Urteilstext
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Februar 2013 - 4 K 4062/11 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung in Sozialmedizin.
Sie wurde 1965 geboren, schloss im Jahre 1992 ihr Medizinstudium ab und promovierte im Fach Medizin. Im Jahre 1995 erhielt sie die Approbation als Ärztin. Sie ist seit 1998 Fachärztin für Psychiatrie und seit dem Jahre 2000 befugt, die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin zu führen. Daneben erlangte sie weitere Zusatzbezeichnungen. Zusätzlich erwarb sie im Mai 2009 an der Hochschule Ravensburg/Weingarten einen Master of Business Administration für das Management im Sozial- und Gesundheitswesen. Von Mai 2003 bis Juni 2007 war sie Chefärztin der Abteilung für Suchterkrankungen und später stellvertretende Ärztliche Direktorin in einem Zentrum für Psychiatrie. Von Juni 2007 bis Februar 2010 war sie in leitenden Funktionen, unter anderem als Ärztliche und Therapeutische Leiterin einer Fachklinik, tätig.
Ab dem 01.03.2010 übernahm die Klägerin die Stelle der Fachlichen Geschäftsführerin der „x. Anstalten Suchtkrankenhilfe gemeinnützige GmbH" (im Folgenden: x. gGmbH). Der hierzu am 14.01.2010 abgeschlossene Geschäftsführervertrag erhielt am 13.07.2010 eine neue Fassung. Nach diesem Vertrag übernahm die Klägerin die Aufgaben einer „Fachlichen Geschäftsführerin" und hatte als solche das Unternehmen gemeinsam mit den anderen Geschäftsführern zu vertreten und dabei ihren Dienst mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuüben (§§ 1 und 2). Sie war für alle Standorte der x. gGmbH zuständig, also für die Fachkliniken R. und Hö., das Rehabilitationszentrum am B., die Tagesrehabilitation B.-O., die Tagesrehabilitation U. und die Adaption O. Die Klägerin hatte ihre volle Arbeitskraft in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Jede Nebentätigkeit war ihr grundsätzlich untersagt (§ 3 Abs. 1). Soweit Nebentätigkeiten ausnahmsweise zulässig waren, durfte ihr Gesamtvolumen im Durchschnitt zehn Stunden pro Woche nicht überschreiten (§ 3 Abs. 2).
In der Geschäftsordnung für die Geschäftsleitung der x. gGmbH vom 07.07.2010 sind die Aufgabenschwerpunkte für die Fachlichen Geschäftsführer wie folgt beschrieben: a) Fortschreibung des Unternehmensleitbilds, b) fachlich-strategische Weiterentwicklung des Unternehmens, c) Entwicklung und Fortschreibung sowie die Umsetzung von fachlich-inhaltlichen Konzepten, d) Qualitätsmanagement, e) Entwicklung und Fortschreibung einer effektiven Informations- und Kommunikationsstruktur, f) Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, g) Vertretung des Unternehmens gegenüber der Mitarbeitervertretung.
Mit Schreiben vom 03.03.2010 bat die Klägerin die Bezirksärztekammer Südwürttemberg (BZÄK) um die Überprüfung der Frage, ob sie die Weiterbildungsbefugnis für die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin erhalten könne oder ob ihre jetzige Funktion als Fachliche Geschäftsführerin für alle fünf Entwöhnungskliniken der x. gGmbH entgegenstehe, da sie wegen dieser Funktion de facto keine Leitende Ärztin mehr sei. Die BZÄK bat daraufhin mit Schreiben vom 15.03.2010 um Übersendung von vollständigen Antragsunterlagen und Mitteilung, zu wie viel Prozent ihrer Tätigkeit die Klägerin in der Patientenversorgung beziehungsweise in der Geschäftsführung tätig sei. Daraufhin reichte die Klägerin am 16.08.2010 bei der BZÄK einen Antrag auf Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung in der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin für ein Jahr ein. Auf Nachfrage vom 17.08.2010 gab die Klägerin am 23.08.2010 dazu weiter an, ihre Aufgaben als Fachliche Geschäftsführerin gingen fließend in ärztliche Aufgaben über. Sie vertrete den Leitenden Arzt bei Urlaub und Krankheit, führe sozialmedizinische und allgemeinpsychiatrische Supervisionen durch und sei in die Fortbildungsaktivitäten für Ärzte und den Gesundheitsunterricht für Patienten eingebunden. Im Bereich der Sozialmedizin obliege ihr die Konzipierung der sozialmedizinischen Diagnostik, die Verschränkung derselben mit der Therapieplanung, die Supervision der sozialmedizinischen Beurteilung in Entlassbriefen und die Anleitung sowie Fortbildung von sozialmedizinisch tätigen Kollegen. Auf Zuruf stehe sie in monatlichen Konferenzen für die Diskussion schwieriger Fälle zur Verfügung. Darüber hinaus sei sie als Gutachterin für Sozialgerichte tätig.
Mit Bescheid vom 06.09.2010 lehnte die BZÄK den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei als Fachliche Geschäftsführerin nur noch in geringem Umfang ärztlich tätig. Der Vorstand der Beklagten habe am 15.03.2008 beschlossen, dass der zur Weiterbildung befugte Arzt zu 100 % an einer Weiterbildungsstätte in seinem Weiterbildungsbereich tätig sein müsse, um eine Weiterbildungsbefugnis erhalten zu können. Nach dem Wechsel der Klägerin in die Geschäftsführung hätten ihre Aufgaben nichts mehr mit sozialmedizinischen Tätigkeiten zu tun. Nachdem sie ärztliche und gutachtliche Tätigkeiten nach dem Geschäftsführervertrag nur noch maximal zehn Stunden pro Woche als Nebentätigkeit ausführen dürfe, liege der Umfang ihrer ärztlichen Tätigkeit unter 25 %. Damit lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis nicht vor.
Mit Schreiben vom 28.09.2010, zugegangen am 29.09.2010, wandte die Klägerin gegen den ablehnenden Bescheid ein, ihre Tätigkeit als Fachliche Geschäftsführerin komme nach der Krankenhauslogik der eines Ärztlichen Direktors oder Chefarztes in einer Akutklinik nahe. Nur die Aufgaben des Kaufmännischen Geschäftsführers entsprächen denen eines Betriebsdirektors. Dennoch handele es sich natürlich formal und in der Verantwortung um eine gemeinschaftliche Geschäftsführung. Sie bitte darum, weitere Entscheidungen zurückzustellen, damit eine Vertragsnachbesserung abgewartet werden und in die Prüfung einbezogen werden könne. Mit Schreiben vom 31.03.2011 legte die Klägerin der BZÄK den Entwurf eines „Dienstvertrags für die Ärztliche Direktorin und Fachliche Geschäftsführerin" vor und teilte dazu mit, dieser Vertrag werde zwischen ihr und der Z. gGmbH abgeschlossen, wenn ihm die BZÄK zustimme. Daraufhin bat die BZÄK die Klägerin mit Schreiben vom 07.04.2011 um detaillierte Angaben zu ihren ärztlichen Aufgaben. Die Klägerin erklärte dazu mit Schreiben vom 27.04.2011, sie könne keine wöchentliche Aufstellung vorlegen, da sich die ärztlichen Tätigkeiten zum Teil in Monats- und Quartalszyklen wiederholten, zum Teil aus Vertretungstätigkeiten bestünden und mittelbar über Anleitung, Supervision, Visiten, Fortbildungen und Qualitätszirkel erfolgten. Die Rentenversicherung erwarte von Leitenden Ärzten in Rehabilitationskliniken die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin oder Rehabilitationswesen. Die Weiterbildungsmöglichkeiten seien „dünn gesät“, der Erwerb dieser Zusatzbezeichnungen sei aufwendig und schwierig und erfolge meistens bereits im Amt. Sie verfüge über beide Zusatzbezeichnungen und über jahrelange Erfahrung in Rehabilitationskliniken und in der Akutpsychiatrie und sei daher in der Lage, den geeigneten Rahmen für eine gewissenhafte Weiterbildung zu schaffen. Die Entscheidung über die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis dürfe nicht rigide getroffen werden, um ansonsten drohende existentielle Schwierigkeiten für Fach- und Leitende Ärzte in Rehabilitationskliniken zu vermeiden.
