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Schadensersatzanspruch für entgangenes Elterngeld

 | Gericht:  Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf  | Aktenzeichen: 12 Sa 716/19 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie:  Arbeitsrecht

Urteilstext

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten und auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 26.09.2019 - 5 Ca 450/19 - teilweise abgeändert und in der Hauptsache wie folgt gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 267,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2020 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über die Anträge zu 1. und 2. hinaus im Jahr 2020 sämtliche weiteren materiellen Schäden mit einer Haftungsquote von 70% zu ersetzen, die aus der Auszahlung der Vergütung der Klägerin für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 erst im Jahr 2018 und damit steuerrechtlich als sonstige Bezüge resultieren, soweit diese nicht auf Dritte übergegangen sind.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 341,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2019 zu zahlen.

5.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin und dem Beklagten je zur Hälfte auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 57 % und der Beklagte zu 43 %.

IV. Die Revision wird für beide Parteien - ausgenommen das Unterliegen der Klägerin betreffend die Steuerberatungskosten von 800,00 Euro für das Jahr 2019 - zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen entgangenen Elterngeldes sowie über den Ersatz der Kosten einer Steuerberaterin.

Die Klägerin war seit dem 06.09.2017 bei dem Beklagten, einem Zahnarzt, als zahnmedizinische Mitarbeiterin beschäftigt. Grundlage war der Arbeitsvertrag vom 07.09.2017. In diesem hieß es u.a.:

"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses

...

(3) Die Einstellung erfolgt unter der Bedingung, dass die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter nach dem Ergebnis der Einstellungsuntersuchung für die geschuldete Tätigkeit geeignet ist.

§ 6

Vergütung

(1) Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter erhält für die vertragliche vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.000,00 Euro. Die Vergütung ist jeweils am Letzten eines Monats zur Zahlung fällig.

..

§ 16

Schriftform, Ausschlussfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis

...

(2) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten von der Praxisinhaberin / dem Praxisinhaber oder von der Mitarbeiterin / dem Mitarbeiter schriftlich geltend gemacht wurden. Die Versäumung der Ausschlussfrist führt zum Verlust des Anspruchs. Im Falle einer Ablehnung sowie im Fall des Schweigens sind die beiderseitigen Ansprüche innerhalb einer Frist von weiteren drei Monaten, spätestens also sechs Monate ab Fälligkeit gerichtlich einzuklagen, ansonsten verfallen sie."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Bezug genommen. Die Klägerin erbrachte ihre Arbeitsleistung bis zum 11.09.2017 einschließlich. Am 11.09.2017 hatte die Klägerin nach Dienstschluss einen Termin bei ihrer Frauenärztin, weil sie an Magenkrämpfen litt. Die Frauenärztin stellte eine Schwangerschaft fest. Die Frauenärztin stellte der Klägerin den Mutterpass aus. Sie stellte außerdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich 15.09.2017 aufgrund der Magenkrämpfe aus. Am 11.09.2017 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie schwanger sei. Sie überreichte dem Beklagten am 12.09.2017 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und den Mutterpass, von dem der Beklagte eine Kopie fertigte. Der Beklagte forderte die Klägerin auf, einen Termin bei dem Betriebsarzt Dr. X. zu vereinbaren, was diese am 12.09.2017 für den 22.09.2017 tat. Am 13.09.2017 übersandte der Beklagte der Klägerin per E-Mail das als Anlage H 2 zur Akte gereichte Formular mit der Bitte, dies von ihrer Frauenärztin ausfüllen zu lassen. Dies lehnte die Frauenärztin ab. Am 18.09.2017 um 08.00 Uhr wollte die Klägerin ihre Tätigkeit wieder aufnehmen und erschien am Arbeitsplatz. Der Beklagte teilte ihr mit, dass er sie nicht weiter beschäftigen werde und schickte sie nach Hause. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.09.2017, das der Klägerin am 19.09.2017 zuging, erklärte der Beklagte die Anfechtung des geschlossenen Arbeitsvertrages, weil die Klägerin weder im Einstellungsgespräch noch im Personalfragebogen ihre Schwangerschaft erwähnt habe. Nach der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz bestehe in Zahnarztpraxen ein generelles Beschäftigungsverbot für schwangere Mitarbeiterinnen, so dass es nicht möglich sei, die Klägerin als zahnmedizinische Mitarbeiterin zu beschäftigen. Der Arbeitsvertrag sei deshalb nichtig und wegen Irrtums anfechtbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Schreiben vom 14.09.2017 Bezug genommen. Am 22.09.2017 wurde die Klägerin bei Dr. X. vorstellig. Dieser füllte das von dem Beklagten übersandte Formular aus und sprach mit Wirkung vom 22.09.2017 ein "individuelles Beschäftigungsverbot" bis zum Beginn des Mutterschutzes für jede Tätigkeit aus. Grundlage war die vom Arzt auf den Arbeitsplatz der Klägerin bezogene Gefährdungsbeurteilung mit dem Ergebnis, dass die Arbeitnehmerin sofort unter Fortzahlung ihres Arbeitsentgeltes freigestellt werde, weil die weitere Beschäftigung ohne Gefährdung der werdenden Mutter nicht möglich sei. Das Attest und die Gefährdungsbeurteilung übersandte der Betriebsarzt unmittelbar an den Beklagten.

Die Klägerin strengte gegen den Beklagten vor dem Arbeitsgericht Wuppertal das Verfahren zum Az. 5 Ca 2864/17 an und kündigte folgende Anträge an: (1) Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien seit dem 06.09.2017 bestehende begründete Arbeitsverhältnis fortbesteht; (2) Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin Mutterschutzlohn in Höhe von 924,80 Euro zu zahlen. Ein Zinsbegehren enthielt der Antrag zu 2), der den Mutterschutzlohn für die Zeit vom 18.09.2017 bis zum 30.09.2017 betraf, nicht. Die beiden Klageanträge stellte die Klägerin im Kammertermin am 11.01.2018 vor dem Arbeitsgericht Wuppertal. Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 11.01.2018 wies das Arbeitsgericht darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Anfechtungserklärung beendet wurde. Das Gericht wies weiter darauf hin, dass der Klägerin ein Anspruch auf Mutterschutzlohn gegen den Beklagten zustehe. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 11.01.2018 schlossen die Parteien sodann folgenden Vergleich:

"1. Es besteht Einigkeit darüber, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht.

