Urteil
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 3.5.2004 wird bestätigt.
Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Antragsteller ist ein bekannter Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. In ihm ist die deutsche Versicherungswirtschaft durch eine Reihe direkter Mitgliedschaften sowie mittelbar über die dem Antragsteller angehörenden Industrie- und Handelskammern umfangreich vertreten.
Die Antragsgegnerin ist eine Betriebskrankenkasse und warb in der aus der Anl. zum Beschluss vom 3.5.2004 ersichtlichen Weise unter der Überschrift „…Erstattung der Praxisgebühr für Schnellentschlossene“ für den Abschluss einer privaten Zusatzversicherung bei einem privaten Kooperationspartner der Antragsgegnerin. In dieser Werbung wurde schnellentschlossenen ...-Mitgliedern, die sich bis zum 30.4. 04 für den Abschluss dieser Zusatzversicherung entscheiden, neben einem Wegfall der Wartezeit versprochen, die Praxisgebühren in Höhe von bis zu € 30,-- für die letzten 3 Quartale in 2004 zu erstatten. Dies hält der Antragsteller für wettbewerbswidrig.
Der Antragsteller erwirkte am 3.5.2004 einen Beschluss, mit welchem der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Abschluss einer privaten Zusatzversicherung einer bei ihr versicherten Person mit der Erstattung von Praxisgebühren zu werben und/oder die Praxisgebühr zu erstatten, wenn dies wie aus der Anl. zum Beschluss vom 3.5.2004 ersichtlich geschieht.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch, mit dem sie geltend macht, die von ihr versprochene Erstattung der Praxisgebühr sei sozialversicherungsrechtlich zulässig und verstoße auch nicht gegen § 1 UWG.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 3.5.2004 den Antrag der Antragstellerin vom 3.5.2004 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
Bestätigung der einstweiligen Verfügung.
Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Widerspruch ist nicht begründet. Die einstweilige Verfügung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Parteivorbringens im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen. Die streitige Werbung verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb und ist von der Antragsgegnerin damit gem. § 1 UWG zu unterlassen, ohne dass es darauf ankäme, ob die versprochene Erstattung der Praxisgebühr einen Gesetzesverstoß beinhaltet.
Wie auch die Antragsgegnerin nicht verkennt, hat die Praxisgebühr jedenfalls auch die Funktion, den Patienten in Grenzbereichen (Bagatellfällen) zur Zurückhaltung mit Arztbesuchen anzuhalten sowie unkoordinierten Konsultationen verschiedener Ärzte zur gleichen Zeit entgegenzuwirken. Die Praxisgebühr ist auch keinesfalls zur Erreichung des Zieles von vornherein un-geeignet. Wie auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede nimmt, hat die Einführung der Praxisgebühr durchaus zu einer gewissen Reduzierung der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen geführt. Diese Kostendämpfungsmaßnahme im Gesundheitswesen wird durch die streitgegenständliche Werbemaßnahme zielgerichtet und in einer mit den guten Sitten im Wettbewerb nicht vereinbaren Weise konterkariert. Da die Erstattung nur bei tatsächlichem Anfall der Praxisgebühr bis Ende 2004 erfolgt, wird der Versicherte geradezu zu Arztbesuchen animiert, um den ausgelobten Vorteil auszunutzen. Dass die Erstattung der Praxisgebühr entgegen dem jetzigen Vorbringen der Antragsgegnerin vom Versicherten durchaus als relevanter Vorteil empfunden wird, ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsgegnerin in der streitgegenständlichen Werbung mit diesem Vorteil hervorgehoben bereits in der Überschrift wirbt. Dass der Erstattungsvorgang auch für den Versicherten einen gewissen Verwaltungsaufwand mit sich bringt, steht dem nicht entgegen. Die mit dem Erstattungsvorgang verbundenen Mühen sowie die Verauslagung der Praxisgebühr mögen einer allzu umfangreichen Nutzung dieses Vorteils zwar in gewissem Maße entgegenwirken können, wie auch nach Auffassung der Kammer sicher kaum ein Patient allein deshalb den Arzt aufsuchen wird, weil anderenfalls der für den Abschluss der Zusatzversicherung versprochene Vorteil in Gestalt der Erstattung der Praxisgebühr entfällt. In den keinesfalls seltenen Fällen aber, in denen der Patient wegen weniger gravierender Gesundheitsbeschwerden einen Arztbesuch erwägt, wird ihm die Aussicht auf Erstattung der Praxisgebühr, die ihm die Antragsgegnerin als wesentlichen Vorteil für Schnellentschlossene beim Abschluss der Zusatzversicherung versprochen hat, vielfach dazu bewegen, letztlich einen Arztbesuch durchzuführen, den er anderenfalls auch wegen der damit verbundenen Praxisgebühr unterlassen oder aufgeschoben hätte.
Der Antragsteller ist nach § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG berechtigt, den Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen, da der Antragsteller durch direkte Mitglieder sowie durch Verbandsmitgliedschaften wesentliche Teile der deutschen Versicherungswirtschaft repräsentiert. Die streitgegenständliche Werbung ist auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt wesentlich zu beeinträchtigen. Die Praxisgebühr wird von vielen Versicherten als Ärgernis empfunden, so dass eine Werbung mit der Erstattung der Praxisgebühr offensichtlich auch von der Antragsgegnerin als besonders zugkräftig angesehen wurde. Dem kann auch nicht entgegen-gehalten werden, dass die am Markt angebotenen Zusatzversicherungen ihrerseits wiederum eine Erstattung der Praxisgebühr vorsehen. Denn zum einen sind diese Zusatzversicherungen nur gegen Entgelt erhältlich. Zum anderen enthalten die in Rede stehenden Tarife durchweg eine Beitragsrückerstattung für den Fall, dass der Versicherte keine Leistungen aus der Zusatzversicherung in Anspruch nimmt. Diese Regelung entfaltet eine der Praxisgebühr jedenfalls vergleichbare Verhaltenssteuerungsfunktion, die der unnötigen Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen entgegenwirkt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.