Mit Bescheid vom 18.10.2011, zugestellt am 19.10.2011, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie an, die Tätigkeit der Klägerin als Fachliche Geschäftsführerin könne nicht mit der eines Leitenden Arztes gleichgesetzt werden. Aus dem vorgelegten Entwurf des neuen Geschäftsführervertrags ergebe sich, dass die Klägerin nur maximal zehn Stunden pro Woche ärztlich tätig sein könne. Dies entspreche einer maximalen ärztlichen Tätigkeit von 25 %. Damit sei nicht gewährleistet, dass eine ordnungsgemäß angeleitete Weiterbildung vermittelt werde. Hierfür sei der dargelegte Umfang zu gering. Davon abgesehen habe die Klägerin kein Curriculum vorgelegt, das belege, wie die Vermittlung der Weiterbildungsinhalte im Alltag aussehen solle. Es sei nicht ersichtlich, dass die Weiterzubildenden regelmäßig supervisiert, Gutachten mit ihnen inhaltlich besprochen und die geforderten Inhalte der Weiterbildung vermittelt würden.
Die Klägerin hat am 18.11.2011 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksärztekammer Südwürttemberg vom 06.09.2010 sowie des Widerspruchsbescheides der Landesärztekammer vom 18.10.2011 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung in der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22.02.2013 hat die Klägerin einen am 22.07.2011 abgeschlossenen „Dienstvertrag für die Ärztliche Direktorin und Fachliche Geschäftsführerin" nachgereicht. Darin trifft § 3 unter der Überschrift „Pflichten und Verantwortlichkeit als Ärztliche Direktorin" eine Regelung zu ihren ärztlichen Aufgaben. Sie kann unter anderem im Rahmen ihres Direktionsrechts Richtlinien, Dienstanweisungen, Hausordnungen und dergleichen erlassen; durch solche Regelungen dürfen aber weder die vertraglichen Rechte der angestellten Chefärzte geschmälert noch deren vertragliche Verpflichtungen erweitert werden (Abs. 2). Sie ist in ihrer ärztlichen Verantwortung bei der Diagnostik und Therapie unabhängig und weisungsfrei (Abs. 4 Satz 1). Sie wirkt an der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärzten mit (Abs. 11 Satz 2).
Mit Urteil vom 22.02.2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf die begehrte Neubescheidung ihres Antrags. Die Anspruchsgrundlage ergebe sich aus § 35 des Gesetzes über das Berufsrecht und die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16.03.1995 (Heilberufe-Kammergesetz - HBKG, GBI. S. 313, zuletzt geändert mit Gesetz vom 19.12.2013, GBl. S. 1, 44) in Verbindung mit § 5 Abs. 1, 2 und 5 der Weiterbildungsordnung der Beklagten vom 15.03.2006 (WBO, zuletzt geändert mit Satzung vom 18.12.2013). Entgegen dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 HBKG („kann") stehe die Entscheidung über die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis nicht im Ermessen der Beklagten. Es handele sich vielmehr um eine gebundene Entscheidung. Die Beklagte müsse die Weiterbildungsbefugnis erteilen, wenn das Kammermitglied fachlich und persönlich geeignet und an einer zugelassenen oder zulassungsfähigen Weiterbildungseinrichtung tätig sei. Bei der Klägerin lägen die nach § 35 Abs. 1 und 2 HBKG und § 5 Abs. 1, 2 und 5 WBO für einen Anspruch auf Neubescheidung zu prüfenden tatbestandlichen Voraussetzungen vor. Bei ihr seien eine verantwortliche Funktion, eine ärztliche Tätigkeit im Bereich Sozialmedizin und eine überwiegende Tätigkeit in der Klinik R. gegeben.
Nach ihrem vertraglichen Aufgabenbereich sei die Klägerin in der Lage, die Weiterbildung in der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin in verantwortlicher Leitung durchzuführen. Aufgrund ihrer beruflichen Stellung stünden ihr die erforderlichen Weisungsrechte gegenüber den angestellten Ärzten zur Verfügung. Ob sie auch gegenüber den Chefärzten über ausreichende Weisungsrechte verfüge, könne dahinstehen, nachdem die begehrte Befugnis auch zur Weiterbildung anderer Ärzte berechtige. Die Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin besitze die Klägerin seit dem Jahr 2000. Eine mehrjährige einschlägige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung liege bei ihr vor. Ihre fachliche und persönliche Eignung für die Durchführung der Weiterbildung in der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin sei gegeben. Dies sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Mit den im Verwaltungsverfahren vorgelegten und von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Unterlagen seien der erforderliche Aus- und Weiterbildungstand und langjährige einschlägige ärztliche Erfahrungen auch in herausgehobener Stellung und als Gutachterin zudem nachgewiesen.
Darauf, ob der Beklagten bei der Einschätzung der fachlichen und persönlichen Geeignetheit ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehe, komme es nicht an.
Die Beklagte habe bislang nicht geprüft, ob neben den fachlichen und persönlichen Eignung bei der Klägerin auch die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis vorlägen. Insofern sei zu beachten, dass die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis zwingend an eine Tätigkeit des Befugten an einer zugelassenen Weiterbildungsstätte gekoppelt sei. Ob die Klinik R. als Weiterbildungsstätte für Sozialmedizin zugelassen werden könne, habe die Beklagte bisher offengelassen. Diese Entscheidung sei im Rahmen der Neubescheidung nachzuholen.
Gegen den Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung könne die Beklagte nicht einwenden, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, die Weiterbildung persönlich zu leiten und grundsätzlich ganztägig durchzuführen, weil der Anteil ihrer ärztlichen Tätigkeit bei 25 % ihrer Arbeitszeit oder weniger liege. Die Annahme, die Klägerin sei in weniger als 25 % ihrer Arbeitszeit ärztlich tätig, treffe nach der maßgeblichen Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht zu. Der Dienstvertrag vom 22.07.2011 enthalte keine Beschränkung des Umfangs der ärztlichen Tätigkeit auf 25 % der Arbeitszeit. Der Vertrag sehe sowohl eine Tätigkeit als Ärztliche Direktorin als auch eine Tätigkeit als Fachliche Geschäftsführerin vor, ohne zeitliche Anteile zu definieren. Die Beschränkungen bezüglich der Nebentätigkeit bezögen sich nicht auf die Tätigkeit als Ärztliche Direktorin.
Die Beklagte könne der Neubescheidung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sich die Tätigkeit der Klägerin aus ärztlichen und nichtärztlichen Anteilen zusammensetze und sie deshalb den in § 5 Abs. 3 Satz 1 WBO aufgestellten Anforderungen nicht gerecht werde. § 5 Abs. 3 WBO regele keine zusätzlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsermächtigung, sondern enthalte eine Bestimmung zu der Art und Weise der Durchführung der Weiterbildung. Dies belegten die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen, welche abschließend seien und von der Beklagten nicht erweitert werden könnten.
