Urteilstext
Tenor
Das Verwaltungsgericht Stuttgart - 12. Kammer - hat ohne mündliche  Verhandlung wegen Leistungsabrechnung am 31. Oktober 2013 für Recht  erkannt:
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger weitere EUR  3,36 Kassenleistungen zu gewähren und diesen Betrag mit fünf Prozent  Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2013 zu verzinsen. Der  Bescheid der Beklagten vom 06.11.2012 und ihr Widerspruchsbescheid vom  08.01.2013 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten als B1-Mitglied krankenversichert  und begehrt die Erstattung von Aufwendungen für zahnärztliche  Leistungen. Der Sohn des Klägers ist über den Kläger bei der Beklagten  mitversichert. Der Kläger erhält Kassenleistungen in Höhe von 20 % für  seinen Sohn.
Mit Antrag vom 26.09.2012 machte der Kläger u. a.  Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen, die für den mitversicherten  Sohn erbracht worden waren, in Höhe von EUR 792,85 geltend.
Nachdem  zunächst mit Bescheid vom 05.10.2012 lediglich ein Betrag von EUR  725,32 als erstattungsfähig festgesetzt worden war, korrigierte die  Beklagte die Leistungsabrechnung mit Bescheid vom 06.11.2012 auf EUR  776,03. Eine Erstattung der in Ansatz gebrachten GOZ-Ziffer 2390 könne  neben der GOZ-Ziffer 2410 jedoch nicht erfolgen. Es verblieb ein  Selbstbehalt des Klägers in Höhe von EUR 16,82 bzw. EUR 3,36 an  Kassenleistungen.
Am 30.11.2012 erhob der Kläger dagegen  Widerspruch. Zur Begründung verwies er auf das beigefügte Schreiben der  Zahnarztpraxis vom 06.11.2012. Danach habe die Bundeszahnärztekammer am  20.01.2012 entschieden, dass die GOZ-Ziffer 2390 neben weiteren  endodontischen Leistungen zulässig sei, weil es sich bei den einzelnen  Leistungen um verschiedene Behandlungsschritte handele. Sei der  betreffende Zahn „marktot", was recht häufig vorkomme, so erfolge die  Kanalaufbereitung nach Trepanation ohne Vitalextirpation.
Mit  Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch  zurück. In diesem führte sie u. a. aus, nach der amtlichen Begründung  des Bundesministeriums für Gesundheit zur GOZ könne der Ansatz der  Leistung nach Ziffer 2390 allenfalls im Rahmen einer Notfallbehandlung  angezeigt sein. Sie sei nur als selbständige Leistung berechnungsfähig  und nicht als Zugangsleistung zur Erbringung der Leistungen nach den  Nummern 2410, 2430 und 2440.
Am 04 02.2013 hat der Kläger Klage  erhoben. Zur Begründung beruft er sich u. a. auf die Stellungnahme der  DZR (Deutsches Zahnärztliches Rechenzentrum GmbH) zu Ziffer 2390 vom  26.10.2012, wonach die Trepanation eines bleibenden Zahnes oder eines  Milchzahnes der Eröffnung des Pulpencavums und der Schaffung eines  Zugangs zum endodontischen System diene oder zur Entlastung infizierten  Pulpengewebes und dadurch der Schmerzstillung dienen könne. [...] Die  selbständige Leistung „Trepanation" sei mit der Eröffnung des koronalen  Pulpencavums abgeschlossen Weitere endodontische Maßnahmen seien andere  eigenständige Leistungen. Diese seien auch berechnungsfähig, wenn deren  Durchführung im unmittelbaren Anschluss an die Trepanation erfolge.  [...] Die Leistung sei nicht berechenbar bei bereits freiliegendem  Pulpencavums. [...] Für die „Nebeneinanderberechnung" der hier in Rede  stehenden Gebührenpositionen spreche indiziell auch die Tatsache, dass  der Verordnungsgeber die Trepanation gemäß der Gebührenposition 2390 GOZ  nicht als „alleinige"' Leistung, sondern als „selbständige" Leistung  ausgestaltet habe. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass der  Verordnungsgeber selbst gewollt habe, dass die Gebührenpositionen 2390,  2360 und 2410 GOZ nebeneinander, am selben Zahn, in derselben Sitzung  berechnungsfähig seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den  Bescheid der Beklagten vom 06.11.2012 und ihren Widerspruchsbescheid  vom 08.01.2013 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an  ihn weitere Kassenleistungen in Höhe von EUR 3,36 zuzüglicn Zinsen in  Höhe von fünf  Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2013  zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur  Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf die Gründe der  ergangenen Bescheide. Ergänzend führt sie aus, bei bereits eröffnetem  Pulpencavum sei die Trepanation nicht abrechenbar. Als alleinige  Leistung am Zahn ohne eine Aufbereitung oder Virtalexstirpation mache  sie zahnmedizinisch in aller Regel keinen Sinn.
