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Werbung auf Fahrzeugen, Straßenbahnen (hier: Steuerberater)

 | Gericht:  Bundesverfassungsgericht (BVerfG)  | Aktenzeichen: 1 BvR 981/00/Vorinstanz: Urteil des OLG Naumburg vom 13. April 2000 - 7 U 127/99 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Berufliche Kommunikation

Beschlusstext


Tenor

Das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat – hat beschlossen:

1.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 13. April 2000 - 7 U 127/99 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes; es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Naumburg zurückverwiesen.

2.
Das Land Sachsen-Anhalt hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.


Gründe

A.
Die beschwerdeführende Steuerberatungsgesellschaft wendet sich gegen eine wettbewerbsrechtliche Verurteilung wegen unzulässiger Werbung auf Straßenbahnwagen.

I.
1.
Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, ließ auf einem Straßenbahnwagen über dessen Länge ihr Firmenlogo, den vollständigen Namen, Anschrift sowie Telefon und Faxnummer des Unternehmens anbringen. Ergänzt wurden die Angaben um die Zusätze: "Ihr Partner in Sachen Steuer- und Wirtschaftsberatung im Charlottenviertel" und "Ihr Dienstleistungszentrum im Herzen von ...".

Die für die Beschwerdeführerin zuständige Steuerberaterkammer beanstandete diese Werbung, mahnte die Beschwerdeführerin erfolglos ab und beantragte beim Landgericht, die Beschwerdeführerin zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zuständigkeitsbereich der Steuerberaterkammer berufliche Werbung auf Straßenbahnwagen durchzuführen.

Das Landgericht bejahte die Klagebefugnis der Steuerberaterkammer, hielt die Beschriftung aber für rechtlich unbedenklich. Das Oberlandesgericht hingegen verurteilte die Beschwerdeführerin antragsgemäß: Zwar sei an sich die Wahl des Werbeträgers Straßenbahn noch sachlich. Durch den Text wirke die Werbung aber aufdringlich und reklamehaft. Sie weise eine zu große Nähe zur gewerblichen Werbung auf. Mit dem Slogan "Ihr Partner in Sachen Steuer- und Wirtschaftsberatung im Charlottenviertel" werde dem Leser der Eindruck vermittelt, gerade bei der Beschwerdeführerin in besten Händen zu sein und eine besonders vertrauensvolle, nämlich partnerschaftliche Zusammenarbeit erwarten zu können. Die Gesamtschau ergebe daher, dass die von der Beschwerdeführerin auf der Straßenbahn angebrachte Werbung die in § 57 a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975 (BGBl I S. 2735) normierte Grenze zulässiger Werbung überschreite, weil sie reklamehaft sei.

2.
Nach § 57 StBerG haben Steuerberater ihren Beruf unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben und sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Ausdrücklich mit der Werbung befasst sich § 57 a StBerG. Die Vorschrift lautet:

Werbung

Werbung ist nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.

Näheres hierzu enthält die Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten (Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer - BOStB) vom 2. Juni 1997 (DStR 1997, Heft 26, Beihefter S. 3). Nach den in § 10 BOStB niedergelegten Grundsätzen dürfen Steuerberater, vorbehaltlich anderer Regelungen, über ihre berufliche Tätigkeit informieren. Die Unterrichtung muss sachlich zutreffend, objektiv nachprüfbar und darf in der Darstellung nicht reklamehaft sein. Dies gilt inhaltlich ebenfalls für die Anzeigen nach § 11 BOStB, die im Übrigen keine übertriebene, auffällige oder in sonstiger Weise reklamehafte Form haben dürfen. Auch vergleichende oder wertende Aussagen sind danach nicht zulässig.

Über die Erfüllung der beruflichen Pflichten wacht die Steuerberaterkammer, die gemäß § 76 StBerG auch die Aufgabe hat, die beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder zu wahren. Die Vorschrift lautet:

Aufgaben der Steuerberaterkammer

(1) Die Steuerberaterkammer hat die Aufgabe, die beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder zu wahren und die Erfüllung der beruflichen Pflichten zu überwachen.

