Verteilung kostenloser Zeitschriften ohne Bezug zur Tätigkeit durch Apotheke (hier: Rätselhefte)

 | Gericht:  Landgericht (LG) Hamburg  | Aktenzeichen: 312 O 738/08 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Berufliche Kommunikation

Urteilstext


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.


Tatbestand

Die Klägerin verlegt Zeitschriften, die im entgeltlichen Abonnement ausschließlich von Apotheken bezogen werden. Darunter ist unter anderem die monatlich erscheinende Zeitschrift „Rätsel aktuell“, die abhängig von Stückzahl und Vertragsdauer den Apotheker im Durchschnitt EUR 0,50 pro Exemplar kostet. Die Zeitschriften der Klägerin sind auf den Titelseiten mit einem Apothekenlogo versehen und sollen der Werbung der jeweiligen Apotheke bei ihren Endkunden dienen. Auf ihrer Rückseite findet sich neben dem roten „Apotheken-A“ die Aufschrift „ÜBERREICHT DURCH DIE APOTHEKE IHRES VERTRAUENS: “, unter der ein Feld für den Stempel der verteilenden Apotheke freigelassen ist. Die Zeitschrift enthält Rätsel, insbesondere Kreuzworträtsel, und aktuelle Beiträge aus der Pharmazie, Tipps zur Gesundheit, sowie andere redaktionelle Beiträge.

Die Beklagte produziert und vertreibt Arzneimittel, wie z. B. die apothekenpflichtigen aber freiverkäuflichen Präparate Präperat ..., Präperat ..., Präperat ..., Präperat ..., Präperat ... und Präperat … .
Die Beklagte gibt außerdem in unregelmäßigen Abständen ein Heft mit dem Titel „ICH WEIß ES! DAS RÄTSELHEFT FÜR GROß UND KLEIN" in einer Auflage von einer Million Exemplaren heraus. Die Beklagte übergibt diese Hefte, die neben den Rätselaufgaben Werbung für Arzneimittel der Beklagten enthalten, unentgeltlich an Apotheken zur wiederum unentgeltlichen Weitergabe an die Apothekenkunden, wobei jeweils 100 bis 500 Exemplare überreicht werden. Dies geschieht unabhängig von etwaigen Arzneimittelbestellungen bei der Beklagten.

Die beiden streitgegenständlichen Rätselhefte haben jeweils einen Umfang von 44 Seiten. Auf der Titelseite ist jeweils sichtbar entweder unten rechts oder links das Wort-/Bildlogo der Beklagten abgebildet. Im dem als Anlage TW 3 (= B1) vorgelegten Heft füllen Rätsel, wie Kreuzworträtsel und Sudokus, und deren Lösungen insgesamt 32 Seiten. Auf einer Seite finden sich ein Inhaltsverzeichnis und ein Impressum. Außerdem enthält das Heft insgesamt 3 ½ Seiten redaktionelle Beiträge zu gesundheitsbezogenen Themen, die weitgehend in Bezug zu den Produkten der Beklagten stehen. Werbung für die Arzneimittel der Beklagten findet sich auf insgesamt 6 ½ Seiten. In dem als Anlage TW 4 (= B 2) vorgelegten Heft entfallen ungefähr 30 ½ Seiten auf Rätsel und deren Lösungen. Auf fünf Seiten sind redaktionelle Beiträge abgedruckt und zwei Seiten werden durch Titelblatt, Inhaltsverzeichnis und Impressum gefüllt. Auf ca. 6 ½ Seiten wird wiederum für die Arzneimittel der Beklagten geworben.

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 02.10.2008 ab und forderte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 16.10.2008 die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verstoße mit der kostenlosen Abgabe der Rätselhefte an Apotheken gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG und handele i. S. d. §§ 3, 4 Nr. 1, Nr. 10, Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig.

Sie stehe mit der Beklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, nachdem sich die Beklagte mit dem Anbieten und Gewähren von Rätselheften an Apotheker in einen direkten Wettbewerb mit ihr begeben habe. Die unentgeltliche Abgabe der Rätselzeitschrift in hoher Auflagenstärke an Apotheker hätte dazu geführt, dass es zu Kündigungen der kostenpflichtigen Abonnements der Klägerin gekommen sei.