2. Der Beklagte zahlt an die Klägerin als Lohn beziehungsweise Mutterschutzlohn für den Monat September 2017 einen Betrag in Höhe von 924,80 Euro brutto Zug um Zug gegen Aushändigung einer Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG auf dem dafür vorgesehenem Formular (rosa Schein).

3. Der Beklagte zahlt an die Klägerin für die Monate Oktober, November sowie Dezember 2017 als Mutterschutzlohn einen Betrag in Höhe von jeweils 2.000,00 Euro brutto Zug um Zug gegen Vorlage der oben genannten Bescheinigung.

4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.

5. Der Beklagte behält sich den Widerruf dieses Vergleichs durch schriftliche Eingabe bei Gericht bis zum 09.03.2018 vor."

Mit Schreiben vom 27.01.2018 teilte die Krankenkasse der Klägerin deren damaligem Prozessbevollmächtigten mit, dass, sofern das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin tatsächlich bestanden habe, im Rahmen der Umlageversicherung eine Erstattung der Aufwendungen, insbesondere bei individuellen Beschäftigungsverboten in Betracht komme. Mit Schreiben vom 20.01.2018, das dem Beklagtenvertreter am 07.02.2018 zuging, übersandte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Schreiben der Krankenkasse vom 27.01.2018 und wies darauf hin, dass der Erstattung der Lohnaufwendungen keine Hindernisse entgegenstünden. Er erläuterte außerdem, warum ein sog. "rosa Schein" nicht ausgestellt werden könne und auch nicht erforderlich sei. Mit Schreiben vom 09.03.2018 teilte der Beklagtenvertreter dem damaligen Vertreter der Klägerin mit, dass der Vergleich nicht widerrufen werde. Zugleich wurde um Mitteilung gebeten, ob die Klägerin Entgeltersatzleistungen bezogen habe. Dies verneinte die Klägerin. Der Beklagte widerrief den Vergleich innerhalb der vereinbarten Frist auch nachfolgend nicht. Die Zahlung der Beträge aus dem Vergleich für die Monate September bis Dezember 2017 an die Klägerin erfolgte am 20.03.2018. Da zu diesem Zeitpunkt das Lohnsteuerverfahren für das Kalenderjahr 2017 bereits abgeschlossen war, erfolgte die Auszahlung seitens des Beklagten lohnsteuerrechtlich als "sonstige Bezüge".

Auf den Antrag der Klägerin vom 22.06.2018 bewilligte die Stadt Wuppertal dieser für ihr am 01.05.2018 geborenes Kind mit Bescheid vom 26.06.2018 Elterngeld in Form des Elterngeldes Plus in Höhe von monatlich 348,80 Euro ab dem dritten Lebensmonat des Kindes, d.h. ab dem 01.07.2018 bis zum 29.02.2020. Ausweislich der Anlage zum Bescheid vom 26.06.2018 wurden die Monate 02/2017 bis 02/2018 mit jeweils 2.000,00 Euro Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit belegt, ausgenommen die Monate 10/2017, 11/2017 und 12/2017, die mit 0,00 Euro belegt waren und ausgenommen den Monat 09/2017, der in der Aufzählung der maßgeblichen zwölf Kalendermonate nicht vorkam. Der Berechnung des Elterngeldes der Klägerin lagen folgende weitere Daten zu Grunde: (1) nicht selbständige Tätigkeit vor der Geburt, (2) keine Erwerbstätigkeit nach der Geburt; (3) Steuerklasse 4; (4) Kinderfreibetrag 0,0; (5) keine Kirchensteuer; (6) keine kleine Vorsorgepauschale; (7) Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung und Kranken-/Pflegeversicherung jeweils ja. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 26.06.2018 legte die Klägerin mit Schreiben vom 31.07.2018 Widerspruch ein, weil bei der Elterngeldberechnung die Monate Oktober, November und Dezember 2017 mit 0,00 Euro belegt worden waren. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2018 der Bezirksregierung Münster zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es u.a., dass die Nachzahlung für die Monate Oktober 2017 bis Dezember 2017 gemäß LStR 39b 2 Abs. 2 zu § 39b EStG ein sog. "sonstiger" Bezug sei, weil der Arbeitslohn später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres 2018 ausgezahlt wurde. Ein lohnsteuerrechtlich als sonstiger Bezug eingeordneter Gehaltsbestandteil dürfe gemäß § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG für die Berechnung des Elterngeldes auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu Grunde gelegt werden. Die materiell-rechtliche Zuordnungsregelung des Steuerrechts sei für die Elterngeldbemessung verbindlich. Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin keine Klage vor den Sozialgerichten. Das ihr bewilligte Elterngeld Plus von monatlich 348,80 Euro bezog die Klägerin ab dem 01.07.2018 tatsächlich.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2019 machte die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.722,96 Euro entgangenen Elterngeldes für 24 Monate gegenüber dem Beklagten mit Fristsetzung bis zum 31.01.2019 geltend. Dieser wies diese Forderung mit anwaltlichem Schreiben vom 07.02.2019 zurück.

Die Klägerin beauftragte die Steuerberaterin S.-I. mit der Berechnung der steuerlichen Auswirkungen durch den geringeren Elterngeldbetrag im Jahr 2018. Ausweislich der als Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.07.2019 zur Akte gereichten Vergleichsberechnungen der Steuerberaterin, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ergab sich für die Klägerin aufgrund des gezahlten geringeren Elterngeldes Plus in 2018 eine Steuerersparnis von 47,00 Euro. Mit Rechnung vom 09.07.2019 stellte die Steuerberaterin der Klägerin insgesamt 816,64 Euro brutto in Rechnung, wobei sie ihre Leistungen gemäß StBVV 2012 berechnete. Sie setzte ohne die Mehrwertsteuer von 19% folgende Beträge an: (1) Einkommenssteuererklärung ohne Ermittlung der einzelnen Einkünfte bei einem Gegenstandswert von 11.533,00 Euro und einem 3,50/10 Satz: 193,20 Euro; (2) Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit bei einem Gegenstandswert von 15.812,00 Euro und einem 6,5/10 Satz: 193,05 Euro; (3) Zusätzliche Berechnungen im Zusammenhang mit der Ermittlung der Steuer die aufgrund des Progressionsvorbehaltes auf den Elterngeld-Schadensersatz entfällt: 300,00 Euro. Die Klägerin beglich die Forderung in Höhe von 816,64 Euro ausweislich des vorgelegten Online-Bankings-Auszugs. Der Steuerbescheid für das Jahr 2018 datierte vom 12.09.2019. Für dessen Inhalt wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung Bezug genommen.

