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Werbung mit elektrischen Zahnbürsten durch Flyer

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Hamburg  | Aktenzeichen: 3 W 17/20 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Zusammenarbeit des Zahnarztes mit Dritten , Berufliche Kommunikation , Sonstiges

Urteilstext:

 

Tenor

1.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 24.01.2020, Az. 327 O 446/19, wird zurückgewiesen.

2.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von EUR 250.000,00.

 

Gründe

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit elektrischen Zahnbürsten, wobei die Antragstellerin ihre Produkte unter der Marke „O.“ vermarktet und die Antragsgegnerin ihre unter der Marke „P.“. Die Antragsgegnerin vertreibt daneben noch ein Gerät zur professionellen Zahnaufhellung („P.Z.“).

Die Antragsgegnerin stellte Zahnarztpraxen einen Werbeflyer zur Auslage in der Praxis zur Verfügung (Anlage AST 1). Darin heißt es unter der Überschrift „Sparen Sie zweimal!“ u.a.

„Kaufen Sie ein P. Produkt mit 30% Rabatt und sichern Sie sich zusätzlich einen Preisvorteil von:

- bis zu 50€ bei der nächsten professionellen Zahnreinigung

oder

- bis zu 100€ bei einer Zahnaufhellung bei ihrem Zahnarzt mit P. ZOOM!“

Auf der Internetseite www.p.de/zahnarztempfehlung, auf welche der Flyer verweist und über welche das P.-​Zahnprodukt erworben werden muss, um den 30%igen Rabatt zu erhalten, finden sich die aus der Anlage AST 2 ersichtlichen Informationen.

Mit Schreiben vom 2.12.2019 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin erfolglos ab.

Daraufhin reichte die Antragstellerin den Verfügungsantrag vom 23.12.2019 ein. Sie hat zur Begründung vorgetragen:

Es handele sich um einen Wettbewerbsverstoß wegen Anstiftung zu einem berufsrechtswidrigen Verhalten. Die Antragsgegnerin verleite die Zahnärzte durch wirtschaftliche Anreize zu einer berufsrechtswidrigen Produktwerbung und zu einer berufsrechtswidrigen Rabattwerbung für eine Zahnreinigung bzw. Zahnaufhellung.

Daneben liege auch ein Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Abs. 1 HWG vor. Die Zahnärzte erhielten eine heilmittelwerberechtswidrige Zuwendung im Zusammenhang mit einer Zahnreinigung bzw. einer Zahnaufhellung mit dem P.Z.-​Gerät, indem ihnen eine zusätzliche Möglichkeit gewährt werde, ihren Umsatz zu steigern. Soweit sie die Zahnbürsten der Antragsgegnerin empfehlen würden, bestünde die Möglichkeit, dass die Patienten aufgrund der Rabattgewährung eine Behandlung durchführen ließen.

Auch den Patienten werde ein unzulässiger Rabatt gewährt. Die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG sei nicht einschlägig, insbesondere handele es sich, da sich aus dem Flyer selbst nicht die genaue Rabatthöhe ergebe, nicht um einen zulässigen Barrabatt.

Das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 27, hat mit Beschluss vom 24.01.2020 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, wobei sie ihren Vortrag ergänzt und vertieft.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 24.1.2020 hat keinen Erfolg. Der Antragstellerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche weder aus § 3a UWG i.V.m. den dem § 21 Abs. 4 MBO-​Z entsprechenden Regelungen der zahnärztlichen Berufsordnungen (hierzu nachfolgend unter Ziff. 1) noch aus § 7 HWG (hierzu nachfolgend unter Ziff. 2) zu.

1.

Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 3a UWG i.V.m. den dem § 21 Abs. 1, 4 MBO-​Z entsprechenden Regelungen der zahnärztlichen Berufsordnungen zu.

Die dem § 21 MBO-​Z entsprechenden Vorschriften der landesrechtlichen Berufsordnungen sind allerdings als Marktverhaltensregeln anzusehen. § 21 MBO-​Z lautet:

§ 21 Erlaubte Information und berufswidrige Werbung

(1)

Dem Zahnarzt sind sachangemessene Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufsrechtswidrige Werbung ist dem Zahnarzt untersagt. Berufsrechtswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Der Zahnarzt darf eine berufsrechtswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden und hat dem entgegen zu wirken.

(2)

Der Zahnarzt darf auf besondere, personenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten in der Zahn-​, Mund- und Kieferheilkunde hinweisen. Hinweise nach Satz 1 sind unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachgebietsbezeichnungen begründen oder sonst irreführend sind.