(2) Der Steuerberaterkammer obliegt insbesondere,

1.
die Mitglieder der Kammer in Fragen der Berufspflichten (§ 57) zu beraten und zu belehren;

2.
auf Antrag bei Streitigkeiten unter den Mitgliedern der Kammer zu vermitteln;

3.
...;

4.
die Erfüllung der den Mitgliedern obliegenden Pflichten (§ 57) zu überwachen und das Recht der Rüge (§ 81) zu handhaben;

5. bis 10. ...

(3) Die Steuerberaterkammer kann die ... Aufgaben einzelnen Mitgliedern des Vorstands übertragen; ...

(4) bis (6) ...

Bei Verstößen von Kammermitgliedern gegen die Berufsordnung kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht. Der Vorstand der Steuerberaterkammer kann das Mitglied belehren. Ferner steht ihm gemäß § 81 StBerG ein Rügerecht zu. Daneben können berufsgerichtliche Maßnahmen verhängt werden, die je nach Schwere des Verstoßes in einer Warnung, einem Verweis, einer Geldbuße und in der Ausschließung aus dem Beruf liegen können (vgl. § 90 StBerG). Rüge und berufsgerichtliche Maßnahmen unterliegen der Kontrolle durch besondere Gerichte gemäß den §§ 95 ff. StBerG. Maßnahmen dieser Art sind im vorliegenden Fall nicht ergriffen worden.

Die Steuerberaterkammer hat vielmehr eine zivilgerichtliche Unterlassungsklage nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (im Folgenden: UWG) erhoben, das damals noch in der Fassung des Gesetzes vom 22. Juni 1998 (BGBl I S. 1474) galt und inzwischen durch das Gesetz vom 3. Juli 2004 (BGBl I S. 1414) abgelöst worden ist. Die öffentlichrechtlichen Körperschaften (Kammern), die von den freiberuflich Tätigen gesetzlich verpflichtend gebildet werden, konnten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen ihre Mitglieder gemäß § 13 Abs. 2 UWG a.F. auf Unterlassung klagen (vgl. BGH, NJW 1998, S. 2533; NJW 1999, S. 2444; NJW 2002, S. 2039; MedR 2003, S. 344 <345>). Berufskammern hatten nach dieser Rechtsprechung die Klagebefugnis eines rechtsfähigen Verbandes zur Förderung gewerblicher Interessen, weil sie - ungeachtet ihrer öffentlichrechtlichen Aufgabenstellung - die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern hätten. Dazu gehöre auch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, soweit dadurch der Wettbewerb von Mitgliedern der Kammer hinsichtlich ihrer Dienstleistung berührt werde.

§ 13 Abs. 2 UWG a. F. lautete:

In den Fällen der §§ 1, 3, 4, 6 bis 6c, 7 und 8 kann der Anspruch auf Unterlassung geltend gemacht werden

1.
von Gewerbetreibenden, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit der Anspruch eine Handlung betrifft, die geeignet ist, den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen, 

2.
von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, ... soweit der Anspruch eine Handlung betrifft, die geeignet ist, den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen,

3.
von qualifizierten Einrichtungen, ...

4.
von den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern.

II.
Mit der Verfassungsbeschwerde greift die Beschwerdeführerin das Urteil des Oberlandesgerichts an und rügt im Wesentlichen die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG. Das Gericht habe bei seiner Wertung, der werbende Text in Verbindung mit dem Werbemedium verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot, die Tragweite der Berufsausübungsfreiheit nicht hinlänglich berücksichtigt. Letztlich werde die Straßenbahn als Werbeträger nur deshalb verboten, weil dieser in der gewerblichen Wirtschaft genutzt werde. Der Grenzbereich zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung unterliege aber gesellschaftlich beeinflussten zeitbedingten Veränderungen, die es auch den Angehörigen der so genannten freien Berufe ermöglichten, bisher der gewerblichen Wirtschaft vorbehaltene Formen zu nutzen, soweit die berufsspezifischen Anforderungen eingehalten würden. Das sei vorliegend geschehen. Die Werbung beschränke sich auf die Wiedergabe des Logos und des Namens; sie nutze ein öffentliches Nahverkehrsmittel zur bloßen Information über die Existenz der Steuerberatungsgesellschaft und ihr Tätigkeitsfeld. Im Übrigen sei die Prozessführungsbefugnis der Steuerberaterkammer verfassungsrechtlich problematisch. Die Erhebung einer Unterlassungsklage sei unverhältnismäßig, weil sie gegenüber berufsrechtlichen Aufsichtsmaßnahmen höhere Kosten verursache. Das Steuerberatungsgesetz habe die Aufsichtsmaßnahme in ein Stufenverhältnis gebracht; je nach Gewicht des Verstoßes sei der Eingriff unterschiedlich intensiv. Dadurch, dass ein Schuldvorwurf gegeben sein müsse, seien auch die Voraussetzungen des hoheitlichen Eingreifens enger gesteckt. Ein Hoheitsträger könne sich den Vorgaben des Gesetzgebers nicht durch eine Flucht in das Privatrecht entziehen.