Hinzu komme, dass die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 WBO, nach der die Weiterbildung persönlich zu leiten und grundsätzlich ganztägig durchzuführen sei,- jedenfalls in der Auslegungsvariante des Vorstands der Beklagten vom 15.03.2008 - dem Gesetz widerspreche, weil sie den von § 35 Abs. 1 HBKG geschaffenen gesetzlichen Rahmen verlasse. In der Folge sei die Regelung, soweit sie für die Durchführung der Weiterbildung die Vollzeitbeschäftigung des Weiterbildungsbefugten und seine durchgehende Anwesenheitspflicht vorgebe, mangels gesetzlicher Ermächtigung nichtig. Der Gesetzgeber lasse es nach § 35 Abs. 1 HBKG genügen, dass die Weiterbildung „unter verantwortlicher Leitung" eines ermächtigten Kammermitglieds durchgeführt werde. Damit könne die Beklagte für die Durchführung der Weiterbildung nicht mehr verlangen, als dass der Weiterbildungsbefugte die Durchführung der Weiterbildung verantwortlich leite. Die in der Weiterbildungspraxis übliche Anleitung und Überwachung bei voller Kontrolle durch den Weiterbildungsbefugten sei damit zulässig. Eine permanente persönliche Beaufsichtigung und Anleitung der Weiterbildungsassistenten sehe das Gesetz aber nicht vor. Damit könnten grundsätzlich auch Kammermitglieder mit umfangreichen Lehr- und Forschungsaufträgen im In- und Ausland, teilzeitbeschäftigte Ärzte oder Ärzte mit gemischten, ärztlichen und nichtärztlichen Tätigkeiten die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis erfüllen. Soweit die verantwortliche Anleitung und Kontrolle des Weiterbildungsassistenten sichergestellt sei, bedürfe es für die „verantwortliche Leitung" der Durchführung der Weiterbildung keiner bestimmten, nach Prozenten zu bemessenden Anwesenheitspflicht des Weiterbildungsbefugten. Wie der weiterbildungsbefugte Arzt bei der Durchführung der Weiterbildung im Einzelnen vorgehe und wie er seine Anwesenheitszeiten gestalte, habe er im Rahmen seines pädagogischen Beurteilungsspielraums pflichtgemäß selbst zu entscheiden und zu verantworten. Der Beklagten kämen insofern keine Regelungsbefugnisse zu.
Ferner stehe dem Einwand, § 5 Abs. 3 Satz 1 WBO erfordere die ganztägige Anwesenheit des Weiterbildungsbefugten an der Weiterbildungsstätte, auch entgegen, dass die Beklagte keinen sachlichen Grund für die Erforderlichkeit der unterschiedslos für die Durchführung sämtlicher Weiterbildungen aufgestellten Forderung vorgebracht habe. In der Folge bestünden Zweifel bezüglich der Zulässigkeit der mit § 5 Abs. 3 Satz 1 WBO verbundenen Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit. Regelungen der Berufsausübung seien nur zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt seien, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sei und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sei. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürften nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erforderten. Insofern habe die Beklagte nicht dargetan, aus welchen sachlichen Gründen die Zusatzweiterbildung Sozialmedizin die hundertprozentige Anwesenheit des Weiterbildungsbefugten erfordere und daher nichtärztliche Tätigkeiten des Weiterbildungsbefugten oder seine Teilzeitbeschäftigung ausgeschlossen seien.
Zuletzt könne die Beklagte dem Anspruch auf Neubescheidung auch nicht entgegenhalten, dass das von der Klägerin mit ihrem Antrag vorgelegte Curriculum nicht den fachlichen Anforderungen entspreche. Nach § 5 Abs. 5 Satz 2 WBO sei dem Antrag auf Erteilung der Weiterbildungsbefugnis ein gegliedertes Programm für die Weiterbildung in der Zusatzweiterbildung, für die die Befugnis beantragt werde, beizufügen. Dem sei die Klägerin nachgekommen. Ob dieses Programm, wie die Beklagte meine, den fachlichen Anforderungen nicht entspreche, könne dahinstehen. Denn die Beantwortung dieser Frage habe keine Auswirkungen auf den Erteilungsanspruch. Wie die gesetzlichen Regelungen zeigten, handele es sich bei der zusätzlichen Bestimmung in § 5 Abs. 5 Satz 2 WBO nicht um eine weitere Anspruchsvoraussetzung für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis, sondern um eine Vorschrift zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Durchführung der Weiterbildung. Deren Erfüllung könne die Beklagte mithilfe von Nebenbestimmungen sicherstellen, die mit der Befugnis zur Weiterbildung verbunden werden könnten.
Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus:
Die Weiterbildungsordnung sehe für die Weiterbildung in Sozialmedizin eine angeleitete Weiterbildung vor. Anders als zum Beispiel in den Zusatzweiterbildungen Palliativmedizin, Homöopathie, Naturheilverfahren und Akupunktur, bei denen neben der Vollzeitweiterbildung auch ein berufsbegleitender Kenntniserwerb durch den Besuch von Fallseminaren möglich sei, sei in der Zusatzweiterbildung Sozialmedizin diese Variante nicht vorgesehen. Andere Zusatzweiterbildungen schränkten die Anforderungen auf den Besuch von Weiterbildungskursen (z.B. Balneologie oder Chirotherapie) ein, während wiederum zahlreiche Zusatzbezeichnungen die angeleitete Tätigkeit durch einen zur Weiterbildung befugten Arzt über einen bestimmten Zeitraum voraussetzten (z.B. Diabetologie, Geriatrie, Phlebologie). Die Zusatzweiterbildung Sozialmedizin setze neben dem Besuch der Kursweiterbildung (Grund- und Aufbaukurs) den Nachweis einer zwölfmonatigen angeleiteten Weiterbildung voraus. Dabei werde ausdrücklich Weiterbildung gefordert und nicht etwa nur eine praktische Tätigkeit, wie dies zum Beispiel in der Zusatzweiterbildung Sportmedizin der Fall sei, oder ein Praktikum, wie dies in der Zusatzweiterbildung Medizinische Informatik als ausreichend angesehen werde. Für den Erwerb der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin seien damit aufgrund der satzungsrechtlichen Vorgaben die gleichen Voraussetzungen zu erfüllen wie für die Weiterbildung in einem Gebiet.
