Urteilstext
Tenor
Das Landesberufsgericht für Heilberufe bei dem Oberverwaltungsgericht  Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8.  Oktober 2012 für Recht erkannt: 
Das aufgrund der mündlichen  Verhandlung vom 1. Februar 2012 ergangene Urteil des Berufsgerichts für  Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Mainz wird abgeändert.
 
Gegen das Kammermitglied wird eine berufsrechtliche Warnung ausgesprochen.
 
Die  Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der notwendigen  Auslagen der Berufsvertretung und seiner eigenen Auslagen hat das  Kammermitglied zu tragen. 
Gründe
A.
Der Antragsteller wirft dem Kammermitglied vor, seine Berufspflichten verletzt zu haben, indem er gegen arzneimittelpreisrechtliche Bestimmungen verstoßen habe.
Das Kammermitglied ist Kooperationspartner der überregional  vertretenen E ... -Apotheke Aktiengesellschaft. Er führt seine unter dem  Namen „E ...-Apotheke“ firmierende Apotheke in A ... wirtschaftlich und  pharmazeutisch selbstständig. 
Unter der Überschrift „E ...  Rezept-Prämie bis zu EUR 3,00 geschenkt“ kündigte das Kammermitglied in  der örtlich erscheinenden Zeitung „Blick Aktuell“ an, während des  Zeitraumes vom 1. November bis 31. Dezember 2010 in seiner Apotheke  sogenannte Einkaufsgutscheine auszugeben. Bei Einlösung eines Rezeptes  erhält danach jeder Kunde pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel  einen Einkaufsgutschein von EUR 1,00, maximal EUR 3,00. Die  Einkaufsgutscheine können beim Kauf von nicht rezeptpflichtigen Artikeln  eingelöst werden, eine Barauszahlung findet nicht statt.
Mit  Schreiben vom 23. Dezember 2010 wies die Apothekerkammer das  Kammer-mitglied darauf hin, dass er mit der Gewährung von  Preisnachlässen in der ange-kündigten Weise sowohl gegen die gesetzliche  Arzneimittelpreisbindung, die einen einheitlichen Apothekenabgabepreis  für apothekenpflichtige Arzneimittel festlege, als auch gegen die  Berufsordnung für Apotheker der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz  (im Folgenden nur: Berufsordnung) verstoßen habe. Das Kammermitglied  erhielt Gelegenheit zur Äußerung.
Mit Schreiben vom 18. Januar  2011 widersprach das Kammermitglied dem Vorwurf. Nach seiner Auffassung  ist die Werbeaktion rechtlich zulässig. Daraufhin teilte der  Antragsteller dem Kammermitglied mit Schreiben vom 16. Februar 2011 das  Ergebnis seiner Ermittlungen mit und gab ihm nochmals Gelegenheit zur  Stellungnahme.
Nachdem sich das Kammermitglied zum Ergebnis der  Ermittlungen geäußert hatte, stellte der Antragsteller mit Schriftsatz  vom 16. Juni 2011 bei dem Berufsgericht für Heilberufe den Antrag auf  die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens wegen eines  Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen. Dazu führte er aus,  das beschuldigte Kammermitglied habe seine Berufspflichten verletzt,  indem es Einkaufsgutscheine gewähre. Damit verstoße der Apotheker gegen  das Arzneimittelgesetz, die Arzneimittelpreisverordnung und die  Berufsordnung, die den Zweck hätten, den Preiswettbewerb unter den  Apotheken zu regeln. Zwar verlange er den nach der  Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis. Mit den  Einkaufsgutscheinen gewähre er jedoch bei dem Erwerb des Arzneimittels  Vorteile, die den Kauf des Medikaments für den Kunden wirtschaftlich  günstiger erscheinen ließen. Damit verstoße das Kammermitglied gegen  standesrechtliche Pflichten gemäß der Berufsordnung.
Das  Kammermitglied ist dem entgegengetreten. Es hat sich im Wesentlichen auf  Urteile des Bundesgerichtshofs vom 9. September 2010 berufen. Danach  könne wett-bewerbsrechtlich die Unterlassung von Rabatt- und  Bonuswerbungen nur dann verlangt werden, wenn sie geeignet seien, den  Wettbewerb zum Nachteil der Mit-bewerber bzw. sonstigen Markteilnehmer  nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen und so deren Interessen spürbar  zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung sei aber dann nicht  gegeben, wenn es sich bei den gewährten Boni und Rabatten nur um  geringwertige Kleinigkeiten handele. Eine Werbegabe im Wert von EUR 1,00  überschreite die Wertgrenze nicht und stelle insoweit eine vom Gesetz  ausdrücklich zugelassene Ausnahme einer Zugabenwerbung dar.
Er  habe darauf vertrauen dürfen, dass die Werbung mit einer Zugabe  berufsrechtlich nicht verfolgt werde, sofern er die  Geringwertigkeitsgrenze beachte. Es gebe hierzu mehrere  Veröffentlichungen in überregionalen Zeitungen und Nachrichtendiensten,  nach denen die Gewährung von Bonustalern, Rabatten und Boni auf  verschreibungspflichtige Arzneimittel bis zu einer Grenze von EUR 1,00  auf jeden Fall erlaubt sei. 
Eine berufsrechtliche Ahndung seiner  Bonuswerbung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine  grundrechtlich geschützte Berufsausübung dar, der auch durch  berufsrechtliche Belange nicht zu rechtfertigen sei. Regelungen, die die  Berufsfreiheit einschränkten, müssten der Verhinderung des  Arzneimittelfehlgebrauchs oder der Erhaltung des Vertrauens der  Bevölkerung in die berufliche Integrität der Apotheker dienen. Nur dies  umschreibe einen für jeden rechtmäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit  vorausgesetzten legitimen Zweck. Es sei äußerst zweifelhaft, ob ein  berufsrechtliches Verbot von Werbegaben oder Rabatten im Wert bis zu EUR  1,00 überhaupt den vorgenannten Zweck verfolgen könne. Jedenfalls seien  aber die Geringwertigkeit der Vorteile und die kaum spürbaren  Auswirkungen auf die berufliche Integrität zu berücksichtigen. Die vom  Bundesgerichtshof aufgestellte Spürbarkeitsschwelle finde insofern  Eingang in die verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung. Den  Nachweis einer solchen Spürbarkeit habe aber die Landesapothekerkammer  bislang nicht erbracht. Auch eine ernsthafte Beeinträchtigung des  Vertrauens der Bevölkerung in die berufliche Integrität der Apotheker  sei durch geringwertige Vorteile im Wert von lediglich EUR 1,00 nicht zu  erwarten. 
