Verwendung eines Logos auf dem Praxisschild

 | Gericht:  Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Leipzig  | Aktenzeichen: 3 C 4/09 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Berufliche Kommunikation

Urteilstext

 

Tenor

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2008 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 8. März 2006 werden geändert.

 

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2004 und deren Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2004 rechtswidrig gewesen sind.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I

Die Kläger sind niedergelassene Zahnärzte. Sie praktizieren im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, bis Mitte 2009 in einer Gemeinschaftspraxis und nunmehr in Einzelpraxen. Seit dem Jahr 2002 verwendeten sie als Zusatz zum Praxisschild und im Geschäftsverkehr ein grafisch gestaltetes Wortzeichen (Logo) in der Form eines Qualitätssiegels. Es bestand aus dem Schriftzug "MacDent" auf blauem Untergrund, umrandet von dem rot unterlegten Schriftzug "Geprüfte Qualitätsstandards". Unter dem Logo war die Internetadresse "www.MacDent.de" angegeben.

 

Hinter dem Logo steht ein Franchise-Unternehmen in der Rechtsform einer AG, das Qualitätssicherung für Zahnarztpraxen anbietet. Die teilnehmenden Zahnärzte müssen in ihrer Praxis ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem bereits eingeführt haben oder einführen und bestimmte in einem Systemhandbuch und auf den Internetseiten des Unternehmens beschriebene Anforderungen im Bereich Fortbildung, Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, Praxisführung, Garantieleistungen bei Zahnersatz und Schlichtungsverfahren erfüllen. Die Einhaltung der Standards wird jährlich durch Zahnärzte des Franchise-Unternehmens kontrolliert. Im Gegenzug dürfen die teilnehmenden Zahnärzte das Logo verwenden.

 

Die Beklagte untersagte den Klägern mit Bescheid vom 2. März 2004, gestützt auf § 6 Abs. 1 Nr. 6 des Heilberufsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, das Logo in jeder Form der Ankündigung, insbesondere auf Briefbögen, Praxisschildern, Vordrucken, Stempeln oder auf der Homepage, zu führen. Es stelle eine berufswidrige Werbung dar, weil damit keine interessengerechte, sachangemessene Information verbunden sei. Es handele sich um einen bloßen Blickfang mit schlagwortartigen, plakativen und letztlich nichtssagenden Angaben. Bei den potentiellen Patienten könne die falsche Erwartung einer besonders kostengünstigen Behandlung erweckt werden. Das Logo sei irreführend, weil es den Eindruck hervorrufe, die Qualitätsstandards bezögen sich auf die zahnärztliche Leistung; tatsächlich beziehe sich die Zertifizierung aber auf ein Qualitätsmanagementsystem, das im Wesentlichen nur den Betriebsablauf betreffe.

 

Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2004 mit der ergänzenden Begründung zurück, dass die Verwendung des Logos auch gegen das berufsrechtliche Fremdwerbungsverbot verstoße, weil sie zu einem größeren Bekanntheitsgrad des auf Gewinn ausgerichteten Franchise-Unternehmens beitrage. Dadurch könne das Vertrauen in den Arztberuf gefährdet werden.

 

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 8. März 2006 abgewiesen. Gegen das Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat das Franchise-Unternehmen seinen Namen von MacDent in TruDent geändert. Seitdem trägt das von den Franchisenehmern zu verwendende, im Übrigen unveränderte Logo den Schriftzug "TruDent".

