Unbrauchbarkeit eines Langzeitprovisoriums

 | Gericht:  Landgericht (LG) München I  | Aktenzeichen: 10 O 16568/13 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Gebühren


Tenor

Das Landgericht München I - 10. Zivilkammer – erlässt auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2016 folgendes Endurteil:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 8.578,44 nebst Zinsen hieraus in Höhe von Fünf- %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2011, Mahnkosten in Höhe von EUR 5,00 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 603,70 zu zahlen.

Auf die Drittwiderklage hin wird der Drittwiderbeklagte verurteilt an die Beklagte und Drittwiderklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 750,00 nebst Zinsen in Höhe von Fünf- %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 11.10.2013 sowie weitere EUR 319,99 nebst Zinsen in Höhe von Fünf-%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 11.10.2013 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 2 %, die Beklagte 93 % und der Drittwiderbeklagte 5 %, von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Beklagte 96 %, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat die Klägerin 2 % und der Drittwiderbeklagte 5 % und von den außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten hat die Beklagte 90 % zu tragen. Im Übrigen tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe Von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Dje Beklagte kann die Vollstreckung des Drittwiderbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstrecken-den Betrags leistet.

Der Streitwert für das Verfahren wird bis zum 29.09.2013 auf EUR 8.899,58 und ab dem 30.09.2013 auf EUR 16.399,58 festgesetzt.


Tatbestand

Die Parteien streiten über Honorar bzw. Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer fehlerhaften zahnmedizinischen Behandlung.

Die Beklagte befand sich vom 1.10.2010 bis zum 22.12.2010 in der zahnärztlichen Behandlung …
Sie wurde hierbei behandelt von dem Drittwiderbeklagten. Die Klägerin macht Honoraransprüche des Drittwiderbeklagten aus abgetretenem Recht geltend. Die Beklagte war mit der Abtretung einverstanden (Anlage K 4).

Die Beklagte ist gesetzlich krankenversichert und hat die private Übernahme der Gesamtkosten erklärt (Anlage K 2).

Am 23.11.2010 wurde ein Heil- und Kostenplan über EUR 5.194,53 für ein Langzeitprovisorium 17 - 26, 23 koronaler Verschiebelappen, Wurzelbehandlung bei 47, 44, 35 erstellt (Anlage K 3) sowie eine Vereinbarung einer Privatbehandlung zusätzlich zum Heil- und Kostenplan vom 23.11.2010 über EUR 151,88 (geschätzt) geschlossen. Am 25.11.2010 wurde ein Heil- und Kostenplan für den Unterkiefer über EUR 5853,43 erstellt (Bl. 90 d. Akte). Beide Heil- und Kostenpläne wurden von der Beklagten unterzeichnet (Bl. 90 d. Akte). Sie wusste, dass die Behandlung ca. EUR 10.000,00 kostet.

Am 6.12.2010 wurde unter Narkose eine Präparation aller Zähne im Oberkiefer, eine Präparation der Zähne 36, 35, 34, 44, 45, und 47 im Unterkiefer, Kunststoffprovisorien in Ober- und Unterkiefer, Koronaler Verschiebelappen an 23, Wurzelbehandlung und Stiftsetzung 35, Revision der Wurzelfüllung an 47, Wurzelfüllungen mit Wurzelspitzenresektion an 44 durchgeführt (Bl. 124 d. Akte).

Am 8.12. und 13.12.2010 fanden Nachkontrollen statt. Es wurde festgestellt, dass die Beklagte weiterhin rauchte. Am 16.12.2010 fand ebenfalls eine Nachkontrolle statt, bei der Fäden entfernt wurden und die Operationswunde offen war und eine Drainage mit Streifen gelegt wurde. Erst am 17.12.2010 gab die Beklagte an, überall Entzündungen zu haben, an denen der Drittwiderbeklagte schuld sei. Am 20.12.2010 hat die Beklagte erklärt, doch keine Kronen im Unterkiefer links mehr haben zu wollen, sondern ein Langzeitprovisorium.

Am 22.12.2010 sollte das Langzeitprovisorium im Oberkiefer eingesetzt werden. Die Beklagte verließ vor Abschluss der Behandlung die Praxis und nahm das Kurzzeitprovisorium, welches für den Zeitraum vom 06.12.2010 bis zum 22.12.2010 geplant war (Bl. 62 d. Akte), mit. Sie sagte, es reiche ihr. Nach dem 22.12.2010 hat sie sich nicht mehr beim Drittwiderbeklagten gemeldet (Bl. 91 d. Akte).

Am 28.12.2010 übersandte der Drittwiderbeklagte die Kronen- und Brückenversorgung per Post an die Beklagte.

Die Leistungen wurden mit einem Eigenanteil von EUR 8.899,58 abgerechnet. Hierbei wurde der Faktor 1,75 anstatt 3,0 verwendet.

Die Klägerin machte die Forderung mit Mahnungen vom 28.3.2011 sowie 11.4.2011 gegenüber der Beklagten geltend. Mit Schreiben vom 26.4.2011 forderte der Klägervertreter die Beklagte nochmals zur Zahlung auf. Zahlung erfolgte nicht.