Die Klägerin meint, die kostenfreie Abgabe des Rätselheftes stelle ein nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG unzulässiges Gewähren einer Werbegabe zur Werbung für Arzneimittel dar, da sich der Apotheker so den Ankauf von Rätselheften zur von den Kunden erwarteten unentgeltlichen Weitergabe erspare. Es bestehe insofern die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Apotheker.

Das von der Beklagten aufgelegte Heft falle zudem nicht unter einen Ausnahmetatbestand von § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG, da es für den Empfänger nicht geringwertig sei. Auch stelle das Rätselheft keine Kundenzeitschrift nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 HWG dar, da es nach seiner Aufmachung und Ausgestaltung nicht überwiegend der Werbung von Kunden diene.

Die Klägerin vertritt im Übrigen die Auffassung, das Vorgehen der Beklagten sei auch nach § 4 Nr. 1 UWG unlauter, weil die Apotheker durch das kostenlose zur Verfügung-Stellen der Rätselhefte in ihrer Entscheidungsfreiheit unangemessen beeinflusst würden. Sie könnten sich so gegenüber ihren Kunden als großzügig darstellen und zudem eigene Aufwendungen ersparen, und dadurch in die Gefahr geraten, nur aus diesem Grund verstärkt die Arzneimittel der Beklagten zu ordern und ihren Kunden anzubieten.

Außerdem behindere sie die Beklagte durch die Preisunterbietung gezielt i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG. Die kostenlose Abgabe von Rätselheften an Apotheken beeinträchtige bei objektiver Betrachtung unmittelbar ihre wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten. Sie sei wirtschaftlich auf die entgeltliche Abnahme ihrer Kundenzeitschriften durch die Apotheker angewiesen, da sie sich nur unwesentlich über Werbeeinnahmen finanziere.

Letztlich führe die unentgeltliche Überlassung der streitgegenständlichen Hefte an die Apotheken in Deutschland auch zu einer Marktstörung bzw. allgemeinen Marktbehinderung, was nach § 3 UWG unzulässig sei.

Die Klägerin beantragt,

I.
die Beklagte zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Apothekern unentgeltlich Rätselhefte zur Weitergabe an Apothekenkunden zu gewähren und/oder Apothekern die unentgeltliche Gewährung von Rätselheften zur Weitergabe an Apothekenkunden anzukündigen und/oder anzubieten,

insbesondere, wenn dies zur Werbung für Arzneimittel geschieht, insbesondere für die Arzneimittel Präperat ..., Präperat ..., Präperat ..., Präperat ..., Präperat ..., Präperat ..., Präperat ... und/oder Präperat ..., und wenn der überwiegende Teil des Hefts Rätsel und deren Lösungen sowie redaktionelle Beiträge zu gesundheitsbezogenen Themen und nur ein vergleichsweise geringer Teil des Hefts Werbung für Arzneimittel, insbesondere für die vorgenannten Arzneimittel, enthält,

insbesondere, wenn ein Heft der vorstehenden Art in DIN-A5-Format gehalten ist und 44 Seiten umfasst, wovon zusammengenommen lediglich ca. 6 ½ Seiten auf die vorgenannte Arzneimittelwerbung entfallen,

insbesondere, wenn das Rätselheft aufgemacht und ausgestaltet ist wie die in den Antrag als Anlage A und/oder Anlage B einkopierten Ausgaben des Hefts „Ich weiß es! Das Rätselheft für Groß und Klein“

2.
der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend zu 1.1. bezeichneten Handlungen begangen hat,
und zwar unter Angabe

a)
der einzelnen Rätselheftlieferungen, aufgeschlüsselt nach Titeln und jeweiligen Ausgaben, Liefermengen, Lieferzeiten und Namen und Anschriften der Abnehmer,

b)
der einzelnen Angebote zur Lieferung der Rätselhefte, aufgeschlüsselt nach Titeln und jeweiligen Ausgaben, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c)
der Werbung für die Rätselhefte, aufgeschlüsselt nach Titeln der beworbenen Rätselhefte, nach den einzelnen Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu erstatten, der ihr durch die vorstehend zu 1.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

III.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.760,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Klageantrag sei unzulässig, weil zu unbestimmt. Die Klägerin verlange ein „verkapptes Schlechthin-Verbot“, da letztlich jede unentgeltliche Abgabe von Rätselheften, gleich welcher Art und Aufmachung durch sie verboten werden solle.