Der Erwerb einer Weiterbildungsbefugnis sei an bestimmte persönliche und fachliche Voraussetzungen geknüpft (§ 5 Abs. 2 WBO). Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin. Allerdings entsprächen die klägerseitig vorgetragenen Vertretungen, Supervisionen und Verpflichtungen im Rahmen der Fortbildung nicht den Anforderungen an eine angeleitete Weiterbildung. Eine angeleitete Weiterbildung verlange, dass der Weiterbildungsbefugte den Kenntnisstand und insbesondere die praktischen Fertigkeiten des Weiterbildungsassistenten einschätzen und beurteilen könne. Dies könne er nur, wenn er den Weiterbildungsassistenten im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit begleite und überwache. Um die Vermittlung praktischer Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Rahmen der angeleiteten Weiterbildung zu gewährleisten, solle eine durchgehende Anleitung beziehungsweise Weiterbildung durch den Weiterbilder selbst oder durch in die Weiterbildung eingebundene nachgeordnete Ärzte gewährleistet werden. Wenn etwa eine gemeinsame Weiterbildungsbefugnis mehrerer Weiterbilder nicht möglich sei, müsse aus Qualitätsgründen eine vollzeitige Anwesenheit des Weiterbildungsbefugten gewährleistet sein. Der Weiterbilder müsse gewährleisten, dass er die Weiterbildung persönlich lenke und grundsätzlich ganztägig für eine entsprechende Anleitung zur Verfügung stehe. § 5 Abs. 3 Satz 3 WBO sehe vor, dass eine Aufteilung der Weiterbildungsbefugnis auf mehrere teilzeitbeschäftigte Ärzte möglich sei, wenn durch komplementäre Arbeitszeiten eine ganztägige Weiterbildung gewährleistet sei. Sei ein befugter Arzt an mehr als einer Weiterbildungsstätte tätig, sei eine gemeinsame Befugnis mit einem weiteren befugten Arzt an jeder Weiterbildungsstätte erforderlich. Die Anleitung des Weiterbildungsassistenten allein dem pädagogischen Beurteilungsspielraum des Weiterbildungsbefugten zu überlassen, sei aus qualitativen Gründen und unter Patientenschutzgesichtspunkten nicht denkbar. Aufgrund der satzungsrechtlichen Vorgaben für die Vermittlung der Weiterbildungsinhalte in der Zusatzweiterbildung Sozialmedizin könne nichts anderes gelten als für andere Weiterbildungsgänge, die mit einem unmittelbaren Behandlungsgeschehen verknüpft seien (z.B. Geriatrie). Wenn es einem Weiterbildungsbefugten über längere Zeit überlassen werde, wie seine Weiterbildungsassistenten erkrankte Patienten behandelten, sei dies keine angeleitete Weiterbildung, sondern ein autodidaktischer Kenntniserwerb. Nur durch eine durchgängige Ansprechbarkeit und Rückkopplungsmöglichkeit mit dem Weiterbildungsbefugten sei gewährleistet, dass der Weiterbildungsassistent eine ständige und umfassende Vermittlung der notwendigen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erhalte. Der Klägerin obliege es, fünf Standorte als Geschäftsführerin und ärztliche Direktorin zu betreuen, so dass die persönliche Anleitung der Weiterzubildenden in dem geforderten Umfang nicht realisierbar sei. Soweit sie im Rahmen der Delegation nachgeordnetes ärztliches Personal in die Vermittlung einzelner Weiterbildungsinhalte einbeziehen wolle, seien hierzu in den Antragsunterlagen keinerlei Ausführungen gemacht worden. Es sei unklar, wie zum Beispiel Oberärzte in die Weiterbildung eingebunden werden sollten, ob und mit wem eine gemeinsame Weiterbildungsbefugnis angestrebt werde und wie die einzelnen Weiterbildungsinhalte vermittelt würden. Ein entsprechendes Weiterbildungscurriculum liege bislang nicht vor. Der Antrag sei insoweit nicht entscheidungsreif.
Die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis stelle aus Sicht des Verwaltungsgerichts eine gebundene Entscheidung dar. Dies widerspreche der Rechtsprechung anderer Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Februar 2013 - 4 K 4062/11 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts unter Vertiefung beziehungsweise Erweiterung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Dem Senat lagen die Verwaltungsakte der Beklagten (ein Heft) sowie die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - 4 K 4062/11 - vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Bezirksärztekammer vom 06.09.2010 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18.10.2011 auf die Klage der Klägerin aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung in der Zusatzbezeichnung Sozialmedizin vom 16.08.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Bescheide der Bezirksärztekammer und der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, weswegen sie Anspruch auf die begehrte Neubescheidung ihres Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
Der Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung ihres Antrags folgt aus § 35 HBKG in Verbindung mit § 5 WBO.
1.
Ihm steht derzeit keine der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsermächtigung entgegen. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt beziehungsweise können jedenfalls derzeit nicht verneint werden.
a)
In formaler Hinsicht bedarf es für die Erteilung der begehrten Ermächtigung zur Weiterbildung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 HBKG, § 5 Abs. 5 Satz 1 WBO eines Antrags. Einen solchen hat die Klägerin gestellt. Die Beklagte kann dem nicht entgegenhalten, der Antrag sei noch unvollständig und deshalb nicht entscheidungsreif, denn sie hat den Antrag in der Sache gewürdigt, abgelehnt und im Zuge dessen als vollständig behandelt. Im Widerspruchsbescheid hat sie zwar das Fehlen eines ihren Erwartungen entsprechenden Curriculums beanstandet, dies aber als inhaltlichen Mangel gewertet. Den Einwand, es fehle noch an Angaben beziehungsweise Antragsunterlagen, die eine Sachentscheidung überhaupt ermöglichten, hat sie erst mit ihrer Berufungsbegründung erhoben.
Im Übrigen überzeugt die nachgeschobene Erwägung der Beklagten auch in der Sache nicht. Die geforderten zusätzlichen Angaben (wie nachgeordnetes Personal in die Vermittlung einzelner Weiterbildungsinhalte einbezogen werden soll, wie Oberärzte in die Weiterbildung eingebunden werden sollen usw.) beziehungsweise Dokumente (Weiterbildungscurriculum) haben nicht die Bedeutung einer Erteilungsvoraussetzung. Zwar ist nach § 5 Abs. 5 Satz 2 WBO dem Antrag ein gegliedertes Programm für die Weiterbildung beizufügen. Bei einem - vom Wortlaut nahegelegten - formalen Verständnis dieser Bestimmung hat die Klägerin diese Voraussetzung erfüllt. Unabhängig davon kommt das gegliederte Programm für die Weiterbildung allein bei deren Durchführung zum Tragen, die von der Erteilung der Ermächtigung zur Weiterbildung als solcher getrennt zu betrachten ist (vgl. dazu unten). Ist das gegliederte Programm für die Weiterbildung unzureichend, kann dem durch eine Nebenbestimmung zur Weiterbildungsbefugnis, die deren Ausübung von der Nachreichung eines vorschriftsmäßigen Programmes abhängig macht, Rechnung getragen werden.
b)
Die Ermächtigung kann nur gegenüber Kammermitgliedern erfolgen (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 1 HBKG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, weil die Klägerin als approbierte Ärztin, die ihren Beruf im Land Baden-Württemberg ausübt, Mitglied der beklagten Landesärztekammer ist (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 HBKG).
c)
Weiter kann die Weiterbildungsbefugnis nur erteilt werden, wenn das Kammermitglied fachlich und persönlich geeignet ist (§ 35 Abs. 2 Satz 1 HBKG, § 5 Abs. 2 Satz 1 WBO) und selbst die entsprechende Bezeichnung führt (§ 35 Abs. 2 Satz 2 HBKG, § 5 Abs. 2 Satz 1 WBO).
aa)
Die Klägerin führt seit dem Jahre 2000 die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin, so dass sie auch insoweit dafür in Betracht kommt, andere Ärzte weiterzubilden. Den nach Satzungsrecht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 WBO) zusätzlich zu dem im Gesetzeswortlaut Geforderten vorausgesetzten Nachweis einer mehrjährigen Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung hat die Klägerin geführt.