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass ein  berufsrechtliches Verbot von Bonusmodellen unweigerlich zu einer  Diskriminierung deutscher Apotheken führe, weil EU-ausländische  Versandapotheken dem deutschen Berufsrecht nicht unterlägen und damit  allenfalls die vom Bundesgerichtshof aufgestellte  Geringwertigkeitsgrenze zu beachten hätten. 
Außerdem sei ein  sich aus nationalem Recht ergebendes Verbot, das geringwertige  Werbegaben für verschreibungspflichtige Arzneimittel untersage, mit  höherrangigem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren. Geringwertige  Werbegaben fielen nicht unter den Begriff der Werbung für Arzneimittel  oder würden jedenfalls als geringwertige Werbegaben angesehen. 
Mit  Beschluss vom 23. November 2011 hat das Berufsgericht für Heilberufe  das berufsgerichtliche Verfahren gegen das Kammermitglied eröffnet. In  dem Eröffnungsbeschluss werden die möglichen Verstöße gegen die  gesetzlichen Preisbindungsvorgaben sowie die Berufsordnung aufgezeigt,  die dem Kammermitglied aufgrund seiner Werbegaben vorzuwerfen seien.
Das  Berufsgericht für Heilberufe hat das Kammermitglied mit Urteil aufgrund  mündlicher Verhandlung vom 1. Februar 2012 freigesprochen. Die  Vorinstanz sieht die Voraussetzungen für die Verhängung einer  berufsrechtlichen Sanktion als nicht gegeben an. Dabei sei schon  zweifelhaft, ob der Antragsteller das ihm zustehende Ermessen bei der  Frage, ob gegen das Kammermitglied ein berufsgerichtliches Verfahren  eingeleitet werden soll, rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Jedenfalls sei  der Wertungswiderspruch zwischen den öffentlich-rechtlichen  Preisbindungsvorschriften und den Vorgaben des Wettbewerbsrechts vom  Antragsteller nicht hinreichend beachtet worden. Insofern spreche die  vom Bundesgerichtshof aufgestellte Spürbarkeits¬schwelle gegen einen  solchen Verstoß. Da das Kammermitglied deshalb allenfalls geringfügig  gegen seine Berufspflichten verstoßen habe, sei eine berufsgerichtliche  Sanktionierung, auch unter Einbeziehung des Grundrechts der  Berufsfreiheit, unverhältnismäßig. Schließlich sei wegen der komplexen  Rechtslage und der unterschiedlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema  zweifelhaft, ob das Kammermitglied schuldhaft gehandelt habe.
Gegen dieses Urteil hat der Antragsteller Berufung eingelegt. Er hält  an seiner Rechtsauffassung fest, nach der das Kammermitglied sowohl  gegen die gesetzliche Arzneimittelpreisbindung als auch gegen  berufsrechtliche Vorschriften verstoßen habe. Durch die Einräumung der  Boni auf rezeptpflichtige Heilmittel habe er den einheitlichen  Apothekenabgabepreis unterlaufen. Eine berufsrechtliche Sanktion dieses  Verhaltens sei auch grundrechtlich zulässig, weil es vernünftigen  Zwecken des Gemeinwohls diene. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz  bestehe kein Wertungswiderspruch zwischen den Vorgaben des  Wettbewerbsrechts und den öffentlich-rechtlichen  Preisbindungsvorschriften. Letztere enthielten weder eine  Spürbarkeitsschwelle noch einen Bagatellvorbehalt. Dies habe letztlich  auch der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen festgestellt. Mit  der Werbeaktion verschaffe sich der Antragsteller ersichtlich einen  unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Dies sei im Interesse einer  flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu  vermeiden. Es müsse gewährleistet werden, dass alle Apotheken in der  Lage seien, ein wirtschaftliches Auskommen zu haben. Durch ein Absehen  von einer berufsrechtlichen Ahndung würden diejenigen Apotheker  unzumutbar und unverhältnismäßig schlechter gestellt, die sich trotz  schwierigster gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen gesetzeskonform  verhielten.
Der Antragsteller beantragt,
das Urteil des  Berufsgerichts für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Mainz vom 1.  Februar 2012 aufzuheben und das Kammermitglied zu verurteilen.
Das Kammermitglied beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es  verteidigt die angefochtene Entscheidung des Heilberufsgerichts und  tritt der Berufung im Einzelnen unter Ergänzung und Vertiefung seines  bisherigen Vorbringens entgegen.
Im Übrigen sei bereits  zweifelhaft, ob die Berufungsbegründung den hierfür gel¬tenden formellen  Anforderungen genüge. Der Antragsteller wiederhole nämlich im  Wesentlichen lediglich seinen erstinstanzlichen Vortrag, ohne auf die  vom Heilberufsgericht im Einzelnen aufgezeigten Ermessensausfälle und  -fehler einzugehen.
Ein schuldhafter Verstoß gegen zwingende  gesetzliche oder berufsrechtliche Vor-gaben sei nicht gegeben. Es sei  nicht zu erschließen, weshalb er sich mit nach Auffassung des  Bundesgerichtshofs nicht spürbaren Werbegaben Wettbewerbsvorteile  gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft haben soll. Keinesfalls werde  die flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung durch  seine Werbegaben gefährdet. Dies gelte umso mehr, als es in seinem  Geschäftsort eine sehr gute Apothekenversorgung gebe. Im Umkreis seiner  Apotheke befänden sich innerhalb von 10 km insgesamt 49 weitere  Apotheken.