Die Klägerin beauftragte die Steuerberaterin auch für das Jahr 2019 mit einer Vergleichsberechnung. Ausweislich der Berechnungen der Steuerberaterin ergaben sich ohne entgangenes Elterngeld Einkünfte der Klägerin von 3.788,00 Euro im Jahr 2019 und mit entgangenem Elterngeld von 4.650,00 Euro. Dem lagen alleine die Ersatzleistungen der Klägerin, d.h. Elterngeld von 4.185,00 Euro bzw. 5.047,00 Euro mit Schadensersatz Elterngeld zu Grunde. Weitere Einnahmen hatten weder die Klägerin noch deren Ehemann in 2019 erzielt. Es ergab sich nach den Berechnungen der Steuerberaterin keine Steuerdifferenz. Für diese Steuerberechnungen für das Jahr 2019 stellte die Steuerberaterin S.-I. der Klägerin inklusive Mehrwertsteuer 800,00 Euro mit Datum vom 30.01.2020 in Rechnung. Diesen Betrag überwies die Klägerin der Steuerberaterin am 07.02.2020.

Mit ihrer am 25.02.2019 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen, dem Beklagten am 11.03.2019 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 1.722,96 Euro, mit ihrer Klageerweiterung vom 25.07.2019, welche dem Beklagten am 29.07.2019 zugestellt wurde, den Ersatz zukünftiger Schäden sowie eine Erstattung der Kosten, welche ihr durch die Beauftragung der Steuerberaterin entstanden sind, verlangt.

Die Klägerin hat gemeint, ihr sei durch die verspätete Auszahlung des Arbeitslohns für die Monate Oktober bis Dezember 2017 durch den Beklagten ein Schaden in Form eines geringeren Elterngeldes entstanden, weil der Arbeitslohn bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden konnte. Sie hat behauptet, dass dann, wenn der Beklagte die Bezüge rechtzeitig gezahlt hätte, sie Elterngeld Plus in Höhe von monatlich 420,25 Euro erhalten hätte. Die Höhe ergebe sich aus dem Elterngeldrechner des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Aus der von ihrer Steuerberaterin erstellten Vergleichsberechnung ergebe sich unter Annahme dieser erhöhten Elterngeldauszahlung eine steuerliche Mehrbelastung von 47,00 Euro im Jahr, welche als steuerlicher Vorteil vom Schadensersatzanspruch für 2018 abzuziehen sei. Daraus ergebe sich ein Anspruch in Höhe von 381,70 Euro für 2018 ([6 x (420,25 Euro - 348,80 Euro)] - 47,00 Euro). Aufgrund des noch nicht abschließend zu benennenden Progressionsvorbehalts für das Jahr 2019 sei der Schaden für dieses Jahr noch nicht bestimmbar. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass sie in 2019 keine weiteren Einnahmen erzielt habe, so dass davon auszugehen sei, dass es nicht zu einer Steuerersparnis kommen werde. Nach Auskunft der Steuerberaterin werde es für 2019 und 2020 bei dem reinen Differenzschaden bleiben.

Die Klägerin hat gemeint, den ihr entstandenen Schaden habe der Beklagte zu vertreten, weil ihr der geltend gemachte Betrag als Elterngeld Plus zugestanden hätte, wenn der Lohn rechtzeitig gezahlt worden wäre. Dem Beklagten hätte die Unwirksamkeit der Anfechtung des Arbeitsvertrages von vornherein offensichtlich sein müssen. Sie habe sich nicht auf die Durchführung eines sozialgerichtlichen Verfahrens verweisen lassen müssen, weil dieses keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Schließlich habe der Beklagte auch die Kosten für die Beauftragung der Steuerberaterin zu tragen, welche erforderlich gewesen sei, um den Schaden nach Steuern berechnen zu können.

Sie hat gemeint, dass die Verfallfrist im Arbeitsvertrag unwirksam sei, weil sie auch den gesetzlichen Mindestlohn erfasse. Dies stelle einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagte zu verurteilen, an sie 381,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2019 für das Jahr 2018 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr über den Antrag zu Ziffer 1 hinaus auch sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die aus der Auszahlung ihrer Vergütung für die Monate September bis Dezember 2017 erst im Jahr 2018 und damit steuerrechtlich als "sonstige Bezüge" resultieren soweit diese nicht auf sonstige Dritte übergegangen sind,

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 816,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, der Klägerin stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach zu, wobei er konkret bestritten hat, dass der Klägerin bei Berücksichtigung der Zahlungen für die Monate Oktober 2017 bis Dezember 2017 ein monatliches Elterngeld Plus von 420,25 Euro zugestanden hätte und die Klägerin dieses 24 mal erhält. Der Beklagte hat die steuerliche Mehrbelastung von nur 47,00 Euro bestritten. Da er sich in dem Vergleich nur zu einer Zug-um-Zug Leistung verpflichtet habe und die Klägerin ihre Verpflichtung der Vorlage des rosa Scheins bis zum Abschluss des Vergleichs am 11.01.2018 nicht nachgekommen sei, erschließe sich nicht, welche Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis er überhaupt verletzt haben könnte. Er habe die Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG auf dem dafür vorgesehenen Formular (rosa Schein) benötigt, um im Umlageverfahren gemäß AAG das der Klägerin zu zahlende Arbeitsentgelt erstattet zu erlangen. Ausweislich der Regelung im Vergleich sei der Mutterschutzlohn erstmals mit der Vorlage des rosa Scheins, d.h. im Jahre 2018 fällig geworden. Darüber hinaus treffe ihn kein Verschulden. Zudem sei der Anspruch nach § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags verfallen.

Der Beklagte hat gerügt, dass er die durch die Beauftragung der Steuerberaterin entstandenen Kosten aufgrund der Regelung des § 12a ArbGG nicht tragen müsse, zumal diese überhöht seien und "Sowieso-Kosten" beinhalten würden. Für die Abrechnung des Pauschalbetrages von 300,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer bestehe keine Veranlassung. Es seien hierfür maximal eine 2/10 Gebühr aus einem Wert von 381,70 Euro anzusetzen, d.h. nicht mehr als 30,00 Euro.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26.09.2019 stattgegeben. Gegen das ihm am 17.10.2019 zugestellte Urteil hat der Beklagte am Montag, den 18.11.2019 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.01.2010 am 27.12.2019 begründet. Die Berufungsbegründung ist der Klägerin am 02.01.2020 zugestellt worden. Die Berufungserwiderung der Klägerin ist am 31.01.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.