bb)
An die persönliche wie auch die fachliche Eignung von Weiterbildern sind hohe Anforderungen zu stellen. Die Ermächtigung ist nicht nur zu versagen, falls die Eignung fehlt, sondern bereits dann, wenn sie nicht positiv festgestellt werden kann, mit anderen Worten, wenn Zweifel an der Eignung des Kammermitglieds bestehen, die nicht ausgeräumt werden können (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 21.09.1990 - 9 S 1138/89 -, NVwZ-RR 1992, 141 f.). Die Befugnis zur Weiterbildung kann nur einem Arzt erteilt werden, der insbesondere umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten auf dem Gebiet der fakultativen Weiterbildung besitzt, die ihn befähigen, eine gründliche Weiterbildung zu vermitteln. Das ist keine bloß formale Voraussetzung, sondern entscheidende Bedingung für eine erfolgreiche Weiterbildung (Senatsurteil vom 25.07.2000 - 9 S 157/00 -, NJW 2001, 2817, 2820). Eine jeden Zweifel ausschließende Integrität ist zudem vorauszusetzen, da sie die Grundlage des Vertrauensverhältnisses zwischen Anerkennungsbehörde und dem zur Weiterbildung ermächtigten Arzt bildet (Senatsbeschluss vom 07.09.1987 - 9 S 1048/87 -, MedR 1988, 101, 102).
(1)
An der fachlichen Eignung der Klägerin bestehen keine Zweifel. Die Beklagte erkennt die fachliche Eignung der Klägerin an.
(2)
Auch die persönliche Eignung der Klägerin kann auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse nicht rechtsfehlerfrei verneint werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beklagten bei der Prüfung der persönlichen Eignung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht (dafür OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2003 - 6 A 11314/03 -; VG Meiningen, Urteil vom 30.09.2013 - 1 K 86/11 Me -; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 21.09.1990 - 9 S 1138/89 -, a.a.O. mit dem Hinweis auf die besondere Sachkunde der ärztlichen Berufsvertretung; zur Beurteilungsermächtigung bei Eignungsbeurteilungen sonst etwa BVerwG, Urteil vom 26.03.1981 - 3 C 134.79 -, BVerwGE 62, 86; Beschluss vom 16.04.2013 - 2 B 134.11 -, IÖD 2013, 146; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2014 4 S 1095/13 -; Beschluss vom 27.03.2014 - 4 S 163/14 -). Der einzige Einwand, den die Beklagte gegen die persönliche Eignung der Klägerin erhebt, besteht nämlich darin, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Stellung zeitlich nicht in der Lage sei, die Weiterbildung ordnungsgemäß durchzuführen. Diese Argumentation ist der Beklagten indes verwehrt, denn sie beruht auf einem zu weiten Verständnis des Merkmals der persönlichen Eignung.
(a)
Gegenstand der persönlichen Eignung sind zum einen die Befähigung, Weiterbildungsinhalte gründlich und angemessen zu vermitteln (im weitesten Sinne pädagogische Persönlichkeitsmerkmale), zum anderen charakterliche Merkmale (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2003 - 6 A 11314/03 -, a.a.O.; zu einem Fall fehlender persönlicher Eignung vgl. z.B. Senatsurteil vom 21.06.1988 - 9 S 3269/87 -, MedR 1989, 48 ff.). Einer vertieften Auseinandersetzung damit bedarf es im vorliegenden Fall nicht. In beiderlei Hinsicht hat die Beklagte keine Einwände gegen die Klägerin erhoben. Auch sonst ist derzeit nichts dafür ersichtlich, dass es an der persönlichen Eignung der Klägerin im genannten Sinne mangelt.
(b)
Keine Frage der persönlichen Eignung im Sinne der § 35 Abs. 2 Satz 1 HBKG, § 5 Abs. 2 Satz 1 WBO ist es, ob die Klägerin im Rahmen ihrer augenblicklichen beruflichen Stellung an ihrer Beschäftigungsstelle und nach Maßgabe ihrer bisherigen Zeitplanung voraussichtlich in der Lage sein wird, eine ärztliche Weiterbildung in Übereinstimmung mit dem Heilberufe-Kammergesetz und der Weiterbildungsordnung der Beklagten durchzuführen. Ein Arzt, der nicht genügend Zeit für eine ordnungsgemäße Durchführung der Weiterbildung hat, verliert dadurch nicht seine persönliche Eignung, wenn sie im Übrigen besteht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2003 - 6 A 11314/03 -, a.a.O.; VG Neustadt/WStr., Urteil vom 21.03.2003 - 7 K 849/02.NW -, MedR 2003, 420; Quaas, in: Quaas/Zuck, Medizinrecht, 3. Aufl. 2014, § 13 Rn. 36-38). Die Gegenauffassung, wonach es zur persönlichen Eignung eines Antragstellers gehört, dass er die Aufgabe der Anleitung in zeitlich angemessener Form wahrnehmen kann (vgl. VG Saarland, Urteil vom 13.09.1999 - 1 K 112/98 -, MedR 2001, 154; dem folgend Scholz, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2011, MWBO, § 5 Rn. 9; ähnlich Narr, Ärztliches Berufsrecht, Band 1, Stand September 2007, W 109: persönliche Eignung nur bei kontinuierlicher unmittelbarer Beaufsichtigung), überzeugt nach Wortlaut, Systematik und auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen nicht.
(c)
Bereits der Begriff der „persönlichen Eignung“ legt es nahe, nur in der Person des Antragstellers selbst verwurzelte Eigenschaften und Merkmale zum Anknüpfungspunkt der Beurteilung zu machen, nicht dagegen solche Umstände, die zwar vom Willen und Handeln der Person abhängig sein mögen, aber nur äußerlich mit ihr im Zusammenhang stehen und ohne Weiteres veränderlich sind.
In diesem Sinne wird der Begriff der „Eignung“ beziehungsweise „persönlichen Eignung“ in anderen Zusammenhängen vom Normgeber vielfach definiert oder mit Beispielen veranschaulicht. So besagt etwa § 11 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) zur „Eignung“ zum Führen von Kraftfahrzeugen, dass Bewerber um eine Fahrerlaubnis die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen müssen (vgl. etwa Anlage 5 Nr. 2 zur FeV: Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung, Reaktionsfähigkeit). Zwar ist die Eignung unter anderem auch dann ausgeschlossen, wenn ein Bewerber erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat (§ 11 Abs. 1 Satz 3 FeV), doch geht es hierbei ebenfalls - wenn auch durch Rückschlüsse - um individuelle (Charakter-) Merkmale, nicht bloß äußere Verhältnisse der Person. Ähnlich wird die „persönliche Eignung“ in § 6 des Waffengesetzes (WaffG) und in § 8b des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (SprengG) verstanden.
Gleichermaßen erfasst der Begriff der „Eignung“ im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind (vgl. Beschluss des Ersten Senats vom 20.04.2004 - 1 BvR 838/01 u.a. -, BVerfGE 110, 304, 322; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27.05.2013 - 2 BvR 462/13 -, IÖD 2013, 182: z.B. sprachlich-kommunikative Möglichkeiten, intellektuelle Fähigkeiten).
In Übereinstimmung mit diesem engen Begriffsinhalt wird die Weiterbildungsbefugnis in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch zu Recht als eine „an die Person gebundene“ und daneben (nur) auf eine bestimmte Ausbildungsstätte (vgl. zu diesem Kriterium unten) bezogene Ausbildungskonzession bezeichnet (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 12.03.1996 - 11 UE 2853/94 -, NJW 1997, 1653, 1654). Eine Koppelung an weitere Verhältnisse des Antragstellers findet in dem Wortlaut „persönliche Eignung“ keinen Niederschlag.