 

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit Beschluss vom 26. Juni 2008 zurückgewiesen. Für die Klage bestehe ungeachtet der Namensänderung des Franchise-Unternehmens ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Namensänderung betreffe eine nicht am Verfahren beteiligte Firma und habe für den Prozess keine unmittelbaren Auswirkungen. Zudem hätten die Kläger mitgeteilt, dass eine Nutzung des früheren Namens nicht ausgeschlossen sei. Die Anfechtungsklage sei aber unbegründet. Die Beklagte habe die Verwendung des Logos zu Recht untersagt. Die Berufsordnung der Beklagten gestatte einem Zahnarzt sachliche Informationen, verbiete aber eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Dies entspreche den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 12 Abs. 1 GG. Bei der Beurteilung sei von der Sichtweise potentieller Patienten auszugehen. Sie könnten mit dem Logo im Regelfall nichts anfangen, weil es ihnen unbekannt sei; sein Aussagewert sei allenfalls neutral. Die schlagwortartige Ankündigung sei irreführend, weil nicht erkennbar sei, ob sich die geprüften Qualitätsstandards auf eine gute handwerkliche Tätigkeit, auf eine besondere Praxiseinrichtung oder auf die Verwendung höherwertiger Materialien bezögen. Die Umbenennung des Franchise-Unternehmens zeige die Beliebigkeit und lasse erkennen, dass mit dem Namen kein bestimmter Informationswert verbunden sei. Außerdem werde durch die Formulierung suggeriert, dass in der Zahnarztpraxis der Kläger auf einem qualitativ höheren Niveau gearbeitet werde als bei anderen Zahnärzten. Eine derartige Hervorhebung sei nicht gerechtfertigt. Die Kriterien für die geprüften Qualitätsstandards seien nicht von einem externen Gremium entwickelt worden, sondern von dem Franchise-Unternehmen selbst; die Einhaltung werde nicht durch einen unabhängigen Dritten, sondern nur von Zahnärzten des Franchise-Unternehmens kontrolliert. Dass einige Kassenärztliche Vereinigungen mit Billigung der Kammern Gütesiegel als Hinweis auf Maßnahmen zum ärztlichen Qualitätsmanagement eingeführt hätten, bewirke keine Bindung der Beklagten. Außerdem stehe hinter dem von den Klägern verwendeten Logo gerade keine Qualitätsmaßnahme nach den Maßstäben der Kassenärztlichen Vereinigungen oder Heilberufskammern.

 

Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG. Sie beantragen nunmehr,

 

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Juni 2008 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 8. März 2006 zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2004 und deren Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2004 rechtswidrig gewesen sind.

 

Die Beklagte verteidigt den Beschluss des Berufungsgerichts.

 

Der Vertreter des Bundesinteresses tritt der Revision ebenfalls entgegen.

 

II

Die zulässige Revision ist begründet.

 

1.

Die Kläger haben ihren Klageantrag zutreffend von einem Anfechtungs- auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt; denn die Anfechtungsklage gegen die Untersagungsverfügung ist infolge der Namensänderung des Franchise-Unternehmens und der dadurch bedingten Änderung des Logos unstatthaft geworden. Gegenstand einer Anfechtungsklage kann nur ein Verwaltungsakt sein, der sich noch nicht erledigt hat. Die angefochtene Untersagungsverfügung hat sich jedoch erledigt. Sie verbietet den Klägern die Verwendung des dort bezeichneten Logos mit dem ursprünglichen Namen des Franchise-Unternehmens. Dieses Logo wird aber seit der Namensänderung ohnehin nicht mehr eingesetzt. Das betrifft nicht nur das Franchise-Unternehmen, sondern auch die Kläger als Franchisenehmer. Sie sind vertraglich an die Verwendung des von dem Unternehmen vorgegebenen Logos gebunden. Die für die Namensänderung gegebene Begründung des Unternehmens, man wolle sich von dem mit der Vorsilbe "Mac" assoziierten Billigimage absetzen, lässt keinen Zweifel daran, dass das alte Logo unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens nicht mehr eingesetzt werden soll. Eine Fortgeltung der Untersagung in Bezug auf das neue Logo kommt nicht in Betracht; der Tenor der Bescheide steht dem entgegen.