In der mündlichen Verhandlung hat das  Landesberufsgericht das Kammermitglied angehört. Hierbei hat es  angegeben, dass er seine Apotheke im Juli 2008 eröffnet habe. Für  Apotheken in Form der E ...-Apotheke mit einem hohen Anteil an  Nichtmedikamenten sei es schwer, von den Kunden als Apotheke  wahrgenommen zu werden. Von Oktober 2010 bis November 2010 sei durch die  Werbeaktion die Zahl der Rezepte um etwa 10 pro Tag gestiegen. Zwar  mindere sich durch die „E ...Rezept-Prämie“ sein Rohertrag, der bei  einem verschreibungspflichtigen Medikament EUR 6,05 zzgl. 3 % vom  Einkaufspreis betrage. Dieser Verlust werde jedoch ausgeglichen, wenn  der Kunde mit dem Gutschein Artikel aus dem übrigen Sortiment der  Apotheke erwerbe. In seiner Apotheke, in der es keine Zugaben wie  Papiertaschen¬tücher oder Kosmetikartikel gebe, würden pro Tag etwa 100  Rezepte eingereicht und ca. 50 bis 60 % der verschenkten  Einkaufsgutscheine eingetauscht. Sein Ziel sei es unter anderem, dass  der Kunde, der einen Einkaufsgutschein erhalte, wiederkomme und so sein  übriges Sortiment kennenlerne. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen  Apotheke sei die Freifläche in seiner Apotheke sehr groß. Hier verkaufe  er auch Hygieneartikel, Kosmetik, Körperpflege- und Zahnpflegeartikel,  Sportlernahrung und vieles mehr. Da in der näheren Umgebung seiner  Apotheke keine Arztpraxen vorhanden seien, sei er auf Laufkundschaft  angewiesen. Den örtlichen Vorteil, den Apotheken mit Nähe zur Arztpraxen  hätten, gleiche er mit seinen Anreizen beim Kauf  verschreibungspflichtiger Medikamente aus. Da er diese Medikamente  vorhalten müsse, benötige er auch eine gewisse Anzahl von Rezepten. Mit  seinem Flyer versuche er zudem, seine Apotheke in A ... und dem näheren  Umland bekannt zu machen.
Im Übrigen beruhen die Feststellungen  dieses Sachverhalts auf den vom Vorstand der Landesapothekerkammer  vorgelegten Dokumenten, dem Inhalt der vorgelegten Akten (1 Heft) sowie  den schriftlichen Einlassungen des Kammermitglieds.
B.
Die Berufung hat Erfolg. Sie ist sowohl zulässig (I.) als auch begründet (II.).
I. 
Entgegen  der Auffassung des Kammermitglieds ist die vom Antragsteller form- und  fristgerecht eingelegte Berufung auch sonst zulässig, insbesondere in  formeller Hinsicht ausreichend begründet. Gemäß § 85 Abs. 4 Satz 1 des  Heilberufs¬gesetzes - HeilBG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.  Oktober 1978 (GVBl. I S. 649 – mit späteren Änderungen) muss die  Berufungsschrift das angefochtene Urteil bezeichnen und einen bestimmten  Antrag enthalten. Zudem sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen  und Beweismittel angegeben werden (§ 85 Abs. 4 Satz 2 HeilBG). Diesen  formellen
Erfordernissen entspricht die Berufungsbegründung  (Schriftsatz vom 3. April 2012, Bl. 217 GA). Die vom Kammermitglied  unter Hinweis auf verschiedene Entscheidungen von Zivil- und  Verwaltungsgerichten vertretene Auffassung, eine Berufungs¬begründung  müsse darüber hinaus den Anforderungen des § 520 Abs. 3  Zivilprozessordnung genügen, ist wegen der in Heilberufsverfahren  geltenden Sonderregelung des § 85 Abs. 4 HeilBG nicht zutreffend.  Unabhängig hiervon entspricht die Berufungsschrift des Antragstellers  auch den über § 100 HeilBG ergänzend heranziehbaren formellen Vorgaben  des § 320 Strafpro¬zessordnung (StPO).
II. Die danach zulässige  Berufung ist auch begründet. Das Berufsgericht für Heilberufe hätte das  beschuldigte Kammermitglied nicht freisprechen dürfen. Entgegen der  Auffassung der Vorinstanz war die Einleitung eines be¬rufs¬gerichtlichen  Verfahrens zulässig (1.) Das Kammermitglied hat sich gesetzwidrig  verhalten (2.). Sowohl unter Beachtung der grundgesetzlich geschützten  Berufsfreiheit (3.) als auch des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der  Verhältnismäßigkeit (4.) bedarf es einer berufsrechtlichen Warnung, um  das Kammermitglied zur künftigen Beachtung der einschlägigen  gesetzlichen Vorgaben anzuhalten (5.).
1. 
Dem Antrag des  Vorstandes der Landesapothekerkammer stand kein Verfahrenshindernis  entgegen. Der Antragsteller hat vielmehr zu Recht gemäß §§ 43 Abs. 1, 64  Abs. 1 Nr. 1 HeilBG die Voraussetzungen für die Einleitung eines  berufsgerichtlichen Verfahrens als erfüllt angesehen. Nach diesen  Vorschriften kann der Vorstand der Landesapothekerkammer ge¬gen ein  Kammermitglied, das seine Berufspflichten schuldhaft verletzt hat, einen  Antrag auf Einleitung eines berufsge-richtlichen Verfahrens stellen.  Nach dem Wortlaut von § 64 Abs. 2 Satz 1 HeilBG besteht insofern ein  Ermessen des Vorstandes der Landesapotheker¬kammer, das dieser  pflichtgemäß auszuüben hat. Entgegen der Auffassung des Kammermitglieds  und der Vorinstanz wurde dieser Antrag ohne Ermessensfehler gestellt.
Der  Antragsteller war zunächst nicht gehalten, von einer berufsrechtlichen  Sanktion abzusehen. Denn er hat aus seiner Sicht schlüssig einen Verstoß  gegen die Berufsordnung für Apotheker angenommen. Sein Ermessen hat er  hierbei in rechtlich zulässiger Weise dahingehend ausgeübt, gemäß § 64  Abs. 2 Satz 1 HeilBG bei dem Berufsgericht für Heilberufe einen Antrag  auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens zu stellen. 