(3)

Der Zahnarzt, der eine nicht nur vorübergehende belegzahnärztliche oder konsiliarische Tätigkeit ausübt, darf auf diese Tätigkeit hinweisen.

(4)

Es ist dem Zahnarzt untersagt, seine zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten.

(5)

Eine Einzelpraxis sowie eine Berufsausübungsgemeinschaft darf nicht als Akademie, Institut, Poliklinik, Ärztehaus oder als ein Unternehmen mit Bezug zu einem gewerblichen Betrieb bezeichnet werden.

Hierbei handelt es sich um wertbezogene Regelungen, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, da sie auch dem Schutz der Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung dienen (vgl. OLG Köln, WRP 2003, 405, 408). Wer nicht selbst (als Zahnarzt) Normadressat ist, solche aber planmäßig zu Verstößen gegen die für sie geltende Berufsordnung auffordert, um sich Vorteile gegen Wettbewerbern zu verschaffen, handelt unlauter (BGH, WRP 2001, 151, 153 – Augenarztanschreiben).

Eine solche planmäßige Aufforderung an die Zahnärzte ist vorliegend jedoch nicht erkennbar.

Die von der Antragstellerin herangezogene Regelung des § 21 Abs. 4 MBO-​Z, wonach es dem Zahnarzt untersagt ist, seine zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten, ist vorliegend nicht einschlägig. Denn dadurch, dass der Zahnarzt, wie von der Antragsgegnerin beabsichtigt, die Flyer in seinen Praxisräumen auslegt bzw. dies erlaubt, gestattet er nicht die Verwendung seiner Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke. Der Flyer verwendet die Berufsbezeichnung des Zahnarztes nicht werblich. Die Anlage AST 2 beglückwünscht den Kunden zwar dazu, dass er sich auf Empfehlung seines Zahnarztes für eine P. Schallzahnbürste entschieden habe, jedoch ist insoweit in keiner Weise erkennbar, dass dieser Angabe auf der Internetseite der Antragsgegnerin eine Gestattung des Zahnarztes zu Grunde liegend könnte.

Auch soweit die Antragstellerin darüber hinausgehend geltend macht, dass sich aus den Regelungen in den landesrechtlichen Berufsordnungen ein grundsätzliches Verbot der Bewerbung der Produkte Dritter ergebe, dringt sie damit nicht durch.

Das von der Antragsgegnerin beabsichtigte Auslegen des Flyers durch den Zahnarzt in seinen Praxisräumen führt allerdings jedenfalls zu einem Dulden der Werbung eines Dritten iSd dem § 21 Abs. 1 MBO-​Z entsprechenden Vorschriften der landesrechtlichen Berufsordnungen. Das Verbot der berufsrechtswidrigen Werbung nicht auf die sogenannte Eigenwerbung für den Zahnarzt selbst und seine Leistungen (durch ihn selbst oder durch Dritte) beschränkt, sondern es umfasst die berufsrechtswidrige Werbung schlechthin, d.h. auch die Werbung für Produkte oder Leistungen Dritter (VG Münster, Urteil vom 20. Mai 1998, 6 K 938/95, juris (Leitsatz)) und mithin auch das Dulden einer solchen.

Jedoch stellt die Übergabe bzw. Übersendung der Flyer an Zahnärzte überwiegend wahrscheinlich gleichwohl keine Aufforderung zu einer berufsrechtswidrigen Werbung bzw. zur Duldung einer solchen dar.

Berufsrechtswidrige Werbung liegt vor, wenn diese Maßnahmen dazu bestimmt sind, bei dem angesprochenen Patientenkreis durch Fehlanreize einen Mangel an Bereitschaft der Leistungsinanspruchnahme zu überwinden und Vertrauen zu erwecken bzw. den Adressatenkreis zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Eine berufsrechtswidrige Werbung liegt insbesondere dann vor, wenn diese anpreisend, irreführend, herabsetzend oder vergleichend ist. Anpreisung ist eine gesteigerte Form der Werbung, insbesondere eine solche mit reißerischen und marktschreierischen Mitteln, die den sachlichen Informationsgehalt in den Hintergrund treten lässt. Diese kann schon dann vorliegen, wenn die Informationen für den Patienten als Adressaten inhaltlich überhaupt nichts aussagen oder jedenfalls keinen objektiv nachprüfbaren Inhalt haben. Aber auch Informationen, deren Inhalt ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, können aufgrund ihrer reklamehaften Übertreibung anpreisend sein. Auch Übertreibungen oder die Verwendung von Superlativen, mit dem Ziel, die eigene Leistung in den Vordergrund zu rücken und den Patienten dadurch suggestiv zu beeinflussen, erfüllen das Tatbestandsmerkmal einer „Anpreisung“ (LG Dortmund, Urteil v. 21.04. 2016, Az.16 O 61/15). Auch die wiederholte und hervorgehobene Angabe eines hohen Rabatts bzw. Preisnachlasses wird als anpreisend erachtet (LG Hamburg, Urteil v. 12.01.2012, Az.: 327 O 443/11).