Für die außergerichtliche Tätigkeit des Klägervertreters sind der Klägerin Kosten in Höhe von 603,70 € entstanden (1,3 Geschäftsgebühr aus 8.899,58 €, Auslagenpauschale, Umsatzsteuer).

Die Beklagte zahlte für ein Beweissicherungsgutachten an … Die Beklagte beauftragte den Beklagtenvertreter mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Schmerzensgeldanspruchs.

Die Klägerin behauptet, dass sie mit mit Forderungskauf vom 25.2.2011 die Honorarforderung vom Drittwiderbeklagten erworben habe (Anlage K 6).

Die Klägerin behauptet, dass die Leistungen lege artis erbracht wurden (Bl. 50 d. Akte). Die Beklagte habe eine Extraktion der Zähne 14 und 17 sowie ein herausnehmbares Provisorium abgelehnt. Außer an den Zähnen 14 und 17 seien die Taschentiefen nicht zu beanstanden gewesen. Es habe eine chronische Zahnfleischentzündung aufgrund starker Beläge vorgelegen. Die Gingiva sei leicht gerötet, aber nicht massiv entzündet gewesen. Der Grund sei in der alten provisorischen Versorgung und teilweise deutlich überstehenden Kronenrändern zu sehen (Blatt 54 der Akte).

Die Klagepartei führt weiter aus, dass der Drittwiderbeklagte von Anfang an angegeben habe, dass eine definitive Versorgung erst nach Abschluss der Vorbehandlungen möglich sei. Deshalb könne im Oberkiefer nur ein Langzeitprovisorium und im Unterkiefer ein Kurzzeitprovisorium erfolgen. Eine definitive Versorgung der Zähne 44 und 47 sei erst nach ca. 3 Monaten möglich (Bl. 57 d. Akte).

Das Langzeitprovisorium habe der Beklagten am 22.12.2010 eingesetzt werden können, wenn dies die Beklagte nicht verhindert hätte.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 8.899,58 nebst Zinsen in Höhe von Fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.3.2011, Mahnkosten in Höhe von EUR 19,00 vorgerichtliche Kosten in Höhe von EUR 603,70 zu zahlen sowie Auskunftskosten in Höhe von EUR 10,00.

Die Beklagte beantragt zuletzt:

Klageabweisung

Der Drittwiderbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Drittwiderklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 7.500,00 nebst Zinsen in Höhe von Fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Drittwiderbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Drittwiderklägerin weitere EUR 1523,32 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Drittwiderbeklagte beantragt zuletzt: Abweisung der Drittwiderklage.

Die Beklagte trägt vor, dass die Leistungen insgesamt unbrauchbar seien und die Behandlung grob fehlerhaft durchgeführt worden sei. Die Wurzelbehandlung bei 44 sei ungenügend, eine Wurzelfüllung sei nicht vollständig erfolgt. Der Zahn 44 habe deshalb keinen ausreichenden Halt und eine nochmalige Wurzelspitzenresektion durch den NachbehandlerflHHIHHPsei erforderlich gewesen sowie schließlich eine Extraktion. Die irreversible Schädigung sowie der Verlust des Zahnes 44 habe der Drittwiderbeklagte verschuldet (Bl. 29 d. Akte).

Der Eingriff des koronalen Verschiebelappens habe nicht durchgeführt werden dürfen.

Die provisorisch gefertigte Krone auf 44 sei passungenau, parodontal schädlich und stelle eine unbrauchbare Leistung dar.

Bei 17 sei eine unvollständige Wurzelbehandlung erfolgt. Bei 48 seien 2 abgebrochenen Wurzelspitzen verblieben. Bei 47 sei die Wurzelfüllung unvollständig. Bei 46 sei die Wurzelspitze durch eine ungenügende Behandlung abgebrochen. Die Okklusion und Artikulation sei wegen Kunststof- fabrasivität nicht ausgeglichen und ebenfalls behandlungsfehlerhaft. Die Beklagte habe eine Parodontitis-Cronica gehabt. Das Zahnfleisch sei entzündet gewesen, die Zahnfleischtaschen zum Teil über 3,5 mm tief (Bl. 31 d. Akte). Der Drittwiderbeklagte habe eine Parodontalbehandlung durchführen müssen, bevor eine Versorgung mit einem Langzeitprovisorium erfolgen hätte können.

Der Drittwiderbeklagte habe am 22.12.2010 die Interimskrone und Interimsbrücke als Langzeitprovisorium eingliedern wollen. Dies sei gescheitert, da das Provisorium nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei und nicht gepasst habe. Die Beklagte habe ohne provisorischen Schutz der präparierten, teils vitalen Zähnen die Praxis verlassen müssen.
Die Behandlung habe der Drittwiderbeklagte abgebrochen (Bl. 35 der Akte).

Die Rechnung sei nicht ordnungsgemäß erstellt und die Bestimmungen der GOZ seien nicht eingehalten; zudem würden Doppelabrechnungen vorliegen. Die im Kostenplan vom 23.11.2010 als voraussichtlich genannte Gesamtkosten seien erheblich überschritten worden, ohne dass die Beklagte hierauf aufmerksam gemacht worden wäre.

