Urteilstext
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 11.05.2020 - Az. 7 O 316/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II.
Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 8.400,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagten wegen der Anfertigung des Zahnersatzes im Oberkiefer ein Schmerzensgeldanspruch nicht zu. Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist auch der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für die Kosten der Beseitigung und Neuanfertigung des Zahnersatzes nicht begründet.
1.
Der Inanspruchnahme der Beklagten zu 2 steht bereits entgegen, dass die Klägerin nur mit der vom Beklagten zu 1 geführten zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis einen Behandlungsvertrag geschlossen hat, bei der die Beklagte zu 2 als angestellte Ärztin tätig war. Anhaltspunkte, die daneben eine eigene Haftung der Beklagten zu 2 aus Delikt begründen können, liegen nicht vor.
2.
Die Zuerkennung eines Schmerzensgeldanspruchs, der seine Grundlage in §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB hat, setzt einen schadensersatzrechtlich relevanten Pflichtverstoß und damit ein dem Beklagten zu 1 individuell vorwerfbares Fehlverhalten voraus, das zu einer Körper- oder Gesundheitsschädigung bei der Klägerin geführt hat (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 25. September 2013 – 5 U 542/13 –, Rn. 17 - 19, juris). Eine solche Schädigung liegt hier aber nicht vor, denn selbst wenn die bei der Klägerin eingegliederten Keramikkronen entsprechend ihrer Behauptung eine nicht ihren Vorgaben entsprechende Farbgestaltung gehabt hätten, läge hierin allenfalls eine optische Beeinträchtigung in Form eines ästhetischen Mangels, aber keine relevante Körper- oder Gesundheitsschädigung, so dass die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes nicht gerechtfertigt wäre. Hinzu kommt, dass die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine dem Beklagten zu 1 anzulastende Farbabweichung nicht bewiesen hat und diese zudem nicht mit hinreichender Sicherheit auf ein mangelhaftes Vorgehen der Beklagten zurückzuführen ist.
3.
Die Klägerin konnte dem Beklagten zu 1 keine Mängel in Bezug auf die in ihrem Oberkiefer befindlichen Keramikkronen nachweisen, und damit keine Ansprüche gemäß den §§ 281 Abs. 1, 631, 634, 281 BGB bzw. gemäß § 823 Abs. 1 BGB belegen.
a)
Die vertraglichen Ansprüche der Klägerin wegen etwaiger Mängel der streitgegenständlichen Prothetik beurteilen sich nach werkvertraglichen Vorschriften, d. h. den §§ 631 ff. BGB.
Im vorliegenden Fall sind im Rahmen der ärztlichen Behandlung ausnahmsweise werkvertragliche Vorschriften anzuwenden, da um die technische Beschaffenheit des Zahnersatzes gestritten wird. Zwar untersteht auch das auf eine zahnprothetischen Behandlung gerichtete Vertragsverhältnis zwischen den Parteien grundsätzlich dem Dienstvertragsrecht. Die Fertigung und das Einpassen von Zahnkronen und -brücken sind als Dienstleistungen höherer Art i.S.v. § 627 BGB anzusehen und damit Gegenstand der einheitlichen Leistung „Zahnbehandlung” oder „Zahnversorgung”. Der Zahnarzt schuldet dabei nicht den Erfolg seiner ärztlichen Bemühungen. Anderes gilt lediglich insoweit, als es um rein zahnlabortechnische Verarbeitungsfehler geht. Da diesbezüglich eine spezifisch zahnärztliche Heilbehandlung nicht vorliegt, gilt das werkvertragliche Gewährleistungsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2011 – VI ZR 133/10 –, Rn. 7, juris; BGH, Urteil vom 9. Dezember 1974 - VII ZR 182/73, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Mai 2009, 5 U 135/08, juris, OLG Karlsruhe OLGR Karlsruhe 2007, 654, 655; OLGR Zweibrücken 2002, 170, 171 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil vom 23. November 2010 – 8 U 111/10 –, Rn. 22 - 23, juris; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Aufl., § 39 Rz. 27). Im Zusammenhang mit der von dem Beklagten zu 1 vorgenommen Gebisssanierung ist auch eine technische Anfertigung des Zahnersatzes geschuldet, für die der Beklagte zu 1 nach werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften einzustehen hat. Die Klägerin rügt im Berufungsverfahren nicht (mehr) die Gestaltung und Ausführung nebst Einpassung der Kronen, sondern allein die vom Labor durchgeführte ausschließlich technische Ausführung des Zahnersatzes unter Abweichung ihrer Vorgaben zur Farbgestaltung der Keramikkronen im Oberkiefer.
