Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf EUR 567,32 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung einer Gebühr für eine zahnärztliche Behandlung.
Die Klägerin, selbst Ärztin, begab sich zunächst am 09.07.2014 wegen Schmerzen im Zahn Nr.26 zur Behandlung zur Beklagten.
Am  10.09.2014 begab sie sich erneut zur Beklagten und ließ den Zahn Nr. 26  wegen der andauernden Schmerzen behandeln. Vor der Behandlung  unterzeichnete sie eine Vergütungsvereinbarung, wonach die Behandlung  nach den Nr. 2400 und 2420 GOZ jeweils mit einem Faktor in Höhe von  27,5171 zu einem Gesamtbetrag in Höhe von EUR 650,00 abgerechnet werden  sollte. Diese Summe stellte die Beklagte der Klägerin mit Rechnung vom  11.09.2014 fällig. Die Klägerin beglich den Rechnungsbetrag.
Die  Klägerin trägt vor, sie habe unter starken Schmerzen gelitten und  dringend Linderung verschafft bekommen wollen. Sie habe die  Vergütungsvereinbarung noch vor Beginn der Behandlung unterzeichnet  weshalb ein erhöhter Zeit- und Materialaufwand noch nicht absehbar  gewesen sei. Der vereinbarte Faktor in Höhe von 27,5171 übersteige den  gesetzlich vorgesehenen Höchstfaktor von 3,5 um das 7,86-fache und sei  daher als wucherisch zu bezeichnen. Die Kosten für eine elektrometrische  Längenbestimmung eines Wurzelkanals nach Nr. 2400 GOZ betrage bei einem  Faktor von 3,5 für drei Wurzelkanäle insgesamt EUR 41,34. Die Kosten  für die zusätzliche Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden  nach Nr. 2420 GOZ betrage bei einem Faktor von 3,5 für drei Wurzelkanäle  insgesamt ebenfalls EUR 41,34. Die Klägerin sei im Vorfeld der  Behandlung darauf hingewiesen worden, dass eine Behandlung nur dann  erfolgen könne, wenn sie die Vergütungsvereinbarung unterzeichnen würde.  Über den erhöhten Faktor habe sie mit niemandem sprechen können.
Die Klägerin beantragt,
die  Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 567,32 zuzüglich Zinsen in  Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit  Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, 
die Klage abzuweisen.
Die  Beklagte trägt vor, die vorgenommene Behandlung habe einen erhöhten  Zeit- und Materialaufwand erfordert, es habe sich um einen  überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad gehandelt wegen  Mehrfachmessung, Querstromes und enger calzifizierter Wurzelkanäle sowie  wegen einer erschwerten Zugänglichkeit des Zahnes und der Notwendigkeit  mehrerer Spüllösungen. Bei der Behandlung sei eine Lupenbrille und ein  OP-Mikroskop zum Einsatz gekommen. Im Übrigen sei die Behandlung der  Klägerin nicht von der Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung  abhängig gemacht worden. Sie sei ja bereits am 09.07.2014 im Rahmen der  gesetzlichen Krankenversicherung behandelt worden und danach schmerzfrei  gewesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des  Zeugen ... . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das  Protokoll der Zeugenvernehmung vom 04.09.2015 Bezug genommen.
Wegen  der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend  auf den Inhalt der Verfahrensakte, insbesondere auf die Schriftsätze der  Parteien nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom  04.09.2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
1. 
Die  Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von EUR 567,32 aus § 812 Abs. 1  Satz 1 BGB. Die Beklagte hat durch Leistung der Klägerin Honorar für  eine zahnärztliche Behandlung in Höhe von EUR 650,00 erlangt. Dies  erfolgte jedoch nicht ohne Rechtsgrund. Rechtsgrund für die Zahlung der  Klägerin ist die zwischen den Parteien abgeschlossene  Vergütungsvereinbarung vom 10.09.2014.