Die Beklagte behauptet, es habe eine Kostensteigerung vorgelegen.

Die Beklagte habe unter erheblichen Schmerzen im Kopf- und Kieferbereich gelitten. Am 23.12.2010 habe eine Notfallversorgung bei … stattgefunden - Anfang Januar 2011 sei erneut eine Wurzelspitzenresektion bei 44 durch durchgeführt worden.

Der Zahn 44 sei am 25.02.2011 extrahiert worden. Für die weitere Versorgung des Ober- und Unterkiefers mit einer Zirkonrundbrücke habe sie EUR 4.345,00 aufwenden müssen (Bl. 35 d. Akte). Erst hierdurch sei der Schmerzzustand beseitigt worden.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Drittwiderbeklagte habe sie darauf hinweisen müssen, dass eine Kostensteigerung vorliege (Bl. 28 der Akte).

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 14.11.2014 (Bl. 95/99 d. Akte) und 4. 8. 2015 (Bl. 145 d. Akte) durch Hinzuziehung eines Sachverständigen.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Erstgutachten des Sachverständigen … vom 08.06.2015 (Bl. 119/130 d. Akte), das Ergänzungsgutachten yom 10.9.2015 (Bl. 152/157 d. Akte) sowie, auch zur Ergänzung des Tatbestandes, auf das Protokoll der Sitzung vom 05.04.2016 (Bl. 167/172 d. Akte), in welcher der Sachverständige mündlich angehört worden ist.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird weiter Bezug genommen auf die Protokolle der Sitzung vom 28.01.2014 (Bl. 67/70 d.A.) und vom 21.10.2014 (Bl. 89/91 d. A.).

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Vorbereitung der Entscheidung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe

A)
Auf die zulässige und teilweise begründete Klage war die Beklagte wie ausgesprochen zu verurteilen. Auf die zulässige und ebenfalls teilweise begründete Widerklage war der Drittwiderbeklagte wie ausgesprochen zu verurteilen.

Im Übrigen waren Klage und Widerklage als unbegründet abzuweisen.

I.
Die Klage ist in dem zuerkannten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Der Klägerin steht lediglich ein Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 8.578,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2011 aus abgetretenem Recht in Verbindung mit dem Zahnarztvertrag nebst Nebenforderungen zu. Ein darüber hinausgehender Anspruch besteht nicht.

1.
Die Klägerin hatte im Wege der Abtretung vom Drittwiderbeklagten ein Vergütungsanspruch gegen die Beklagte in der tenorierten Höhe erhalten. Dem Drittwiderbeklagten stand zum Zeitpunkt der Abtretung der Vergütungsanspruch in Höhe der tenorierten Forderung zu. Die Abtretung ist wirksam, insbesondere hat die Beklagte zur beabsichtigten Abtretung ihr Einverständnis erklärt (Anlage K 4) und im Abtretungsvertrag ist die streitgegenständliche Forderung hinreichend bestimmt (Anlage K 6). Der Abschluss des Forderungskaufvertrages ergibt sich zur Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) aus der vorgelegten Anlage K6 samt Zahlungsaufstellung vom 25.02.2011.

Die Beklagte war verpflichtet, an den Drittwiderbeklagten zum Zeitpunkt der Abtretung eine Vergütung aufgrund der im Rahmen des zahnärztlichen Behandlungsvertrags erbrachten Leistungen in Höhe von EUR 8.578,44 zu bezahlen. Soweit darüber hinaus ein Betrag von EUR 321,14 für die endodontische Versorgung des Zahnes 44 einschließlich der langzeitprovisorischen Krone geltend gemacht worden ist, bestand hingegen kein Vergütungsanspruch, da die Wurzelspitzenresektion an 44 behandlungsfehlerhaft, die Maßnahme ungeeignet war und die Wurzelbehandlung an 44 ungenügend erfolgte. Im Übrigen erfolgte die Behandlung entweder bereits nicht fehlerhaft oder jedenfalls waren die Leistungen nicht wertlos.

a)
In der tenorierten Höhe ist der Vergütungsanspruch nicht entfallen, da die Leistungen des Drittwiderbeklagten weder nicht indiziert noch gänzlich wertlos, unbrauchbar oder nutzlos gewesen sind.

aa)
Der Drittwiderbeklagte hat aufgrund der von ihm erbrachten Leistungen gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 22.02.2011 ein Betrag von EUR 8.899,58 für seine Behandlung vom 10.11.2010 bis 22.12.2010 in Rechnung gestellt (Anlage K 1).

Der Drittwiderbeklagte hat unstreitig die darin genannten Leistungen erbracht.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass entgegen der Behauptung der Beklagten, die Abrechnung nicht zu beanstanden ist.

