Werbung mit Professioneller Zahnreinigung für 99 Cent

 | Gericht:  Landgericht (LG) Flensburg  | Aktenzeichen: 6 O 30/09 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Berufliche Kommunikation

Beschlusstext


Tenor

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren wird wegen Dringlichkeit des Falles durch den Vorsitzenden ohne vorherige mündliche Verhandlung im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet:

Dem Antragsgegner wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer jeweils festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,

bei geschäftlichen Handlungen auf dem Gebiet der zahnmedizinischen Leistungserbringung in seiner Eigenschaft als zahnärztlicher Leistungserbringer für die Wahrnehmung von Behandlungsleistungen in seiner Praxis gegenüber Verbrauchern mit einer professionellen Zahnreinigung zu einem Pauschalpreis von EUR 0,99 zu werben und/oder werben zu lassen, wie am 23.02.2009 geschehen und nachstehend wiedergegeben (Siehe Anlage 01):

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf EUR 15.000,00 festgesetzt.


Gründe

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i. V. m. §§ 15 ZHG, 1 Abs. 1, 4 Abs. 1, 5 GOZ begründet.

Bei der von dem Antragsgegner beworbenen professionellen Zahnreinigung handelt es sich um eine nach den Bestimmungen der GOZ abzurechnende Leistung. Mit dem Angebot von 99 Cent unterschreitet der Antragsgegner den Gebührenmindestsatz der GOZ. Dieser beläuft sich nach der Gebührenziffer Nr. 405 (vgl. Urteil VG Darmstadt vom 02.07.2004 - 5 E 1803/01 (3)) auf EUR 0,61 je Zahn. Der Antragsgegner selbst geht in seiner Werbung von einer Gebühr für die professionelle Zahnreinigung in Höhe von EUR 35,00 aus.

Die entsprechend der Vorgabe des § 15 ZHG in der GOZ enthaltene Mindestsatzregelung für zahnärztliche Leistungen stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar, da sie darauf abzielt, einen Preiswettbewerb um Patienten im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens zu verhindern und gleiche rechtliche Voraussetzungen für die auf diesem Gebiet tätigen Wettbewerber zu schaffen (KG GRUR-RR 2008, 24; Hefermehl/Köhler/Bornkamm Rn. 139 zu § 4 Nr. 11 UWG; Piper/Ohly Rn. 11/25 zu § 4 Nr. 11 UWG).

Es ist auch unter Berücksichtigung der von dem Antragsgegner in der Schutzschrift vom 27.02.2009 dargelegten und glaubhaft gemachten Gründe nicht ersichtlich, dass die Unterschreitung des Mindestgebührensatzes ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Vereinbarung einer Gebührenunterschreitung in verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 1 GOZ in besonders gelagerten Einzelfällen zulässig sein sollte (vgl. KG a. a. O.).

Vorliegend ist nach Prüfung der Gesamtumstände nicht davon auszugehen, dass die Gebührenunterschreitung nach § 2 GOZ ausnahmsweise gerechtfertig sein könnte.

Die Werbemaßnahme des Antragsgegners zielt darauf ab, Patienten durch Anbieten der professionellen Zahnreinigung zu einem lediglich symbolischen Preis weiter an sich zu binden und ihnen hierdurch einen Anreiz zu bieten, seine Dienste auch in der neuen Praxis in Anspruch zu nehmen. Es handelt sich damit um eine bloße Werbemaßnahme aus Anlass des bevorstehenden Umzugs. Ein solches Angebot einer nahezu kostenfreien zahnärztlichen Leistung lässt sich auch unter Berücksichtigung seiner zeitlichen und gegenständlichen Begrenzung mit dem Zweck des gesetzlichen Mindestgebührenrechts schon deshalb nicht vereinbaren, da es geeignet ist, Nachahmeffekte und einen Preiswettbewerb auszulösen. Das Ziel der Regelung von Gebührenmindestsätzen würde damit unterlaufen werden, zudem würden gleiche rechtliche Voraussetzungen für Zahnärzte im Wettbewerb nicht mehr gewährleistet werden.

Das Verhalten des Antragsgegners ist nach alledem unlauter im Sinne des § 3 UWG. Die Verletzung einer Marktverhaltensregelung, die dem Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens dient, ist als nicht unerheblich anzusehen (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm Rn. 79 zu § 3 UWG).

Dahinstehen kann, ob der Antragsgegner mit dem streitgegenständlichen Werbeflyer gegen Bestimmungen der Berufsordnung der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein verstößt und auch insoweit eine Unlauterkeit anzunehmen ist.


Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3, 91 ZPO.


Ausdruck Urteil - PDF