III.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben der Bundesgerichtshof, der auf seine Rechtsprechung verwiesen hat, und die Bundesrechtsanwaltskammer Stellung genommen. Die Bundessteuerberaterkammer hat sich in Abstimmung mit den anderen Steuerberaterkammern geäußert; einige Steuerberaterkammern (Berlin, Nordbaden, Sachsen-Anhalt, Saarland, Schleswig-Holstein, Südbaden) haben überdies ergänzend Stellung genommen. Außerdem haben sich die Bundesarchitektenkammer, die Architektenkammer Thüringen und der Deutsche AnwaltVerein geäußert.

1.
Die Bundesrechtsanwaltskammer hält das angegriffene Urteil für verfassungsmäßig. Bedenken ergäben sich allenfalls insoweit, als jede berufliche Werbung auf Straßenbahnen verboten worden sei. Aus der Sicht der Kammern gehe es bei den Unterlassungsklagen um eine möglichst effiziente Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnisse, zumal sie nicht die Feststellung schuldhaften Verhaltens voraussetzten. Eine Umfrage bei den Rechtsanwaltskammern habe ergeben, dass lediglich zwei von ihnen häufiger Wettbewerbsprozesse gegen Mitglieder führten, drei Kammern dieses Mittel in Ausnahmefällen nutzten, die übrigen Kammern hingegen davon vollständig absähen. Jedenfalls sei vorliegend die Kombination von Werbemedium mit Größe und Inhalt der Werbung insgesamt aufdringlich und daher berufswidrig; hierdurch werde der Wettbewerb verzerrt.

2.
Die Bundessteuerberaterkammer hält Wettbewerbsklagen als schnelleres und effektiveres Rechtsschutzmittel im Verhältnis zur Berufsaufsicht für unverzichtbar. Berufsgerichtliche Verfahren seien auch nicht das mildere Mittel, sondern enthielten aufgrund ihres Strafcharakters einen stärkeren Eingriff in den persönlichen und beruflichen Bereich der Mitglieder. Die Wettbewerbsklagen dienten auch der Herbeiführung des Rechtsfriedens. Eine Umfrage unter den 21 Steuerberaterkammern habe allerdings ergeben, dass die Hälfte von ihnen bislang hiervon überhaupt noch keinen Gebrauch gemacht habe; die übrigen Kammern hätten die Möglichkeiten der Wettbewerbsklage nur in seltenen Fällen und bei gravierenden Verstößen von beträchtlicher Außenwirkung genutzt. Der Sache nach sei die angegriffene Entscheidung schon deshalb nicht zu beanstanden, weil bereits die Wahl des Werbeträgers bedenklich, jedenfalls aber die Größe der Werbung übertrieben gewesen sei. In letzterem Sinne haben sich auch die Steuerberaterkammern von Berlin, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Südbaden geäußert.

3.
Dem entspricht weitgehend die Auffassung der Bundesarchitektenkammer und der Architektenkammer Thüringen; das Mittel der wettbewerbsrechtlichen Klage und die berufsordnungsrechtlichen Maßnahmen stünden nebeneinander.

4.
Dieser Ansicht tritt auch der Deutsche AnwaltVerein bei, der die Klagebefugnis gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG als einen Ausfluss der den Kammern eingeräumten Aufsicht gegenüber ihren Mitgliedern ansieht. Er hält die Verfassungsbeschwerde allerdings für begründet, weil die gerügte Werbung nicht zu beanstanden sei. Sei Werbung zulässig, bestehe der Grundsatz freier Formenwahl. Es liege in der Natur einer Straßenbahnwerbung, dass sie auffällig sei. Allein dies qualifiziere sie aber noch nicht als anreißerisch und als Ausdruck reinen Gewinnstrebens. Der Zusatz: "Ihr Partner ..." sei ebenfalls kein reklamehaftes aufdringliches Anpreisen eigener Leistung und damit auch keine Verfälschung des Berufsbildes des Steuerberaters.