Der Beklagte meint, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Mutterschutzlöhne für September 2017 bis Dezember 2017 jeweils am Monatsletzten fällig gewesen seien. Für einen Anspruch aus § 18 MuSchG n.F. sei die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet, d.h. zur Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verpflichtet. Dieses habe die Klägerin 2017 aber noch nicht zur Verfügung gestellt. Dem entspreche die Vereinbarung im Vergleich "Zug-um-Zug". Die genannten Lohnansprüche könnten daher frühestens im Jahr 2018 nach Vorlage der Bescheinigung fällig werden. Er habe deshalb keine Schadensursache gesetzt. Der Beklagte behauptet, er habe das Schreiben von Dr. X. betreffend das Beschäftigungsverbot erst deutlich später erhalten.

Die Klägerin müsse sich vorsorglich ein hundertprozentiges Mitverschulden anrechnen lassen. Es sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin nicht bereits in 2018 die Bescheinigung auf dem dafür vorgesehenen Formular (rosa Schein) habe vorlegen können.

Der Beklagte wendet sich gegen die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Es fehle die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides 2018. Aus den Berechnungen der Steuerberaterin ergebe sich, dass sich die steuerliche Mehrbelastung von 47,00 Euro nur auf das Einkommen von 11.533,00 Euro und nicht auf das zu versteuernde Gesamteinkommen von 27.345,90 Euro (11.533, Euro + 15.812,00 Euro) beziehe. Die Klägerin solle sich auch zu sonstigen Einkünften in 2018 erklären.

Der Beklagte rügt, er sei zur Zahlung von sog. "Sowieso-Kosten" verurteilt worden. Mit der Fertigung der Steuererklärung der Klägerin für das Jahr 2018 habe er sich nicht zu befassen. Wie erstinstanzlich gerügt, sei der Betrag von 300,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer aus der Rechnung für 2018 deutlich überhöht und falle nicht mehr unter das Prognoserisiko. Auch mit der Berechnung der Steuerberaterin für das Jahr 2019 habe er sich nicht zu befassen. Es handele sich ebenfalls um sog. Sowieso-Kosten.

Der Beklagte rügt erneut den Verfall der Ansprüche gemäß § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrages. Soweit die Klägerin neue Unterlagen und Sachvortrag in den Prozess einführe, rügt der Beklagte Verspätung.

Der Beklagte behauptet, dass es bei den Vergleichsgesprächen im Januar 2018 u.a. um folgende Sachverhalte gegangen sei. Bis zum 15.09.2017 habe wegen § 3 Abs. 3 EFZG kein Entgeltfortzahlungsanspruch bestanden. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass für die Zeit ab 18.09.2017 keine Anspruchsgrundlage für den Mutterschutzlohn erkennbar gewesen sei. Er habe die Auskunft erhalten, dass weder seine eigene Expertise noch diejenige von Dr. X. zur Dokumentation des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes ausreichend sei. Für die Erstattung im Wege der Umlageversicherung bei der Krankenkasse sei eine externe ärztliche Bescheinigung im Wege eines ärztlichen Attestes oder auf Rezeptpapier (rosa Schein) erforderlich. Man sei sich im Wege des Vergleichs einig gewesen, dass die bisherigen Dokumente den Anspruch auf Mutterschutzlohn nicht begründen. Die lange Widerrufsfrist habe den Hintergrund gehabt, dass er habe abklären wollen, wie sich nach Eingang der Formulare die Krankenkasse der Klägerin betreffend die Erstattung positioniert. Deshalb habe er im Vorprozess der Krankenkasse der Klägerin den Streit verkündet. Angesichts auch des tatsächlichen Ablaufs nach dem Vergleich bis zur Auszahlung des Mutterschutzlohnes bestehe kein Zweifel, dass die im Vorprozess geregelten finanziellen Ansprüche der Klägerin erst nach Bestandskraft des Vergleichs und Abgabe der weiteren klägerischen Erklärungen fällig geworden seien. Außerdem habe ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht bis zur Erteilung der Auskunft zu Entgeltersatzleistungen bestanden. § 271a Abs. 1 BGB führe zu keinem anderen Ergebnis. Die vereinbarte Gegenleistung, nämlich die ausreichende Dokumentation habe er erst im Jahr 2018 erhalten. Diese sei auch ausdrücklich im Vergleich geregelt.

Der Beklagte beantragt,

1. das am 26.09.2019 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal zum Az. 5 Ca 450/19 abzuändern und die Klage abzuweisen;

2. die in den Anträgen zu 4. und 5 der Klägerin liegende Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und soweit der Klageantrag zu 2) den Schaden für das Steuerjahr 2019 betraf

4. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 857,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für das Jahr 2019 zu zahlen;

5. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 800,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Der Klageantrag zu 4) beziehe sich auf das Steuerjahr 2019. Eine Steuerdifferenz ergebe sich in diesem Jahr nicht, so dass sich ein vom Beklagten zu zahlender Betrag von 857,40 Euro ergebe (12 x [420,25 - 348,80]). Der Klageantrag zu 5) beziehe sich auf die Kosten für die Steuerberaterin für die Vergleichsberechnung für das Jahr 2019. Die abschließende Berechnung für das Jahr 2020 sei noch nicht möglich, so dass der Klageantrag zu 2) insoweit als Feststellungsantrag aufrecht erhalten bleibe.

Die Klägerin behauptet, sie habe nach dem Termin am 11.01.2018 ihre Frauenärztin auf den sog. "rosa Schein" angesprochen, die nicht gewusst habe, was damit gemeint sei. Sie ist der Ansicht, die Vorlage des "rosa Scheins" sei keine Voraussetzung für die Entstehung und Fälligkeit ihres Anspruchs auf Mutterschutzlohn gewesen. Hier sei zu berücksichtigen, dass es um ein generelles Beschäftigungsverbot gehe, das sich aus der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes ergebe und keiner besonderen ärztlichen Feststellung bedürfe. Dies habe der Beklagte erkannt, was sich daraus ergebe, dass er sie am 18.09.2017 nach Hause schickte. Und trotz der Feststellung des Beschäftigungsverbotes ab dem 22.09.2017 durch den Betriebsarzt habe in der Zeit ab dem 11.09.2017 ein vorläufiges mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot gegolten. Der Beklagte sei deshalb aufgrund der Nichtzahlung des Mutterschutzlohnes gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Beklagte habe den durch die Nichtauszahlung des Mutterschutzlohns entstandenen Schaden zu vertreten. Ihm hätte die Anfechtung von Anfang an nicht plausibel erscheinen dürfen.