Vorliegend handelt es sich bei Zugrundelegung dieser Grundsätze nicht um eine berufsrechtsrechtswidrige Werbung, da sie berufsbezogen und nicht in unzulässiger Weise als anpreisend, sondern (noch) als sachangemessen anzusehen ist.

Eine besondere Vorteilhaftigkeit der in die Aktion einbezogenen P. Produkte selbst und/oder einer professionellen Zahnreinigung bzw. Zahnaufhellung wird in dem Flyer nicht dargestellt. Zwar wird die Gewährung eines 30%igen Rabatts auf diese P.-​Produkte sowie die im Fall des Kaufes gewährte Zuzahlung zu einer professionellen Zahnreinigung bzw. einer Zahnaufhellung mit einem P. ZOOM-​Gerät und die damit verbundene Möglichkeit „zweimal zu sparen“ und einen Vorteil von „bis zu 155€“ zu erlangen, deutlich hervorgehoben. Jedoch ist zu sehen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Geschäftsmodell, bei dem auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit Zahnärzten ein Dritter über eine Internetplattform Gutscheine für professionelle Zahnreinigungen, Bleachings, kieferorthopädische Zahnkorrekturen, Implantatversorgungen, prothetische Versorgungen und Zahnfüllungen zu rabattierten Preisen anbietet, dann nicht zu beanstanden ist, wenn der Zahnarzt die Behandlung des Gutscheinerwerbers - aus welchen Gründen auch immer - ablehnen kann (BGH, Urteil vom 21. Mai 2015, I ZR 183/13, WRP 2016, 41, Rn. 2 – Erfolgsprämie für Kundengewinnung). Dies belegt, dass nicht jedwede Rabattierung von zahnärztlichen Leistungen als berufsrechtswidrig anzusehen ist. Auch wird der Patient vorliegend mittels des Flyers trotz der Hervorhebung der Preisvorteile gleichwohl noch sachlich über das Angebot der Antragsgegnerin informiert, dieses wird mithin nicht in übermäßig anpreisender Weise beworben. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass es sich bei den hier in Rede stehenden zahnärztlichen Leistungen um weitgehend ungefährliche und von ihrer Komplexität her überschaubare Behandlungen handelt, so dass das Argument, dass eine Betonung der preislichen Aspekte von der Komplexität und den Risiken der Behandlung ablenken könne, hier nicht maßgeblich ins Gewicht fällt.

Hinzu kommt, dass es vorliegend lediglich um ein Auslegen der Flyer der Antragsgegnerin in den Praxisräumen zur Mitnahme geht, und damit um eine denkbar geringfügige Form der Einflussnahme des Zahnarztes auf seine Patienten. Die vom Bundesverfassungsgericht behandelten Konstellationen, in denen der Arzt im Zusammenhang mit seiner eigenen Tätigkeit, nämlich im Rahmen einer Internetpräsentation seiner Praxis oder einer von ihm für seine Praxis geschalteten Werbeanzeige von sich aus ausdrücklich Drittunternehmen bzw. ihre Produkte benennt (BVerfG, Beschluss vom 01. Juni 2011,1 BvR 233/10, NJW 2011, 2636-2639; BVerfG, Beschluss vom 26. August 2003, 1 BvR 1003/02, NJW 2003, 3470-3472) sind gänzlich anders gelagert. In derartigen Fällen liegt eine „Fremdwerbung“ des Arztes vor, welche bei den Patienten der Anschein erwecken kann, der Arzt fördere gezielt die gewerblichen Interessen Dritter. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Hier wird dem Patienten lediglich ermöglicht, den ausgelegten Flyer eines Dritten, nämlich der Antragsgegnerin, mitzunehmen und in der Folge (ohne Einflussnahme durch den Arzt) durch den Kauf einer Zahnbürste (deren Ungeeignetheit für den Zweck der Zahnreinigung die Antragstellerin nicht behauptet) Rabatte für medizinisch anerkannte und im Wesentlichen risikolose Zahnbehandlungen zu erlangen. Es ist nicht ersichtlich, dass dies den Eindruck erwecken könnte, die Gesundheitsinteressen seiner Patienten seien für den Zahnarzt nur von zweitrangiger Bedeutung. Die Angaben in dem Flyer haben einen Bezug zur Tätigkeit des Zahnarztes und insbesondere auch einen eigenen Informationswert für die Patienten des Zahnarztes (vgl. zu diesem Aspekt BVerfG, Beschluss vom 01. Juni 2011, 1 BvR 233/10, juris Rn. 62).

Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Zahnärzte würden dazu verleitet, die Zahnbürsten der Antragsgegnerin ausdrücklich zu empfehlen, fehlt es an der erforderlichen Aufforderung durch die Antragsgegnerin zu einem solchen Verhalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setzt das Verleiten eines Arztes zu einem standeswidrigen Verhalten grundsätzlich eine Aufforderung zu einem bestimmten Handeln voraus (BGH, Urteil vom 28. September 2000, I ZR 141/98, WRP 2001, 151, 153, juris Rn. 29f. – Augenarztanschreiben). In Bezug auf eine ausdrückliche Aufforderung fehlt es an jedwedem Vortrag; auch der als Anlage BF 1 eingereichte eidesstattliche Versicherung lässt sich diesbezüglich nichts entnehmen. Ferner ist auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Zahnärzte durch das bloße Zurverfügungstellen des angegriffenen Flyers gezielt dazu verleitet, ihre Zahnbürsten zu empfehlen, beispielsweise durch ein Überreichen des Flyers. Insoweit ist zu berücksichtigen, „dass Ärzte erfahrungsgemäß Adressaten vielfacher Werbeschreiben und -maßnahmen sind und daher den Umgang mit diesen gewohnt und dementsprechend durch sie nicht leicht zu einem bestimmten oder gar berufsrechtswidrigen Verhalten zu veranlassen sind“ (BGH, Urteil vom 28. September 2000, I ZR 141/98, WRP 2001, 151, 153, juris Rn. 30 – Augenarztanschreiben). Derartige Werbeflyer Dritter werden in Arztpraxen, ebenso wie in anderen Gewerberäumlichkeiten, typischerweise lediglich zur Mitnahme ausgelegt. Dass ein Zahnarzt gleichwohl aufgrund der bloßen Möglichkeit (der beworbene Preisvorteil kommt dem Kunden bei der Behandlung durch irgendeinen – auch anderen – Zahnarzt zugute ), infolge der Rabattaktion in den Genuss einer Umsatzsteigerung zu kommen (soweit entsprechende Kapazitäten in seiner Praxis zur Verfügung stehen), sich dazu veranlasst sehen könnte, unter Verstoß gegen die ihm obliegenden Standespflichten seinen Patienten die Zahnbürsten der Antragsgegnerin zu empfehlen, erscheint fernliegend. Auch den vagen Angaben in der als Anlage BF 1 eingereichten eidesstattlichen Versicherung, wonach die stichprobenartige Praxisbefragung ergeben habe, dass „die Werbebroschüre in den meisten Fällen unmittelbar in den Behandlungszimmern zur individuellen Weitergabe an Patienten bevorratet“ werde, lässt sich in Bezug auf ein solches Verhalten der Zahnärzte nichts Hinreichendes entnehmen. Jedenfalls kann insoweit nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin die Zahnärzte planmäßig zu einem solchen Verhalten verleitet.

Vor diesem Hintergrund ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Zahnärzte durch die Werbung der Antragsgegnerin zu einer berufsrechtswidrigen Eigenwerbung für ihre Zahnaufhellungs- und Zahnreinigungstätigkeit bewegt oder zu einem Verstoß gegen das Gebot der eigenverantwortlichen und fachlich unabhängigen Ausübung ihrer Tätigkeit veranlasst werden könnten.

2.

Die Antragsgegnerin verstößt auch nicht gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Abs. 1 HWG.