In der Sache vertritt die Beklagte die Auffassung, dass zwischen den Parteien schon kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Bei den von ihr aufgelegten Heften handele es sich allein um eine Werbe- bzw. Verkaufshilfe, die sie den Apothekern zur Verfügung stelle, damit diese ihre Produkte besser absetzen könnten.

Die rechtliche Würdigung der Klägerin gehe zudem fehl, weil diese davon ausgehe, dass die streitgegenständlichen Rätselhefte von den Apotheken zur Werbung gegenüber Endverbrauchern genützt würden. Dies sei jedoch nicht der Fall, da es sich vielmehr um Werbung für sie – die Beklagte - bzw. für ihre Produkte gegenüber Endverbrauchern handele. Die Apotheken dienten lediglich als „Boten“ dieser Werbung. Sie bitte die Apotheker, die Hefte an Endverbraucher abzugeben. Dies sei üblich, da in Apotheken regelmäßig eine Vielzahl von Werbematerialien von Arzneimittelfirmen auslägen. Zudem werde bei ihren Heften der abgebende Apotheker nicht genannt. Es sei insbesondere für diesen keine Möglichkeit vorgesehen, seinen Apothekenstempel anzubringen.

Aus der Gesamtaufmachung der Hefte und auch daraus, dass sie explizit auf dem Titelblatt des Heftes benannt sei, in dem mehrere der von ihr vertriebenen Präparate beworben würden, folge deren Werbecharakter. Durch die Angabe ihres Logos auf der Titelseite, sei der werbliche Zweck des Heftes auf der Titelseite erkennbar. Die in den Heften enthaltenen redaktionellen Beiträge bezögen sich außerdem vorwiegend auf die beworbenen Arzneimittel. Die Rätsel seien einfach gehalten, nicht anspruchsvoll und dienten lediglich als Lückenfüller zwischen den Werbungen und den Beiträgen.

Im Übrigen unterfalle ihre Werbung dem Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 5 HWG, weil ihr Heft eine Kundenzeitschrift sei. Sie vertritt zudem die Auffassung, sie könne sich auch auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG berufen.

Im Übrigen vertritt die Beklagte die Auffassung ihr Verhalten könne nicht gegen §§ 4 Nr. 1, Nr. 10 und 3 UWG verstoßen, wenn es heilmittelwerberechtlich ausdrücklich erlaubt sei. Im Übrigen werde die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch die unentgeltliche Abgabe des Heftes nicht unlauter beeinträchtigt.

Letztlich behindere sie die Klägerin weder gezielt, noch bewirke sie eine Marktstörung oder eine allgemeine Marktbehinderung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2009 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz ihrer Abmahnkosten stehen der Klägerin nicht zu.


Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte durch die unentgeltliche Abgabe der streitgegenständlichen Rätselzeitschriften an Apotheker zur unentgeltlichen Weitergabe an die Kunden der Apotheker gegen §§ 3, 4 Nr. 1, Nr. 10 oder Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 HWG verstoßen hätte.

I.
Ob der Klagantrag wie von der Beklagten gerügt nicht ausreichend bestimmt ist, kann im Ergebnis dahinstehen.

II.
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 HWG liegt nicht vor.

1.
Allerdings ist ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht bereits mangels Bestehens eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien ausgeschlossen. Zwar sind beide grundsätzlich in verschiedenen Märkten tätig. Eine unterschiedliche Branchenzugehörigkeit allein ist jedoch nicht ausschlaggebend (Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009, § 2 Rdn. 105 m.w.N.). Die Beklagte hat sich mit der Abgabe von Rätselheften an Apotheken in ein Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin gebracht, da es nicht ausgeschlossen ist, dass die Apotheken die ihnen von der Beklagten angebotene Leistung als Alternative zu den von der Klägerin vertriebenen Produkten auffassen. Beide Parteien betätigen sich damit sachlich, räumlich und zeitlich auf demselben Markt. Auf ein wiederkehrendes oder periodisches Verteilen der Hefte kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Es ist auch unerheblich, dass die Klägerin ihre Hefte gegen Entgelt anbietet, wohingegen die Beklagte ihre auch der Werbung dienenden Hefte umsonst abgibt.