B.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Zwar ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass in der angegriffenen Entscheidung der Steuerberaterkammer die Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zuerkannt worden ist. Das Oberlandesgericht hat jedoch bei der Verurteilung im Wettbewerbsprozess die Grenzen des Werberechts der freiberuflich Tätigen unter Vernachlässigung der Gewährleistung aus Art. 12 Abs. 1 GG zu eng gezogen. Auf dieses Grundrecht kann sich die Beschwerdeführerin nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen (vgl. BVerfGE 106, 275 <298>).

I.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin ausschließlich die Auslegung und Anwendung gesetzlicher Normen, deren Verfassungsmäßigkeit sie nicht in Zweifel zieht.

1.
Es obliegt den Fachgerichten, Umfang und Grenzen der Handlungsformen und prozessualen Befugnisse öffentlichrechtlich organisierter Kammern anhand der gesetzgeberischen Aufgabenzuweisung abzustecken sowie entsprechend den gesetzlichen Regelungen erlaubte und verbotene Verhaltensweisen von Kammerangehörigen unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit im Einzelfall voneinander abzugrenzen. Auslegung und Anwendung der Bestimmungen des einfachen Rechts können vom Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen nur darauf überprüft werden, ob sie Auslegungsfehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des betroffenen Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen. Das ist der Fall, wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung der Normen die Tragweite der Grundrechte nicht hinreichend berücksichtigt oder im Ergebnis zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 85, 248 <257 f.>; 87, 287 <323>; stRspr).

2.
In den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, der die freie Berufsausübung schützt, fällt nicht nur die berufliche Praxis, sondern auch die berufliche Außendarstellung des Grundrechtsträgers einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme seiner Dienste (vgl. BVerfGE 85, 248 <256> m. w. N.).

3.
Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, dass Einschränkungen der Berufsfreiheit auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm mit formellem Verfassungsrecht vereinbar und insbesondere kompetenzgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl. BVerfGE 95, 193 <214> m. w. N.; stRspr).

Bei der Auslegung berufsbeschränkender Normen hat der an Gesetz und Recht gebundene Richter den Vorrang des parlamentarischen Gesetzgebers zu beachten. Unerlässlich ist insoweit, dass er unter Anwendung anerkannter Auslegungsregeln sorgfältig prüft, welche Entscheidungen der Gesetzgeber zur Einschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit selbst getroffen hat. Der Vorbehalt des Gesetzes erschöpft sich nicht in der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für Grundrechtseingriffe. Die Gerichte haben vielmehr zu beachten, dass und wie der Gesetzgeber Regelungsgegenstände, die für die Grundrechtsausübung von erheblicher Bedeutung sind, abschließend regelt (vgl. BVerfGE 76, 171 <184 f.>; 83, 130 <152>; 95, 267 <307>).

4.
Auch ist es primär Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche legitimen öffentlichen Aufgaben er auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts überträgt (vgl. BVerfGE 10, 89 <102>). Bei Zwangskörperschaften übernimmt der Gesetzgeber bei ihrer Errichtung die Verantwortung für den ihnen zukommenden Eingriffsspielraum nach innen (vgl. BVerfGE 33, 125 <158>; 107, 59 <93>). Erweitern die Gerichte in Fortentwicklung vorgefundener Rechtsinstitute Eingriffsmöglichkeiten, haben sie sich im Rahmen der parlamentarisch verantworteten Festlegungen zu halten.

II.
Mit seiner Entscheidung im UWG-Verfahren auf die Klage einer Steuerberaterkammer greift das Oberlandesgericht in die Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein. Dieses Urteil steht mit Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG in Einklang, soweit das Oberlandesgericht der Steuerberaterkammer gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Befugnis zuerkannt hat, einen Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung von Berufspflichten geltend zu machen, die zugleich wettbewerbswidrig ist. Die Bewertung der Straßenbahnwerbung als unlauter verletzt hingegen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.