Er  war auch nicht dazu verpflichtet, die ihm nach § 11 HeilBG zukommende  Ord-nungsbefugnis auszuüben. Danach besteht für den Vorstand der  Landeskammer die Möglichkeit, auch ohne Einschaltung der  Berufsgerichtsbarkeit eine disziplinare Sanktion in Form einer Rüge oder  eines Ordnungsgeldes zu verhängen (vgl. § 11 Abs. 1 und 2 HeilBG).  Allerdings kann jede dieser Maßnahmen vom Berufsgericht für Heilberufe  überprüft werden, wenn das Kammermitglied nach Durchführung des  Einspruchsverfahrens einen entsprechenden Antrag gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1  HeilBG stellt. Eine Maßnahme nach § 11 Abs. 1 oder 2 HeilBG kommt  deshalb für den Vorstand einer Landeskammer regelmäßig nur dann in  Betracht, wenn der Verstoß nicht besonders schwer wiegt und er in  tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eindeutig ist. Hingegen ist dem  Vorstand der Landeskammer nicht zuzumuten, eine Maßnahme nach § 11  HeilBG zu verhängen, wenn – etwa (wie hier) bei unterschiedlichen  Rechtsauffassungen – ohnehin mit einer gerichtlichen Klärung zu rechnen  ist. Darüber hinaus ist die Entscheidung des Antragstellers, beim  Berufsge¬richt für Heilberufe die Durchführung eines berufsgerichtlichen  Verfahrens zu beantragen, auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der  Angelegenheit und ihrer weit reichenden Konsequenzen für die  freiberuflich tätigen Apotheker nicht ermessensfehlerhaft gewesen.
2. 
Der  vom Antragsteller danach in zulässiger Weise bei dem Berufsge¬richt für  Heilberufe gestellte Antrag auf Einleitung eines Verfahrens gemäß § 64  Abs. 1 Nr. 1 HeilBG führt in der Sache zur Verurteilung des  Kammermitglieds. Denn es hat vorsätzlich gegen geltende Gesetze und  damit zugleich gegen seine Berufspflichten verstoßen (a). Dieser  Pflichtverletzung stehen weder wettbewerbsrechtliche Vorgaben (b) noch  das europäische Gemeinschaftsrecht (c) oder der verfassungsrechtliche  Gleichbehandlungsgrundsatz (d) entgegen.
a) 
Das  Kammermitglied hat sich eines Verstoßes gegen seine Berufspflichten  schuldig gemacht. Gemäß § 20 Abs. 1 HeilBG in Verbindung mit § 1 Abs. 1  der Berufsordnung ist der Apotheker verpflichtet, seinen Beruf  gewissenhaft auszuüben und dem Vertrauen zu entsprechen, das den  Angehörigen seines Berufs entgegengebracht wird. Er hat das Ansehen des  Berufsstandes und Betriebs zu wahren, in dem er tätig ist. Neben diesem  allgemeinen Pflichtenkreis sind von ihm aber auch die für seine  Berufsausübung geltenden Gesetze, die auf dieser Grundlage erlassenen  Verordnungen, das Satzungsrecht der Landesapothekerkammer sowie die  darauf gegründeten Anordnungen und Richtlinien zu beachten (§ 23 Abs. 1  Nr. 1 HeilBG i. V. m. § 1 Abs. 2 Berufsordnung).
Diese  berufsrechtlichen Pflichten hat das Kammermitglied missachtet, indem es  seit dem 1. November 2010 in seiner Apotheke jedem Kunden beim Kauf  eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels einen Einkaufsgutschein in  Höhe von 1 Euro (maximal EUR 3,00 je Rezept) ausgestellt hat, der  sodann bei einem folgenden Kauf von nicht rezeptpflichtigen Artikeln in  der Apotheke verrechnet wird. Diese Werbemaßnahme stellt einen Verstoß  gegen die für alle Apotheker geltenden arzneimittelrechtlichen Vorgaben  dar. 
Durch die Abgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten unter  gleichzeitiger Über-reichung eines Einkaufsgutscheins im Wert von EUR  1,00 je Medikament (höchstens EUR 3,00 je Rezept) hat das Kammermitglied  gegen § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Gesetzes über den Verkehr mit  Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG -) in der Fassung der  Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394 - mit späteren  Änderungen) verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist für alle  verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel und die zwar nicht  verschreibungs-, jedoch apothekenpflichtigen Fertigarzneimittel, die zu  Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein  einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten  regelt die auf der Grundlage von § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG erlassene  Arzneimittel-preisverordnung - AMPreisV - vom 14. November 1980 (BGBl. I  S. 2147). Diese gesetzlichen Vorgaben legen für  verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des  Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die  Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils  zwingend fest (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AMPreisV). Die  Regelung des § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG stellt die Rechtslage insoweit  zusammenfassend klar, als danach ein einheitlicher Abgabepreis des  pharmazeutischen Unternehmers für alle Arzneimittel zu gewährleisten  ist, soweit für diese verbindliche Preise und Preisspannen durch die  Arzneimittelpreisverordnung bestimmt sind. Erst hierdurch ergibt sich in  Verbindung mit den Handelszuschlägen, die die  Arzneimittelpreisverordnung festlegt, ein einheitlicher, bei der Abgabe  an den End¬verbraucher verbindlicher Apothekenabgabepreis. Diese  Regelungen, die im Ergebnis zu einem „centgenauen“ Abgabepreis von  rezeptpflichtigen Medikamenten führen, sollen insbesondere  gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene  flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit solchen  Arzneimitteln dadurch sichergestellt wird, dass zwi¬chen den einzelnen  Apotheken kein ruinöser Wettbewerb stattfindet (vgl. die Stellungnahme  des Bundesrats zum Regierungsentwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des  Arzneimittelgesetzes, BT-Drucksache 11/5373 S. 27; so auch OVG Nds,  Beschluss vom 8. Juli 2011, Az. 13 ME 95/11, NVwZ 2011, 1394).
Dass  sich bei der Werbeaktion des Kammermitglieds der Preisvorteil für den  Kunden erst beim Kauf eines weiteren (nicht rezeptpflichtigen) Artikels  realisiert, ist ohne rechtliche Bedeutung. Ein Verstoß gegen die  arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nach gefestigter  Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sowie der Verwaltungs- und  Berufsgerichte nämlich nicht nur dann vor, wenn der Apotheker ein  preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der  Arzneimit-telpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die  Bestimmungen der Arznei-mittelpreisverordnung werden vielmehr auch dann  verletzt, wenn für das preisge-bundene Arzneimittel zwar der korrekte  Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des  Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn  wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt (vgl. BGH, Urteile vom 9.  September 2010, Az. I ZR 193/07 [„Unser Dankeschön für Sie”], I ZR 37/08  [„Unser Extra zur Begrüßung”], I ZR 98/08 [„Bonuspunkte“], I ZR 125/08  [„Bonussystem”] und I ZR 26/09 [„Bonus-Taler“], sämtlich zitiert nach  juris; OVG Nds, Beschlüsse vom 8. Juli 2011, a.a.O. Az. 13 ME 95/11, a.  a. O., und 13 ME 111/11; OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2011, Az.  13 B 1136/11, juris; Berufsgericht beim LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 8.  Februar 2012, Az. BG-Ap 8/11, Berufsgericht beim LG München, Urteil vom  29. März 2012, Az. BG-Ap 6/11). Dieser gefestigten Rechtsprechung der  Zivil-, Berufs- und Verwaltungsgerichte tritt der Senat bei.
