Werbung "Bodenseekanzlei"

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart  | Aktenzeichen: 2 U 147/05 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Berufliche Kommunikation

Urteilstext

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten Ziff. 1- 3 und 6 - 9 gegen das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 28.07.2005 wird z u r ü c k g e w i e s e n .

 

2. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner 2/9 der Gerichtskosten in beiden Instanzen. Die übrigen Gebühren und Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die in Ziff. 1 des Tenors bezeichneten Beklagten.

 

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Kläger in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € abwenden, diejenigen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leisten.

 

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 30.000,00 €

 

Gründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, der Sache nach jedoch ohne Erfolg.

 

A.

Zum einen wird auf die Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

 

Zusammenfassend:

 

Die Beklagten - die Beklagte Ziff. 1 als von Rechtsanwälten und Steuerberatern gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Beklagten Ziff. 2 bis 9 als bei der Beklagten Ziff. 1 jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung tätige Rechtsanwälte oder Steuerberater - haben, nach Verlegung des Kanzleisitzes von R. weg, ab März 2005 in F. ihren Kanzleisitz begründet und treten dort im geschäftlichen Verkehr, zum Teil mit einer graphischen Ausschmückung, als B. auf.

 

Darin sehen die Kläger, unterschiedliche Anwalts- und teilweise Notarkanzleien aus F., eine irreführende Spitzenstellungsberühmung, weil damit dem angesprochenen Verkehr neben einem gewissen geographischen Verweis jedoch auch eine Sonderstellung am Markt, sei es qualitativ oder quantitativ, suggeriert werde, welche den Beklagten nicht zukomme.

 

Die Kläger haben beantragt:

 

- wie zuerkannt -.

 

Die Beklagten haben beantragt:

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

Sie haben hauptsächlich eingewandt,

 

der maßgebliche durchschnittlich informierte, aufmerksame (und verständige) Verbraucher sehe in dieser Bezeichnung nur eine Orts- und Herkunftsangabe, nicht die von Klägerseite ihr beigelegte Spitzenstellungsbehauptung. Dies werde auch darin sinnfällig, dass es den Bodensee nicht als Region gebe, sondern nur als Naturdenkmal in Form eines Sees. Der Verkehr sei auch, wie vielfältig zu belegen sei, an den Einsatz geographischer Namenselemente auch von Unternehmen gewöhnt und messe solchem Gebrauch nicht die Berühmung einer wirtschaftlichen oder qualitativen Dominanz zu, jedenfalls wenn eine gewisse Relation zwischen wirtschaftlicher Raumschaft und unternehmerischer Stärke nicht verlassen werde. So liege es hier. Denn die Beklagte Ziff. 1 sei immerhin nach der Klägerin Ziff. 1, was die Anzahl der Berufsträger anbelange, die zweitgrößte Kanzlei in F., bzw. habe nach einer gewissen personellen Veränderung auf Seiten der Beklagten mit ihr gleichgezogen. Jedenfalls liege das Verfolgungsinteresse der Kläger unter der Bagatellschwelle des § 3 UWG und greife zudem unvertretbar in das auch durch Art. 12 GG geschützte berufliche Werberecht ein.

 

Das Landgericht sprach wie beantragt aus:

 

Den Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten Ziffer 1 an ihren Gesellschaftern zu vollstrecken ist, verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Bezeichnung „B.“ zu werben,

 

denn im angegriffenen werblichen Auftreten liege eine beanstandungswürdige „Hegemoniekomponente“.

 

Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten ,

 

welche unter vertiefender Wiederholung an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen und den damit verbundenen Wertungen festhalten. Ergänzend heben sie u.a. darauf ab, dass der Richter erster Instanz für diese eigene Bewertung seine Sachkunde nicht nachgewiesen habe, gegen die auch stehe, dass er als der Rechtspflege selbst Angehöriger nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehöre. Zudem verbiete das landgerichtliche Urteil insgesamt den werblichen Einsatz des Begriffes. Es sei jedenfalls eine unterschiedliche Betrachtung angezeigt hinsichtlich des Werbemediums (Zulässigkeit als Domainname) und bezüglich der jeweiligen Berufsgruppe (Zulässigkeit für die Steuerberater in der Kanzlei), da insoweit ein unterschiedliches Verkehrsverständnis herrsche.