1.
Spricht ein Zivilgericht der Steuerberaterkammer das Recht zu, ein Verfahren nach dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb einzuleiten, konkretisiert es deren Befugnis zur Überwachung der Berufspflichten der Mitglieder, die in § 76 Abs. 2 Nr. 4 StBerG geregelt ist. Dadurch wird die materielle Überwachungsbefugnis nicht ausgeweitet, wohl aber das Mittel einer Unterlassungsklage zur Durchsetzung der Berufspflichten eröffnet.

Es weist der Kammer einen Weg der Aufgabenerfüllung zu, der im Steuerberatungsgesetz nicht ausdrücklich angesprochen ist. Das zivilprozessuale Mittel der Unterlassungsklage ist von anderen Voraussetzungen abhängig und hat andere Belastungen zur Folge als die öffentlichrechtlichen Aufsichtsmaßnahmen der Kammern, die das Steuerberatungsgesetz vorsieht (vgl. die Gegenüberstellung in BGH, NJW 2002, S. 2039). Soweit das Oberlandesgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Steuerberaterkammer für befugt hält, gegen Wettbewerbsverstöße ihrer Kammermitglieder mit den Mitteln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorzugehen und solche Verstöße im Klagewege vor den Zivilgerichten zu verfolgen, bedarf es daher in zweifacher Hinsicht einer gesetzlichen Legitimation. Die Auslegung betrifft einerseits den Aufgabenkreis einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und eröffnet andererseits den Weg zu einer von den Wirkungen der spezifischen Aufsichtsmittel des Steuerberatungsgesetzes abweichenden Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit.

Das Oberlandesgericht hat sich insgesamt in dem Rahmen gehalten, der ihm danach von Verfassungs wegen bei der Auslegung berufsbeschränkender Normen eröffnet ist.

a)
Das Oberlandesgericht hat den Regelungen des Steuerberatungsgesetzes, insbesondere § 76 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 57 StBerG, entnommen, die Steuerberaterkammer habe darüber zu wachen, dass die Mitglieder ihre Verpflichtungen erfüllen, also nicht gegen sie betreffende berufsrechtliche Vorschriften verstoßen. Diese Aufgabenzuweisung versteht das Gericht in einem weiten Sinne mit der Folge, dass die Steuerberaterkammer zur Erfüllung ihrer Aufgabe nicht auf solche Mittel angewiesen und beschränkt ist, die im Steuerberatungsgesetz ausdrücklich genannt sind. Diese Auffassung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal § 76 Abs. 2 StBerG die Befugnisse der Steuerberaterkammer nur beispielhaft aufzählt. Handlungsermächtigungen können sich daher auch aus anderen Bundesgesetzen, wie dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, ergeben, soweit der Bundesgesetzgeber für beide Materien die Gesetzgebungskompetenz hat.

b)
Allerdings sah auch § 13 UWG a.F. keine ausdrückliche Klagebefugnis für die Kammern vor, denen die freiberuflich Tätigen verpflichtend angehören. Lediglich zwei Kammern mit Pflichtmitgliedschaften hatte der Gesetzgeber in § 13 Abs. 2 Nr. 4 UWG a.F. gesondert aufgeführt. In Übereinstimmung mit der langjährigen zivilgerichtlichen Rechtsprechung hat das Oberlandesgericht deshalb die Antrags- und Klagebefugnis der allgemeinen Regelung in § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. entnommen und die Steuerberaterkammer als einen Verband verstanden, der die beruflichen Belange seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern hat; das wird aus § 76 Abs. 1 StBerG abgeleitet. Dieser Auffassung hat sich inzwischen der Bundesgesetzgeber angeschlossen, indem er in dem Gesetzestext "Verbände zur Förderung selbständiger beruflicher Interessen" aufgenommen hat (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG n. F.; vgl. auch BTDrucks 15/1487, S. 23, 33, 42).

Die Auffassung des Oberlandesgerichts ist nicht zu beanstanden, wenngleich die Aufgaben der Kammern nicht in berufspolitischer Interessenvertretung bestehen, sondern in der Erfüllung der durch das Gesetz den Kammern in Selbstverwaltung zugewiesenen staatlichen Aufgaben (vgl. BTDrucks 6/3456, S. 7 zu Nr. 13 a, 16 <§§ 34, 43 StBerG>). Daneben wurde den Kammern allerdings die Wahrung der Gesamtinteressen der in ihr zusammengeschlossenen Berufsangehörigen übertragen, die nach der Rechtsprechung Befugnisse im Wettbewerbsrecht einschließen kann (vgl. insbesondere das Recht zur Stellung von Strafanträgen gegen Außenstehende: RGSt 35, 267; 43, 44; 44, 348; BGHSt 2, 396 <400>; vgl. zu Wettbewerbsklagen gegen Dritte: BGH, GRUR 1980, S. 855; GRUR 1981, S. 596).