2.
Auf die Maßnahme der Beklagten findet das Heilmittelwerbegesetz (HWG) grundsätzlich Anwendung. Die Abgabe der Hefte an die Apotheken erfolgt zwar ohne einen konkreten Bezug zu etwaigen Bestellungen der Apotheken. Auch lässt sich die Werbemaßnahme nicht unmittelbar bestimmten Produkten der Beklagten zuordnen. Dennoch stellt sich die Werbeaktion gegenüber den Apotheken nicht als bloße Firmen- und Imagewerbung, die nicht vom HWG erfasst würde, dar. Auch wenn die Apotheker nicht unbedingt Adressaten der in den Heften auf mehreren Seiten vorhandenen Werbeanzeigen für konkret bestimmte Arzneimittel der Beklagten sind, ist doch der Zweck der Aktion, dass bei den Apotheken die Bereitschaft gefördert werden soll, die eigenen Arzneimittel in das Sortiment aufzunehmen und bei Bestellungen vermehrt zu berücksichtigen. Eine insoweit engere Auslegung des Anwendungsbereichs des HWG wäre mit den Zielvorstellungen des Gesetzes nicht vereinbar.

3.
Bei den Heften der Beklagten handelt es sich im Verhältnis gegenüber Apothekern nicht um eine Werbegabe i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG, sondern um ein zulässiges reines Werbemittel.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG besteht im Bereich der Heilmittelwerbung ein generelles Verbot jede Art von Werbegaben anzubieten, anzukündigen, zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, soweit diese nicht unter die in der Vorschrift genannten Ausnahmetatbestände fallen.

Der Begriff Werbegabe umfasst jeden zuwendungsfähigen Vorteil, so dass alle unentgeltlich gewährten geldwerten Vergünstigungen, die als Zugabe oder sonstige Werbegabe zum Zwecke der Absatzförderung von Heilmitteln gewerblich eingesetzt werden, zu den Werbegaben im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zählen (BGH, Urt.v. 21.06.1990 - I ZR 240/88 „Fortbildungs-Kassetten“; GRUR 90, 1041 = WRP 91, 90; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2008, Az. 20 U 173/07 (Anlage B 5); Doepner, HWG, 2. Auflage 2000, § 7 Rdn. 22 jeweils m. w. N.). Die Rätselhefte der Beklagten werden hier – wie schon ausgeführt - nicht in erster Linie an den Apotheker geliefert, um dadurch unmittelbar eine Absatzförderung durch höhere Bestellungen des Abnehmers herbeizuführen. Vielmehr richten sich die in den Heften auf mehreren Seiten vorhandenen Werbeanzeigen primär an den Endkunden.

Von einer Werbegabe abzugrenzen sind dagegen reine Werbemittel, die nicht unter § 7 HWG fallen. Bei reinen Werbemitteln steht nicht die Werbung gegenüber dem Einzelhändler – hier dem Apotheker -, sondern gegenüber dem Endverbraucher im Mittelpunkt. Sie werden von Herstellern an Einzel- oder Zwischenhändler unentgeltlich abgegeben, um diesen die Werbung oder den Verkauf ihrer Produkte gegenüber Endverbrauchern oder Nächstabnehmern zu erleichtern. Sie dienen damit vorwiegend dem eigenen Interesse des Herstellers und sind so grundsätzlich keine Zuwendungen oder sonstige Werbegaben im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2008, Az. 20 U 173/07; Doepner, HWG, 2. Auflage 2000, Vor § 7 Rdn. 12, § 7 Rdn. 27 m. w. N.). Werbehilfen können allerdings auch gleichzeitig Werbegaben sein, wenn sie dem Händler einen über die Werbung gegenüber Endverbrauchern hinausgehenden Zweitnutzen bieten, der geeignet ist, den Kaufentschluss des Händlers zu beeinflussen (BGH, Urt.v. 24.03. 1972 - I ZR 130/70 „Cognac-Portionierer“; GRUR 1972, 611, 613; LG Bonn, Urteil vom 04.09.2003, Az. 14 O 53/03- Anlage TW 7 ).