Eine Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitgeschäft, wie vom  Kammermitglied gesehen, würde demgegenüber das einheitlich zu wertende  Geschäft des Einkaufs eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels  gegen Gewährung des Einkaufsgutscheins künstlich aufspalten (vgl. BGH,  Urteile vom 9. September 2010, a. a. O.; OVG Nds, Beschlüsse vom 8. Juli  2011, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 28. November 2011, a. a. O.;  Berufsgericht beim LG München, Urteil vom 29. März 2012; a. a. O.) und  zudem die Preisbindung bewusst unterlaufen (so auch Berufsgericht beim  LG München, Urteil vom 29. März 2012; a. a. O.). Bei realistischer,  lebensnaher Betrachtung stellt ein solcher Einkaufsgutschein für den  Kunden vielmehr einen erkennbaren wirtschaftlichen Vorteil dar, da er  über dessen Umsetzung sofort (gegebenenfalls unmittelbar nach dem  Erhalt) frei verfügen kann. Angesichts des bekannten breiten Angebots  von in Apotheken frei verkäuflichen Produkten befinden sich darunter  nicht wenige, die jeder Verbraucher im Alltag gebrauchen kann (vgl. BGH,  Urteil vom 9. September 2010, Az. I ZR 193/07 [„Unser Dankeschön für  Sie”], a. a. O.). Diese Situation besteht in besonderem Maße in der  Apotheke des Kammermitgliedes, die nach seinen Angaben über ein  besonders breit gefächertes Sortiment von nicht apothekenpflichtigen  Waren verfügt.
Insofern unterscheidet sich der hier zu bewertende  Sachverhalt von der Überrei¬chung eines Päckchens Papiertaschentücher  oder von Hustenbonbons an den Kunden, einer Gabe von Süßigkeiten für  Kinder oder der kostenfreien Überlassung einer Kundenzeitschrift. Denn  bei derartigen Kleinpräsenten bestimmt nicht der Kunde, sondern der  Apotheker die Art der Vorteilsgewährung. Sie sind als bloßer Ausdruck  allgemeiner Kundenfreundlichkeit ohne weiteres als „geringwertige  Kleinigkeiten“ anzusehen. Ein auf einen bestimmten Geldbetrag  ausgestellter Einkaufsgutschein, der einen Wert von bis zu EUR 3,00 pro  Rezept aufweist, kommt demgegenüber in seiner Wirkung einem Barrabatt  nahezu gleich (so auch Berufs¬gericht beim LG München, Urteil vom 29.  März 2012; a. a. O. Urteilsabdruck S. 9: „versteckter Barrabatt“).
Abweichendes  könnte allenfalls dann anzunehmen sein, wenn einer Einlösung des  Gutscheins wesentliche Hindernisse entgegenstünden oder die Vorteile  nicht allein für den Erwerb des preisgebunden Arzneimittels, sondern  auch aus anderem Anlass gewährt würden, etwa weil der Kunde beim Erwerb  Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss (vgl. BGH, Urteile vom 9.  September 2010, a.a.O.). Derartiges ist hier aber nicht gegeben. Der  Einlösung des Einkaufsgutscheins in der Apotheke des Kammermitglieds  stehen keine wesentlichen Hindernisse entgegen. Die vom Kammermitglied  in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2012 gegenüber dem Gericht  angegebene Lage seiner Apotheke in einem Gewerbepark, in dem sich  überwiegend Einkaufszentren und keine Arztpraxen befinden, kann nicht  als „Unannehmlichkeit“ in diesem Sinne gewertet werden. Die Lage einer  Apotheke bestimmt im Übrigen der gewerblich tätige Apotheker aufgrund  seiner freien unternehmerischen Entscheidung selbst. Mit seiner  Entscheidung, seine Apotheke in einem Gewerbepark zu betreiben, hat er  hierdurch möglicherweise bestehende Lagenachteile in Kauf zu nehmen; sie  sind nicht durch eine arzneimittelrechtlich weitergehende Zulässigkeit  von Werbemaßnahmen auszugleichen.
b) 
Dass die Werbeaktion des  Kammermitglieds möglicherweise in wettbewerbs¬rechtlicher Hinsicht  erlaubt wäre, ist vorliegend nicht erheblich. Zwar hat der  Bundesgerichtshof entschieden, dass bei Werbegaben bis zu einem Betrag  von bis zu EUR 1,00 eine Unterlassung dieses Wettbewerbs aufgrund des  Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG - (in der Fassung der  Bekanntmachung vom 3. März 2010, BGBl. I S. 254) i. V. m. § 7 Abs. 1 des  Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens  (Heilmittelwerbegesetz - HWG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom  19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3068), zuletzt geändert durch Gesetz vom  26. April 2006 (BGBl. I S. 984) nicht verlangt werden kann, weil es sich  bei diesen Werbegaben um sog. geringwertige Kleinigkeiten im Sinne von §  7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG handele und sie deshalb wettbewerbsrechtlich  nicht spürbar im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG seien (Urteile vom 9.  September 2010, Az. I ZR 98/08 [„Bonuspunkte“], I ZR 125/08  [„Bonussystem”] und I ZR 26/09 [„Bonus-Taler“], a. a. O.). Auf diese  Rechtsprechung kann sich das Kammermitglied jedoch nicht erfolgreich  berufen, weil die Preisbindungsvorschriften des Arzneimittelgesetzes  bzw. der Arzneimittelpreisverordnung neben den Regelungen des  Heilmittelwerbegesetzes anwendbar sind.
