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Schadensersatzanspruch wegen Behandlungsfehlers beim Slicen von Milchzähnen

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Hamm  | Aktenzeichen: 26 U 3/17 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie:  Schadenersatzrecht , Ausübung des zahnärztlichen Berufs

Tenor

 

 

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Dezember 2016 verkündete Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.

 

 

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

 

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die am ... .1995 geborene Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer vermeintlich fehlerhaften kieferorthopädischen Behandlung zur Vorbereitung einer implantologischen Therapie bei nicht angelegten Zähnen auf Schmerzensgeld (2.000,00 EUR), Feststellung zukünftiger Schadenser satzpflicht und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (808,11 EUR) in Anspruch.

  

Bei der Klägerin sind mehrere bleibende Zähne nicht angelegt (15, 35, 38, 45, 48). Verblieben sind aber die Milchzähne 55, 75 und 85. Ab dem Jahr 2012 befand sich die Klägerin in kieferorthopädischer Behandlung in der Gemeinschaftspraxis der Beklagten zu 2) und 3). Die streitgegenständliche Behandlung wurde durch die Beklagte zu 1) ausgeführt. 3 Ausweislich des von der Krankenkasse der Klägerin genehmigten Behandlungsplans vom 03.12.2012 (vgl. Hülle Bl. 80a) sollten aufgrund der Nichtanlagen nach einer späteren Extraktion der Milchzähne diese durch Implantate ersetzt werden. Im Hinblick auf die Behandlung bestand jedoch Einigkeit zwischen den Beklagten und der Klägerin bzw. ihrer Mutter dahingehend, dass die Milchzähne solange wie möglich erhalten bleiben sollten. Die implantologische Versorgung war nicht in näherer Zukunft geplant.

  

Am 25.03.2013 sowie am 28.04.2013 erfolgte eine seitliche Reduktion der Milchzähne der Klägerin durch die Beklagte zu 1).

  

Die Klägerin hat den Beklagten Behandlungsfehler vorgeworfen. Die Beklagte zu 1) habe die geslicten Milchzähne nach dem Beschleifen nicht versiegelt. Es sei nie die Rede davon gewesen, dass die Milchzähne geslict und dabei in ihrer Breite reduziert werden müssten. Es sei auch niemals über Behandlungsalternativen gesprochen worden. Nach Entfernung des Zahnschmelzes sei ein Zahn sofort sehr temperaturanfällig gewesen; es habe sich innerhalb kürzester Zeit Ka ries an den Zähnen gebildet. Es seien nunmehr zwei Implantate erforderlich. Anderenfalls hätte sie einfach ihre Milchzähne behalten und wie bleibende Zähne benutzen können.

  

Die Beklagten haben behauptet, aufgrund des Behandlungsplans vom 03.12.2012 seien die Milchzähne in ihrer Breite reduziert und anschließend versiegelt worden. Das Vorgehen sei mit der Mutter der damals noch minderjährigen Klägerin ausführlich besprochen worden. Behandlungsalternativen zu der geplanten Implantatversorgung habe es nicht gegeben. Die seitliche Reduktion der Milchzähne sei erforderlich gewesen, um die Milchzähne auf die Breite der bleibenden Zähne zu reduzieren, damit später passgenaue Implantate gesetzt werden könnten. Das Slicen sei Teil der geplanten implantologischen Therapie gewesen.

  