a) Diese ist nicht nach §  138 Abs. 2 BGB nichtig. Es besteht schon kein auffälliges Missverhältnis  zwischen Leistung und Gegenleistung. Es ist der objektive Wert der  verglichenen Leistungen, also das verkehrsübliche Äquivalent, nicht aber  ein subjektives Interesse eines Vertragsteils zugrunde zu legen  (MüKoBGB/Armbrüster BGB § 138 Rn. 144, beck-online). Hierbei ist der  gesetzlich vorgesehene Faktor der GOZ für die konkrete Behandlung als  Indiz heranzuziehen. § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ sieht eine einfache bis  dreieinhalbfache Gebühr für die jeweilige Behandlung vor, wobei der  genaue Faktor gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 aufgrund des Einzelfalles unter  Berücksichtigung der Schwierigkeit der Behandlung nach billigem Ermessen  zu bestimmen ist. Nach § 2 Abs. 1 GOZ kann jedoch durch Vereinbarung  zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem eine von der GOZ abweichende  Gebührenhöhe festgelegt werden. Die Abweichung von dem gesetzlich  vorgesehenen Faktor kann daher nur als Indiz gewertet werden. Es ist im  Einzelfall zu prüfen, ob die geltend gemachte Gebühr in einem  auffälligen Missverhältnis zur konkret erfolgten Behandlung steht.
Soweit  wegen des besonderen Aufwands einer zahnärztlichen Leistungen durch den  vorgegebenen Rahmen der GOZ eine angemessene Vergütung nicht mehr  gewährleistet ist, bedarf es einer Öffnungsklausel, die im Einzelfall  ein Abweichen von der Gebührenordnung erlaubt. Ein Zahnarzt kann deshalb  eine Honorarvereinbarung oberhalb des gesetzlich vorgesehenen  Gebührenrahmens nur in Form einer vor der Leistungserbringung des  Zahnarztes getroffenen schriftlichen Individualabrede gem. §§ 2 Abs. 1,  Abs. 2 GOZ treffen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06. Februar 2006 - 3 U  26/00 -, Rn. 71, juris).
Ausweislich der amtlichen Begründung zu  der Gebührenordnung für Zahnärzte kann eine Überschreitung des  vorgegebenen Rahmens gerechtfertigt sein, wenn ein Zahnarzt seinen  Praxisbetrieb nicht auf den Grundsatz einer kostengünstigen Behandlung  ausrichtet, sondern in erster Linie darum bemüht ist, hinsichtlich der  Präzision und Qualität seiner Leistungen den jeweils besten möglichen  Standard der aktuellen zahnmedizinischen Wissenschaft zu gewährleisten.  Vor diesem Hintergrund kann auch der Vortrag der Beklagten, eine weit  überdurchschnittliche Qualifikation und Präzision der Leistung und ein  darauf abgestellter Praxisaufwand rechtfertigten keine abweichende  Honorarvereinbarung, da der Arzt bereits nach dem Behandlungsvertrag  dazu verpflichtet sei, größtmögliche Sorgfalt und Präzision zu Gewähr  leisten, nicht überzeugen. Denn die Vereinbarung eines Entgelts, welches  ausnahmslos erheblich über den Höchstsätzen der amtlichen  Gebührenordnung liegt, ist im Hinblick auf das Konzept einer qualitativ  äußerst hochwertigen zahnärztlichen Behandlung weder willkürlich, noch  verstößt sie per se gegen die berufsrechtliche Verpflichtung zu einer  angemessenen Gestaltung der Vergütung (OLG Düsseldorf, Urteil vom  02.06.2005, Aktenzeichen I-8 U 153/04).
Im vorliegenden Fall kann  nicht von einem auffälligen Missverhältnis ausgegangen werden. Die  Behandlung der Klägerin erforderte einen erhöhten Zeitaufwand. Das  ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ... . Er hatte ausgesagt, die  Behandlung seiner Ehefrau am 10.09.2014 habe zwei Stunden gedauert.  Diese Aussage stimmt mit dem Vortrag der Beklagtenseite überein, wonach  eine zweistündige Behandlung durch den Arzt Herrn Dr. ... notwendig  gewesen sei. Eine Gebühr in Höhe von EUR 650,00 für eine zweistündige  Behandlung kann kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und  Gegenleistung begründen. Zumal die Behandlung erfolgreich war, der Zeuge  ... hat ausgesagt, dass die Schmerzen der Klägerin nach der Behandlung  am 10.09.2014 besser waren.