Die Wettbewerbsklage gegen Kammermitglieder ist vom Bundesgerichtshof 1972 erstmals (vgl. BGH, GRUR 1972, S. 607) und in den letzten Jahren vielfach für zulässig erachtet worden (vgl. die Nachweise in: BGH, NJW 2002, S. 2039). Ausschlaggebend war vor allem die Überlegung, dass Verstöße gegen Berufspflichten häufig einen wettbewerblichen Bezug haben, weil sie andere Marktteilnehmer benachteiligen. Dies gilt vor allem für berufsrechtliche Regelungen, die die Außendarstellung betreffen; werden sie verletzt, können für rechtstreue Berufsangehörige Wettbewerbsnachteile entstehen. Die höhere Effizienz der Untersagungsverfügung, die verschuldensunabhängig und in einem vollstreckbaren Titel ausgesprochen wird, gibt nach dieser Rechtsprechung den Kammern ein Mittel an die Hand, das im Verhältnis zu Belehrung, Rüge oder Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens besser und schneller wirkt. Andererseits werden dadurch die im Berufsrecht niedergelegten Rechte und Pflichten der Kammer und ihrer Mitglieder nicht verändert. Voraussetzung eines Anspruchs der Kammer auf Unterlassung im Rahmen des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb ist eine Verletzung der berufsrechtlichen Regeln, hier der §§ 57, 57 a StBerG. Das Zivilgericht kann eine Unterlassungspflicht nur aussprechen, wenn auch diese Voraussetzung erfüllt wird. Diese Auslegung erweitert und verstärkt die Eingriffsmöglichkeiten der Kammern gegenüber ihren Mitgliedern. Sie dient aber der Wahrung der Gesamtinteressen des Kammerverbundes und hält sich damit in den Grenzen, die die Verfassung der Rechtsprechung bei der Normauslegung setzt.

2.
Bei der Anwendung auf den Einzelfall haben die Zivilgerichte jedoch die Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu beachten, der Eingriffe in die Berufsausübung auf das Erforderliche begrenzt (vgl. BVerfGE 106, 181 <191 f.> ; vgl. zur Prüfpflicht der Zivilrichter: Ullmann, GRUR 2003, S. 817 <822>). Dabei ist der Richter an dieselben Maßstäbe gebunden, die nach Art. 12 Abs. 1 GG den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einschränken (vgl. BVerfGE 54, 224 <235>; 97, 12 <27>).

a)
Solange der Gesetzgeber die Wettbewerbsklage nicht selbst in das im Steuerberatungsgesetz umschriebene Aufgabenfeld der öffentlichrechtlichen Kammer einfügt, müssen die Gerichte anhand des verfassungsrechtlichen Maßstabs auch darüber entscheiden, wann das Vorgehen im Zivilrechtsweg angemessen erscheint und nicht unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit der eigenen Kammermitglieder eingreift. Dafür reicht es nicht zu prüfen, ob der berufsrechtliche Verstoß überhaupt Wettbewerbsbezug hat. Die Notwendigkeit eines Bezugs zum Wettbewerbsrecht folgt aus der materiellrechtlichen Schutzfunktion der Wettbewerbsvorschriften (vgl. BGH, NJW 2004, S. 1099 <1100>; vgl. auch Ullmann, a. a. O., S. 821 f.) und erübrigt nicht die Verhältnismäßigkeitsprüfung, die Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt.