Der Sachverständige … hat in seinem Gutachten hierzu ausgeführt, dass eine in Rechnungstellung der Arbeit auch möglich ist, wenn die Arbeit nicht eingegliedert worden ist. Die Gebührenordnung für Zahnärzte sieht für diesen Fall eine teilweise Berechnung vor. Endet die Behandlung mit der Präparation wird die halbe Gebühr fällig; kommen weitere Maßnahmen hinzu (z. B. Einproben) können dreiviertel der Gebühren berechnet werden. Hinzu kommen die Laborkosten. Vorliegend hat der Drittwiderbeklagte die Gebühr für die Kronen mit dem Faktor 1,75 berechnet, statt - wie im Heil- und Kostenplan vereinbart - mit dem Faktor 3,0. Dies ist nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht zu beanstanden (Bl. 129 d. Akte). Der Drittwiderbeklagten hat Einproben unstreitig vorgenommen.

Darüber hinaus weisen nach den Angaben des Sachverständigen die Eigenlaborrechnungen auch keine Fehler auf. Doppelberechnungen - wie von der Beklagten eingewandt - waren nicht vorhanden (Bl. 130 d. Akte).

bb)
Ferner ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass eine für die Beklagte nicht erkennbare Kostensteigerung nicht vorgelegen habe, sondern die Beklagte mit Kosten in Höhe des Rechnungsbetrags rechnete. Zum einen umfasste der Heil- und Kostenplan vom 23.11.2010 nur einen Teil der abgerechneten Leistungen. Daneben gab es einen weiteren Heil- und Kostenplan vom 25.11.2010 über EUR 5.853,00 die Versorgung im Unterkiefer betreffend (Bl. 68 d. Akte). Beide Heil- und Kostenpläne, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2014 eingesehen wurden, wurden von der Beklagten nach eigenen Angaben unterzeichnet (Bl. 90 d. Akte). Zum anderen gab die Beklagte am 21.10.2014 an, dass ihr bekannt gewesen sei, dass die Behandlung ca. EUR 10.000,00 kosten werde (Bl. 91 d. Akte).

Rechtlich ist in der Einlassung der Beklagten ein Geständnis im Sinne von § 289 Abs. 2 i. V. m. § 288 Abs. 1 ZPO zu sehen. Einer weiteren Beweisaufnahme bedurfte es hierzu nicht mehr. Eine Kostensteigerung ist nicht ersichtlich.

cc)
Der Vergütungsanspruch ist jedoch in Höhe von EUR 321,14 entfallen. Der Betrag vonEUR 321,14 entfällt in der oben genannten Rechnung (Anlage K 1) auf die Wurzelfüllung an 44 einschließlich der langzeitprovisorischen Krone. Diese war unvollständig und daher für die Beklagte wertlos.
Beim zahnärztlichen Behandlungsvertrag, der dem Dienstvertragsrecht unterliegt (siehe auch LG München I, Beschluss vom 30.10.2015, Aktenzeichen 10 S 4743/15 m. w. N.), entfällt der Vergütungsanspruch des Behandlers bzw. besteht nach erfolgter Leistung der Vergütung ein auf deren Rückgewähr gerichteter Schadensersatzanspruch, bei nicht indizierten oder gänzlich wertlosen, unbrauchbaren oder nutzlosen Behandlungen (BGH, Urteil vom 29.03.2011, Aktenzeichen VI ZR 133/10; OLG München, Beschluss vom 01.02.2006, Aktenzeichen 1 U 4756/05; OLG München, Urteil vom 17.03.2011, Aktenzeichen 1 U 5245/10; OLG Köln, Urteil vom 17.02.2014, Aktenzeichen 5 U 102/13; OLG Hamm, Urteil vom 05.09.2014, Aktenzeichen 26 U 21/13; KG Berlin, Beschluss vom 01.07.2010, Aktenzeichen 20 W 23/10; OLG Köln, Urteil vom 27.02.2002, Aktenzeichen 5 U 151/01; OLG Köln, Beschluss vom 19.10.2015, Aktenzeichen 5 U 44/15; OLG München, Urteil vom 14.10.2015, Aktenzeichen 3 U 596/14).

Der Sachverständige ... hat hierzu in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Wurzelfüllung unvollständig und daher für die Beklagte wertlos war. Es wurde lediglich ein Kanal von drei Kanälen abgefüllt (Bl. 128 d. Akte). Im Rahmen seiner Anhörung zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens gab der Sachverständige weiter an, dass auf dem vom Drittwiderbeklagten prä- und postoperativ gefertigten OPGs je 2 Wurzeln bei dem Zahn 44 erkennbar waren. Verfüllt wurde lediglich eine Wurzel. Hätte der Drittwiderbeklagte alle Kanäle des Zahnes 44 verfüllt, wäre die Prognose für den Erhalt des Zahnes besser gewesen (Bl. 169 d. Akte). Die unvollständige Verfüllung der Wurzelkanäle des Zahnes 44 sei auf jeden Fall mitursächlich für den späteren Verlust.

Der Sachverständige führte weiter aus, dass der Drittwiderbeklagte für die endodontische Versorgung des Zahnes 44 einschließlich der langzeitprovisorischen Krone ein Betrag von EUR 321,14 gegenüber der Beklagten in Rechnung gestellt hat (Bl. 128 und 169 d. Akte). Um diesen Betrag ist die Rechnung daher zu kürzen.

b)
Eine darüber hinausgehende Reduktion der Honorarforderung hat hingegen nicht zu erfolgen.

aa)
Im Hinblick auf die vom Sachverständigen bezifferten Mehrkosten in Höhe von EUR 1.950 für das Langzeitprovisorium von 45 auf 47, ist gleichwohl eine Reduktion der Rechnung nicht angezeigt. Zwar hat der Sachverständige in seinem Erstgutachten hierzu ausgeführt, dass aufgrund des Verlustes des Zahnes 44 das Langzeitprovisorium von 45 auf 47 wertlos sei, da zum Ersatz des Zahnes 44 ein Langzeitprovisorium von 43 über 45 auf 47 herzustellen ist.

