohe finanzielle sowie die große Arbeits-Belastung an. Bemerkenswert ist, dass 78 % der Zahnärztinnen und Zahnärzte den besseren kollegialen Austausch als wichtigen Grund angaben, sich für die Anstellung zu entscheiden. Passend dazu würden 70 % langfristig am liebsten in einer Gemeinschaftspraxis oder einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) arbeiten.
Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Schritt in die Selbstständigkeit nur selten bereut wird. 81 % der Zahnärztinnen und Zahnärzte (85 % aller Befragten) würden sich auch heute wieder selbstständig machen, auch wenn der Gründungsprozess in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll ist.

Die Niederlassungsberatung der LZK BW
Speziell für die Phase der Praxisgründung macht die LZK BW ein wertvolles Unterstützungsangebot: Sie begleitet alle Interessierten mit Informationen und speziellen, auch individuellen Beratungen – egal ob gleich nach dem Studium oder später auf dem beruflichen Lebensweg. Einen Überblick zur Niederlassungsberatung der LZK BW finden Sie hier.

Auf der Webseite der apoBank finden Sie die ausführliche Presse-Information sowie die Studie zum Download.

Erstellt von: Kerstin Sigle, 31.10.2022

Aktualisiert von: Kerstin Sigle, 08.11.2022