Sie müsse sich nicht auf ein Klageverfahren gegen den Widerspruchsbescheid verweisen lassen. Die Verknüpfung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes mit der lohnsteuerrechtlichen Behandlung aus § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG ergebe sich bereits aus einer Gesetzesänderung zum 01.01.2015.

Die Klägerin hat gemeint, sie habe die Elterngelddifferenz mit dem Elterngeldrechner des BMFSFL berechnen dürfen. Hierzu behauptet sie, dass die Stadt Wuppertal diesen ebenfalls für die Berechnung nutze.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie an dem entstandenen Schaden kein Mitverschulden treffe. Der Beklagte habe bereits ab September gewusst, dass sie schwanger sei und er sie nicht beschäftigen dürfe. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagte die Bescheinigung des Betriebsarztes Dr. X. erst "deutlich später" erhalten habe. Letztlich sei dies aber rechtlich auch unerheblich.

An der Zahlungspflicht des Beklagten ändere die vereinbarte Zug-um-Zug-Leistung in dem Vergleich vom 11.01.2018 nichts. Die Aushändigung des "rosa Scheins" sei nur als Entgegenkommen aufgenommen worden, weil der Beklagte auf dessen Vorlage bestand. Außerdem habe § 5 MuSchG am 11.01.2018 nicht mehr existiert. Sei § 15 MuSchG n.F. gemeint gewesen, handele es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift. Außerdem habe sie dem Beklagten ihre Schwangerschaft bereits zuvor nachgewiesen. Unabhängig davon sei der Schaden im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits eingetreten gewesen, weil es alleine auf die von dem Arbeitgeber vorgenommene lohnsteuerrechtliche Einordnung der Einnahmen ankomme. Auch eine Auszahlung vor dem Ablauf der ersten drei Wochen des Jahres 2018 oder auch früher hätte nicht dazu geführt, dass die Zahlung lohnsteuerrechtlich als laufender Arbeitslohn gezahlt worden wäre. Die lohnsteuerrechtliche Einordnung als sonstiger Bezug ergebe sich bereits dann, wenn die Einmalzahlung außerhalb des regulären arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeitraums erfolge. Aber selbst wenn man darauf abstellen wollte, dass maßgeblich die Zahlung nach Ablauf der ersten drei Wochen des Jahres 2018 sei, ergebe sich nichts anderes. Der Schaden hätte auch ohne Vergleichsabschluss faktisch nicht vermieden werden können. Dies sei eine rein theoretische Annahme, weil am 11.01.2018 nur noch eine Woche für Auszahlung und Urteil zur Verfügung gestanden hätten. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, eine derart schnelle Zahlung herbeizuführen. Außerdem habe sie den Beklagten umgehend darüber unterrichtet, dass ihre Frauenärztin einen sog. "rosa Schein" nicht ausstelle.

Ein bereits eingetretener Schaden sei durch den Vergleich weder rückgängig gemacht worden noch mit abgegolten worden. Mangels Kenntnis des Schadens hätten sich die Parteien dazu überhaupt nicht geeinigt. Um die bereits eingetretenen Verzugsfolgen rückgängig zu machen, bedürfe es eines Erlassvertrages. Dazu ergebe sich nichts aus dem Vergleich vom 11.01.2018. Der Vergleich regele die Fälligkeit zunächst nicht abweichend. Die Auslegung des Vergleichs lasse auch unter Berücksichtigung der Umstände, die zu dessen Abschluss führten, keine Mitregelung der Verzugsfolgen erkennen. Dafür spreche auch, dass der im Vorprozess gestellte Zahlungsantrag keine Verzugszinsen enthalten habe. Auf den "rosa Schein" und die Widerrufsfrist habe sie sich nur zur Herbeiführung der gütlichen Einigung auf Drängen des Beklagten eingelassen. Eine abweichende Regelung der Fälligkeit liege darin nicht. Angesichts der vorherigen Unterrichtungen über ihre Schwangerschaft sei es treuwidrig, dass der Beklagte auf dem "rosa Schein" bestanden habe. Einem Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunktes stehe auch § 271a BGB entgegen. Und auch ohne den Vergleich wäre der Schaden durch die Nichterfüllung der Zahlungsansprüche eingetreten. Es sei abwegig, ihr vorzuhalten, dass sie einen Schaden tragen müsse, der aus dem Abschluss eines Vergleichs folge, zu dessen Inhalt auch ein Urteil geführt hätte. Ihr könne der Vergleich auch nicht als Aspekt des Mitverschuldens entgegengehalten werden. Da der Beklagte die Auszahlung ohne den "rosa Schein" getätigt habe, habe er auf diese Gegenleistung verzichtet, so dass es an einem gegenseitigen Nachgeben fehle.

Die Klägerin bestreitet, dass man sich bei Vergleichsabschluss einig gewesen sei, dass noch nicht alle Dokumente vorhanden gewesen seien, um den Anspruch auf Mutterschutzlohn zu begründen. Jedenfalls ihr sei nicht bekannt gewesen, was der Beklagte mit dem "rosa Schein" gemeint habe. Dessen Verständnis habe sie erst jetzt erfahren. Vielmehr habe der Beklagte im Kammertermin mitgeteilt, dass er nicht wisse, was er für die Umlageversicherung benötige, weil er sich diesbezüglich nicht erkundigt habe. Vorsorglich wolle er eine Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F.. Die Klägerin bestreitet, dass Hintergrund der langen Widerrufsfrist die Abklärung bei der Umlageversicherung gewesen sei. Und selbst wenn dies so sei, könne es nicht zu ihren Lasten gehen, wenn der Beklagte sich nicht rechtzeitig erkundigt habe. Die Annahme des Beklagten, die vorliegenden Dokumente würden für eine Anspruchsbegründung auf Mutterschutzlohn nicht ausreichen, hätte auf einer fehlerhaften Rechtsansicht beruht. Der von ihr bestrittene Vortrag dazu, dass der Beklagte die Auskunft erhalten habe, dass es einer "externen" Bescheinigung bedurft hätte, sei rechtlich unerheblich. Die Auskunft sei falsch und würde allenfalls einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen denjenigen, der die Auskunft erteilte, begründen. Und selbst wenn die Unterlagen für die Erstattung durch die Krankenkasse nicht ausreichten, hätte dies keine Auswirkungen auf ihren Anspruch auf Mutterschutzlohn. Im Übrigen sei angesichts des Schreibens der Krankenkasse zu bezweifeln, dass eine Erstattung nicht bereits mit dem im Vergleichszeitpunkt vorliegenden Unterlagen möglich gewesen sei.