b)
Für einen werkvertraglichen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch nach den §§ 631, 633, 634 Nr. 4 iVm 281 BGB muss gemäß § 633 BGB bei der Verschaffung des Werkes, d. h. in der Regel bei der Abnahme, das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln sein. Das Werk ist nach § 633 Abs. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat bzw. sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte und sonst die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Wie auch im Dienstvertragsrecht hat der Patient - in diesem Falle nach einer werkvertraglich erforderlichen Abnahme - den Mangel (BGH, Urteil vom 11.10.2001, VII ZR 383/99,
- juris), den Schaden und die Ursächlichkeit des Mangels für etwaige Schäden zu beweisen (vgl. Palandt/Retzlaff, BGB, 80. Aufl., § 634 Rn. 20 mwN). Dieser Beweis ist der infolge der 18.03.2014 erfolgten Abnahme beweisbelasteten Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat nicht gelungen.
aa)
Mit dem Landgericht ist von einer Abnahme der Leistung gem. § 640 Abs. 2 BGB auszugehen. Unstreitig hat die Klägerin den fertigen Zahnersatz vor der Eingliederung an insgesamt drei Terminen, am 25.02., am 05.03. und am 18.03.2014 probemäßig zur Begutachtung eingesetzt bekommen. Davon war an zumindest zwei Terminen auch die Prothetik im Unterkiefer vorhanden, so dass sie auch eventuelle Farbabweichungen OK/UK hätte feststellen können. Am 18.03.2014 fand im Vorfeld der geplanten endgültigen Eingliederung ein weiteres Gespräch zwischen der Klägerin, ihrem Ehemann und dem Beklagten zu 1 sowie eine erneute Einprobe des fertiggestellten Zahnersatzes statt. Dass sich die Klägerin im Ergebnis dieser Einprobe mit dem Zahnersatz zufrieden gezeigt hat, wird durch die im Anschluss daran erfolgte endgültige Eingliederung belegt. In den Behandlungsunterlagen ist hierzu dokumentiert: „Pat+Mann mit Farbe!!, Ästhetik +opt.Gestaltg. sehr zufrieden, möchten Arbeit eingesetzt bekommen“. Anhaltspunkte, dass die Behandlungsdokumentation entsprechend dem Vorbringen der Klägerin gefälscht ist, bestehen angesichts der unstreitig erfolgten Eingliederung der Prothetik nicht. Dass die Klägerin am 18.03.2014 mit der Prothetik hinsichtlich der Zahnfarbe entgegen der Behandlungsdokumentation nicht einverstanden war, wird auch nicht durch die Aussage des Zeugen R...... belegt. Der Zeuge hat angegeben, bei der endgültigen Eingliederung nicht mehr anwesend gewesen zu sein. Zuvor habe er sich mit der Farbe auch eher nicht beschäftigt. Das mit dem Beklagten zu 1 an diesem Tag geführte Gespräch habe sich eher um die Problematik der Ausführung der Unterkieferprothetik gedreht. Die Klägerin hat sich zudem den Zahnersatz erst nach einem probeweisen Einsetzen eingliedern lassen, ohne zuvor Vorbehalte wegen des Herausfallens der Kronen oder wegen der langen Zeitdauer des Termins und ihrer nach ihrer Behauptung eingeschränkten physischen und psychischen Verfassung zu äußern. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Befragung durch den Senat letztlich nicht nachvollziehbar erklären können, aus welchem Grund sie sich den Zahnersatz hat endgültig eingliedern lassen, obwohl sie mit der Ausführung und der Zahnfarbe nicht zufrieden gewesen sein will. Da sie am 18.03.2014 der festen Eingliederung zugestimmt hat, sind infolgedessen die Abnahmewirkungen eingetreten.
bb)
Die Klägerin hat aufgrund der Zeugenaussagen den Beweis nicht zu führen vermocht, dass die im Oberkiefer verwendete Zahnfarbe nicht entsprechend ihrer Vorgaben ausgeführt wurde. Es steht nach der Aussage der hierzu vernommenen Zeugen R...... und K...... nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte zu 1 bzw. einer seiner Mitarbeiter eine gegenüber der von der Klägerin für die Prothetik festgelegten Zahnfarbe A1 abweichende Farbgestaltung der Keramikkronen ausgeführt und damit ihre werkvertraglichen Pflichten verletzt hat.