Insoweit bestehen bereits Zweifel an der Anwendbarkeit des HWG. Soweit mit dem streitgegenständlichen Flyer die Zahnbürsten der Antragsgegnerin beworben werden, handelt es sich um eine nicht krankheitsbezogene Werbung für einen Bedarfsgegenstand, so dass der Anwendungsbereich des HWG nicht eröffnet ist (vgl. Bülow/Ring/Arzt/Brixius, HWG, § 1 Rn. 120). Allerdings spricht aus Sicht des Senats einiges dafür, dass mit dem Flyer auch die darin genannten zahnärztlichen Behandlungen (Zahnreinigung, Zahnaufhellung) beworben werden. Diese werden jedenfalls von Teilen der Rechtsprechung als Behandlungen i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 HWG angesehen. Das OLG Frankfurt vertritt die Auffassung, die Zahnaufhellung diene der Beseitigung von Verfärbungen, welche "als abweichende Erscheinungen im Bereich der Zähne" und damit als Krankheit anzusehen seien (OLG Frankfurt, Urteil vom 01. März 2012, 6 U 264/10, juris Rn. 22). Das LG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 13. August 2015 (11 O 75/15, juris Rn. 20) ausgeführt, eine professionelle Zahnreinigung diene, weil sie die Beseitigung von Zahnbelägen zum Gegenstand habe, welche ihrerseits zu pathologischen Zuständen führen könnten, der Beseitigung oder Linderung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden. Letztlich kommt es auf diese Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften des HWG indes nicht entscheidend an, weil es jedenfalls an einem Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Abs. 1 HWG fehlt.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, wenn keiner der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 HWG geregelten Ausnahmetatbestände vorliegt. Der Begriff der Werbegabe in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist im Hinblick auf den Zweck der dortigen Regelung, durch eine weitgehende Eindämmung von Werbegeschenken im Heilmittelbereich der abstrakten Gefahr einer hiervon ausgehenden unsachlichen Beeinflussung zu begegnen, weit auszulegen. Er erfasst grundsätzlich jede aus der Sicht des Empfängers nicht berechnete geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein bestimmtes oder mehrere konkrete Heilmittel gewährt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1990, I ZR 240/88, GRUR 1990, 1041, 1042 - Fortbildungs-​Kassetten; BGH, Urteil vom 17. August 2011, I ZR 13/10, GRUR 2011, 1163, Rn. 15 - Arzneimitteldatenbank; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013, I ZR 83/12, GRUR 2014, 689, Rn. 14 - Testen Sie Ihr Fachwissen). Eine Werbegabe setzt demnach voraus, dass die Zuwendung aus der Sicht des Empfängers unentgeltlich gewährt wird; er muss diese also als ein Geschenk ansehen (vgl. BGH, GRUR 1990, 1041, 1042 - Fortbildungs-​Kassetten; BGH, Urteil vom 30. Januar 2003, I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 625 f. – Kleidersack).

Vorliegend handelt es sich aus Sicht der Ärzte nicht um eine Zuwendung der Antragsgegnerin an sie, weil es aus ihrer Perspektive an dem Geschenkcharakter fehlt. Sie erbringen im Rahmen einer Zahnreinigungs- oder Zahnaufhellungsbehandlung dieselbe Leistung wie bisher auch und erhalten dasselbe Entgelt dafür. Allein die Möglichkeit, dass aufgrund des Rabattes mehr Patienten als bisher eine Zahnreinigungs- bzw. Zahnaufhellungsbehandlung durchführen lassen, genügt nicht für die Bejahung einer Werbegabe. Diese Konstellation ist auch nicht, wie die Antragsgegnerin meint, mit Gewinnspielwerbungen zu vergleichen. Bei einem Gewinnspiel wird dem Teilnehmenden, ohne dass er dafür eine adäquate Gegenleistung zu erbringen hat, eine Gewinnmöglichkeit zugewendet. Dies ist mit der hier gegebenen Situation nicht zu vergleichen, weil der Zahnarzt, wenn es denn infolge der Rabattaktion der Antragsgegnerin bei ihm zu einer verstärkten Nachfrage nach Zahnreinigungs- bzw. Zahnaufhellungsbehandlungen kommen sollte, nur dann in den Genuss einer Umsatzsteigerung kommt, wenn er entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellt und entsprechende Leistungen erbringt.

In Bezug auf die Patienten liegt dagegen eine Zuwendung vor, jedoch handelt es sich insoweit um einen bestimmten bzw. auf bestimmte Weise zu berechnenden Geldbetrag. In Bezug auf die Zahnbürsten selbst findet § 7 HWG keine Anwendung. Hinsichtlich der Zahnaufhellung/Zahnreinigung erfährt der Patient zunächst nur, dass der Rabatt bis zu 50 € bei einer Zahnreinigung oder bis zu 100€ bei einer Zahnaufhellung betragen könne und wird sodann auf die in der Anlage AST 2 wiedergegebene Internetseite verwiesen. Dort lässt sich aber der Tabelle die Höhe des Rabattes eindeutig entnehmen. Da der Patient die Internetseite aufsuchen muss, um den 30%igen Rabatt für den Kauf eines P.-​Produktes zu erhalten, liegt auch eine hinreichende Verknüpfung mit dem Flyer vor, insbesondere ist sichergestellt, dass er vor dem Erwerb des Zahnpflegeprodukts über die Höhe des Rabatts für die Zahnreinigung oder Zahnaufhellung informiert wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO.


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