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines kieferorthopädischen Gutachtens stattgegeben. Den Beklagten sei sowohl ein Aufklärungsfehler als auch ein Behandlungsfehler zur Last zu legen. Die Klägerin bzw. ihre Mutter sei über mehrere mögliche echte Behandlungsalternativen nicht aufgeklärt worden. Zwar stelle auch die seitliche Reduktion der Milchzähne für eine spätere Implantatversorgung neben den insgesamt vier weiteren Behandlungsalternativen eine geeignete Behandlungsmöglichkeit dar, allerdings sei das Verfahren des Slicens von Milchzähnen nicht etabliert. Das Verfahren des Beschleifens der Milchzähne sei aus kieferorthopädischer Sicht im Hinblick auf die Langzeitprognose nicht nach untersucht und somit nicht absehbar. Darüber hinaus sei schon nach Angabe der Beklagten zu 1) keine hinreichende Aufklärung über die Risiken des Slicens der Milchzähne erhöhte Empfindlichkeit, Reaktion des Zahnnervs, Verfärbungen und Karies erfolgt. Darüber hinaus habe die konkrete Behandlung nicht dem zahnmedizinischen Standard entsprochen. Das Beschleifen der Milchzähne sei fehlerhaft durchgeführt worden. So sei bei den Zähnen 75 und 85 zu viel Material entfernt worden, bei Zahn 55 grenzwertig viel abgeschliffen worden. Durch das Slicen der Zähne bis ins Dentin sei eine Dentinwunde entstanden, welche die Qualität der Milchzähne her abgesetzt habe. Die erforderliche zahnärztliche Versorgung des Dentins habe dann wiederum dazu geführt, dass der durch das Slicen gewonnene Platz wieder teilweise aufgefüllt worden sei. Ferner sei die Qualität des Beschleifens mangelhaft. Eine so ungleichmäßige Oberfläche als Ergebnis des Beschleifens hätte nicht passieren dürfen. Bei der konkreten Durchführung des Beschleifens handele es sich um einen groben Behandlungsfehler. Infolge des nicht fachgerechten Beschleifens der Milchzähne habe die Klägerin jedenfalls Schmerzen erlitten. Darüber hinaus sei nach der Behandlung Kariesbefall aufgetreten. Unsicherheiten in Bezug auf die Kausalität der Behandlungsfolgen gingen angesichts des groben Behandlungsfehlers zu Lasten der Beklagten. Gleiches gelte für den Umstand, dass nicht feststellbar sei, wie lange sich die Milchzähne in diesem Zustand erhalten ließen. Das Beschleifen könne den Vorgang der Kürzung der Milchzahn wurzeln möglicherweise beschleunigen.

 

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die Abänderung des Urteils und Abweisung der Klage begehren. Die von der Sachverständigen angeführten alternativen Vorgehensweisen stellten letztlich keine echten Behandlungsalternativen zu der gewählten Variante mittels Implantat und Krone sowie vorbereitenden Maßnahmen in Form des Slicens der Milchzähne dar. Sowohl eine Extraktion von Zähnen und deren Reimplantation als auch eine Vorverlagerung der Zähne hätten bei der Klägerin nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Der Vorteil der gewählten Behandlung bestehe gerade im Erreichen einer harmonischen Zahnreihe mit einer optimalen Gegenbezahnung sowie einer Zahnreihe von je sieben Zähnen im Unterkiefer. Kei ne der anderen Behandlungsmethoden hätte dieses Ergebnis erreichen können. Entgegen den Feststellungen des Landgerichts habe die Beklagte zu 1) auch klar dargelegt, dass eine entsprechende Risikoaufklärung hinsichtlich der Beschwerden der Klägerin erfolgt sei. Das Landgericht habe auch den vorsorglich erhobenen Einwand der hypothetischen Einwilligung fehlerhaft nicht beachtet. Es sei zudem stets versucht worden, die Milchzähne wie besprochen zu erhalten. Die anderen Therapievarianten hätten demgegenüber aber die Extraktion der Milchzähne beinhaltet. Bereits durch die Entscheidung, die Milchzähne über einen möglichst langen Zeitraum zu er halten, habe sich die Mutter der Klägerin zur Implantation entschieden, die sodann optimal vor bereitet werden musste. Das Slicen der Milchzähne sei auch nicht fehlerhaft gewesen. Das von der Sachverständigen geforderte sogenannte "asymmetrische" Schleifen der Milchzähne sei in der Zahnmedizin unbekannt. Die Durchführung des "asymmetrischen" Schleifens würde auch dazu führen, dass die Kronen, die letztendlich auf die Implantate gesetzt würden, größer seien, als die umliegenden bleibenden Zähne, wodurch ein disharmonisches Gesamtbild des Gebisses erzeugt würde. Das von der Sachverständigen vorgeschlagene Vorgehen sei demnach fehlerhaft. Es könne auch nicht die Rede davon sein, dass zu viel Zahnsubstanz entfernt worden sei. Die Menge an Zahnsubstanz, die durch das Slicen entfernt werde, sei durch die anatomische Struktur des Gebisses von vornherein vorgegeben. Über die Möglichkeit, dass es aufgrund solcher Schleifmaßnahmen zu einem Anschleifen des Dentins kommen könne, werde im Vorfeld aufgeklärt. Es entbehre jeder Grundlage, hier von einem groben Behandlungsfehler zu sprechen. Das gewählte Verfahren sei keine Außenseitermethode, sondern seit über 20 Jahren etabliert. Ferner seien die anatomischen Strukturen beachtet worden, während das von der Sachverständigen vorgeschlagene Verfahren nicht existent sei. Schließlich seien etwaige Schmerzen oder Beschwerden nicht auf eine fehlerhafte Behandlung zurückzuführen, sondern als schicksalhaft anzusehen. Das Auftreten der Karies gehe mit unzureichender Mundhygiene einher. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Behandlung könne nicht gesehen werden. Hinsichtlich einer verkürzten Lebensdauer der Milchzähne könne nicht ansatzweise eine konkrete Aussage getroffen werden. Selbst bei Unterstellung, dass ein Behandlungsfehler vorliege, sei das zugesprchene Schmerzensgeld als zu hoch anzusehen. Der Ersatz der Milchzähne sei von vornherein geplant gewesen, so dass deren Verlust nicht als Folge eines Behandlungsfehlers klassifiziert werden könne. Im Übrigen seien diese nach wie vor vorhanden.