Nach diesen Grundsätzen liegt hier keine unzulässige Werbegabe i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG vor, da ein ins Gewicht fallender wirtschaftlicher Vorteil für den Apotheker nicht erkennbar ist. Die abstrakte Gefahr einer Beeinflussung der Apotheker reicht für ein Verbot nicht aus.

Ein solcher Zweitnutzen soll sich nach Ansicht der Klägerin zum einen daraus ergeben, dass sich der Apotheker die zum Erwerb von - vom Endkunden erwarteten - Rätselheften notwendigen Aufwendungen erspare. Zum anderen könne sich der Apotheker gegenüber seinen Kunden durch die Weitergabe als großzügiger Schenker gerieren und so Kunden werben.

a.)
Im Hinblick auf einen Zweitnutzen wegen der Ersparnis von Aufwendungen kann offen bleiben, ob der Verkehr von Apothekern den Erwerb solcher Hefte und damit derartige Investitionen bzw. Aufwendungen überhaupt erwartet. Den Heften der Beklagten müsste gegenüber den Rätselheften der Klägerin nämlich zumindest eine substituierende Wirkung zukommen, damit ein geldwerter Vorteil in diesem Sinne angenommen werden kann. Ansonsten wäre die Aufwendung nicht erspart, sondern schlicht nicht vorgenommen worden.

Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Rätselhefte der Beklagten nicht qualitativ erheblich schlechter als die der Klägerin sind und daher grundsätzlich eine solche Ersatzfunktion erfüllen könnten. Denn die Hefte haben einen ähnlichen Umfang. Die Rätsel im Heft der Beklagten sind nicht offensichtlich leichter oder für den Kunden uninteressant. Auch die Aufmachung erscheint nicht als qualitativ geringwertiger.

Es fehlt aber zumindest deswegen an der Substitutionseigenschaft der streitgegenständlichen Hefte, weil diese nur ganz unregelmäßige erscheinen. Mangels eines periodischen Erscheinens kann sich daher kein Apotheker darauf verlassen, dass er den von der Klägerin vorgetragenen Erwartungen des Verkehrs durch die ständige Verteilmöglichkeit von Rätselheften nachkommen kann. Diese eher unsichere Bezugsmöglichkeit vermag ein Abonnement nicht gleichwertig zu ersetzen. Das gilt selbst dann, wenn ein Nachbestellen möglich wäre, da auch hier ein Bezug nicht sichergestellt wäre.

Demgemäß ist es der Klägerin auch nicht gelungen substantiiert darzulegen, dass sich aufgrund der von der Beklagten abgegebenen Hefte die Gefahr von Abonnementkündigungen gezeigt hätte. Würden die Hefte aus Sicht der Apotheker die Hefte der Klägerin gleichwertig ersetzen, müssten bei der Höhe der Auflage bereits eine Vielzahl von Abonnements gekündigt oder neuverhandelt worden sein. Dafür, dass dies in breitem Umfang geschehen ist, ist hier nichts ersichtlich. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass eine Apotheke aufgrund der kostenlosen Bezugsmöglichkeit kein Neuabonnement abschließen wollte. Hierbei handelt es sich um einen Fall, der kein bereits bestehendes Abonnementverhältnis betrifft. Der Nachweis eines einzelnen betroffenen potentiellen Leistungsverhältnisses ist zudem nicht ausreichend für die Annnahme einer generellen Substituierungswirkung. Allein daraus ergibt sich noch kein Hinweis, dass der betroffene Verkehrskreis – die Apotheker – grundsätzlich die streitgegenständlichen Hefte als gleichwertigen Ersatz für ein Abonnement bei der Klägerin ansieht und sich damit dann ein Abonnement bei der Klägerin erspart.