 

Unstreitig ist, dass die Beklagten Ziff. 4 und 5 zwischenzeitlich aus der Kanzlei der Beklagten Ziff. 1 ausgeschieden und dass in diese weitere Personen eingetreten sind.

 

Die Beklagten beantragen:

 

Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 28. Juli 2005 - 6 O 176/05 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Zudem sehen sie für sich einen großen Nachteil, falls durch übergeordnete Gerichte die angegriffene Begriffsverwendung im Ergebnis gestattet würde, sie aber aufgrund instanzgerichtlicher Titel - und sei es nur vorübergehend - gezwungen wären, diese ihre Selbstdarstellung und die auch auf diese Weise im Wirtschaftsleben erfolgte Verankerung aufzugeben.

 

Sie beantragen deshalb ergänzend:

 

Vollstreckungsschutz gemäß § 712 ZPO.

 

Die Kläger haben mit Zustimmung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die

 

Klage gegen die Beklagten Ziff. 4 und 5 zurückgenommen,

 

im Übrigen beantragen sie,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Ferner sind sie dem

 

Antrag gemäß § 712 ZPO entgegengetreten.

 

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung als richtig.

 

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).

 

B.

1.

Zwar hat das Gericht im Anwaltsprozess einer vom Verfahrensgegner vorgebrachten Rüge mangelnder Vollmacht nachzugehen (§ 88 Abs. 1 und 2 ZPO; vgl. hierzu Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 88, 5; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 88, 2 und 3). Eine solche Rüge liegt jedoch nicht vor. In der Wendung: „Der möglicherweise bestehende Mangel der fehlenden Prozessvollmacht ...“ (Bl. 135) ist keine Rüge zu sehen, vielmehr werden nur Zweifel angemeldet. Diese Einschätzung durch den Senat haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage bestätigt.

 

2. a)

Die Frage der Irreführung einer Werbung, bei welcher auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen ist, welcher der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (zuletzt BGH NJW 2005, 2229 = GRUR 2005, 690 [II 2 a] - Internet-Versandhandel ; evtl. auch nur der Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, so Helm WRP 2005, 931, 940), kann das Gericht unter Umständen aus eigener Sachkunde beurteilen. Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde setzt u.a. voraus, dass es sich bei dem verwendeten Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und nahe liegend ist, und dass keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken. Diese Annahme liegt umso näher, wenn die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs richtet (BGHZ 156, 250 = NJW 2004, 1163, 1164 - Marktführerschaft ; bestätigt in GRUR 2006, 79, 81 [Rz. 27] - Jeans ; WRP 1999, 650, 653/54 - Holsteiner Pferd ).

 

b)

Die Richter des Senates gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen, da es sich vorliegend um eine an das rechtsuchende Publikum gerichtete werbliche Aussage handelt. Danach ist eine alltägliche Werbebotschaft mit dem der Begrifflichkeit innewohnenden Bedeutungsgehalt zu beurteilen, den auch die zur Entscheidung aufgerufenen Richter selbst ermitteln können. Der Umstand, dass bei Richtern eine besondere Sachnähe zur Rechtspflege und auch zur Rechtsanwaltschaft besteht, beschränkt sie nicht auf eine reine Binnenschau mit der Folge, dass sie die Außenwirkung von werblichen Verlautbarungen von Rechtsanwälten gegenüber Nichtrichtern nicht zu erfassen vermögen (vgl. auch OLG München NJW 2002, 2113).