 

 Die Beklagten beantragen,

 

 das Urteil des Landgerichts Detmold, verkündet am 14.12.2016, 12 O 34/15 abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

 Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das gewählte Verfahren des Lückenschlusses durch Implantat sei keinesfalls ohne Risiken gewesen, so dass die möglichen echten Alternativen hätten in Betracht gezogen werden müssen. Alle drei Varianten hätten überdies dem ausdrücklichen geäußerten Wunsch, die Milchzähne so lange wie möglich unbeschadet zu erhalten, mehr entsprochen. Die Beklagten hätten dagegen die Optik der Zähne vor deren Er halt gestellt. Implantate seien gerade keine in Betracht kommende Maßnahme gewesen. Über die Risiken der gewählten Behandlung sei nicht aufgeklärt worden. Das fehlerhafte Slicen sei von der Sachverständigen sowohl von der Qualität als auch von der Quantität her festgestellt worden. Gerade das Schleifen in das Dentin hätte zu irreparablen Schäden geführt und den Vorgaben, die Milchzähne bestmöglich zu erhalten, widersprochen.

 

Der Senat hat die Klägerin und die Beklagte zu 1) erneut persönlich angehört. Ferner hat die Sachverständige Prof. Dr. I ihr Gutachten mündlich erläutert und ergänzt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.07.2017 sowie den

Berichterstattervermerk vom gleichen Tag verwiesen.

 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, insbesondere des genauen Wortlautes der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird auf die angefochtene Entscheidung und die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

 

Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 2.000,00 EUR, vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Feststellung zukünftiger Ersatzpflicht gemäß §§ 611, 278, 280 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB (§ 630 BGB bzgl. der Behandlung nach dem 20.02.2013) sowie gemäß §§ 823 Abs. 1, 831, 249, 253 Abs. 2 BGB zu, wobei sich die Haftung der Beklagten zu 1) als angestellter Ärztin allein aus Delikt ergibt.

 

Der Senat stützt sich dabei aus den nachfolgenden Gründen auf die erstinstanzliche Begutachtung durch die gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. I sowie deren umfassende Ausführungen bei ihrer Anhörung vor dem Senat. Die Sachverständige hat sich bereits erstinstanzlich dezidiert mit den vorhandenen Krankenunterlagen und dem zu begutachtenden Sachverhalt auseinandergesetzt. Sie hat auch im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat ihre Feststellungen und fachlichen Beurteilungen unter Berücksichtigung sämtlicher Befunde überzeugend vertreten.