 

Die Kläger haben allerdings unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an einer Klärung der Frage, ob die Beklagte die Werbung wegen ihres Inhalts als berufswidrig untersagen durfte. Zwar hat die Beklagte den behaupteten Verstoß gegen Berufspflichten auch auf eine durch den alten Namen angeblich geweckte Erwartung einer besonders billigen Dienstleistung gestützt. Sie argumentiert aber im Wesentlichen - das Berufungsgericht sogar ausschließlich - mit der Erwägung, dass das Logo keine Information transportiere und die Ankündigung geprüfter Qualitätsstandards irreführend sei. Mit dieser Begründung droht bei der - von beiden Klägern beabsichtigten - Verwendung des neuen Logos wiederum eine Untersagung durch die Beklagte.

 

2.

Die Annahme des Berufungsgerichts, der Hinweis auf geprüfte Qualitätsstandards in der Form des hier verwendeten Logos habe als berufswidrige Werbung verboten werden dürfen, verletzt Bundesrecht. Sie ist mit der grundrechtlichen Gewährleistung der Berufsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Daher ist unter Änderung der vorinstanzlichen Entscheidungen festzustellen, dass die Untersagungsverfügung und der Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtswidrig gewesen sind.

 

Staatliche Maßnahmen, die geschäftliche oder berufliche Werbung beschränken, sind Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung (vgl. nur Urteil vom 18. März 2003 - BVerwG 3 C 23.02 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 108). Sie bedürfen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage.

 

Das Berufungsgericht hat die Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung in § 6 Abs. 1 Nr. 6 des Heilberufsgesetzes (HeilberG) des Landes Nordrhein-Westfalen gesehen. Danach überwacht die Heilberufskammer die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen und kann unter anderem die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände treffen; hierzu kann sie auch belastende Verwaltungsakte erlassen. Die Berufsrechtswidrigkeit der den Klägern untersagten Angaben hat die Vorinstanz aus § 21 der Berufsordnung der Beklagten hergeleitet. Danach sind dem Zahnarzt sachliche Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet, eine berufswidrige Werbung, insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung hingegen untersagt. Außerdem ist dem Zahnarzt untersagt, seine zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden (sog. Fremdwerbungsverbot). Die Auslegung und Anwendung dieser landesrechtlichen Vorschriften ist prinzipiell den Landesgerichten vorbehalten.

 

Es verstößt aber gegen Art. 12 Abs. 1 GG, den Klägern gestützt auf diese Vorschriften die Verwendung des streitigen Logos im Geschäftsverkehr zu verbieten, weil kein Gemeinwohlbelang erkennbar ist, der die Beschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könnte.

 

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Schutzgut der Volksgesundheit es rechtfertigt, den Ärzten Werbebeschränkungen aufzuerlegen. Sie können einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vorbeugen und eine Verfälschung des ärztlichen Berufsbildes verhindern. Berufswidrig ist insbesondere solche Werbung, die zu Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken führen würde, weil sie das Vertrauen in den Arztberuf untergraben und langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte. Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr jedoch Raum bleiben (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - BVerfGE 85, 248 <260 f.>; Kammerbeschluss vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 191/05 - NJW 2006, 282; BVerwG, Urteile vom 18. März 2003 a.a.O. , vom 5. April 2001 - BVerwG 3 C 25.00 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 104 und vom 13. November 1997 - BVerwG 3 C 44.96 - BVerwGE 105, 362 <366 f.> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 98 S. 44 f.).

 

Nach diesem Maßstab war das Werbeverbot rechtswidrig. Der Hinweis auf geprüfte Qualitätsstandards in Form des hier verwendeten Logos ist eine sachangemessene Information des Publikums, die keinen Irrtum erregt.