Dies ergibt sich bereits  aus den unterschiedlichen Zielsetzungen, die diese Gesetze aufweisen.  Während der Zweck der in § 7 HWG enthaltenen Regelung vor allem darin  besteht, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel  sie in Anspruch nehmen, nicht durch die Aussicht auf Zugaben und  Werbegaben unsachlich beeinflusst werden sollen, sind die hier  maßgeblichen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes nach ihrem Zweck dazu  bestimmt, den (Preis)Wettbewerb unter den Apotheken zu regeln (vgl.  BGH, Urteil vom 9. Sep¬tember 2010, Az. I ZR 193/07 [„Unser Dankeschön  für Sie”], a. a. O.). Selbst wenn danach geringwertige Kleinigkeiten im  Sinne des Wettbewerbsrecht nicht spürbar sind, bleibt es – wie  dargestellt – bei dem gegebenen Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, der  vorliegend ausschließlich berufsrechtlich zu bewerten ist.
Hiervon  ausgehend ist es für die Beantwortung der Frage nach einem  Pflichten¬verstoß des Kammermitglieds entscheidend, dass es im  Heilberufsrecht des Landes Rheinland-Pfalz, das aufgrund der  gesetzlichen Verordnungsermächtigung in § 23 Abs. 1 HeilBG im  Wesentlichen durch die Berufsordnung für Apotheker kon¬kretisiert wird,  keine Spürbarkeitsschwelle wie in § 3 Abs. 1 UWG gibt. So macht zwar §  15 Abs. 3 Nr. 7 BO die Zulässigkeit der Gewährung von Zugaben,  Zuwendungen oder Warenproben davon abhängig, dass diese auch „das  Wettbewerbsrecht nicht gestattet“. Insofern käme dann in der Tat die  Spürbarkeitsschwelle des Bundesgerichtshofs zum Tragen. Demgegenüber  sieht die hier anwendbare Maßgabe des § 15 Abs. 3 Nr. 5 BO, die als  speziellere Vorschrift der allgemeineren Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 7  BO vorgeht, eine solche Einschränkung nicht vor. Nach dieser  berufsrechtlichen Vorschrift sind, vorbehaltlich der besonderen  Um¬stände des Einzelfalles, ein Abgehen von den sich aus der  Arzneimittelpreisver¬ordnung ergebenden einheitlichen  Apothekenabgabepreisen, insbe¬sondere das Gewähren von „Rabatten und  sonstigen Preisnachlässen“ bei verschreibungs¬pflichtigen  Fertigarzneimitteln und Rezepturen sowie die Werbung hierfür nicht  erlaubt. Da es sich bei den vom Kammermitglied verschenkten  Einkaufsgutscheinen um einen einheitlich zu bewertenden Vorgang (BGH,  Urteil vom 9. September 2010, a. a. O.) und nicht um zwei getrennte  Geschäftsvorgänge handelt, sind sie zumindest „sonstigen  Preisnachlässen“ im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 5 BO vergleichbar. Eine  andere Sichtweise würde auch insofern den einheitlichen Vorgang  künstlich und unnatürlich in Erst- und Folgegeschäft aufspalten. Eine  solche Aufspaltung nimmt nicht nur der Kunde nicht wahr (für diesen  verbilligt sich sein Medikament subjektiv um EUR 1,00 und sein Rezept um  bis zu EUR 3,00). Sie wäre auch aus Sicht eines unbefangenen Dritten  und damit objektiv als „Umgehung“ der Preisbindung von Arzneimitteln zu  bewerten. Eine Nichtbeachtung der Preisbindung durch den Apotheker durch  eine Gewährung von Vorteilen, die an die Abgabe von Arzneimittel  gekoppelt wird, reicht für einen Verstoß mithin aus.
c) 
Europarechtliche  Vorgaben ergeben keine andere Wertung. Insbesondere liegt kein Verstoß  gegen das Gemeinschaftsrecht vor. Deshalb kommt eine Vorlage an den  EuGH, wie vom Kammermitglied in seiner Berufungserwiderung angeregt,  nicht in Betracht. 
Zwar gelten nach Art. 86 Abs. 1 der  Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Par¬laments und des Rates vom 6.  November 2001 - HumanarzneimittelkodexRL - Anreize zur Verschreibung  oder Abgabe von Arzneimitteln durch das Gewähren, Anbieten oder  Versprechen von finanziellen oder materiellen Vorteilen dann nicht als  Werbung im Sinne dieser Richtlinie, wenn diese von „geringem Wert“ sind.  Das sagt aber nichts über einen – hier aus den vorstehenden Gründen  vorliegenden – Verstoß gegen nationale Preisbindungsregelungen aus.  Zudem berühren nach Art. 4 Abs. 1 HumanarzneimittelkodexRL die  Bestimmungen dieser Richtlinie nicht die Zuständigkeiten der Behörden  der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Festsetzung der Arzneimittelpreise  und ihrer Einbeziehung in den Anwendungsbereich der innerstaatlichen  Krankenversicherungssysteme aufgrund gesundheitlicher, wirtschaftlicher  und sozialer Bedingungen. Soweit nach Art. 94 Abs. 1  HumanarzneimittelkodexRL im Rahmen der Verkaufsförderung für  Arzneimittel gleichfalls eine Geringwertigkeitsgrenze besteht, lässt  dies nach Absatz 4 dieser Regelung die in den Mitgliedstaaten  bestehenden Maßnahmen oder Handelspraktiken hinsichtlich der Preise,  Gewinnspannen und Rabatte gleichfalls unberührt.
Soweit das  Kammermitglied auf die Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments  und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in  der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung hinweist, ist  entsprechend den Erwägungsgründen 10 und 11 dieser Richtlinie hier  bereits der Anwendungsbereich nicht berührt. Diese Richtlinie zielt  nämlich darauf ab, Regeln zu schaffen, die den – hier erkennbar nicht  tangierten – Zugang zu einer sicheren und hochwertigen  grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in der Union erleichtern und  die Patientenmobilität im Einklang mit den vom Gerichtshof  aufgestellten Grundsätzen gewährleisten und die Zusammenarbeit der  Mitgliedstaaten bei der Gesundheitsversorgung fördern soll. Dabei sollen  die Zuständigkeiten der Mit-gliedstaaten für die Festlegung der  gesundheitsbezogenen Sozialversicherungs-leistungen und für die  Organisation und Bereitstellung von Gesundheitsdienstleis-tungen und  medizinischer Versorgung sowie der Sozial¬versicherungsleistungen,  insbesondere im Krankheitsfall, uneingeschränkt gechtet werden (Satz 2  des Erwägungsgrundes Nr. 10). Ungeachtet dessen lässt diese Richtlinie  nach Art. 2 Buchstabe h die vorerwähnte Richtlinie 2001/83/EG zur  Schaffung eines Gemein-schaftskodexes für Humanarzneimittel ausdrücklich  unberührt.