 

Es verbleibt nach der ergänzenden Beweisaufnahme auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Beklagten dabei, dass den Beklagten ein grober Behandlungsfehler bei der Durchführung der konkreten Schleifmaßnahmen zur Last zu legen ist.

 

Die Sachverständige ist im Rahmen ihrer ergänzenden Ausführungen dabei verblieben, dass die konkrete Behandlung der Klägerin sowohl hinsichtlich der Qualität als auch hinsichtlich der Quantität als behandlungsfehlerhaft anzusehen ist.

 

Sie hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Zahnschmelz bei Milchzähnen nur etwa 1 mm dick ist und dass man daher beim Beschleifen von Milchzähnen eine gewisse Dicke des Zahnschmelzes nicht unterschreiten darf, wobei selbst bei bleibenden Zähnen nach weit überwiegender Empfehlung der einschlägigen Fachliteratur nur bis zu 50 % der Schmelzdecke gesliced werden sollen. Bei den Zähnen 75 und 88 der Klägerin ist danach fehlerhaft zu viel Material entfernt und bis ins Dentin hinein geschliffen worden, bei Zahn 55 ist grenzwertig viel abgeschliffen worden. Durch das Slicen ist zudem eine Dentinwunde entstanden, welche die Qualität der Milchzähne herabgesetzt hat. Weiterhin hat die Sachverständige gemäß der röntgenologischen Befunde die Qualität des Slicens als nicht empfehlungsgemäß und damit als fehlerhaft beurteilt. Zahn 55 weist nach Angabe der Sachverständigen Stufenbildungen im Schmelz auf. Zahn 75 und 85 zeigen eine schartige Oberfläche des Präparationsverlaufs mesial. Zahn 85 weist überdies entgegen den Empfehlungen ein scharfgradiges Präparationsende auf. Eine derart ungleichmäßige Oberfläche darf als Ergebnis des Beschleifens nicht passieren. Hierdurch können sich Speisereste festsetzen und die Zahnreinigung wird schwierig.

 

Soweit die Beklagten hiergegen anführen, die Menge an Zahnsubstanz, die durch das Slicen entfernt werde, sei durch die anatomische Struktur des Gebisses von vornherein vorgegeben, vermag sie dies nicht zu entlasten. Die Sachverständige hat es bereits erstinstanzlich als "nach teilig" beurteilt, das Beschleifen der Milchzähne allein daran auszurichten, später auf beiden Seiten von Ober und Unterkiefer gleich breite Implantate einsetzen zu wollen. Sie hat im Senatstermin nochmals dargelegt, dass man im Falle der Klägerin nicht nur auf das optimale optische Ergebnis abstellen durfte. Vielmehr musste man auch den ausdrücklich zum Behandlungsziel erklärten Zahnerhalt beachten. Es verbleibt daher bei der Bewertung, dass man bei Milch zähnen nicht mehr als 1 mm abschleifen durfte, um die Zahnsubstanz nicht nachhaltig zu schädigen. Aus rein kieferorthopädischer Sicht musste hier für ein optimales Ergebnis ggf. mehr als 1 mm weggenommen werden. Dies ging aber zu Lasten der Langzeitprognose.

 

Ergibt sich der Behandlungsfehler vor allem daraus, dass als Folge des Slicens der drei Milch zähne diese geschädigt worden sind und deren Langzeitprognose verschlechtert worden ist, geht auch der Einwand der Beklagten ins Leere, nur durch Slicen erhielte man ein harmonisches Ergebnis, weil allein das Slicen die Option auf ein optimales Gebiss ergäbe. Die Sachverständige hat insoweit nochmals klargestellt, dass es für ein harmonisches Ergebnis nicht erforderlich ist, dass die Zähne rechts und links später gleich breit sind. Dies ist auch weder für die Kaufähigkeit noch für die Zahnpflege erforderlich. Die Patientin hat daher durch die Maßnahme der Beklagten keinen Vorteil. Es ist aus medizinischer Sicht nicht erforderlich, dass die Zähne gleich breit sind, solange nur eine richtige Verzahnung vorliegt.