 

3.

a) Die Parteien haben aus Rechtsprechung und Literatur zum Irreführungspotenzial von geographischen Zusätzen bei Berufs- oder beruflichen Tätigkeitsbezeichnungen (vgl. hierzu BGH GRUR 1990, 52, 53 - Ortsbezeichnung [„Bad Säckingen ... Steuerberatungsgesellschaft“]; 1975, 380, 381 - Die Oberhessische ; 1968, 702, 703 - Hamburger Volksbank ; OLG Düsseldorf GRUR 1980, 315 [„W & P Düsseldorfer Revisions- und Beratungsgesellschaft mbH“]; OLG Stuttgart [8. ZS] B. v. 03.07.2003 - 8 W 425/02 [dort Beschwerde im Rahmen des § 18 Abs. 2 HGB zu „Sparkasse Bodensee“]; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. [2006]; § 5 UWG, 5.100 und 2.148; Marx in Fezer, UWG [2005], § 4-S10, 194 f und Peifer a.a.O. § 5 UWG, 373; Helm in Gloy/Loschelder, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 61, 20; Dreyer in Harte/Henning, UWG [2004], § 5, 721 und 705; vgl. zu Domainnamen etwa: OLG München NJW 2002, 2113 [www.rechtsanwaelte-dachau.de]; OLG Celle NJW 2001, 2100 [www.rechtsanwaelte-hannover.de]; ferner OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1582 [www.rechtsanwalt.com]; Kleine-Cosack, Das Wettbewerbsrecht der rechts- und steuerberatenden Berufe, 2. Aufl. [2004] Rdn. 614 f), wonach es zu dieser Frage keinen eindeutigen Grundsatz und damit auch keine eindeutige Antwort gibt, die ihnen günstigen Elemente der jeweiligen Fundstelle wechselseitig entnommen.

 

b)

Das OLG Hamm hatte über den werblichen Auftritt einer der drei in Dortmund ansässigen Tauchschulen u.a. mit „Tauchschule Dortmund“ zu befinden. Es hat eine darin liegende Irreführung bejaht und dazu ausgeführt: Die Bezeichnung „Tauchschule Dortmund“ erweckt nicht nur den Eindruck, dass es sich um eine Tauchschule in Dortmund handelt, sondern dass es sich gewissermaßen um d i e Tauchschule in Dortmund handelt. Wird - wie hier - die Ortsbezeichnung zugleich mit dem Namen des Geschäftsbetriebs verknüpft, geht der Verkehr von einer überragenden Stellung des so bezeichneten Geschäftsbetriebs in der entsprechenden Branche aus ... Dem Verkehr mag zwar bekannt sein, dass es in einer Stadt der Größe von Dortmund noch weitere Tauchschulen geben mag, sodass hier keine Alleinstellungswerbung vorliegt. Es liegt aber zumindest eine Spitzenstellungswerbung vor. Denn die Gleichsetzung des Namens der Tauchschule mit dem Stadtnamen, wo sie residiert, erweckt auch den Eindruck einer Gleichsetzung mit der Größe der so in Bezug genommenen Stadt. Die Kunden gewinnen den Eindruck, dass es in Dortmund jedenfalls eine Tauchschule, die sich mit der des Beklagten vergleichen kann, nicht gibt, wenn der Beklagte glaubt, allein schon durch die Wahl des Namens der Stadt, in der er residiert, sich hinreichend von den anderen Tauchschulen abgrenzen zu können. Für die Irreführung durch den Domainnamen und die E-Mail-Adresse gilt nichts anderes. Es geht hier nicht um die Problematik der Verwendung von Gattungsbegriffen als Domainnamen ... In der Wahl solcher bloßen Gattungsbegriffe mag der Verkehr lediglich einen Branchenhinweis sehen, der über die Größe und sonstigen Geschäftsverhältnisse des Domaininhabers noch nichts aussagt ... Einen solchen Gattungsbegriff hat der Beklagte hier aber als Domain gerade nicht gewählt. Der Beklagte hat nicht den bloßen Gattungsbegriff der Tauchschule gewählt, sondern die Bezeichnung „Tauchschule Dortmund“ (GRUR-RR 2003, 289). Der BGH hat die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen (B. v. 23.11.2003 - I ZR 117/03; vgl. auch Bornkamm a.a.O. § 5 UWG, 4.106 und 2.148). Diese Fallgestaltung erscheint dem Senat dem vorliegenden Streitstoff in so hohem Maße angenähert, dass die dortigen Wertungen und das dortige Ergebnis auf die vorliegende Konstellation übertragen werden können. „B.“ ist neben der reinen Naturerscheinung eine Tourismusregion und auch ein Wirtschaftsraum, möglicherweise in der Zusammenfassung wirtschaftlicher Raumschaften, die je nach Anrainerstaat oder Bundesland unterschiedlich gestreut oder untergliedert sind. Ein intensiverer geographischer Bezug zum Bodensee als allen dort in den umliegenden Kommunen ansässigen Kanzleien steht den Beklagten nicht zu Gebote (etwa Lage auf einer Insel o.Ä.). Deshalb verfängt das von den Beklagten herangezogene Beispiel „S.“ nicht, wo es um eine punktuelle geographische Anbindung an eine lokale städtebauliche Erscheinung geht. Die Wortschöpfung der Beklagten nimmt vielmehr die ganze Region und den ganzen Wirtschaftsraum Bodensee auf und setzt das eigene Unternehmen mit ihm in Beziehung, indem es - als allgemeinen Bezug - sich als Unternehmen für diesen Wirtschaftsraum anbietet, was aber auch die Deutung eröffnet, als Unternehmen zu diesem Wirtschaftsraum in ganz besonderer Beziehung zu stehen. Damit transportiert die werbliche Botschaft dieser Begriffsbildung jedenfalls für einen erheblichen (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 2085, 2086 - Traumcabrio ; Bornkamm a.a.O. § 5, 2.106) Teil des angesprochenen Verkehrs, dass die Beklagten sich den Rechtsuchenden in diesem Wirtschaftsraum in gegenüber anderen Kanzleien hervorgehobener Weise in diesem Dienstleistungsbereich anbieten zu können vorgeben. Dies kann sich nur beziehen auf Qualität und/oder Quantität. Damit nehmen die Beklagten mit dieser Bezeichnung eine Spitzenstellung für sich in Anspruch.

