Urteilstext
Tenor
Das Amtsgericht Hamburg erkennt für Recht:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt die Nebenintervenientin.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger ist berechtigt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund es Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung aufgrund kieferorthopädischer Leistungen. Die Beklagte ist als Kieferorthopädin tätig. Der Kläger begehrt die Rückzahlung eines Teiles vorab geleisteten Vergütung.
Der Kläger ist bei der … (im Folgenden Nebenintervenientin) unter der Versicherungs-Nr.: … zu 100 % privatversichert. Er befindet sich seit dem Jahr 2009 in zahn- und kieferorthopädischer Behandlung bei der Beklagten. Diese stellte bei ihm eine Dysgnathie mit Bissverschiebung in Kombination mit Bruxismus fest.
Der Kläger wurde aufgrund vorgenannter Diagnosen mit einer Incognito-Zahnspange versorgt. Im Anschluss an diese Behandlung wurde zur Sicherung der erzielten Ergebnisse ein gnatologischer Positioner und eine Plattenapparatur, d. h., ein monomaxilliäres Rententionsgerät zur Stabilisierung des erzielten Behandlungsergebnisses im eigenen Labor der Beklagten angefertigt.
Die Beklagte stellt ihre Leistungen mit Rechnung vom 07.04.2014 (für den Positioner) und 14.07.2014 (fürdie Plattenappartur) in Rechnung. Auf der jeweils zweiten Seite der Rechnungen wird über die erbrachten Laborleistungen abgerechnet. Hinsichtlich des gnatologischen Positioners enthält die Abrechnung lediglich die Position Positioner mit EUR 875,23 und die Position Gummiringe für EUR 1,02. Die Rechnung hinsichtlich der Plattenapparatur enthält lediglich die Position Plattenapparatur mit einem Betrag von EUR 600,00. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Rechnungen wird auf die Anlage K 1 und K 2 (Bl. 7f d. A.) verwiesen.
Der Kläger glich die Rechnung vollständig aus. Nach Einreichung der Rechnungen bei der Ne-benintervenientin erstattete diese die Kosten nicht vollständig. Hinsichtlich der Kosten für den Positioner verweigerte die Versicherung die Leistung mit der Begründung, dass ein spezifischer Einzelnachweis der verauslagten Material- und Laborkosten vorgelegt werden müsse und die Rechnung noch nicht fällig sei. Nachdem sich der Kläger erneut an die Beklagte gewendet hatte, nahm diese gegenüber dem Kläger ausführlich zu den erbrachten Leistungen Stellung, wobei sie dem Kläger erklärte, dass die Stellungnahme auch gegenüber der Versicherung eingereicht werden könne. In einer nicht genau datierten Stellungnahme der Beklagten nahm diese ausführlich zu der Funktionsweise und dem gesamten Herstellungsprozess hinsichtlich des gnathologischen Positioners Stellung. Insoweit wird auf die Anlage K 3 Bl. 10 f. d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 29.08.2014 erläuterte die Beklagte die Zusammensetzung der erstellten Plattenapparatur, wobei sie insbesondere die eingesetzten Materialien erläutert, ohne allerdings die einzelnen Mate¬rialpreise aufzuzählen. Insoweit wird auf die Anlage K 4 Bl. 14 d. A. verwiesen.
Der Kläger leitete die eingereichten Schreiben der Beklagten an die Nebenintervenientin weiter. Sie verweigerte weiterhin die Erstattung der Kosten. Mit Schriftsatz vom 10.05.2016 hat der Kläger der Nebenintervenientin den Streit verkündet. Die Nebenintervenientin ist mit Schriftsatz vom 03.06.2016 dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten.