b.)
Auch dadurch, dass sich der Apotheker als großzügiger Schenker der Hefte gerieren kann, ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin für diesen kein Zusatznutzen. Die streitgegenständlichen Hefte stellen sich für den Kunden einzig als Werbung für die Präparate der Beklagten dar, die von der Apotheke in einer Art Botenfunktion weitergegeben werden. Sie sind für den Endkunden eindeutig als Gabe der Beklagten und nicht als Leistung des Apothekers erkennbar. Der Verbraucher fasst sie damit nicht als Werbemaßnahme des Apothekers selbst auf, so dass dieser sich keine Werbeaufwendungen erspart und keinen Nutzen hat.

So ist für die Apotheke keine Möglichkeit vorgesehen, das Heft als „eigenes Geschenk“ zu kennzeichnen. Für den Endkunden ist schon dadurch ersichtlich, dass es sich nicht um eine Werbemaßnahme der Apotheke handelt. Zudem ist auf der Titelseite jeweils gut sichtbar das Wort-/Bildlogo der Beklagten abgedruckt. Dies ist für die erste Einordnung des Hefts aus Sicht des angesprochenen Endkunden von besonderer Bedeutung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2008, Az. I – 20 U 173/07). Auch im Impressum findet sich jeweils die Beklagte als Herausgeberin wieder. Auf der Rückseite des Titelbildes befindet sich jeweils eine ganzseitige Produktwerbung. Bei jeder Produktwerbung ist im Weiteren klargestellt, dass es sich bei dem beworbenen Produkt um eines der Beklagten handelt. Die redaktionell gestalteten Beiträge stehen immer im Zusammenhang mit einem beworbenen Produkt, das darin namentlich genannt wird. Vereinzelt weisen die Lösungswörter der Rätsel einen Bezug zu den beworbenen Produkten auf. Nach dem Titelbild, der Umschlagsrückseite, dem Impressum und dem Inhalt entsteht damit der Gesamteindruck, dass es sich bei den Heften einzig um eine Werbemaßnahme der Beklagten handelt. Das Heft hat für den Apotheker selbst keine Werbewirkung, da die Hefte vom Endverbraucher wegen dieses Eindrucks nur als Leistung der Beklagten angesehen und ihm allein durch Vornahme der Verteilung nicht zugeordnet werden können.

Das wird auch aus einem Vergleich der von der Klägerin vertriebenen Rätselhefte mit den Heften der Beklagten deutlich. Diese unterscheiden sich durch die Neutralität der redaktionell gestalteten Beiträge und den fehlenden Bezug zu bestimmten Arzneimitteln. Sie zeigen auf ihrem Titelblatt das Apothekensymbol und den zusätzlichen Hinweis „Diese Ausgabe wurde von ihrer Apotheke bezahlt“. Sie enthalten keine Werbung für ein bestimmtes Arzneimittel, was den vollständig anderen Charakter der Kundenzeitschrift der Klägerin unterstreicht. Die Druckwerke beider Parteien sind hinsichtlich ihrer Werbeeigenschaften und des Werbebezugs nicht vergleichbar.

Die Klägerin verweist ohne Erfolg auf das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 16.4.2008 (9 O 1261/07). Das dort streitgegenständliche Rätselheft ist mit den Heften der Beklagten nicht vergleichbar. Zwar ist das Verhältnis von Rätseln und Produktwerbung ähnlich. Jedoch war das dortige Heft als Sonderausgabe und auf der Titelseite mit einer Preisangabe von EUR 6,20 gekennzeichnet. Gerade auf letzteres hat das Landgericht bei der Beurteilung, ob eine Werbegabe vorliegt, maßgeblich abgestellt. Soweit damit ein besonderer Wert der Hefte suggeriert wird, könnte in der Tat in der Weitergabe eine Werbung auch für den Apotheker liegen, da Kunden dies als besondere Leistung wahrnehmen könnten. Dies ist hier indes nicht der Fall, da hier der Verteilung der Hefte durch den Apotheker kein Eigenwert zukommt. Es wird hier weder erkennbar suggeriert, dass der Kunde als Empfänger etwas besonders Werthaltiges zugewendet bekomme, noch dass er als Empfänger dieser Ware aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit einer Sonderauflage oder des Preises der Ware besonders privilegiert sei. Der Verbraucher wird die Verteilung an ihn damit nicht wie in dem vor dem LG Braunschweig verhandelten Fall als Leistung des Apothekers ansehen können.