d) 
Entgegen der Auffassung des Kammermitglieds  steht der Gleichbehandlungs¬grundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Annahme  einer Pflichtverletzung gleichfalls nicht entgegen. Bei einer  Werbeaktion wie derjenigen des Kammermitglieds würden auch  EU-Versandapotheken die ihnen als Apotheker obliegenden Berufspflichten  verletzen. Wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes  zwischenzeitlich entschieden hat, gelten für EU-Versandapotheken die  gleichen Bindungen des Arzneimittelpreisrechts wie für inländische  Apotheken. Auch EU-Versandapotheken müssen demnach die Bestimmungen des  Arzneimittelpreisrechts beachten, wenn sie verschreibungspflichtige  Medikamente in Deutschland zum Kauf anbieten. Der Gemeinsame Senat der  obersten Gerichtshöfe des Bundes hat insofern klargestellt, dass die  Vorschriften des Arzneimittelgesetzes eine ausreichende  Ermächtigungsgrundlage darstellen, ausländische Versandapotheken, die  verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher  abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen. Dies ergebe  sich insbesondere aus § 78 Abs. 1 und 2 AMG. Diesem Ergebnis stehe weder  primäres noch sekundäres Unionsrecht entgegen (vgl. GmS-OBG,  Kurzmitteilung vom 22. August 2012, juris).
3. 
Anders als die  Vorinstanz sieht der Senat keine Einschränkung der berufsrechtlichen  Vorgaben durch die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit. Zwar  handelt es sich bei der berufsgerichtlichen Ahndung um einen Eingriff in  die Berufsausübung des Kammermitglieds. Dieser ist aber gemäß Art. 12  Abs. 1 GG gerechtfertigt.
Nach der „Stufentheorie“ des  Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958, a. a. O.,  S. 404 ff.) sind Eingriffe in die Berufsausübung zulässig, wenn sie  durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert und im Übrigen  verhältnismäßig sind (BVerfG, Beschluss vom 1. Juni 2011 - 1 BvR 233/10  -, juris). Derartige Gründe des Gemeinwohls sind sowohl die  Gewährleistung einer zuverlässigen Versorgung der Bevölkerung mit  Arzneimitteln als auch die Integrität der freiberuflich tätigen  Apotheker, die vor einem im Endeffekt möglicherweise ruinösen  Wettbewerb, auch vor dem Hintergrund der aus anderen Ländern agieren¬den  Versandapotheken, geschützt werden müssen.
Dem lässt sich nicht  erfolgreich entgegenhalten, dass die Versorgung der Bevölkerung mit  Arzneimitteln in A ... aufgrund der dort wohl bestehenden hohen  Apothekendichte nicht gefährdet sei. Zum einen kann die wirksame  Durchsetzung der Arzneimittelpreisbindung nicht von regionalen  Unterschieden in der konkreten Apothekendichte abhängig gemacht werden.  Zum anderen ist es gerade diese hohe Anzahl von Apotheken, die nach  allgemeiner Erfahrung einen erhöhten Wettbewerb zu Folge hat. Durch die  arzneimittelrechtliche Preisbindung soll insofern der einzelne Apotheker  davor geschützt werden, aufgrund eines faktischen Zwanges Rabatte  und/oder Zugaben auch im Bereich rezeptpflichtiger Arzneimittel zu  gewähren, um auch hier im Wettbewerb bestehen zu können. Die  Arzneimittel¬preisbindung soll im Interesse einer flächendeckenden  Versorgung der Bevölke¬rung mit Arzneimitteln vielmehr gewährleisten,  dass alle Apotheken ein wirtschaftli¬ches Auskommen haben und nicht  durch ruinösen Preiswettbewerb vom Markt verdrängt werden (vgl. OVG Nds,  Beschluss vom 22. März 2011 - 13 LA 157/09 -; OVG LSA, Beschluss vom  13. Juni 2011, 1 M 95/11, beide juris).
4. 
Der aus diesen  Gründen vorliegende Verstoß des Kammermitglieds gegen seine  Berufspflichten wiegt so schwer, dass auch unter Beachtung des  verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit staatlicher  Eingriffe in (grundgesetzlich) geschützte Rechtspositionen eine  berufsgerichtliche Sanktionierung erforderlich wird.
Der Schutz  der arzneimittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften ist auch dann  gefährdet, wenn jeder Kunde pro verschreibungspflichtigem Medikament  einen Gutschein von nur EUR1,00 erhält. Dies mag sich für den Kunden als  geringwertige Kleinigkeit darstellen. Allerdings ist auch zu sehen,  dass diese Art der Zuwendung einem unzulässigen Barrabatt ähnlich ist.  Der Kunde kann über die Verwendung des Einkaufsgutscheins frei  entscheiden und ihn bei einem Kauf eines Artikels aus dem überaus  reichhaltigen und vielfältigen Sortiment der Apotheke des  Kammermitglieds einsetzen. Der Gutschein ist aus Sicht des Kunden fast  wie Bargeld und dient – so auch das Kammermitglied selbst – einer  langfristigen Kundenbindung. Wegen der Vorteile ist diese Zuwendung  besonders werbewirksam. Verbreitet sich diese Werbemethode und werden  die Vorschriften zur Preisbindung vielfach unterlaufen, so ist bei einer  Gesamtbetrachtung ihr Zweck gefährdet. Ruinöser Wettbewerb und die  Verdrängung von Apotheken können die Folge sein. Dabei kommt es nicht  darauf an, ob durch das Verhalten des Kammermitglieds die Versorgung der  Bevölkerung mit Medikamenten in A ... gefährdet ist. Aus diesem Grund  ist es auch nicht erforderlich, dem darauf bezogenen Beweisantrag des  Kammermitglieds zu entsprechen und ein Sachverständigengutachten  einzuholen. Ob berufsrechtliche Sanktionen gegenüber Apothekern  getroffen werden, kann nicht von regionalen Unterschieden und der  jeweiligen Apothekendichte abhängig sein. Mit der berufsrechtlichen  Ahndung geht es vielmehr darum, die Einhaltung der Preisbindung  flächendeckend zu gewährleisten und einen Nachahmungseffekt mit  weitreichenden Folgen auszuschließen.