Hinsichtlich der Klagebefugnis haben die Gerichte die der Auslegung zur Wahrung des Grundrechts der Berufsfreiheit gesetzte Grenze zu beachten, die es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten erforderlich machen kann, das Vorgehen der Kammer auf die Mittel des Aufsichtsrechts nach dem Steuerberatungsgesetz zu beschränken; denn diese sind aus der Sicht der Berufsangehörigen milder, weil sie erst bei einem Verschulden des Kammermitglieds angewandt werden dürfen, also an strengere Voraussetzungen gebunden sind. Nach den in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahmen beachten die einzelnen Kammern der Rechtsanwälte und Steuerberater im Allgemeinen diese Abstufung auch und gehen deshalb regelmäßig nicht mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts gegen die eigenen Kammerangehörigen vor.

b)
Unter diesen Voraussetzungen erscheint die vom Oberlandesgericht vorgenommene ergänzende Gesetzesauslegung verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Kammern nehmen die Gesamtinteressen ihrer Mitglieder wahr. Dazu kann auch das Verfolgen von Verstößen gegen Berufspflichten gehören, die zugleich Wettbewerbsverstöße zur Folge haben. Den Kammerangehörigen muss insgesamt daran gelegen sein, dass sich die Berufsgruppe gesetzestreu verhält und das von der Bevölkerung in sie gesetzte Vertrauen verdient. Den Zivilgerichten kommt insoweit die Aufgabe zu, die Berufspflichten auf ihre Übereinstimmung mit dem ermächtigenden Gesetz und insbesondere mit der Verfassung zu prüfen. Die Kammern als Antragsteller können den Zivilgerichten diese Prüfpflicht nicht abnehmen. Die Rechtsauffassung der öffentlichrechtlichen Kammern über die Reichweite berufsrechtlicher Normen steht im Wettbewerbsprozess genauso zur richterlichen Nachprüfung wie im berufsgerichtlichen Verfahren (vgl. beispielsweise BGH, NJW 2004, S. 1099 <1100 f.>).

3.
Mit seiner Bewertung der Straßenbahnwerbung als berufs- und wettbewerbswidrig hat das Oberlandesgericht die ihm durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gezogenen Schranken bei der Bewertung werblichen Verhaltens überschritten.

Zwar hat das Oberlandesgericht zutreffend festgestellt, dass aus der Art des gewählten Werbeträgers noch nicht auf die Berufswidrigkeit der Werbung geschlossen werden kann (vgl. BVerfGE 94, 372 <393>) und dass Werbung ein Verhalten ist, das planvoll darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistungen des Werbenden in Anspruch zu nehmen. Das Gericht erkennt aber letztlich nicht, dass Werbung mehr ist als - sachliche - Unterrichtung über Art und Ort einer beruflichen Tätigkeit und dass es gerade Zweck der Werbung ist, Kunden zu Lasten der Konkurrenz zu gewinnen (vgl. BVerfGE 94, 372 <399>).

a)
Werbung als Teil beruflicher Betätigung ist auch dem Steuerberater grundsätzlich erlaubt. Verboten und eingeschränkt werden kann sie nur, damit das Vertrauen der steuerlichen Rat suchenden Personen darauf erhalten bleibt, dass der Steuerberater seine Dienste nicht rein gewerblich und gewinnorientiert anbietet und seine Leistungen an den Interessen des Mandanten und nicht am eigenen wirtschaftlichen Vorteil ausrichtet.
Das Verbot berufswidriger Werbung steht nur in einem losen Zusammenhang mit den eigentlichen Berufspflichten, die das Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und Mandanten formen (vgl. BVerfGE 85, 248 <261> ). Als wesentliche Grundlage des zur Wahrung der Gemeinwohlbelange essentiellen Vertrauensverhältnisses nennt § 57 StBerG insbesondere die unabhängige, eigenverantwortliche, gewissenhafte und verschwiegene Aufgabenerfüllung. Diese wird durch Werbung als solche nicht beeinträchtigt. Das Verbot berufswidriger Werbung rundet den Pflichtenkanon lediglich ab, indem auch ein unangemessenes, also berufswidriges Verhalten im Sektor der Außendarstellung untersagt werden kann. Als berufswidrig kann Werbung von der Kammer unterbunden werden, wenn das Verhalten für die betroffenen Verkehrskreise den Rückschluss nahe legt, der mit diesen Mitteln und auf diese Art Werbende werde nicht die Gewähr dafür bieten, aus Rücksicht auf die Steuerrechtspflege und die Interessen seiner Mandanten das persönliche Gewinnstreben hintanzustellen.