 

a)

Dem Logo kann eine Vermittlung sachlicher Informationen nicht deshalb abgesprochen werden, weil es nur schlagwortartige Angaben enthält und für weitere Informationen auf die angegebene Internetadresse des Franchise-Unternehmens verweist. Die dortigen Informationen sind ein Teil der Werbung; sie stehen in einem gewollten Zusammenhang mit dem Logo und können deshalb bei der Beurteilung, ob die Werbung zu Irrtümern und einer Verunsicherung der Patienten führt, nicht ausgeblendet werden. Das Herausstellen der Hauptinformation durch eine prägnante Kurzangabe oder ein Schlagwort, verbunden mit einem Verweis auf leicht zugängliche weiterführende Informationen, ist ein probates Mittel, um über Umstände zu unterrichten, die in ihrer Gesamtheit auf der ersten Kontaktebene - etwa dem Praxisschild - nicht dargestellt werden können. Gerade das Praxisschild hat weiterhin eine hohe Bedeutung für den Erstkontakt zum Patienten (dazu Urteil vom 5. April 2001 a.a.O.). Ein Verbot schlagwortartiger Hinweise auf Praxisbesonderheiten wie die Beachtung bestimmter Qualitätsstandards würde die Informationsmöglichkeiten erheblich einschränken, obwohl von dieser Art der Informationsdarbietung greifbare Gefahren für die Volksgesundheit nicht ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 222/06 - [...] Rn. 14). Gerade Hinweise auf die Einhaltung bestimmter Qualitätsanforderungen bei Waren oder Dienstleistungen erfolgen verbreitet in Form von Logos und Gütesiegeln. Das gilt auch für Hinweise auf Qualitätsmanagementsysteme und ihre Zertifizierung. Diese Methode der Information ist den Verbrauchern bzw. Patienten geläufig. Sie kann nicht deshalb verunsichern, weil die Ankündigung noch nicht erschöpfend über alle Details unterrichtet, sondern dafür auf eine weitere Informationsebene verweist.

 

Als schlagwortartige Information ist das Logo nicht zu beanstanden. Ihm lässt sich die Aussage entnehmen, dass die Zahnarztpraxis bestimmte, nicht näher bezeichnete Qualitätsstandards einhält und deren Einhaltung überprüfen lässt. Diese Angaben weisen darauf hin, dass die Zahnarztpraxis überhaupt eine Form der Qualitätssicherung betreibt, über deren nähere Ausgestaltung die Patienten sich bei Interesse genauer unterrichten können. Eine Herabsetzung anderer Zahnarztpraxen ist damit nicht verbunden. Vielmehr wird eine für das Publikum nützliche Information geboten, deren Inhalt nicht anpreisend oder marktschreierisch ist. Das gilt auch in Verbindung mit dem Namen des Franchise-Unternehmens. Insoweit hat das Berufungsgericht für den Senat bindend angenommen, dass die Assoziation mit einer besonders billigen oder preiswerten Leistung fernliegend ist.

 

b)

Die Beklagte und ihr folgend das Berufungsgericht haben weiter angenommen, die Werbung sei irreführend, weil die Maßnahmen, zu denen sich die Kläger verpflichtet haben, die Bezeichnung als geprüfte Qualitätsstandards objektiv nicht verdienten. Dieser Vorwurf ist unbegründet.

 

Anhaltspunkte dafür, dass die angekündigten Standards in Wirklichkeit nicht beachtet würden, bestehen nicht. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Einzelfeststellungen getroffen; allerdings hat es ausgeführt, dass das Unternehmen im Rahmen von Franchise-Verträgen mit verschiedenen Zahnärzten zusammenarbeitet, die sich dem von der Firma angebotenen Qualitätsmanagementsystem unterwerfen. An diese Feststellung, die im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, ist der Senat gebunden.

 

Die Standards, auf die die Kläger mit dem Logo verwiesen haben, konnten ohne Irreführung der Patienten als "Qualitätsstandards" bezeichnet werden. Zahnärzte sind berufsrechtlich und, sofern sie im System der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen erbringen, auch sozialrechtlich zu Maßnahmen der Qualitätssicherung verpflichtet. Es stellt deshalb für die Patienten eine nützliche Information dar, zu erfahren, in welcher Weise und in welchem Umfang ein Zahnarzt diese Verpflichtungen erfüllt.