In seiner Anhörung gab der Sachverständige jedoch an, dass bis zum Verlust des Zahnes 44 das Langszeitprovisorium seinen Zweck hätte erfüllen können und daher brauchbar war (Bl. 169 d. Akte). Insoweit liegt keine von Anfang an unbrauchbare Leistung des Drittwiderbeklagten vor, sodass der Honoraranspruch insoweit nicht entfällt.

Jedenfalls kann ein Abzug nicht erfolgen, da Mehrkosten erst dann berücksichtigt werden können, wenn die Behandlung durchgeführt und die Kosten tatsächlich entstanden sind. Das Schadensersatzrecht bei Personenschäden kennt jedoch in der Regel weder einen Vorschuss für Mängelbeseitigungsmaßnahmen noch eine fiktive Abrechnung auf Basis eines Kostenvoranschlags. Die Kosten einer wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers notwendigen Nachbehandlung stellen nur dann bereits einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar, wenn der Patient diese Nachbehandlung schon hat durchführen lassen. Vorder Durchführung der Nachbehandlung sind Kosten noch nicht zu erstatten.

Die Berücksichtigung fiktiver Behandlungskosten oder eine Vorschussleistung ist daher nicht möglich (OLG München, Beschluss vom 01.02.2006, Aktenzeichen 1 U 4756/05), denn wenn man dem Verletzten die fiktiven Kosten einer nicht durchgeführten Heilbehandlung zuerkennen wollte, so würde dies zu einer Umgehung des § 253 BGB führen. Der Geschädigte könnte ein ihm zustehendes Schmerzensgeld in einer im Gesetz nicht vorgesehenen Weise sonst aufbessern. Daher gilt bei Personenschäden grundsätzlich keine Dispositionsfreiheit des Geschädigten bzgl. der Verwendung der Nachbehandlungskosten (BGH NJW 1986,1538 f.).

bb)
Eine fehlerhafte zahnmedizinische Behandlung seitens des Drittwiderbeklagten hinsichtlich des Zahnes 17 liegt nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht vor, da die Wurzelbehandlung nicht durch den Drittwiderbeklagten durchgeführt worden ist und eine weitere Behandlung durch den Drittwiderbeklagten nicht zielführend gewesen wäre. Der Sachverständige führt in seinem Gutachten hierzu aus, dass der Zahn 17 mangelhaft wurzelbehandelt und parodontal geschädigt ist. Eine Wurzelkanalrevision wäre jedoch nicht mehr zielführend gewesen aufgrund der parodontalen Schädigungen. Es war daher vertretbar, den Zahn 17 vorerst in diesem Zustand zu belassen (Bl. 170 d. Akte). Der Zahn war nicht mehr erhaltungswürdig (Bl. 127 d. Akte). Der Zahn 17 konnte als langzeitprovisorischer Stützpfeiler erhalten bleiben (Bl. 155 d. Akte).

cc)
Die Wurzelfüllung bei 47 war laut dem seitens des Gerichts bestellten Sachverständigen zwar unvollständig und weitere Maßnahmen wären angezeigt gewesen (Bl. 127 d. Akte). Ein Behandlungsfehler seitens des Drittwiderbeklagten ist hierin nach seinen Angaben nicht zu sehen. Die Wurzelfüllung 47 war bereits durch einen Vorbehandler unvollständig vorhanden. Der Drittwiderbeklagte hat eine Revision versucht, welche ohne Erfolg war. Es gelang dem Drittwiderbeklagten nicht, den Wurzelkanal vollständig zu verfüllen. Dies ist aber nicht behandlungsfehlerhaft, weil ein vollständiges Verfüllen anatomisch nicht immer möglich ist. Vorliegend war es mit hoher Wahrscheinlichkeit anatomisch nicht möglich, dass Wurzelkanalsystem des Zahnes 47 orthograd zu verfüllen (Bl. 169 d. Akte).
Ein Behandlungsfehler ist daher nicht nachgewiesen.

dd)
Der Sachverständige … hat des Weiteren einen Behandlungsfehler hinsichtlich der abgebrochenen Wurzelspitzen in regio 46 verneint. Die Wurzelspitzen waren bereits bei Beginn der streitgegenständlichen Behandlungen situ (Bl. 127 d. Akte).

Ein Behandlungsfehler ist daher nicht nachgewiesen.

ee)
Auch hat er einen Behandlungsfehler hinsichtlich der 2 abgebrochenen Wurzelspitzen in regio 48 verneint. Nach seinen Feststellungen waren die Wurzelspitzen bereits bei Beginn der streitgegenständlichen Behandlung im Knochen (Bl. 127 d. Akte).