Welche Werbeformen als sachlich oder als übertrieben bewertet werden, unterliegt zeitbedingten Veränderungen. Allein aus dem Umstand, dass eine Berufsgruppe ihre Werbung anders als bisher üblich gestaltet, kann nicht gefolgert werden, dass dies berufswidrig wäre (vgl. BVerfGE 94, 372 <395, 398 f.>). Der einzelne Berufsangehörige hat es in der Hand, in welcher Weise er sich für die interessierte Öffentlichkeit darstellt, solange er sich in den durch schützenswerte Gemeinwohlbelange gezogenen Schranken hält. Selbstdarstellungen, die den interessierten Personenkreis positiv ansprechen, sind nicht von vornherein unzulässig (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 2000, S. 3195). Das Sachlichkeitsgebot verlangt nicht, sich auf die Mitteilung nüchterner Fakten zu beschränken (vgl. BGH, NJW 2004, S. 440 <442 f.>). Auch Informationen über die Art der beabsichtigten Zusammenarbeit zwischen dem Freiberufler und seinem Mandanten oder über die Atmosphäre, die bei der Erbringung der Dienstleistungen angestrebt wird (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 3472), können aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise von Interesse sein. Solche werbenden Aussagen befriedigen ein legitimes Informationsbedürfnis der Nachfrager. Entsprechen Form und Inhalt der Selbstdarstellung in der Werbung den beruflichen Aufgaben und enthält die Werbung im Wesentlichen berufsbezogene Aussagen, kann sie nicht als berufswidrig eingestuft werden.

b)
Diesen Grundsätzen wird die angegriffene Entscheidung insgesamt nicht gerecht.

Wenn das Oberlandesgericht im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit auf Antrag einer Steuerberaterkammer die Pflichtwidrigkeit von Werbung überprüft, hat es sich an den im Steuerberatungsgesetz konkretisierten Voraussetzungen der Berufswidrigkeit des Verhaltens auszurichten. Es kann Werbung nur als wettbewerbswidrig beanstanden, wenn sie den in den §§ 57, 57 a StBerG normierten Anforderungen widerspricht. Dabei muss die Beurteilung, ob das Gebot der Sachlichkeit gewahrt ist, an die Art der betroffenen Berufsausübung anknüpfen. Die bloße Behauptung, etwas sei reklamehaft, genügt den Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der Bewertung eines Verhaltens als unsachlich nicht.

Die angegriffene Entscheidung erklärt zwar einerseits Werbung auf einer Straßenbahn für zulässig, verlangt aber andererseits, dass dieses Medium nicht in der ihm entsprechenden Weise genutzt wird. Das wäre der Fall, wenn die auf der Straßenbahn angebrachte Werbung "kleiner als Plakatgröße" ausfiele. Aus diesem Hinweis des Oberlandesgerichts geht hervor, dass nach seiner Auffassung die Steuerberater zwar auf einer Straßenbahn werben dürfen, aber die Werbung schon ihrer Art nach von üblicher Straßenbahnwerbung verschieden gestaltet werden müsste. Diese Argumentation ist weder in sich stimmig noch vor Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Sie schränkt die grundsätzlich eröffneten Möglichkeiten der Präsentation ein, ohne einen Bezug zu den hiermit verbundenen Gefährdungen für das berufliche Verhalten und das Bild der Berufsangehörigen in der Öffentlichkeit herzustellen.

Eine solche Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit ist unverhältnismäßig und lässt sich auch nicht mit dem Inhalt der Werbeaussage begründen. Der neben Logo und Anschrift angebrachte Zusatz "Ihr Partner in Sachen Steuer- und Wirtschaftsberatung" kann unter keinem Gesichtspunkt als reklamehafte Anpreisung gewertet werden. Mit ihm informiert die Beschwerdeführerin über die Art und Weise, wie sie ihre Dienstleistungen zu erbringen gedenkt. Diese Absicht ist für Mandanten nicht ohne Interesse und kennzeichnet die beabsichtigte Berufsausübung als partnerschaftlich; das aber steht mit den Berufspflichten des Steuerberatungsgesetzes in Einklang. Weshalb von dieser knappen, wenngleich durch das gewählte Medium auffälligen Präsentation eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgehen sollte, wird in der angegriffenen Entscheidung auch nicht mehr thematisiert.

III.
Wegen des Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG wird die angegriffene Entscheidung gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dieses wird bei seiner erneuten Entscheidung auch die inzwischen ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2003, S. 1288; NJW 2004, S. 440; NJW 2004, S. 1099) berücksichtigen können.

Die Kostenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.


Ausdruck Urteil - PDF