 

c)

Dieses Verständnis eines besonderen Geltungsanspruches der Beklagten spaltet sich auch nicht - anders als die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht haben - auf nach Zugehörigkeit des Werbenden zu einer jeweiligen Berufsgruppe der rechtsberatenden Berufe. Zum einen macht die Klagebegründung und - folgerichtig auch - die Reaktion der Kläger auf das Ausscheiden oder Eintreten von Berufsträgern bei der Beklagten Ziff. 1 deutlich, dass Streitgegenstand ausschließlich diese Selbstbenennung der Beklagten mit ihren Mitgliedern ist, sei es als Gesellschafter, sei es durch sonstige Beschäftigungsverhältnisse verbundene Rechtsberater. Danach ist unzweifelhaft angegriffen diese Bezeichnung von Berufsträgern in dieser Kanzlei. Befinden sich Steuerberater unter deren Dach und unter dieser Bezeichnung, nehmen sie an dieser für wettbewerbsrechtlich anstößig zu erachtenden Bezeichnung teil, sind mithin Störer und damit ungeachtet eines für diesen Berufsstand in Anspruch genommenen gelockerten Werberechtes unterlassungspflichtig. Wie diese Berufsgruppe unter dem Dach der Beklagten Ziff. 1 diese Bezeichnung für sich allein in Anspruch nehmen wolle, ist auch auf Nachfrage nicht vollziehbar gemacht. Ob diese Parteien bei Ausscheiden aus der Kanzlei der Beklagten Ziff. 1, bei Begründung einer eigenständigen Kanzlei oder beim Anschluss an bestimmte Kanzleien diese Bezeichnung dort dann führen dürfen, ist nicht Streitgegenstand und damit auch nicht zu bescheiden. Zudem vermag der Senat nicht zu erkennen, dass für diese Berufsgruppe in Bezug auf die streitbetroffene Bezeichnung andere wettbewerbsrechtliche Maßstäbe gelten würden, zumal auch die entsprechenden berufsrechtlichen Regelungen (§ 43 b BRAO, § 57 a StBerG) praktisch wortgleich sind.

 

4.