Der Kläger und die Nebenintervenientin sind der Ansicht, dass die Forderung der Beklagten auf Zahlung des ärztlichen Honorares hinsichtlich der Eigenlaborleistungen noch nicht fällig geworden sei. Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung sei nach § 10 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 GOZ, dass die Art der einzelnen Auslagen in der Rechnung im Einzelnen aufgelistet, genau bezeichnet und auch die Preise der verwendeten Materialien angegeben werde. Diesen Anforderungen würden die Rechnungen der Beklagten nicht gerecht werden. Die Beklagte habe lediglich pauschal den Positioner und die Plattenapparatur abgerechnet. Es fehle insbesondere an der erforderlichen Darstellung der einzelnen Materialkosten.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er das an die Beklagte gezahlte ärztliche Honorar unter dem Gesichtspunkt der Nebenpflichtverletzung aus dem Vertragsverhältnis zurückverlangen könne. Die Beklagte habe die vertragliche Nebenpflicht verletzt, den Kläger bei der Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber der Nebenintervenientin durch ausreichende Rechnungslegung und ggf. weitere Erläuterung zu unterstützen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 1.475,23 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 08.05.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die von ihr erstellten Rechnungen den Anforderungen der GOZ entsprechen würden und ihre Forderung dementsprechend bei Zahlung durch den Kläger bereits fällig gewesen sei. Jedenfalls durch die nachträglich erstellten Erläuterungen sei Fälligkeit eingetreten. Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass selbst im Falle einer fehlerhaften Abrechnung die Klage allenfalls auf Erstellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung hätte gerichtet werden können. Dem Zahlungsanspruch des Klägers würde die dolo-agit-Einrede entgegenstehen. Im Falle einer Zahlungspflicht würde bei Nachbesserung der Rechnung unmittelbar ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kläger bestehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 03.11.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung des an die Beklagte geleisteten ärztlichen Honorars in Höhe von EUR 1.475,23.
1.
Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch gem. §§ 611, 280 Abs.1, 281 BGB wegen einer etwaigen Schlechtleistung besteht nicht. Ungeachtet der rechtlichen Frage, wann ein etwaiger Schadensersatzanspruch eines Patienten aufgrund einer fehlerhaften Zahnbehandlung einem ärztlichen Honoraranspruch entgegengehalten werden kann, wird vorliegend eine Schlechtleistung durch den Kläger bereits nicht behauptet. Die Verletzung der zahnärztlichen bzw. kieferorthopädischen Hauptleistungspflichten der Beklagten wird von dem Kläger nicht geltend gemacht.
2.
Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch gemäß §§ 611, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB besteht ebenfalls nicht.
Die Beklagte hat keine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Eine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten, eine Rechnung entsprechend den besonderen Wünschen und Vorstellungen der Nebenintervenientin zu erstellen besteht nicht. Von der Beklagten kann aufgrund des kieferorthopädischen Dienstleistungsvertrages nur verlangt werden, eine den Anforderungen der GOZ entsprechende Rechnung zu erstellen. Die Abrechnung zahnärztlicher Leistungen - die auch den Ersatz von Auslagen gemäß § 9 GOZ erfasst - richtet sich allein nach den Regelungen der GOZ. § 10 Abs. 1 der GOZ regelt, dass die Vergütung erst fällig wird, wenn dem Zahlungspflichtigen eine der GOZ entsprechende Rechnung erteilt worden ist. § 10 Abs. 2 Nr. 5 der GOZ normiert, dass die Rechnung im Falle des Ersatzes von Auslagen für zahntechnische Leistungen Art, Umfang und Ausführung der einzelnen Leistungen und deren Preise sowie die direkt zurechenbaren Materialien und deren Preise, insbesondere Bezeichnung, Gewicht und Tagespreis und etwaige Legierung enthalten muss.
Die von der Beklagten erstellten Rechnungen entsprechen diesen Anforderungen.