Ein Behandlungsfehler ist daher nicht nachgewiesen.

ff)
Der Nachweis, dass der Eingriff des koronalen Verschiebelappens fehlerhaft war, konnte nicht geführt werden. Laut den Ausführungen des Sachverständigen wurde der Eingriff am Zahn 23 (nicht 44) durchgeführt und die Maßnahme ist nicht zu beanstanden. Eine Schädigung des Zahnes 23 konnte durch den Sachverständigen nicht festgestellt werden; auch nicht, dass die Ausführung fehlerhaft gewesen sei. Die vorhandenen Röntgenaufnahmen seien zur Beurteilung nicht geeignet, da die Schleimhaut nicht sichtbar ist. Auch die Zähne 24 und 25 können nicht geschädigt worden seien, da diese fehlen.

gg)
Soweit die Beklagte dem Drittwiderbeklagten vorwirft, er hätte zunächst eine parodöntale Behandlung durchführen müssen, dringt die Beklagte ebenfalls damit nicht durch. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass der parodontale Zustand mit Ausnahme der Zähne 17 und 14 altersgerecht gewesen ist. Im Übrigen sei dies auch eine Indikation für ein Langzeitprovisorium.

hh)
Auch im Hinblick auf eine leichte Stiftdislokation bei 35 ist ein Behandlungsfehler nicht erkennbar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist eine leichte Stiftdislokation ohne klinische Relevanz (Bl. 127 d. Akte).

ii)
Ferner hat der Drittwiderbeklagte wegen Kunststoff-Abrasivität auch keine fehlerhafte Okklusion oder Artikulation geschaffen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen entspricht die technische Anfertigung des Langzeitprovisoriums mit Kauflächen aus Kunststoff den Regeln der Kunst. Ein Behandlungsfehler liegt nicht vor (Bl. 128 d. Akte).

jj)
Die von der Beklagten behaupteten Allergien begründen keine Unbrauchbarkeit der Leistungen des Drittwiderbeklagten, da nach den Erläuterungen des Sachverständigen vorliegend keine Materialien verwendet wurden, gegen die die Beklagte allergisch ist. Es sei daher mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das verwendete Material, so es denn bei der Beklagten eingegliedert worden wäre, bei dieser keine allergische Reaktionen ausgelöst hätte (Bl. 156 d. Akte). Eine Unbrauchbarkeit kann daher insoweit nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden.

kk)
Einen groben Behandlungsfehler, also nicht nur einen eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse, sondern auch die Feststellung, dass ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf, hat der Sachverständige nicht gesehen (Bl. 129 d. Akte). Zugunsten der Beklagten greift daher auch keine Änderung der Beweislast.

II.
Letztlich ist aufgrund der mündlichen Verhandlung die Kammer zur Überzeugung gelangt, dass nicht der Drittwiderbeklagte, sondern die Beklagte die Behandlung am 22.12.2010 abgebrochen hat.

Die Beklagte hat nach eigenen Angaben die Praxis mit den Worten „Jetzt reicht es" verlassen und dabei das Kurzzeitprovisorium mitgenommen. Hierin ist konkludent eine Kündigung des Dienstvertrages, welche jederzeit - auch ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes - erfolgen kann, zu sehen. Einen weiteren Termin machte sie nach eigenen Angaben beim Drittwiderbeklagten nicht mehr aus. Sie begab sich am nächsten Tag, mithin am 23.12.2010 (einem Donnerstag), zu… und Anfang Januar 2014 zu dem Nachbehandler …

Die Übersendung der Kronen- und Brückversorgung per Post durch den Drittwiderbeklagten ist daher nicht mehr als Kündigung des Drittwiderbeklagten zu sehen, da das Vertragsverhältnis bereits durch die Beklagte beendet worden ist.

Soweit die Beklagte angibt, dass der Drittwiderbeklagte die Behandlung abgebrochen habe, bedurfte es einer Einvernahme der Zeugen … und … sowie des Ehemannes der Beklagten nicht mehr. Insoweit verkennt die Beklagte, dass eine Beweisaufnahme über Tatsachen, die in offenkundigen Widerspruch zu den Darstellungen einer Prozesspartei liegen, nicht geboten ist. Rechtlich ist in der Einlassung der Beklagten ein Geständnis im Sinne von § 289 Abs. 2 i. V. m. § 288 Abs. 1 ZPO zu sehen.

c)
Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen …

An der Kompetenz und'Sachkunde des Sachverständigen, eines niedergelassenen Zahnarztes, der regelmäßig forensisch tätig ist, hat das Gericht keine Zweifel.

Der Sachverständige hat unter Auswertung aller Unterlagen, insbesondere der Patientenakte, der Röntgenbilder sowie nach eigener Untersuchung der Beklagten seine schriftlichen Gutachten er-stellt. Dabei hat er anschaulich, nachvollziehbar und sachlich begründet den Behandlungsverlauf, die zur beurteilende Situation, die zahnmedizinischen Maßstäbe und die zu ziehenden Schlussfolgerungen dargestellt. Seine Gutachten hat er in der mündlichen Anhörung unter eingehender Stellungnahme zu den vom Gericht und den Parteien aufgeworfenen Fragen erläutert. Den widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, in denen er auf alle aufgeworfenen Fragen eingegangen ist, kann das Gericht ohne weiteren Aufklärungsbedarf folgen und sich dem Ergebnis seines Gutachtens daher anschließen.