Dass die Beklagten diesem in dieser Werbung suggerierten Anspruch nicht gerecht werden, ergibt der Sachstand. Dabei muss der Senat - ungeachtet der Frage der Zulässigkeit einer nur darauf bezogenen geographischen Angabe - nicht etwa über die Stellung der Beklagten unter den Kanzleien im Wirtschaftsraum F. oder R. unter dem Gesichtspunkt der Kopfzahl der jeweiligen Berufsträger befinden. Denn die Beklagte greift mit ihrer Selbstbezeichnung über diesen lokalen Ausschnitt hinaus und bezieht zumindest alle Rechtsberatung im deutschen Recht anbietenden Kanzleien am Bodensee ein. Dass sie bei diesem gebotenen Fokus der insinuierten Spitzenstellung gerecht würde, behauptet sie selbst nicht.

 

5.

Die Berühmung mit einer Sonderstellung gehört zu den besonders schlagkräftigen Waffen im Marketing. Daraus folgt die wettbewerbliche Relevanz einer (unberechtigten) Inanspruchnahme einer solchen Position und auch das Überschreiten der Bagatellgrenze des § 3 UWG.

 

6. a)

Danach haben die Beklagten den Einsatz dieser Berühmung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 3, 5 UWG zu unterlassen. Ob daneben auch eine Rechtsverletzung nach § 43 b BRAO i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG vorliegt (vgl. hierzu etwa Becker-Eberhard in Fezer a.a.O. § 4-S3, 78; ferner Kleine-Cosack a.a.O. 192), bedarf danach keiner Entscheidung.

 

b) aa)

Ob mit weiteren Zusätzen oder einer anderen Einbindung der Bezeichnung zulässigerweise geworben werden dürfte, muss, anders als die Beklagten meinen, nicht - auch nicht über einen einschränkenden Ausspruch - entschieden werden. Denn es ist Sache eines Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbotsbereich herausführen (BGH NJW 1999, 3638 [I] - Kontrollnummernbeseitigung ; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12, 2.45).

 

bb)

Der Verbotsausspruch bedarf auch keiner Einschränkung dahin, dass ein Auftreten der Beklagten unter einer entsprechenden Internet-Adresse auszunehmen wäre.

 

Soweit die Beklagten dabei auf Rechtsprechung verweisen, wonach etwa www.rechtsanwaelte.de für zulässig angesehen worden sei, fehlt es an der Vergleichbarkeit solcher Beispiele. Zwar wird eine solche Domain im Allgemeinen für noch nicht unlauter angesehen (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O. § 4 UWG, 10.95; vgl. auch LG Berlin NJW 2004, 1254, 1255 [zu: www.rechtsbeistand.info]; vgl. auch OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1582, 1583 [www.rechtsanwalt.com], dort aber Verwendung durch Betreiber, welche der Berufsgruppe nicht angehörten und in diesem Auftritt sich auch nicht auf einen reinen Anwaltssuchdienst beschränkten). Zwar kann mit der Verwendung eines Gattungsbegriffs eine gewisse Kanalisierung von Kundenströmen einhergehen. Der Verbraucher kennt insoweit aber die Besonderheiten des Internets und weiß um die Besonderheiten dieser Suchmethode (vgl. hierzu Köhler a.a.O. 10.95), so dass eine Irreführung bei diesem Gebrauch in vielen Fällen ausgeschlossen ist. Gleichwohl kann aber eine irreführende Werbung gegeben sein, insbesondere wenn darin eine unzulässige Alleinstellungswerbung aufscheint (Köhler a.a.O. 10.95 m.N.). So ist denn auch die Verwendung der Domain www.rechtsanwalt-dachau.de untersagt worden, weil der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dort sei ein örtliches Anwaltsverzeichnis zu finden (OLG München NJW 2002, 2113; vgl. auch OLG Celle NJW 2001, 2100 [Rz. 5]). Vorliegend geht es aber schon nicht um die Verwendung eines Gattungsbegriffes (vgl. insoweit auch OLG Hamm GRUR 2003, 289). Vielmehr wird auch in einem solchen Internet-Auftritt der vom Senat dargestellte Irreführungsgehalt transportiert, weshalb auch diese Irreführung in diesem Medium vom Verletzungs- und damit Untersagungsbereich nicht auszunehmen ist.