b) Selbst unter der Annahme, es liege  ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor,  ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht aus § 138 Abs. 2 BGB.  Die Klägerin befand sich nicht in einer Zwangslage, welche die Beklagte  ausgenutzt hätte. Erforderlich ist ein auf Grund einer unmittelbar  drohenden oder gegenwärtigen erheblichen Bedrängnis bestehendes  Bedürfnis nach einer bestimmten Leistung (Palandt/Ellenberger, BGB, §  138 Rn 70). Eine sich erst künftig abzeichnende Bedrängnis reicht i. d. R  nicht; solange der Betroffene noch die Möglichkeit hat, sich die  benötigte Leistung innerhalb eines funktionierenden Wettbewerbs unter  zumutbarem Aufwand anderweitig zu angemessenen Bedingung zu verschaffen,  befindet er sich (noch) in keiner Zwangslage i. S. v. Abs 2 (BeckOK  BGB/Wendtland BGB § 138 Rn. 51, beck-online). Auch gesundheitliche  Gefährdungen sind hiervon erfasst (Palandt/Ellenberger, BGB, § 138 Rn.  70).
Die Klägerin ließ sich bereits am 09.07.2014 bei der  Beklagten am Zahn Nr. 26 behandeln. Anschließend erfolgte die zweite,  hier streitgegenständliche Behandlung am 10.09.2014. Aufgrund des langen  Zeitraums zwischen den beiden Behandlung ist eine akute  Schmerzbelastung der Klägerin, aufgrund derer sie sich in einer  Zwangslage i. S. d. § 138 Abs. 2 BGB befunden hätte unwahrscheinlich.  Nachdem sie mit der zweiten Behandlung etwa zwei Monate lang gewartet  hatte, wäre es ihr auch möglich gewesen, sich bei einem anderen Zahnarzt  behandeln zu lassen und so der Vergütungsvereinbarung mit der Beklagten  zu entgehen. Der Zeuge ... hat ausgesagt, die erste Behandlung der  Klägerin bei der Beklagten habe noch nicht dazu geführt, dass die  Klägerin schmerzfrei gewesen sie. Sie habe danach noch über einen  Zeitraum von 30 Tagen eine Behandlung mit Antibiotika vorgenommen welche  die Schmerzen schließlich gebessert hätten. Es kann daher nicht davon  ausgegangen werden, dass die Klägerin sich in der Zwangslage gesehen  hätte entweder die Vergütungsvereinbarung zu unterzeichnen oder  dauerhaft unter Zahnschmerzen zu leiden. Sie hätte erneut eine  Behandlung mit Antibiotika versuchen oder einen Termin bei einem anderen  Zahnarzt vereinbaren können. Aus der Aussage des Zeugen ... ergibt sich  ebenfalls, dass die Klägerin über den Zeitraum von 30 Tagen nach der  ersten Behandlung bei der Beklagten unter regelmäßigen Zahnschmerzen  litt und dennoch eine erneute Behandlung erst einen ganzen Monat später  durchführen ließ. Aus diesem Verhalten lässt sich entnehmen, dass die  regelmäßigen Schmerzen für die Klägerin nicht so unerträglich sein  konnten, dass sie sich zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung  gezwungen sehen musste.
Die Klägerin war auch nicht unerfahren i.  S. d. § 138 Abs. 2 BGB. Unerfahrenheit ist ein allgemeiner Mangel an  Lebens- oder Geschäftserfahrung, der insbesondere bei Jugendlichen und  Heranwachsenden, alten Menschen oder in ihrer Geistestätigkeit sehr  einfach strukturierten Personen vorliegen kann (Palandt/Ellenberger,  BGB, § 138, Rn 71). Fehlende Erfahrung lediglich auf einem bestimmten  Lebens- und Wirtschaftsgebiet (z. B. fehlende Rechtskenntnis oder  fehlende Fachkenntnis in einem sonstigen Sondergebiet) genügt grds nicht  (BeckOK BGB/Wendtland BGB § 138 Rn. 52, beck-online). Die Klägerin ist  selbst Ärztin. Es liegt daher nahe, dass sie selbst im Umgang mit  Vergütungsvereinbarungen und ärztlichen Abrechnungen erfahren ist. Im  Rahmen der Vergütungsvereinbarung vom 10.09.2014 wurde die einschlägige  Gebühr gemäß der GOZ, der anzuwendende Faktor sowie der zu zahlende  Geldbetrag der Behandlung vereinbart. Aus der Vergütungsvereinbarung  ergibt sich eindeutig welcher Faktor angewendet werden soll und in  welcher Höhe die Gebühren der Behandlung entstehen würden.
2. 
Mangels Bestehen des Hauptanspruchs kann die Klägerin auch keine Zinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen.
II.
Die  Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung  über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