Die Klägerin meint, die Kosten für ihre Steuerberaterin seien nicht unverhältnismäßig hoch. Zunächst sei sie vergleichsbereit gewesen und habe noch keine Kosten verursacht. Erst nachdem der Beklagte den Vergleichsvorschlag aus dem Gütetermin abgelehnt hatte, habe sie die Steuerberaterin beauftragt. Um den Schaden abschließend zu beziffern, habe sie die Hilfe der Steuerberaterin danach in Anspruch nehmen müssen. Es handele sich nicht um Sowieso-Kosten, weil die Berechnung alleine und ausschließlich zum Zwecke der Berechnung des Schadens erfolgt sei. Die Steuerberaterin habe sich im Gebührenkorridor der StBVV gehalten. Außerdem habe die Steuerberaterin erklärt, dass der Arbeitsaufwand besonders hoch gewesen sei. Zwei weitere Steuerberater hätten wegen des erheblichen Umfangs abgelehnt. Im Übrigen habe die Steuerberaterin zutreffend Einkünfte von 11.533,00 Euro aus nicht selbständiger Tätigkeit zu Grunde gelegt. Der Betrag von 15.812,00 Euro sei die Summe aus Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis und den Ersatzleistungen gemäß Anlage N.

Die Klägerin meint, dass sie die Ausschlussfrist eingehalten habe. Unabhängig davon sei diese intransparent, weil sie auch die gesetzlichen Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz erfasse und der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen und die Hinweisbeschlüsse des Gerichts vom 27.02.2020 und 30.03.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Berufung des Beklagten und die zulässige Anschlussberufung der Klägerin sind teilweise begründet, weil die zulässigen Anträge der Klägerin teilweise begründet sind. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2018 Schadensersatz für entgangenes Elterngeld in Höhe von 267,19 Euro und für das Jahr 2019 entsprechenden Schadensersatz in Höhe von 600,18 zu leisten. Darüber hinaus ist der Beklagte verpflichtet, der Klägerin 341,32 Euro an Steuerberatungskosten zu erstatten. Der zuletzt noch auf das Jahr 2020 bezogene Feststellungsantrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen sind die Anträge der Klägerin unbegründet.

I.

Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2018 Schadensersatz für entgangenes Elterngeld in Höhe von 267,19 Euro und für das Jahr 2019 entsprechenden Schadensersatz in Höhe von 600,18 zu leisten, weil die diesbezüglichen Zahlungsanträge zulässig und in der genannten Höhe begründet sind. Im Übrigen sind sie unbegründet.

1.

Die Klageanträge zu 1. auf Zahlung von 381,70 Euro entgangenem Elterngeld für das Jahr 2018 und zu 4. von 857,40 Euro für das Jahr 2019 sind zulässig. Dies gilt auch, soweit die Klägerin ihren in der ersten Instanz gestellten Feststellungsantrag betreffend das Jahr 2019 nunmehr im Rahmen ihrer zulässigen und insbesondre fristgemäßen Anschlussberufung (vgl. dazu BGH 07.05.2015 - VII ZR 145/12, juris rn. 26 ff.) als Zahlungsantrag weiter verfolgt. Der Übergang von einer Feststellungsklage auf die Leistungsklage bei gleichbleibendem Klagegrund, wie es hier der Fall ist, stellt nach § 264 Nr. 2 ZPO als Erweiterung des bisherigen Klageantrags keine Klageänderung dar (BAG 15.09.2011 - 8 AZR 846/09, juris Rn. 61; BAG 19.12.2018 - 10 AZR 233/18, juris Rn. 18). Und selbst wenn man dies anders sehen wollte, ändert dies nichts. Die Umstellung auf den Zahlungsantrag ist sachdienlich i.S.v. § 533 ZPO und kann auf die ohnehin in der Berufungsinstanz zu Grunde zu legenden Tatsachen gestützt werden.

2.

Die Klageanträge zu 1. und 4. sind in Höhe von 267,19 Euro und von 600,18 Euro begründet, weil der Beklagte der Klägerin in diesem Umfang aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges gemäß §§ 280 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des Mutterschutzlohnes für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 zum Ersatz des deshalb entgangenen Elterngeldes unter Berücksichtigung von deren Mitverschulden verpflichtet ist.

a)

Der Beklagte befand sich mit der Zahlung des Mutterschutzlohnes an die Klägerin für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 in Höhe von jeweils 2.000,00 Euro brutto in Verzug.

aa)

Der Klägerin stand für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 Mutterschutzlohn gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (aF) von jeweils 2.000,00 Euro brutto zu, weil die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F. vorlagen.

(1)

Der Anspruch der Klägerin auf Mutterschutzlohn richtet sich nach den bis zum 31.12.2017 geltenden Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes. Das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts vom 23.05.2017, das in Art. 1 eine Neufassung des Mutterschutzgesetzes enthielt, ist gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 dieses Gesetzes am 01.01.2018 in Kraft getreten, wobei zugleich gemäß Art. 10 Abs. 2 dieses Gesetzes das bisherige Mutterschutzgesetz zum 01.01.2018 außer Kraft trat (BGBl. I vom 29.05.2017 S. 12278 ff.). Mangels Übergangsvorschrift ist das neue Mutterschaftsrecht erst auf die Fallgestaltungen anzuwenden, die ab dem 01.01.2018 in dessen Geltungsbereich fallen (Tillmanns in Tillmanns/Muschler, Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 2. Aufl. 2018, § 1 MuSchG Rn. 2). Dies ist hier nicht der Fall.

(2)

In den Monaten Oktober, November und Dezember 2017 bestand zwischen der Klägerin und der Beklagten das mit Arbeitsvertrag vom 07.09.2017 begründete Arbeitsverhältnis fort, so dass die Klägerin, wie von § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F. ausdrücklich verlangt gemäß § 1 Nr. 1 MuSchG a.F. in den Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes fiel. Die von dem Beklagten erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrages mit Schreiben vom 14.09.2017 war unwirksam. Selbst wenn eine schwangere Frau die vereinbarte Tätigkeit wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes zunächst überhaupt nicht aufnehmen kann, besteht kein Anfechtungsrecht des Arbeitgebers wegen Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) oder Irrtum (§ 119 Abs. 2 BGB). Und selbst wenn die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages - was die Kammer ausdrücklich lediglich zu Gunsten des Beklagten unterstellt - gewusst hätte, dass sie schwanger ist und zunächst einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot unterliegt, bestand kein diesbezügliches Fragerecht des Beklagten. Die diesbezüglichen Fragen sind ebenso unzulässig wie eine auf deren falsche Beantwortung gestützte Anfechtung, sei es wegen Irrtum oder arglistiger Täuschung, weil dies eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellt (vgl. bereits BAG 06.02.2003 - 2 AZR 621/01, juris Rn. 17 ff. im Anschluss an die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH). Der Arbeitsvertrag ist danach entgegen der Ansicht des Beklagten im Anfechtungsschreiben auch nicht gemäß § 134 BGB nichtig.