 

Die von den Klägern beworbenen Standards sind in wesentlichen Teilen über das gesetzlich Geforderte hinausgegangen. Schon deshalb ist ihre schlagwortartige Ankündigung als Qualitätsstandards berechtigt. Das betrifft zunächst die sechsjährige Qualitätsgarantie auf Zahnersatz (statt nur zwei Jahre gemäß § 137 Abs. 4 Satz 3 SGB V), ein für die Zahnarztpraxis bindendes Schlichtungsverfahren sowie das Maß an einrichtungsinternem Qualitätsmanagement. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) sind Vertragsärzte zu einem einrichtungsinternen Qualitätsmanagement verpflichtet worden (vgl. § 135a Abs. 2 Nr. 2 SGB V in der Fassung des vg. Gesetzes). Mit der am 31. Dezember 2006 in Kraft getretenen Richtlinie über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement in der vertragszahnärztlichen Versorgung vom 17. November 2006 (BAnz 2006 Nr. 245) hat der Gemeinsame Bundesausschuss aber lediglich Mindestanforderungen aufgestellt, die von jedem Vertragszahnarzt innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie erfüllt werden sollen. Die Übernahme eines bestimmten Qualitätsmanagementsystems und eine Zertifizierung sind ausdrücklich nicht gefordert. Den Zahnärzten steht es frei, ein auf dem Markt angebotenes System einzuführen oder ein eigenes Konzept zu entwickeln. Eine Kontrolle erfolgt erst ab dem Jahr 2011 stichprobenartig durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Demgegenüber ist nach den Qualitätsstandards, denen sich die Kläger unterworfen haben, die Einführung eines bestimmten Qualitätsmanagementsystems (hier: nach ISO 9001) Grundvoraussetzung für die Teilnahme an dem Franchise-System. Außerdem müssen die Kläger sich die Einführung des Qualitätsmanagementsystems zertifizieren lassen; auch das ist nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht erforderlich. Im Bereich Fortbildung sind die Qualitätsstandards insofern über das gesetzlich Geforderte hinausgegangen, als für Vertragsärzte die Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d Abs. 1 SGB V erstmals Mitte 2009 nachzuweisen war (vgl. § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V), während die Qualitätsstandards der Kläger schon bei Erlass der Untersagungsverfügung einen jährlichen Nachweis und außerdem eine Fortbildungspflicht auch des weiteren Praxispersonals vorgesehen haben.

 

Die Behandlungs- und Untersuchungsstandards der Kläger konnten gleichfalls als Qualitätsstandards bezeichnet werden, ohne dadurch falsche Erwartungen zu wecken. Nach den Angaben des Franchise-Unternehmens, auf die die Kläger mit dem Logo verweisen, sollen den Patienten im Rahmen der Erstuntersuchung und der Prophylaxebetreuung näher bezeichnete Beratungen und Untersuchungen angeboten werden, die über die regelmäßigen Kassenleistungen hinausgehen, wobei jeder Patient eine ausführliche Beratung über den Umfang der Kassenleistungen erhält. Der Unterschied besteht also im Wesentlichen darin, dass die Kläger die Behandlung nicht an den Restriktionen des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12 SGB V) ausrichten. Die offene Darstellung dieses von den Kassenrichtlinien abweichenden Behandlungskonzepts gegenüber dem Publikum kann keine Irrtümer aufkommen lassen. Insbesondere wird nicht die Erwartung geweckt, mit den geprüften Qualitätsstandards seien die Qualitätskriterien des Vertragsarztwesens gemeint. Vielmehr wird in den Angaben des Franchise-Unternehmens, auf die mit dem Logo verwiesen wird, schon einleitend darauf hingewiesen, dass man sich gerade nicht in erster Linie an den Kassenrichtlinien orientiere.