Aufgrund des insoweit übereinstimmenden Vortrags beider Parteien und aufgrund des Schriftwechsels ist davon auszugehen, dass die Klägerin anlässlich des Labortermins am 06.02.2014 die Zahnfarbe A1 für die Ausführung der Kronen gewählt hat. Dies wurde durch die hierzu vernommenen Zeugen bestätigt. Nach der überzeugenden Aussage der Zeugin K......, einer langjährig bei dem Beklagten zu 1 beschäftigten Labormitarbeiterin, wurde der Zahnersatz auch entsprechend dem Wunsch der Klägerin in der gewählten Zahnfarbe A1 hergestellt. Die Klägerin habe lediglich bei der ersten Rohbrandeinprobe am 25.02.2014 noch kleinere Änderungswünsche geäußert, denen sie dann in der Folge auch nachgekommen sei, ohne jedoch am Grundfarbton, den sie - wie gewünscht - in A1 ausgeführt habe, noch etwas geändert zu haben. Den Änderungswünschen der Klägerin sei sie nachgekommen, indem sie auf den Grundfarbton A1, eine „ganz helle“ Zahnfarbe, noch Farbpigmente aufgetragen habe, um mehr Transparenz zu erreichen. Dabei habe es sich aber nur um Nuancen gehandelt; den Grundfarbton habe sie damit nicht ändern können. Die Zeugin hat weiter bekundet, dass die Klägerin mit dem Ergebnis der von ihr vorgenommenen Änderungen bei der zweiten Rohbrandeinprobe am 05.03.2014 zufrieden gewesen sei. Die Klägerin habe die Kronen ausführlich begutachtet und sei dabei - wie zuvor auch schon - auch ans Fenster getreten, um sie bei natürlichem Licht zu begutachten. Die Aussage der Zeugin K...... wird durch die Aussage des Ehemanns der Klägerin, den Zeugen R...... bestätigt, der an dieser 2. Rohbrandeinprobe zur Begutachtung des Zahnersatzes teilgenommen hat. Zwar zeigte der Zeuge eine leichte Unsicherheit hinsichtlich des Zeitpunkts der Begutachtung, er war sich aber in jedem Fall sicher, dass seine Frau bei dem zweiten Einprobetermin mit der ausgeführten Zahnfarbe zufrieden gewesen sei. Seine Einschränkung, die Prothetik sei ausschließlich in den Laborräumen begutachtet worden, ist angesichts der zuvor geübten Handhabung und des seitdem vergangenen Zeitraums nicht vollständig glaubhaft, kann aber letztlich dahinstehen, weil die Klägerin auch angesichts der ihr bekannten Umstände diese zweite Begutachtung als ausreichend angesehen und der Farbausführung im Ergebnis zugestimmt hat. Im übrigen wird die Zufriedenheit der Klägerin mit der farblichen Ausführung des Zahnersatzes auch durch die Behandlungsdokumentation des Beklagten belegt, in der unter dem Datum 05.03.2014 vermerkt ist: “Pat. mit OK Farbe und Zahnform sehr zufrieden (nach RS mit Mann), ausführliche Besprechung und Begutachtung (Pat, Mann, M...... KS), ...“. Die Zeugin K...... hat ferner überzeugend bestätigt, dass sie die Keramikkronen bis zur endgültigen Eingliederung farblich nicht mehr verändert hat. Hierfür habe keine Veranlassung bestanden, da die Klägerin mit der Farbe zufrieden gewesen sei. Im übrigen könne der Grundfarbton A1 auch nicht verändert werden. Die Feststellung des Sachverständigen, dass die Farbe „eher“ einer C1 entspreche, könne sie sich nur damit erklären, dass der Farbeindruck als eine nur leicht dunklere Nuance durch den Widerschein des leicht bläulichen Zahnfleisches der Klägerin hervorgerufen werde. Anders als der für die Unterkieferprothetik verwendete Kunststoff sei die Keramik im Oberkiefer lichtdurchlässiger, was den gegenüber dem Unterkiefer leicht abweichenden Farbeindruck hervorrufen könne.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Festsetzung des Streitwertes folgt den gestellten Anträgen.