Das Geschäftskonzept des Kammermitglieds so wie er es in der  mündlichen Ver-handlung dargestellt hat, ist sicher nachvollziehbar. Die  Apotheke liegt im Bereich eines Einkaufszentrums und ist auf  Laufkundschaft angewiesen. Anders als bei vielen herkömmlichen Apotheken  fehlt eine räumliche Nähe zu Ärzten. Da das Kammermitglied  wirtschaftlich auf Rezepte angewiesen ist, muss es entsprechende Anreize  bieten. Das Kammermitglied hat nach seinen Angaben auch ein Problem,  den potenziellen Kunden seine Apotheke als solche wahrnehmbar zu machen.  Da es jedoch als Apotheker verpflichtet sei, die entsprechenden  Arzneimittel vorrätig zu halten, benötige es die „Rezeptprämie“, um die  sog. Laufkundschaft an seine Apotheke zu binden. Seine Werbeaktion habe  dementsprechend bereits im ersten Monat zu einer Umsatzsteigerung  geführt. Nicht zuletzt gewährt es die „Rezeptprämie“ auch mit der  Zielsetzung, hierdurch Kunden zu gewinnen, die regelmäßig Medikamente  benötigen.
Die Werbemethode hat sich auch als erfolgreich  erwiesen. Bereits im ersten Monat der "Rezept-Prämien"-Aktion gab es  täglich 10 Rezepte mehr. Ein Grund, der es bei dieser Sondersituation  rechtfertigt, von berufsrechtlichen Sanktionen abzusehen, besteht damit  jedoch nicht. Die Art der Führung einer Apotheke beruht auf der  unternehmerischen Entscheidung des einzelnen Apothekers. Dabei hat er  die gesetzlichen Vorgaben, u. a. die Preisbindung, zu beachten. Verstöße  können nicht schon dann ohne Sanktionen bleiben, wenn sie dem  jeweiligen Unternehmenskonzept und der jeweiligen Berufsausübung dienen.
Aus  Sicht des Senats versteht es sich auch von selbst, dass diejenigen  Kunden, die infolge der Werbeaktion ihre Rezepte in der Apotheke des  Kammermitglieds einlösen, als Kunden für die anderen Apotheken in A ...  und seines Einzugsbereichs fehlen. Es erschließt sich vor diesem  Hintergrund nicht, weshalb – zumindest bei einer solchen Sachlage – die  Ausgabe von Einkaufsgutscheinen im Wert von zu EUR 3,00 pro Rezept im  Wettbewerb der Apotheken untereinander, wie das Kammermitglied meint,  unerheblich sein soll. Hinzu kommt, dass das Kammermitglied nach seinen  Angaben seine Werbeaktion nicht auf das Stadtgebiet beschränkt hat,  sondern seine Flyer auch im ländlich geprägten Einzugsbereich von A …  verteilt. Dass gerade kleinere Apotheken im ländlichen Raum ohne  Unterstützung einer Filialkette – wie hier die Gruppe der „E …  -Apotheke“ mit ca. 70 selbstständigen Filialen – bei einem Rohertrag vom  EUR 6,05 bzw. EUR 8,10 pro Medikament (zzgl. 3 %, vgl. § 3 Abs. 1  AMPreisV) einen derartigen Preisnachlass nicht anbieten können, liegt  auf der Hand. Der vom Kammermitglied gewährte Rezeptbonus stellt sich  danach als arzneimittelrechtlich und berufsrechtlich unzulässiger  wirtschaftlicher Vorteil dar, der möglicherweise für den Kunden nicht,  jedoch für das Kammermitglied und seine Konkurrenten am örtlichen  Apothekenmarkt dagegen sehr wohl bemerkbar ist.
5. 
Als  berufsrechtliche Maßnahme kommen eine Warnung, ein Verweis oder eine  Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro in Betracht (vgl. § 44 Abs. 1  HeilBG). Unter Einbeziehung des individuellen Verschuldensgrades sowie  nach umfassender Abwägung aller in Betracht kommender Erschwerungs- und  Milderungsgründe erscheint eine Warnung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 HeilBG  ausreichend, aber auch erforderlich, um das Kammermitglied zur künftigen  Beachtung der berufsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben anzuhalten. 
Das  Kammermitglied handelte vorsätzlich. Spätestens nach Erhalt des  Schreibens der Landesapothekerkammer vom 23. Dezember 2010 war ihm  bekannt, dass es die gesetzlichen Preisbindungsvorgaben einzuhalten  hatte. Gleichwohl verzichtete das Kammermitglied nicht auf die weitere  Werbung für seine Apotheke. Dabei war es war sich der Tragweite seines  Handelns bewusst. Erschwerend kommt hinzu, dass es seine Werbeaktion  trotz eindeutiger Hinweise des Antragstellers bis zum heutigen Tag  fortgesetzt hat.
Andererseits sprechen erhebliche  Milderungsgründe zugunsten des Kammermitglieds. So ist die Rechtslage  unübersichtlich und im Ergebnis nicht eindeutig, da die Gewährung von  Boni von Gerichten nicht einheitlich bewertet wird. Auch hat das  erstinstanzliche Heilberufsgericht einen Rechtsverstoß verneint.
Darüber  hinaus erfolgte der in Rede stehende Verstoß gegen die Berufspflichten  erstmals. Das Kammermitglied ist berufsrechtlich nicht vorbelastet.  Unter entsprechender Anwendung des im Disziplinarrecht allgemein  anerkannten Grundsatzes der Steigerung disziplinarrechtlicher Maßnahmen  kommt hier als mildeste berufsgerichtliche Sanktion deshalb eine Warnung  nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 HeilBG in Betracht. Dabei ist davon auszugehen,  dass das Kammermitglied eine berufsrechtliche Warnung zum Anlass nehmen  wird, künftig die arzneimittel- und berufsrechtlichen Einschränkungen  bei der Werbung für seine Apotheke zu beachten.
Auch unter  generalpräventiven Gesichtspunkten ist eine schärfere Maßnahme nicht  erforderlich. Die Apotheker in Rheinland-Pfalz können sich allerdings  nach Ergehen dieser Entscheidung nicht mehr auf den Milderungsgrund der  unklaren bzw. unübersichtlichen Rechtslage berufen, so dass künftig bei  Verstößen auch andere Maßnahmen denkbar sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 94 Abs. 4 Satz 1 HeilBG.