Die Beteiligten  haben auf mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung durch  das Gericht zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und  Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht  vorliegenden Akten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§§ 101 Abs. 2, 87a Abs. 2, 3 VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
Ob  Mitglieder der Beklagten von dieser Kassenleistungen zum Ersatz ihrer  medizinischen Aufwendungen erhalten, richtet sich nach deren Satzung.  Maßgeblich ist dabei die zum Zeitpunkt des Entstehens der Autwendungen  geltende Fassung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07 09.2011 - 2 S  1972/11 - juris) Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Hs 1 dieser Satzung in der hier  maßgeblichen Fassung haben Mitglieder Anspruch auf die in den §§ 31 bis  48 der Satzung festgelegten Leistungen § 32 der Satzung zählt hierzu  auch zahnärztliche Leistungen. Nach §§ 32 Abs 1, 30 Abs. 1 Satz 2 der  Satzung sind Aufwendungen erstattungsfähig, wenn sie beihilfefähig und  Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind. Weitere Voraussetzung  ist nach §§ 32 Abs. 1, 30 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Satzung die  medizinische Notwendigkeit und wirtschaftliche Angemessenheit der  Aufwendungen.
Hinsichtlich der Leistungen beurteilt sich die  Angemessenheit der Aufwendungen nach dem Gebührenrahmen der  Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. Zahnärzte (GOZ). Sowohl die Frage,  ob eine bestimmte Gebührennummer abgerechnet werden darf, als auch die  Frage, mit welchem konkreten Gebührensatz, richtet sich mithin - sofern  die Satzung keine Sonderregelungen enthält - nur nach diesen  Gebührenordnungen. Zu beachten sind dabei insbesondere der Wortlaut der  jeweiligen Gebührenbestimmung sowie das sogenannte Zielleistungsprinzip  im Sinne des § 4 Abs. 2 GOZ. Nach diesem Prinzip kann ein Arzt für eine  Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen  Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen,  wenn er für die andere Leistung eine Gebühr bereits berechnet hat.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gilt:
Die  fehlende Anerkennung der Abrechnung der GOZ-Ziffer 2390 ist im  konkreten Einzelfall nach Auffassung des Gerichts nicht berechtigt.
Die  Beklagte nimmt für ihre ablehnende Entscheidung Bezug auf die  Begründung zur GOZ des Bundesministeriums für Gesundheit, wonach der  Ansatz der Leistung nach der Nummer 2390 allenfalls im Rahmen einer  Notfallbehandlung angezeigt sein könne. Sie sei nur als selbständige  Leistung berechnungsfähig und nicht z. B. als Zugangsleistung zur  Erbringung der Leistungen nach den Nummern 2410, 2430 und 2440. Der  vorliegenden Leistungslegende lässt sich eine derartige Einschränkung  aber nicht entnehmen. Nach dem Wortlaut ist die Trepanation eines Zahnes  (Eröffnung der Pulpenhöhle durch Entfernung des die Pulpa  umschließenden Hartgewebes wie Zahnschmelz und Dentin) nicht als  alleinige Leistung definiert, sondern lediglich als selbständige  Leistung. In der Kommentierung zur GOZ (Liebold, Raff, Wissing - Stand  März 2013 GOZ Ziffer 2390 Seite 9) wird insoweit ausgeführt, dass es  auch zahnmedizinisch gute Gründe gebe, dass sich eine solche  Einschränkung in der Leistungsziffer nicht finde. Denn die Trepanation  sei keine „Zugangsleistung" zur Erbringung anderer Leistungen (also eine  unselbständige Teilleistung), sondern stelle eine eigene selbständige  Therapiemaßnahme dar. Diese könne entweder solitär im Rahmen einer  Notfallendodontie erfolgen oder aber kombiniert werden mit weiteren  eigenständigen endodontischen Behandlungsmaßnahmen. Die Trepanation  stelle auch keinen methodisch zwingenden Bestandteil einer  Wurzelbehandlung dar. So müsse in Fällen von Zahnfrakturen mit  freiliegender Pulpa oder in Fällen großflächiger Zerstörung von  Zahnhartsubstanz durch großflächige Karies nicht trepaniert werden,  bevor z. B. eine Vitalextirpation nach GOZ-Nr. 2360 oder eine  Wurzelkanalaufbereitung nach der GOZ-Nr. 2410 erfolgen könne.
Die durchgeführte Trepanation ist somit als selbstständige Leistung nach GOZ-Ziffer 2390 zu vergüten.
Damit sind weitere EUR 3,36 erstattungsfähig.
Die  Zinsforderung des Klägers ist insoweit ebenfalls begründet. Ihm stehen  ab Rechtshängigkeit, die mit der Klageerhebung am 04.02.2013 eingetreten  ist (§§ 81 Abs. 1, 90 VwGO), Prozesszinsen zu, die nach der ständigen  Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter sinngemäßer Anwendung  des § 291 BGB zu entrichten sind, wenn das jeweils einschlägige  Fachrecht keine gegenteilige Regelung trifft. 
Die Höhe der  Prozesszinsen folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288  Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, 289 Satz 1 und 247 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Gründe,  die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen  (§§ 124a Abs. 1 Satz 1 und 124 Abs. 2 Nrn. 3 u. 4 VwGO), sind nicht  erkennbar.