(d)
Zudem stehen einer beim Tatbestandsmerkmal der persönlichen Eignung vorzunehmenden Berücksichtigung der Frage, ob ein Antragsteller voraussichtlich zu einer zeitlich angemessenen Wahrnehmung seiner Weiterbildungsaufgaben in der Lage sein wird, systematische Erwägungen entgegen.
Sowohl das Heilberufe-Kammergesetz als auch die Weiterbildungsordnung der Beklagten unterscheiden strikt zwischen der „Erteilung“ der Weiterbildungsermächtigung einerseits und der „Durchführung“ der Weiterbildung andererseits, wobei jeweils getrennt für beide Anknüpfungspunkte eigene Anforderungen aufgestellt werden. Zur Erteilung verhält sich insbesondere § 35 Abs. 2 HBKG; daneben muss § 35 Abs. 4 HBKG berücksichtigt werden, der den Fortbestand, bei sachgerechtem Verständnis aber auch die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis an die Tätigkeit an einer Weiterbildungsstätte knüpft (vgl. zu letzterem unten). Ausschließlich mit der Durchführung der Weiterbildung und damit gerade nicht mit den Voraussetzungen der Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis als solcher befassen sich dagegen etwa § 35 Abs. 1 Satz 1 (i.V.m. Satz 2) HBKG, wonach die Weiterbildung unter verantwortlicher Leitung ermächtigter Kammermitglieder in Weiterbildungsstätten durchzuführen ist, sowie § 35 Abs. 3 Satz 1 HBKG, wonach das ermächtigte Kammermitglied verpflichtet ist, die Weiterbildung entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Weiterbildungsordnung durchzuführen. Die klare Abschichtung zwischen den Ebenen der Erteilung einerseits und der Weiterbildungsdurchführung andererseits wird besonders daran deutlich, dass in § 35 Abs. 1 und Abs. 3 HBKG durchgängig von dem (bereits) „ermächtigten“ Kammermitglied die Rede ist, womit logisch ein zuvor ausgeübter Ermächtigungsakt vorausgesetzt wird.
Diese gesetzliche Struktur findet ihre Entsprechung in den Vorschriften der Weiterbildungsordnung der Beklagten, bei denen ebenfalls zwischen den Phasen der Erteilung und der Durchführung getrennt wird. Von der Erteilung der Weiterbildungsbefugnis und deren Voraussetzungen handelt § 5 Abs. 2 WBO. Davon, wie der „befugte“ Arzt die Weiterbildung vorzunehmen hat, ist in § 5 Abs. 1 und Abs. 3 WBO die Rede.
Zudem spricht die ausdrücklich weit gefasste Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen bei der Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis (vgl. § 35 Abs. 5 Sätze 4 und 5 HBKG bzw. § 5 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WBO; zur Bestimmung des Umfangs vgl. ferner § 5 Abs. 4 Satz 1 WBO) dafür, dass der Eignungsbegriff einen engen Bezugsrahmen haben soll.
(e)
Die hier favorisierte Auslegung wird auch dem Sinn und Zweck des Heilberufe-Kammergesetzes und der Weiterbildungsordnung der Beklagten gerecht. Die Erteilung einer Weiterbildungsermächtigung stellt die Übertragung der verantwortlichen Leitungsfunktion für die Aufgabe dar, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten der weiterzubildenden Ärzte zu vertiefen (vgl. Senatsurteil vom 24.05.1993 - 9 S 3136/90 -, MedR 1993, 472; siehe auch Niedersächs. OVG, Beschluss vom 14.03.2007 - 8 LA 177/06 -, MedR 2007, 444). Mittelbar dient sie letztlich der Sicherstellung einer hohen Qualität der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung und damit einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 29.10.2002 - 1 BvR 525/99 -, BVerfGE 106, 181), zumal eine im Wege der Weiterbildung erlangte zusätzliche Bezeichnung eine größere Erkennbarkeit und Transparenz der Qualifikation bewirkt und so dem Patientenschutz zugute kommt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.08.2013 - 13 A 2254/12 -).
Dem zuträglich ist ein Erteilungsverfahren, das effektiv ausgestaltet ist und potentielle Kandidaten nicht von grundsätzlich wünschenswerten Antragstellungen abhält. Die Abschichtung zwischen der vorrangigen Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen für die Weiterbildungsbefugnis und der nachgelagerten Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Durchführung der Weiterbildung entspricht diesem Postulat, denn sie dient der Verfahrensentlastung. Sie ermöglicht es, die grundlegende Frage der „Befugnistauglichkeit“ von Person und Einrichtung bei Erfüllung der Voraussetzungen schon positiv zu beantworten, ohne zugleich bis in jede Einzelheit in die Betrachtung einbeziehen zu müssen, wie die Weiterbildung tatsächlich umgesetzt werden kann beziehungsweise soll. Zwar mag es vordergründig sinnlos erscheinen, eine Weiterbildungsermächtigung zu erteilen, wenn nicht bereits hinreichend sichergestellt ist, dass von dieser alsbald vorschriftenkonform Gebrauch gemacht werden kann. Dieser Gesichtspunkt scheint zunächst für eine Bindung der Erteilung an eine „Durchführbarkeitsprüfung“ zu sprechen. Hiermit ließe man allerdings außer Acht, dass eine Weiterbildungsbefugnis für den Antragsteller und seinen Arbeitgeber nicht erst dann Bedeutung erlangt, wenn von ihr Gebrauch gemacht wird, sondern dass bereits mit dem Status der Anerkennung eine nicht unbedeutende Besserstellung verbunden ist. Eine Weiterbildungsbefugnis ist für das Ansehen und die berufliche beziehungsweise wirtschaftliche Stellung von Vorteil (vgl. Senatsurteil vom 21.06.1988 - 9 S 3269/87 -, a.a.O.). Der Vorteil der Ermächtigung findet dabei zwar in erster Linie dann seinen Ausdruck, wenn an Ort und Stelle tatsächlich Weiterbildungen erfolgen können. Darin erschöpft sich aber deren Bedeutung nicht. Bereits mit der Weiterbildungsbefugnis als solcher wird im Rechtsverkehr signalisiert, dass personell und institutionell das Potenzial für die Durchführung von Weiterbildungen vorhanden ist, selbst wenn gegebenenfalls die aktuellen Umstände, etwa die Modalitäten eines Arbeitsvertrages, die Ausübung der Weiterbildungsbefugnis nicht erlauben sollten. Bereits eine solche Signalwirkung ist nicht nur wirtschaftlich „werthaltig“, sondern (jedenfalls dann) auch schutzwürdig, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass die Voraussetzungen für einen vorschriftenkonformen Gebrauch der Weiterbildungsbefugnis in absehbarer Zeit geschaffen werden können und sollen.
In der Literatur wird demgegenüber der Einwand erhoben, die Funktion der Befugniserteilung sei es (auch), den Assistenten eine Sicherheit zu geben, dass sie ihre Weiterbildung an dieser Weiterbildungsstätte zügig abschließen können, und diese Funktion sei nur gesichert, wenn die Präsenz des Weiterbilders schon bei der Erteilung geprüft werde (so Scholz, a.a.O., MWBO, § 5 Rn. 9). Diesem Gesichtspunkt kann aber keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, weil es einem (potentiellen) Assistenten möglich und zumutbar ist, sich darüber zu informieren, ob die Voraussetzungen für die Ausübung der Weiterbildungsbefugnis tatsächlich vorliegen oder diese bisher „nur auf dem Papier“ besteht.