 

Ferner lag keine Irreführung des Publikums darin, die Qualitätsstandards als "geprüft" anzukündigen. Die Ankündigung weist zutreffend darauf hin, dass die Einhaltung der Standards durch einen Dritten kontrolliert wird. Dass es sich dabei nicht um eine Kontrolle durch die Kassenärztliche Vereinigung, die Beklagte oder sonst eine öffentliche Stelle handelt, wird bereits durch den im Logo angegebenen Namen des Franchise-Unternehmens verdeutlicht, der weit davon entfernt ist, einen "amtlichen" Eindruck zu erwecken. Die Art und Weise der Kontrolle wird außerdem in den Angaben des Franchise-Unternehmens, auf die mit dem Logo verwiesen wird, eindeutig beschrieben. Sowohl die verpflichtende Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems durch eine externe Stelle als auch die vertraglich vereinbarte jährliche Kontrolle der Einhaltung der übrigen Standards durch Zahnärzte des Franchise-Unternehmens ist eine Überprüfung der Zahnarztpraxis der Kläger durch einen Dritten. Der Einwand der Beklagten, die zur Überprüfung eingesetzten Zahnärzte würden Qualitätsmängel möglicherweise nicht aufdecken, weil sie in einer Vertragsbeziehung zu dem Franchise-Unternehmen stehen, ist eine bloße Vermutung, die durch nichts belegt ist und an der Interessenlage der an dem Franchisesystem teilnehmenden Zahnärzte vorbeigeht. Die Teilnahme ist für diese mit Kosten und Aufwand verbunden, um ihre Praxis an die Qualitätsstandards heranzuführen; zudem fällt das Franchiseentgelt an. Die Zahnärzte haben daher ein erhebliches Eigeninteresse daran, dass ihren Aufwendungen ein entsprechender Gegenwert in Form eines positiven Images der "MacDent"-Praxen gegenübersteht. Das setzt voraus, dass der mit dem Logo angekündigte Qualitätsanspruch tatsächlich durchgesetzt wird und Kontrollen nicht nur pro forma stattfinden. Da die zur Überprüfung eingesetzten Zahnärzte ebenfalls Teilnehmer des Franchisesystems sind, können auch sie kein Interesse daran haben, das Markenimage, von dem ihre eigene Praxis gleichermaßen profitieren soll, durch die Hinnahme von Qualitätsmängeln zu beschädigen.

 

Der Hinweis der Beklagten auf die ihr übertragenen Aufgaben im Bereich der Qualitätssicherung führt nicht weiter. Die Heilberufskammern haben nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilberG NRW unter anderem die Aufgabe, die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern und zu betreiben - insbesondere Zertifizierungen vorzunehmen - und mit den Beteiligten abzustimmen. Daraus ergibt sich aber keine ausschließliche Kompetenz der Kammern, Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu entwickeln und ihre Einführung zu überprüfen. Ein solches Verständnis der Vorschrift kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es gegen Bundesrecht verstoßen würde. Den Ärzten ist im System der gesetzlichen Krankenkassen gerade freigestellt, wie sie bestimmte Maßnahmen zur Qualitätssicherung umsetzen. Wie erwähnt, steht es ihnen frei, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement selbst zu entwickeln oder ein auf dem Markt angebotenes System eines öffentlichen oder privaten Anbieters zu übernehmen. Soweit die Kammern eigene Systeme entwickeln, sind sie nur Anbieter neben anderen. Gleiches gilt für die Zertifizierung solcher Systeme; auch hier besteht nicht etwa ein Vorbehalt zugunsten öffentlich-rechtlicher Stellen und erst Recht kein Monopol der Heilberufskammern. Zertifizierungen von Qualitätsmanagementsystemen dürfen auch von privatrechtlich organisierten Konformitätsbewertungsstellen vergeben werden. Durch die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 (Abl EG Nr. 1 218 S. 30) und das Gesetz über die Akkreditierungsstelle vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2625) ist lediglich die - im Übrigen weiterhin freiwillige - Akkreditierung der Konformitätsbewertungsstellen zu einer hoheitlichen Aufgabe erklärt worden. Die Beklagte kann eine Werbung für bestimmte Maßnahmen zur Qualitätssicherung somit nicht allein deshalb verbieten, weil die Maßnahmen von einem privaten Anbieter entwickelt worden sind oder überprüft werden.