(3)

Der kurze Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu dem hier in Rede stehenden mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot steht dem Anspruch auf Mutterschutzlohn ebenso wenig entgegen, wie die nur kurze tatsächliche Beschäftigung der Klägerin. Der Anspruch auf den Mutterschutzlohn des § 11 Abs. 1 MuSchG a.F. setzt weder eine Wartezeit voraus (Pepping in Rancke, Mutterschutz, Elterngeld, Elternzeit, Betreuungsgeld, 5. Aufl. 2018, § 18 MuSchG Rn. 30 zu § 18 MuSchG n.F.) noch ist er davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt wurde (LAG Berlin-Brandenburg 30.09.2016 - 9 Sa 917/16, juris Rn. 28, 32 ff.). § 1 Nr. 1 MuSchG a.F. verlangt lediglich den Bestand eines Arbeitsverhältnisses. Unabhängig von Vorstehendem ist das Arbeitsverhältnis hier, wenn auch nur kurz, in Vollzug gesetzt worden.

(4)

Es bestand das gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F. erforderliche mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft der Klägerin und damit jedenfalls ab dem 18.09.2017, d.h. dem Zeitpunkt ab dem die Klägerin im Vorprozess den Mutterschutzlohn mit dem Antrag zu 2. eingeklagt hatte.

(4.1.)

Das Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. knüpft anders als dasjenige gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG a.F. alleine an objektive Risiken bestimmter Arbeiten an. Erforderlich aber auch ausreichend ist das Vorliegen einer abstrakten Gefahr für Leben oder Gesundheit von werdender Mutter oder Kind. Eine solche abstrakte Gefahr liegt vor, wenn die Tätigkeit bei einer generell-abstrakten Betrachtung im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Gesundheitsgefahren für die Mutter oder das Kind zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt (C. Jacobsen in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2016, § 4 MuSchG Rn. 5). Daraus folgt, dass ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. unabhängig von einer ärztlichen Bescheinigung unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sobald der Tatbestand eines Verbots objektiv erfüllt ist (BAG 11.11.1998 - 5 AZR 49/98, juris Rn. 18, 22; BVerwG 27.05.1993 - 5 C 42/89, juris Rn. 14). Inhaltlich stellt § 4 Abs. 1 MuSchG eine Generalklausel dar, die in Absatz 2 durch eine Aufzählung einzelner verbotener Tätigkeiten beispielhaft ergänzt wird. Weitere Konkretisierungen und zudem eine Erweiterung verbotener Tätigkeiten enthalten die auf der Grundlage des § 4 Abs. 4 MuSchG erlassenen Rechtsverordnungen (BAG 11.11.1998 a.a.O. Rn. 22; BVerwG 27.05.1993 a.a.O., juris Rn. 10).

(4.2.)

Hier bestand mit Eintritt der Schwangerschaft der Klägerin und damit jedenfalls ab dem 18.09.2017 objektiv ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot i.S.v. § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. Dies folgt bereits aus der Bescheinigung von Dr. X. vom 22.09.2017. Es ist zwar richtig, dass dieser Arzt in dem Attest zur Vorlage bei dem Arbeitgeber ein individuelles Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG a.F. ausgesprochen hat, wie sich aus dem dort vorgedruckten Text ergibt. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich objektiv um ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. handelt, wie sich aus der von dem Arzt ebenfalls vorgenommenen und dokumentierten Gefährdungsbeurteilung gemäß § 1 MuSchArbV in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (a.F.) bezogen auf die Tätigkeit der Klägerin, nämlich einer Stuhlassistenz in einer Zahnarztpraxis, Assistenz, Reinigung, Desinfektion und Röntgen ausgeführt hat. Die Gefährdungsfaktoren beziehen sich allgemein auf die Tätigkeit der Klägerin, wie die Physikalische Gefährdung durch ionisierende Strahlung. Gleiches gilt für die Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, nämlich die Exposition gegenüber Erregern, wie Viren, Bakterien und Pilzen sowie das Arbeiten mit einer besonderen Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit. Es handelt sich dabei um schädliche Einwirkungen i.S.v. § 4 Abs. 1 MuSchG a.F., wobei das bejahte Arbeiten mit der besonderen Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit mit der Gefährdung für Mutter oder das ungeborene Kind ausdrücklich in der beispielhaften Auszählung in § 4 Abs. 2 Nr. 6 MuSchG a.F. enthalten ist. Als Ergebnis gemäß § 3 MuSchArbVO a.F. hat der Betriebsarzt festgehalten, dass die Klägerin ab sofort freizustellen sei, weil eine weitere Beschäftigung ohne ihre Gefährdung als werdende Mutter nicht möglich sei. Zwar hat Dr. X. die Feststellungen erst am 22.09.2017 getroffen und ab diesem Zeitpunkt ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Darauf kommt es indes nicht an, weil die objektiven Voraussetzungen des Beschäftigungsverbotes gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. bereits zuvor, d.h. auch ab dem 18.09.2017, vorlagen, was alleine maßgeblich ist. Es ist nicht ersichtlich, warum die objektiven medizinischen Feststellungen bezogen auf den Arbeitsplatz der Klägerin in den wenigen Tagen vom 18.07.2019 bis zum 22.09.2017 nicht vorlagen. Davon ist im Übrigen der Beklagte selbst nicht ausgegangen. Vielmehr hat er bereits mit Schreiben vom 14.09.2017 dezidiert und insoweit in der Sache zutreffend ein objektives mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot bezogen auf den Arbeitsplatz der Klägerin als Zahnarzthelferin angenommen.