Auch soweit die Klägerin auf das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 24.01.2008 (Az. 2 HK.O 134/07) und den Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 10.12.2008 (Az. 4 U 37/08) beruft, geht dies fehl. Das dort streitgegenständliche SoDoku-Rätselheft ist mit den Heften der Beklagten ebenfalls nicht vergleichbar. Der damit werbende Arzneimittelhersteller war im dortigen Heft weder auf der Titelseite, noch im Impressum benannt und auch aus der Gesamtgestaltung nicht unbedingt zu entnehmen, so dass der Empfänger des Rätselhefts nicht von einem Werbemittel des Arzneimittelherstellers ausgehen konnte. Vielmehr sah der Verkehr durch die letztendliche Zuwendung des Heftes den Apotheker als Werbenden an. Dies ist hier ersichtlich nicht der Fall.

c.)
Soweit die Klägerin meint, die Hefte der Beklagten seien keine werbende Kundenzeitschrift, so kann die dahinter stehende Rechtsfrage offen bleiben. Die Klägerin ist dieser Meinung, da ihrer Ansicht nach die Rätsel und nicht die Werbung bei den Heften der Beklagten im Vordergrund stünden. Dies ist zum einen für die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG tatbestandlich von Bedeutung. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist die Frage jedoch nicht entscheidungserheblich, da es im Antrag allein darum geht, dass die Hefte an die Apotheken ohne Entgelt geliefert werden. Die kostenlose Auslage für die Kunden zur Mitnahme ist nicht streitgegenständlich.

4.
Auf die von den Parteien angeführten Gesichtspunkte, die sich auf gesetzlichen Ausnahmen in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG beziehen, kommt es mangels Anwendbarkeit des § 7 HWG auf die Hefte der Beklagten nicht an.

III.
Auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG ist nicht ersichtlich. Hier liegt in der unentgeltlichen Überlassung der Rätselhefte schon keine Vorteilsgewährung, die zu einer Beeinträchtigung führen könnte. Zudem erfasst § 4 Nr. 1 UWG nur vergleichsweise intensive Einwirkungen auf die Entscheidungsfreiheit (Köhler, in: Baumbach/Köhler/Hefermehl, 27. Aufl. 2009, § 4, Rdn. 1.34).

IV.
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG liegt ebenfalls nicht vor, da die Abgabe unentgeltlicher Rätselhefte keine gezielte Behinderung der Klägerin i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG darstellt. Die unentgeltliche Abgabe von Waren oder Dienstleistungen – hier Rätselhefte – ist grundsätzlich zulässig, sofern keine besonderen Umstände hinzutreten (Köhler, in: Baumbach/Köhler/ Hefermehl, 27. Aufl. 2009, § 4 Rdn. 10.187). Dass sich die Beklagte die Geschäftsidee der Klägerin zu Nutze macht und auf deren Kunden zugeht, ist nicht an sich unlauter (Köhler, in: Baumbach/Köhler/Hefermehl, 27. Aufl. 2009, § 4 Rdn. 10.24). Besondere Umstände ergeben sich auch ansonsten nicht, da die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass der Markt in der Form erhalten bleibt, den sie für den Absatz ihrer Produkte benötigt (LG Kleve, Urteil vom 5. 10. 2007, Az. 1 O 100/07 (Anlage B 3); BGH, Urt.v. 20.11. 2003 – I ZR 151/01 „20 Minuten Köln“; GRUR 2004, 602, 604f.).

V.
Ein Verstoß gegen § 3 UWG durch das Herbeiführen einer Marktstörung oder einer allgemeinen Marktbehinderung ist aus obigen Gründen ebenso fernliegend.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.


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