(f)
Soweit der von der Beklagten zitierte Vorstandsbeschluss vom 15.03.2008 der Auffassung des Senats entgegenstehen mag, ist zu beachten, dass „Auslegungsbeschlüsse“ des Vorstandes lediglich Verwaltungsvorschriften darstellen, denen keine normkonkretisierende Funktion und damit keine rechtliche Bindungswirkung zukommt. Sie sind nur Gegenstand und nicht Maßstab der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (Senatsurteil vom 09.03.2004 - 9 S 762/03 -, VBlBW 2004, 275 m.w.N.; Scholz, a.a.O., MWBO, Vorbem. Rn. 12). Im Übrigen will die Klägerin gemäß ihrem Antrag, wie dies auch ihre Prozessbevollmächtigte in der Berufungsverhandlung klargestellt hat, ausschließlich („zu 100 %“) in der Fachklinik R. „als Weiterbilderin tätig“ sein, womit unter Umständen dem Anliegen des Vorstandes der Beklagten bereits Rechnung getragen ist.
(g)
Zweckwidrig und damit abzulehnen sein könnte ein Antrag auf Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen hingegen unter Umständen dann, wenn von vornherein klar wäre, dass von ihr niemals Gebrauch gemacht werden könnte beziehungsweise sollte, sie vielmehr als bloßes „Werbeinstrument“ verwendet werden sollte. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass hier die Grenze des Rechtsmissbrauchs erreicht ist beziehungsweise ein schutzwürdiges Sachbescheidungsinteresse gänzlich fehlt (vgl. zu letzterem Gesichtspunkt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2010 - 8 S 77/09 -: Nutzlosigkeit einer Genehmigung bei schlechthin nicht ausräumbaren Hindernissen für eine Ausübung; siehe ferner § 7 Abs. 1 der in Baden-Württemberg allerdings insoweit nicht übernommenen MusterWBO der Bundesärztekammer in der Fassung vom 28.06.2013, wonach die Weiterbildungsbefugnis zu widerrufen ist, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die in der Weiterbildungsordnung der Beklagten an den Inhalt der Weiterbildung gestellten Anforderungen „nicht oder nicht mehr erfüllt werden können“). Insbesondere hat die Klägerin ihren Dienstsitz an der Fachklinik R. und damit an der von ihr allein avisierten Weiterbildungsstätte, wenngleich sie für weitere Standorte, an denen sie nicht in gleichem Maße präsent ist, ebenfalls Verantwortung trägt.
d)
Die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis ist weiter tatbestandlich davon abhängig, dass die Klägerin in einer Weiterbildungsstätte, das heißt in einer hierfür zugelassenen Einrichtung, tätig ist (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 HBKG, § 5 Abs. 1 Satz 1 WBO). Die Abhängigkeit der Erteilung von dieser Voraussetzung geht mittelbar aus § 35 Abs. 4 HBKG, § 7 Abs. 2 WBO hervor, wonach mit der Beendigung der Tätigkeit des ermächtigten beziehungsweise befugten Arztes an der Weiterbildungsstätte seine Ermächtigung beziehungsweise Befugnis zur Weiterbildung erlischt. Dem muss entnommen werden, dass die Weiterbildungsbefugnis - von Anfang an - mit der Tätigkeit an einer Weiterbildungsstätte „steht und fällt“ (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 12.03.1996 - 11 UE 2853/94 -, a.a.O.; Narr, a.a.O., W 128; Scholz, a.a.O., MWBO, § 5 Rn. 2; siehe auch Art. 25 Abs. 3 RL 2005/36/EG, wonach die fachärztliche Weiterbildung an besonderen Weiterbildungsstellen erfolgt, die von den zuständigen Behörden anerkannt sind). Die Zulassung der Weiterbildungsstätte bedarf eines eigenen Antrags (vgl. § 35 Abs. 5 Satz 2 HBKG, § 6 Abs. 1 Satz 1 WBO). Zu letzterem enthalten § 6 Abs. 3 sowie Abs. 2 WBO Ausnahmen, wonach in bestimmten Fällen die Zulassung als Weiterbildungsstätte in der Weiterbildungsbefugnis eingeschlossen ist. Auf die genaue Auslegung dieser Vorschriften kommt es indes nicht an, da die Beklagte bislang weder die fehlende Zulassungsfähigkeit der bereits im Antragsformular angegebenen Fachklinik R. behauptet noch sich auf einen fehlenden Antrag auf Zulassung als Weiterbildungsstätte berufen hat. Über das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit in einer Weiterbildungsstätte wird die Beklagte daher im Rahmen einer Neubescheidung zu befinden haben.
e)
Neben den genannten Voraussetzungen bestehen keine tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten Weiterbildungsermächtigung. Soweit in § 35 Abs. 1 und Abs. 3 HBKG sowie in § 5 Abs. 1 und Abs. 3 WBO geregelt ist, wie die Weiterbildung seitens des ermächtigten beziehungsweise befugten Arztes durchzuführen ist, handelt es sich um Kautelen, die sich grundsätzlich - vorbehaltlich der etwaigen Notwendigkeit der Abwehr eines Rechtsmissbrauchs - allein auf die Betätigung der (bereits erteilten) Weiterbildungsbefugnis beziehen (siehe oben c) bb) (2)).
2.
Auf der Rechtsfolgenseite sehen § 35 Abs. 2 Satz 1 HBKG und § 5 Abs. 2 Satz 1 WBO vor, dass die Weiterbildungsbefugnis „nur erteilt werden kann“, wenn die oben behandelten tatbestandlichen Voraussetzungen (fachliche und persönliche Eignung) erfüllt sind.
a)
Damit ist der Beklagten kein Entschließungsermessen eröffnet. Vielmehr ist sie bei Erfüllung des Tatbestands verpflichtet, eine Weiterbildungsermächtigung zu erteilen (gebundene Entscheidung; ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2003 - 6 A 11314/03 -, a.a.O.; VG Neustadt/WStr., Urteil vom 21.03.2003 - 7 K 849/02.NW -, a.a.O.; VG Meiningen, Urteil vom 30.09.2013 - 1 K 86/11 Me -, a.a.O.; a.A. OVG Hamburg, Beschluss vom 21.06.1999 - 5 Bf 54/99 -; VG Ansbach, Urteil vom 10.05.2006 - AN 9 K 05.04526 -; für ein Ermessen hinsichtlich der Erteilung einer gemeinsamen Weiterbildungsbefugnis nach damaligem Recht: Senatsurteil vom 24.05.1993 - 9 S 3136/90 -, a.a.O.; unklar Scholz, a.a.O., MWBO, § 5 Rn. 6).