 

7. a)

Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag der Beklagten gemäß § 712 ZPO, der als in der Berufungsinstanz noch nachholbar unterstellt sein mag (vgl. zum Streitstand insoweit Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 714, 3 und 5), kann nicht entsprochen werden.

 

aa)

Voraussetzung dafür ist ein unersetzbarer Nachteil. Dafür genügen bloße finanzielle Nachteile nicht, solange sie nicht mit irreparablen Folgeschäden verbunden sind wie Verlust der Existenzgrundlage (Herget in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 712, 1 i.V.m. § 707, 13; Lackmann in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 712, 1 i.V.m. § 707, 9; vgl. auch Putzo a.a.O. § 712, 4). In Betracht kommen also Fälle des Schweregrades, dass die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners sicher erscheint (Lackmann a.a.O. § 712, 1). Im Zweifel haben die Interessen des Gläubigers Vorrang, insbesondere bei Unterlassungsansprüchen (Putzo a.a.O. § 712, 5).

 

bb)

Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein nicht zu ersetzender Nachteil schon nicht dargetan. Müssten die Beklagten im Falle eines letztlichen Obsiegens vor einem dem Senat übergeordneten Gericht vorübergehend auf dieses - wie sie meinen - nur eingängige Wiedererkennungszeichen verzichten, so mag im einen oder anderen Falle die Mundpropaganda oder der Wiedererkennungseffekt für einen zur erneuten Mandatierung bereiten Mandanten etwas erschwert sein, wenn ihnen dieses Schlagwort nicht zu Gebote gestanden hatte. Dass dies jedoch von existenzgefährdender Auswirkung sein soll, ist weder nachvollziehbar gemacht noch sonst ersichtlich. Auch ist bei der gebotenen Abwägung der Interessen der Beteiligten gerade angesichts der Anspruchsart ein Zurücktreten der Gläubigerinteressen nicht angezeigt. Soweit die Beklagten - zur Begründung dieses Antrages als zweites Argument in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - anführten - insoweit nicht protokolliert -, im - dann - Hin und Her des Schlagwortes fiele es den Beklagten schwer, Mandanten sich als Rechtsberater in deren Angelegenheit vertrauenswürdig darzustellen, wenn man die eigenen rechtlichen Angelegenheiten nicht verlässlich betreiben könne, so besteht schon kein Anlass, den Mandanten diesen Vorgang so und mit diesen Einzelheiten zu erläutern.

 

Im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass die Beklagten durch den ohnehin gebotenen Ausspruch im Rahmen der Vollstreckbarkeit nicht hinreichend geschützt wären.

 

b)

Auch ist keine Aufbrauchsfrist zu gewähren. Trotz eines entsprechenden Hinweises der Kläger haben die Beklagten diesen Gesichtspunkt nicht - auch nicht hilfsweise - aufgegriffen. Selbst wenn in ihrem Antrag gemäß § 712 ZPO als Minus ein solches Anliegen zu ihren Gunsten mitgedacht würde, fehlt es dafür schon an jeglichem hinlänglichen Vorbringen. Die Beklagten mussten aber etwa bei Ausscheiden und Eintreten von neuen Kanzleimitgliedern ebenfalls recht kurzfristig mit dem Austausch von Briefbögen oder der Änderung etwa ihrer Homepage reagieren. Dass ihnen dies bei Untersagung der streitbetroffenen Bezeichnung schwerer fiele, ist weder ersichtlich und insbesondere auch nicht vorgetragen.

 

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.

 

Durch die Rücknahme der Klage gegen die Beklagten Ziff. 4 und 5 trifft die Kläger insoweit die Kostenfolge nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Der Kostenausspruch insoweit muss sich jedoch nicht auf die außergerichtlichen Kosten dieser vormaligen Beklagten beziehen. Durch deren Verzicht auf Kostenerstattung (B 1 und 2 = Bl. 149 und 150) fehlt ihnen ein Rechtsschutzinteresse an einer solchen Kostengrundentscheidung (vgl. hierzu Reichold in Thomas/Putzo a.a.O. § 269, 20).

 

Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Senat folgt anerkannten, auch höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Fallbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls. 


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