 

Das Behandlungsergebnis, bei dem als Folge des Slicens eine ungleichmäßige Oberfläche entstanden und zu viel Material abgetragen worden ist, ist nach Auffassung der Sachverständigen, der sich der Senat anschließt, insgesamt als grob behandlungsfehlerhaft anzusehen. Grund hierfür ist vor allem, dass durch die Dentinwunden die Qualität der Milchzähne herabgesetzt und damit ihre Langzeitprognose verschlechtert worden ist, die als Behandlungsziel doch gerade möglichst lang erhalten bleiben sollten. Milchzähne sind wesentlich empfindlicher als bleibende Zähne und weisen eine deutlich dünnere Schmelzschicht auf, weshalb es beim Beschleifen zu deutlich größeren Beeinträchtigungen kommt. Hinzu kommt, dass durch die Dentinwunde ein Schaden gesetzt und zumindest teilweise nicht einmal Platz gewonnen worden ist, da der durch das Slicen zunächst gewonnene Platz durch die notwendige zahnärztliche Versorgung des Dentins an Zahn 85 und 75 jeweils distal teilweise wieder aufgefüllt wurde.

 

Nachdem sich der bereits erstinstanzlich festgestellte grobe Behandlungsfehler bei der Durchführung der Schleifmaßnahmen bestätigt hat, kann vorliegend offenbleiben, ob die Beklagten vor der Behandlung die von der Sachverständigen als aus medizinischer Sicht für erforderlich erachtete Aufklärung über die vorliegend in Frage kommenden echten Behandlungsalternativen vorgenommen haben. Insoweit hat die Sachverständige die bereits im schriftlichen Gutachten angeführte Behandlungsalternative eines Lückenschlusses im vorliegenden Fall als Goldstandard bezeichnet, der auch bei der bestehenden asymmetrischen Situation indiziert gewesen wäre. Hierzu hätte man entweder die Milchzähne sofort extrahieren müssen oder bei Vorgabe möglichst langfristigen Zahnerhalts den Lückenschluss auch dann noch vornehmen können, wenn sich die Milchzähne von sich aus lockern. 26 Gleichermaßen kommt es letztlich nicht mehr darauf an, ob die Klägerin über die Risiken des Slicens, insb. Dentinwunden und Temperaturempfindlichkeit in der erforderlichen Form aufgeklärt worden ist.

 

Angesichts der zurechenbaren Folgen ist auch das vom Landgericht festgesetzte Schmerzensgeld von 2.000,00 EUR nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat infolge des nicht fachgerechten Slicens ihrer Milchzähne Schmerzen erlitten und musste eine zahnärztliche Versorgung der Dentinwunde vornehmen lassen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bis heute unter Beschwerden durch die nach der Behandlung aufgetretene Temperaturempfindlichkeit der Zähne leidet, auch wenn sich diese ihren Angaben nach seid Einbringung einer Keramikbrücke mittlerweile gebessert haben. Angesichts der sich aus dem groben Behandlungsfehler ergebenden Beweislastumkehr ist den Beklagten auch zuzurechnen, dass an zwei der beschliffenen Milch zähne bereits kurze Zeit nach der Behandlung Karies aufgetreten ist. Gleiches gilt für den Um stand, dass da Beschleifen die Langzeitprognose der Milchzähne verschlechtert hat, auch wenn sich nicht sicher feststellen lässt, wie lange sich die Milchzähne in diesem Zustand erhalten las sen.

 

Im Hinblick darauf, dass nicht absehbar ist, welche weiteren gesundheitlichen Folgen sich aus der grob fehlerhaften Behandlung durch die Beklagten ergeben, ist auch der Feststellungsantrag begründet. Auch wenn das Behandlungskonzept nach den Behandlungsunterlagen von vornherein darauf ausgelegt gewesen ist, im späteren Verlauf nach Verlust der Milchzähne Implantate zu setzen, ist der weitere gesundheitliche Verlauf nicht vorhersehbar.

 

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 30 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10, 713 ZPO. 31 Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.


Ausdruck Urteil - PDF