Soweit die Abrechnungen die Positionen Positioner und Plattenapparatur enthalten, sind bereits durch diese Bezeichnungen Umfang und Ausführung der einzelnen Leistung entsprechend der Verordnung ausreichend benannt. Die Gebührenordnung verlangt nur, dass Umfang und Ausführung der einzelnen Leistung genannt, nicht dass umfangreiche Arbeitsprozesse aufgeschlüsselt und beschrieben werden. Die genannten Bezeichnungen beschreiben das hergestellte Werkstück ausreichend. Eine weitere Aufschlüsselung dieser Leistungen in einzelne Arbeitsschritte oder im Rahmen der Herstellung entstehende Teilleistungen oder gar Teilwerke gebietet die Gebührenordnung nicht. Der Wortlaut der Verordnung ist insoweit nicht eindeutig. Die Begriffe Umfang und Ausführung ließe sich auch dahingehend verstehen, dass der Umfang und die Ausführung in allen Details mit etwaigen notwendigen Zwischenschritten beschreiben werden müssten. Eine derart weite Wortlautauslegung wird indes durch den Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gedeckt. Die teleologische Auslegung der Begriffe gebietet das oben dargelegte Verständnis. Das Ziel der Vorschrift ist, die Nachvollziehbarkeit der Auslagenberechnung für den zahlungspflichtigen Patienten zu erhöhen. Dies verlangt eine konkrete Bezeichnung des Umfangs und der Ausführung der Leistung, ohne zugleich eine Aufspaltung in alle etwaigen Zwischenschritte und/oder Zwischenergebnisse zu gebieten. Tatsächlich würde eine derartig detaillierte Aufschlüsselung sogar eher zu einer Überforderung auf Patientenseite führen und gegenüber einer einfachen aber konkreten Bezeichnung der Leistungen keinen weiteren unmittelbaren Prüfbarkeitsvorteii für den Patienten gewährleisten.
Es sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Beklagte jedenfalls hinsichtlich des erstellten gnathologischen Positioners mit der Anlage K 3 zudem eine umfassende Darstellung des Herstellungsprozesses eines Positioners erstellt und spätestens damit auch einem äußerst weiten Wortlautverständis der Vorschrift Rechnung getragen hat. Es kann insoweit nicht nachvollzogen werden, welche weiteren Ausführungen der Kläger und die Nebenintervenientin hinsichtlich Umfang, Art und Ausführung verlangen.
Auch aus dem Umstand, dass entgegen des Wortlautes der Verordnung die Preise der den Leistungen direkt zurechenbaren Materialien in den Rechnungen der Beklagten nicht ausgewiesen wurden, führt nicht dazu, dass die Vergütung entsprechend § 10 Abs. 1 GOZ noch nicht fällig geworden ist.
§ 10 Abs.2 Nr.5 GOZ ist nach Auffassung des Gerichtes dahingehend auszulegen, dass die verwendeter Materialien und deren Einzelpreise lediglich dann einzeln aufzuführen sind, wenn ihnen jedenfalls kein völlig unerhebliches Gewicht zukommt. Dieses Ergebnis wird bereits dadurch gestützt, dass § 10 Abs. 2 Nr. 5 GOZ selbst beispielhaft auf Bezeichnung, Gewicht und Tagespreis der verwendeten Legierungen abstellt. Gerade das Material der entsprechenden Legierungen stellt einen ganz erheblichen preisbildenden Faktor dar. Durch entsprechende Nennung kann der Patient bereits zu einem erheblichen Teil die Auslagenrechnung nachvollziehen. Kommt den Materialien indes nur ein äußerst geringer Betrag im Bereich von wenigen Cent oder Euro zu, wird die Nachvollziehbarkeit der Rechnung für den Patienten nicht erhöht. Insoweit kann ergänzend auf die bereits angestellten Überlegungen zur Darstellung einzelner Arbeitsschritte verwiesen werden. Eine Nennung jedes einzelnen verwendeten Materials unter ausdrücklicher Benennung eines Preises würde die Arztrechnung unverhältnismäßig überfrachten und diese letztendlich sogar weniger leicht nachvollziehbar machen.
3.
Bereicherungsrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu. Eine Kondiktion gem. § 812 Abs.1, Satz 1, 1 Alt. BGB scheitert bereits daran, dass die Leistung nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Der Dienstleistungsvertrag mit der Beklagten stellt insoweit - völlig ungeachtet der Fälligkeitsthematik - den Rechtsgrund für die Leistung dar. Ein RückZahlungsanspruch gemäß §813 BGB ist nicht gegeben. § 813 Abs. 2 BGB stellt klar, dass eine Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt wird. Selbst im Falle der Nichtfälligkeit der Honorarforderung wäre eine Rückforderung nach § 813 BGB damit ausgeschlossen.
II.
Die geltend gemachten Nebenforderungen sind, da bereits die Hauptforderung unbegründet ist, ebenfalls unbegründet.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91,101 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.