Hierfür spricht, dass die Regelung im Lichte der Berufsfreiheit gesehen werden muss (vgl. Senatsurteil vom 21.06.1988 - 9 S 3269/87 -, a.a.O.). Bei den Normen über die Voraussetzungen der Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, die nur zulässig ist, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen und sie nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwiderläuft (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2003 - 6 A 11314/03 -, a.a.O.). Für die Beantwortung der Frage, ob der Normgeber einer Verwaltungsbehörde Ermessen eingeräumt hat, bildet der Gebrauch des Wortes „kann“ lediglich einen Anhaltspunkt, mit dem das Auslegungsergebnis nicht vorweggenommen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.01.1963 - VII C 106.61 -, BVerwGE 15, 251, 254, und vom 29.04.1964 - I C 30.62 -, BVerwGE 18, 247; BGH, Urteil vom 16.09.2010 - III ZR 29/10 - BGHZ 187, 51; BSG, Urteil vom 31.05.1990 - 8 RKn 22/88 -, BSGE 67, 70; Sächs. OVG, Beschluss vom 03.11.2003 - 5 BS 172/03 -; zum verfassungsrechtlichen Rahmen auch BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 -, BVerfGE 20, 150, 154 ff., und Beschluss des Ersten Senats vom 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 -, BVerfGE 129, 1 ff.). Angesichts dessen erscheint es im hier vorliegenden Kontext fernliegend, dass der Beklagten mit der Formulierung „kann nur“ ein Ermessen eingeräumt werden sollte, zumal sich dann ein anderer Wortlaut (etwa „kann, aber nur wenn“ oder „kann nach Ermessen, wenn“) angeboten hätte.
b)
Gleichwohl muss die Beklagte der Klägerin nicht eine Weiterbildungsbefugnis ohne jede Einschränkung erteilen. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WBO ist für den Umfang der Befugnis maßgebend, inwieweit die an Inhalt, Ablauf und Zielsetzung der Weiterbildung gestellten Anforderungen durch den befugten Arzt unter Berücksichtigung des Versorgungsauftrages, der Leistungsstatistik sowie der personellen und materiellen Ausstattung der Weiterbildungsstätte erfüllt werden können.
c)
Zudem sehen § 35 Abs. 5 Satz 4 HBKG und § 5 Abs. 2 Satz 2 WBO vor, dass die Ermächtigung befristet und mit dem Vorbehalt des Widerrufs versehen werden kann. Weitere Nebenbestimmungen sind nach § 35 Abs. 5 Satz 5 HBKG, § 5 Abs. 2 Satz 3 WBO zulässig. Die Ermächtigung zur Beifügung von Nebenbestimmungen (vgl. § 36 Abs. 1 Alt. 1 LVwVfG) schränkt den Anspruch auf Erteilung der Weiterbildungsbefugnis ein, der „nur dem Grunde nach“ besteht. Ob und gegebenenfalls welche Nebenbestimmungen die Beklagte beifügt, steht in ihrem Ermessen (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 36 Rn. 117: „gebundene Verwaltung mit Randermessen“; zum möglichen Inhalt der Nebenbestimmungen vgl. exemplarisch Scholz, a.a.O., MWBO, § 5 Rn. 12 ff.). Sinnvollerweise können die Nebenbestimmungen auch auf das Stadium der Ausübung der Weiterbildungsbefugnis (die „Durchführung“ der Weiterbildung) bezogen werden und der Sicherstellung einer rechtmäßigen Betätigung der Weiterbildungsbefugnis dienen. Wäre die Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen so gemeint, dass sie nur für die Wahrung der Erteilungsvoraussetzungen der Weiterbildungsbefugnis Bedeutung hätte, hätte es ihrer nicht bedurft (vgl. § 36 Abs. 1 Alt. 2 LVwVfG).
Die Beklagte hat über die damit im Einzelnen noch offenen Rechtsfolgen bisher nicht entschieden, da sie - zu Unrecht beziehungsweise jedenfalls mit unzutreffenden Erwägungen - bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis verneint hat. Sie hat daher die Klägerin nach Maßgabe der genannten Regelungen neu zu bescheiden.
Dabei ist sie daran gebunden, dass die Weiterbildung unter verantwortlicher Leitung ermächtigter Kammermitglieder in zugelassenen Weiterbildungsstätten durchzuführen ist (§ 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HBKG sowie § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WBO). Weiter hat sie zu beachten, dass der befugte Arzt die Weiterbildung persönlich leiten und grundsätzlich ganztägig durchführen muss (§ 5 Abs. 3 Satz 1 WBO).
Umsetzungsschwierigkeiten befreien nicht von den gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorgaben (so auch speziell zur Arbeits- und Sozialmedizin Scholz, a.a.O., MWBO, § 5 Rn. 16). Dem weiterbildenden Arzt wird von der Weiterbildungsordnung ein hohes Maß an Verantwortung zugewiesen (Senatsbeschluss vom 07.09.1987 - 9 S 1048/87 -, a.a.O.). Daraus ergeben sich unter anderem gewisse, wenn auch nicht abstrakt bestimmbare Mindestanwesenheitszeiten (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.05.2006 - HBGH 1/04 -, MedR 2006, 551). Zwar gebietet eine „verantwortliche Leitung“, die zwangsläufig mit einer gewissen Eigenständigkeit des weiterbildenden Arztes bei der Gestaltung der Weiterbildung verbunden ist, keine permanente Überwachung des in der Weiterbildung befindlichen Arztes. Es bedarf jedoch zumindest einer Ausprägung, die gewährleistet, dass der Weiterbilder Weisungen erteilen und für ihre Umsetzung sorgen kann (vgl. Senatsurteil vom 24.05.1993 - 9 S 3136/90 -, a.a.O.; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 14.03.2007 - 8 LA 177/06 -, a.a.O.).
Andererseits ist es bei der Auslegung und Anwendung der Bestimmungen nicht zulässig, bei allen Arten der Weiterbildung schematisch gleich hohe Anforderungen an die verantwortliche beziehungsweise persönliche Leitung sowie die grundsätzlich ganztägige Durchführung zu stellen. Differenzierungen sind nicht nur insoweit erlaubt und geboten, als die Weiterbildungsordnung die Weiterbildungszeit „bei einem Weiterbildungsbefugten“ für (anteilig) ersetzbar erklärt (z.B. „Palliativmedizin“: durch Fallseminare; „Sportmedizin“: durch Kurs-Weiterbildung und sportärztliche Tätigkeit; „Medizinische Informatik“: durch Kurs-Weiterbildung und Praktikum oder Projektarbeit) oder gar stattdessen gänzlich als sogenannte Kurs-Weiterbildung vorsieht (z.B. „Balneologie und Medizinische Klimatologie“). Für die genauen Anforderungen an die Leitung und Durchführung der jeweiligen Weiterbildung kommt es vielmehr auch darauf an, welche konkreten Weiterbildungsinhalte die Weiterbildungsordnung für die in Rede stehende Zusatzweiterbildung vorsieht (Abschnitt C der WBO; siehe ferner die Richtlinien der Beklagten über den Inhalt der Weiterbildung, Stand Februar 2014). Danach zählt die Sozialmedizin nicht zu den am stärksten auf eine permanent sehr schnelle Rücksprachemöglichkeit angewiesenen Bereichen. Große Teile der Zusatzweiterbildung in Sozialmedizin betreffen Angelegenheiten, die nur in einem mittel- und langfristigen Zeitrahmen aufgearbeitet werden können, wie die Kenntnis von rechtlichen Grundlagen, von Strukturen der Sozialleistungsträger und von spezifischen Begriffen sowie die Erstellung von Gutachten, die Dokumentation und die Berichterstattung.
Im Übrigen ist unter persönlicher Leitung auch nicht zu verstehen, dass der zur Weiterbildung ermächtigte Arzt zwingend alle Aufgaben in eigener Person wahrnehmen muss. Bei sorgfältiger Einweisung und sichergestellter Überwachung kann auch eine Delegation einzelner Aufgaben auf andere bewährte Ärzte in Betracht kommen (vgl. Senatsurteil vom 21.06.1988 - 9 S 3269/87 -, a.a.O.).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss vom 24. Juni 2014
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 16.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1).
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).