 

Allerdings müssen die Selbstangaben einer Zahnarztpraxis für die Beklagte überprüfbar bleiben, um ihrem berechtigten Interesse an Qualitätssicherung Rechnung zu tragen. Das Maß an Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit, das die Zahnärzte insoweit hinzunehmen haben, muss zu einem angemessenen Interessenausgleich auch für die Kammern führen und darf diese nicht übermäßig belasten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juli 2001 - 1 BvR 873/00 und 1 BvR 874/00 - NJW 2001, 2788 <2790>). Eine solche Gefahr besteht aber bei der hier in Rede stehenden Ankündigung geprüfter Qualitätsstandards nicht; sie wird auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Die mit den Qualitätsstandards versprochene Praxisführung nach einem zertifizierten Qualitätsmanagementsystem kann unproblematisch anhand des Zertifikats überprüft werden. Zur Überprüfung der übrigen Qualitätsstandards dürfte, sofern Zweifel an ihrer Einhaltung aufkommen, grundsätzlich die Vorlage einer Dokumentation der Maßnahmen ausreichen.

 

c)

Ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz, der eine Berufswidrigkeit der Werbung indizieren könnte, scheidet ebenfalls aus. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Werbung der Kläger unter den Wortlaut eines Verbotes nach diesem Gesetz fiele. Für die Werbeverbote des Heilmittelwerbegesetzes gilt nichts anderes als für die Werbeverbote der Berufsordnung. Sie schränken die Berufsfreiheit ein und sind deshalb so auszulegen, dass nur solche Werbung verboten ist, die zu einer unmittelbaren oder zumindest mittelbaren Gesundheitsgefährdung führen kann. Sachangemessene Informationen, die den Patienten nicht verunsichern, sondern ihn als mündigen Menschen befähigen, von der freien Arztwahl sinnvoll Gebrauch zu machen, werden vom Heilmittelwerbegesetz nicht erfasst (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. April 2004 - 1 BvR 2334/03 - NJW 2004, 2660 <2660 f.> [BVerfG 29.04.2004 - 1 BvR 649/04]).

 

d)

Die Untersagungsverfügung konnte schließlich nicht auf das sog. Fremdwerbungsverbot gestützt werden. Nach § 21 Abs. 5 der Berufsordnung der Beklagten ist es dem Zahnarzt untersagt, seine zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten. Die Fremdwerbung eines Arztes ist im Regelfall Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, am Gewinn orientierten Verhaltens und birgt daher die Gefahr in sich, das Vertrauen des Patienten in den Arztberuf zu untergraben und dadurch langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu haben (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - BVerfGE 85, 248 <261>; Kammerbeschluss vom 26. August 2003 - 1 BvR 1003/02 - NJW 2003, 3470 <3470 f.> [BVerfG 02.10.2003 - 1 BvR 1522/03]).

 

Dieser Schutzzweck wird durch die hier verwendete Werbung nicht berührt. Es ist offensichtlich, dass die Kläger mit der Verwendung des Logos, das den Namen des Franchise-Unternehmens trägt, nicht für jenes Unternehmen werben wollen, sondern für die eigene Praxis. Der Name steht für ein bestimmtes Qualitätssicherungskonzept, über das die Patienten informiert werden sollen. Durch die Nennung des Unternehmens wird der Urheber und Kontrolleur der Qualitätsstandards gerade offengelegt. Die Beklagte kann nicht einerseits einen unzureichenden Informationsgehalt des Logos bemängeln und andererseits die das wohlverstandene Informationsbedürfnis der Patienten befriedigende Mitteilung des hinter den Qualitätsstandards stehenden Unternehmens als unzulässige Fremdwerbung einordnen.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.


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