2)
Der Anspruch über die Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Die Beklagte hat die ausstehende Forderung am 28.03.2011 angemahnt. Zugang der Mahnung erfolgte daher am 29.03.2011. Die Beklagte befand sich somit seit dem 30.03.2011 in Verzug. Die Höhe der Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

3)
Der Anspruch auf Zahlung von Mahngebühren für Mahnungen während des Verzuges sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.

Die Rechtsanwaltskosten berechnen sich vorliegend aus einem Gegenstandswert von 8.578,44. Diese betragen insgesamt EUR 603,70; berechnet aus einer 1,3 Gebühr in Höhe von EUR 583,70 sowie der Auslagenpauschale in Höhe von EUR 20,00. Die Kosten für eine Mahnung schätzt das Gericht auf EUR 5,00 (§ 287 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, wodurch für eine Mahnung Kosten von über EUR 5,00 entstanden sind. Kosten für eine erst verzugsbegründende Mahnung sind mangels Verzug nicht zu ersetzen.

4)
Soweit darüber hinaus Auskunftskosten in Höhe von EUR 10,,00 begehrt werden, war die Klage ab-zuweisen. Wann und wofür die Auskunftskosten angefallen sind, wurde ebensowenig dargelegt, wie warum diese erforderlich und angemessen waren.

II.
Die Beklagte hat einen Anspruch auf Ersatz des ihr durch die fehlerhafte Behandlung entstandenen Schadens gem. §§ 611, 280 Abs. 1; 823 Abs. 1, 831, 249 Abs. 2, 253 BGB in Höhe von EUR 750,00 für den immateriellen Schaden sowie in Höhe von EUR 319,99 für Erstattung von Gutachtenkosten und anteilige Rechtsanwaltsgebühren. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.

1)
Die Beklagte kann vom Drittwiderbeklagten die Zahlung von EUR 750,00 für den ihr entstandenen immateriellen Schaden verfangen.

a)
Die zahnmedizinische Behandlung des Drittwiderbeklagten führte nach der Überzeugung des
Gerichts zu einem Verlust des Zahnes 44 sowie zu einer erneuten Resektion und Wundheilungsstörungen. Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt, dass die Schmerzen, die mit der Wundheilungsstörung bei 44 einhergingen, nachvollziehbar sind. Abhilfe sei erst durch die Nachbehandlung des …am 14.01.2011 geschaffen worden.
Laut den Ausführungen des Sachverständigen war es sehr wahrscheinlich, dass die Wundheilungsstörung auch durch die mangelhafte Mundhygiene und den Nikotinabusus der Beklagten mitverursacht worden ist (Bl. 154 d. Akte). Es trifft mit hoher Wahrscheinlichkeit zu, dass die Wund-heilungsstörung und damit die Schmerzen durch das nichtangepasste Verhalten der Beklagten verstärkt wurden (Bl. 155 d. Akte).

b)
Unter umfassender Berücksichtigung der vorgenannten Gesamtumstände erscheint dem Gericht ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 750 Euro angemessen, aber auch ausreichend.

Das Gericht hat hierbei insbesondere berücksichtigt, dass die unvollständige Verfüllung der Wurzeln zu einem Verlust des Zahnes 44 beigetragen hat und die Beklagte darüber hinaus Schmerzen für eine Nachresektion und Wundheilungsstörungen erlitt.

c)
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

2.
Darüber hinaus kann die Beklagte Ersatz von Gutachtenkosten sowie anteilig Rechtsanwaltsgebühren verlangen.

a)
Die Kosten eines zahnärztlichen Privatgutachtens können nach den §§ 280, 249 BGB geltend gemacht werden, wenn sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Palandt/Heinrichs, 74. Aufl., § 249 BGB Rn. 58 m. w. N.). Der Patient ist nicht zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach den §§ 485 ff ZPO gezwungen. Er darf zudem nicht auf das prozessuale Kost^nerstattungsverfahren verwiesen werden.

Ein Ersatz der Gutachtenkosten für das vorgerichtliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen … Anlage B3) kommt hier nur anteilig in Betracht, da die Versorgung des Drittwiderbeklagten nicht sämtliche behaupteten Mängel aufwies (vgl. hierzu auch OLG München, Beschluss vom 01.02.2006 - 1 U 4756/05). Soweit die behaupteten Mängel nicht im Rahmen der Hauptverhandlung bestätigt wurden, war die Erholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich.

Das Gericht erachtet vorliegend ein Betrag von 20 % der Gutachtenkosten von insgesamt EUR 862,16, mithin von EUR 172,43 für erstattbar.

Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte zwar grundsätzlich berechtigt war, ein Sachverständigengutachten einzuholen, da ein Behandlungsfehler vorlag. Eine Vielzahl von Behandlungsfehlern konnte jedoch seitens des gerichtlich bestellten Sachverständigen … nicht bestätigt werden. Gleichwohl wurden auch für diese nicht bestätigten Behandlungsfehler, die damit den Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht stützen können, jeweils anteilig für die durchgeführte Untersuchung am 15.2.211, die Dokumentation der behaupteten Mängel, das Abfassen und Korrekturlesen des Gutachtens, Schreibgebühren, Kopierkosten und Unkostenpauschalen Kosten in Rechnung gestellt. Diese Kosten beruhen jedoch nicht kausal auf der Pflichtverletzung des Drittwiderbeklagten, sodass ein Schadensersatzanspruch insoweit nicht besteht.

Das Gericht schätzt die Kosten, die kausal auf dem zur Überzeugung des Gerichts festgestellten Behandlungsfehler beruhen auf 20 % der Gutachterkosten (§ 287 ZPO). Dabei wurde berücksichtigt, dass das Gericht der rechtlichen Würdigung des Parteisachverständigen zur Frage der Fälligkeit der Rechnung nicht folgt (Seite 8 der Anlage B3) sowie durch die Beweisaufnahme - entgegen dem Parteigutachten - keine Behandlungsfehler im Hinblick auf die in Ziffer III Nr. 2 lit. a), b), c), e), g) seines Gutachtens (Anlage B3) genannten Befunde nachgewiesen werden konnten.

b)
Gleichzeitig besteht eine Ersatzpflicht für die anteilig angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 147,56 gem. §§ 280 bzw. 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB.

Kostenerstattung auf Grund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber besteht (BGH, NJW 2008, 1888). Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger somit grundsätzlich der Gegenstandswert zu Grunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH, NJW 2008, 1888).

Danach steht der Beklagten gegen den Drittwiderbeklagten ein Erstattungsanspruch für eine 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 W RVG aus einem Streitwert von EUR 750,00 (= EUR 104,00) sowie der Auslagenpauschale von EUR 20,00 (Nr. 7002 W RVG) - jeweils zuzüglich der seinerzeit geltenden Mehrwertsteuer von 19% -, somit insgesamt in Höhe von EUR 147,56 zu.

III.
Im Übrigen waren Klage als auch Widerklage abzuweisen.

B)
I.
Bei der zu treffenden Kostenentscheidung ist nach den Grundsätzen der Baumbach sehen Kostenformel zwischen den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Parteien zu differenzieren. Wegen der unterschiedlichen Obsiegens- bzw. Unterliegensquote der Parteien ist darüber hinaus zwischen den einzelnen Streitverhältnissen zu unterscheiden. Dies führt zu der im Tenor aufgeführten Kostenentscheidung, die auf folgenden Gesichtspunkten beruht:

1)
Bezogen auf den (fiktiven) Gesamtstreitwert unterliegt die Beklagte i. H. v. 93 %, so dass sie 93 % der Gerichtskosten zu tragen hat. Die Beklagte unterliegt in kostenmäßiger Hinsicht insoweit, als sie bezüglich der Klage in Höhe eines Betrages vonEUR  8.578,44 und bezüglich der Drittwiderklage in Höhe eines Betrages von EUR 6.750,00 unterlegen ist. Dies ergibt einen Verlustbetrag in Höhe von EUR 15.328,44.

Addiert man hiernach die Einzelstreitwerte i. H. v. EUR 8.899,58 und EUR 7.500,00, ergibt sich ein fiktiver Streitwert i. H. v.EUR 16.399,58. Bei einem Verlust i. H. v. EUR 15.328,44 trägt die Beklagte deshalb 93 % der Gerichtskosten.

2)
Von den übrigen Gerichtskosten hat die Klägerin zwei % und der Drittwiderbeklagte 5 % zu tragen. Die Klägerin unterliegt hinsichtlich des Zahlungsantrages in Höhe eines Betrages von EUR 321.14, welcher in Bezug gesetzt zu dem fiktiven Gesamtstreitwert die Quote von zwei % ergibt. Der Drittwiderbeklagte unterliegt i. H. v. EUR 750,00, so dass in Bezug auf den fiktiven Gesamtstreitwert fünf % verbleiben.

3)
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin ist auf ihr jeweiliges Verhältnis zu der Beklagten abzustellen. Da die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten streitwertmäßig mit EUR 8.899,58 beteiligt ist, beträgt ihr Verlust vier % (EUR 321,14: EUR 8.899,58). Im Verhältnis des Drittwiderbeklagten zur Beklagten ist der Drittwiderbeklagte mit einem Betrag i. H. v. EUR 750,00 unterlegen. Setzt man diesen Unterliegensbetrag zum Streitwert von EUR 7.500,00 in Bezug, ergibt sich ihre Verlustquote i. H. v. zehn %. Für die Beklagte gilt die gleiche Quotelung wie bei den Gerichtskosten, da hier der Gesamtstreitwert mit der streitwertmäßigen Beteiligung der Beklagten identisch ist.

II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 1, S.
2 ZPO.

III.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 63. Abs. 2 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1, 39 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Für den Klageantrag beträgt der Streitwert EUR 8.899,57 und für den Widerklageantrag EUR 7.500,00. Die Nebenforderung in Form der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren und Kosten für Sachverständigengutachten bleiben gem. § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt.


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