(5)

In dem hier in Rede stehenden Zeitraum bestand kein Anspruch der Klägerin auf Mutterschaftsgeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Es hat hier ab dem 18.07.2019 auch alleine das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot dazu geführt, dass die Klägerin mit dem Arbeiten aussetzte. Anhaltspunkte dafür, dass sie in diesem Zeitraum, anders als bis zum 15.09.2017 unabhängig von der Schwangerschaft arbeitsunfähig erkrankt war, bestehen nicht. Vielmehr hat die Klägerin am 18.09.2017 ihre Tätigkeit am Arbeitsplatz angeboten. Der Beklagte hat sie indes nach Hause geschickt. Der tragende und insoweit auch richtige Grund dafür war das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot. Dies ergibt sich auch aus dem Anfechtungsschreiben des Beklagten vom 14.09.2017. Insoweit handelte der Beklagte richtig, weil er die Klägerin aufgrund des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes nicht arbeiten lassen durfte. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages scheidet wegen ihrer Unwirksamkeit als rechtliche Grundlage für die Verweigerung der Beschäftigung aus.

(6)

Der Höhe nach steht der Klägerin für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 Mutterschutzlohn in Höhe von monatlich 2.000,00 Euro brutto zu. Zwar kann aufgrund der nur kurzen Beschäftigungszeit der Klägerin nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F. auf den Durchschnitt der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn der Schwangerschaft abgestellt werden. Dementsprechend kann auch nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 MuSchG a.F. auf die ersten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung abgestellt werden. Maßgeblich ist allerdings der kürzere Zeitraum gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 MuSchG a.F., wobei Zeiten, in denen unverschuldet kein Arbeitsentgelt bezogen wurde, außer Betracht bleiben (§ 11 Abs. 1 Satz 5 MuSchG a.F.). Auch wenn hier ein nur sehr kurzer, nicht einmal einen Monat dauernder Zeitraum für die Durchschnittsberechnung zur Verfügung steht, ist doch auf der Grundlage der obigen Ausführungen sowohl nach einer auf den kurzen Zeitraum bezogenen tatsächlichen Berechnung und selbst bei hypothetischer Betrachtungsweise (vgl. dazu Boecken in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2016, § 11 MuSchG Rn. 23) aufgrund der fest vereinbarten Monatsvergütung von 2.000,00 Euro brutto klar, dass sich dieser Betrag für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 ergab. Es ist zumindest der Betrag zu zahlen, der der vereinbarten Vergütung entspricht. Bei einem gleichbleibendes Entgelt ist dieses weiterzuzahlen und eine Berechnung im Einzelnen erübrigt sich (LAG Berlin-Brandenburg 30.09.2016, a.a.O. Rn. 45), ausgenommen, den hier nicht vorliegenden Fall der verschuldeten Arbeitsversäumnis.

bb)

Der Beklagte befand sich mit der Zahlung des Mutterschutzlohnes gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, weil für die Zahlung des Mutterschutzlohns eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war.

(1)

Der Anspruch auf Mutterschutzlohn entsteht mit dem Eintritt des Beschäftigungsverbotes und dauert so lange, wie das Beschäftigungsverbot tatbestandsmäßig vorliegt und der ausgleichsbedürftige Verdienstausfall eintritt (Pepping a.a.O. § 18 MuSchG Rn. 29; Volk in Brose/Weth/Volk, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 9. Aufl. 2020, § 18 MuSchG Rn. 98, 101 jeweils zu § 18 MuSchG n.F.). Der Mutterschutzlohn wird in gleicher Weise abgerechnet und ausgezahlt wie das Entgelt, das ohne das Beschäftigungsverbot zu zahlen wäre, so dass sich weder der Abrechnungszeitraum noch der Fälligkeitszeitpunkt ändert (Schmiegel in Tillmanns/Muschler, Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 2. Aufl. 2018, § 18 MuSchG Rn. 29, Volk a.a.O. § 18 MuSchG Rn. 100, jeweils zu § 18 MuSchG n.F.). Die Fälligkeit der Vergütung war in § 6 des Arbeitsvertrages mit dem letzten des Monats vereinbart.

(2)

Die von dem Beklagten angeführten Umstände ändern an diesem Fälligkeitszeitpunkt nichts. Es kann offen bleiben, ob eine Fälligkeit des Mutterschutzlohns ohne Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft eintritt. Die Klägerin hatte ihre Schwangerschaft dem Beklagten bereits am 11.09.2017 mitgeteilt und dieser hatte sich am 12.09.2017 den Mutterpass kopiert. Für das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot kommt es auf die objektiven Verhältnisse an. Unabhängig davon ging der Beklagte bereits am 14.09.2019 selbst von einem Beschäftigungsverbot aus. Die Frage der Erstattung des Mutterschutzlohns an den Arbeitgeber im Umlageverfahren gemäß dem Aufwendungsausgleichsgesetz berührt nicht die Fälligkeit des Mutterschutzlohns. Nichts anderes gilt für eine Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F.. Unabhängig davon und selbstständig tragend hatte der Beklagte die erforderliche Bescheinigung bereits. Inhalt dieser Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 MuSchG a.F. ist derjenige der Mitteilungspflicht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 MuSchG a.F., d.h. das Bestehen der Schwangerschaft und der mutmaßliche Entbindungstermin (C. Jacobsen a.a.O. § 5 MuSchG Rn. 9). Diese Angaben ergeben sich bereits aus dem von der Frauenärztin der Klägerin ausgestellten Mutterpass, den der Beklagte sich kopiert hatte. Und weiter und unabhängig davon ergeben sich diese Angaben auch aus der Bescheinigung von Dr. X. vom 22.09.2017. Auch auf Nachfrage der Kammer im Termin hat der Beklagtenvertreter nicht mitgeteilt, wann denn der Beklagte diese Bescheinigung erhalten hat. Er hat sich schriftsätzlich lediglich darauf berufen, diese später erhalten zu haben, ohne den Zeitpunkt zu nennen. Damit kann die Fälligkeit der jeweiligen Musterschutzlöhne zum Monatsletzten selbst beginnend mit dem anteiligen Septemberlohn nicht in Abrede gestellt werden. Erst recht gilt diese bezogen auf den Jahresanfang 2018, zu dem sämtliche hier in Rede stehenden Mutterschutzlöhne fällig geworden sind. Im Übrigen hat der Beklagte sich in diesem Verfahren nicht darauf berufen, dass er Schwangerschaft und Entbindungstermin nicht kannte, sondern die Bescheinigung auf dem "rosa Schein" als eine solche von einem externen Arzt für die Umlageversicherung benötigt habe. Dies ist rechtlich unzutreffend, weil selbst eine Bescheinigung gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG, die das Beschäftigungsverbot ausspricht, von jedem approbiertem Arzt ausgesprochen werden kann (C. Jacobsen a.a.O. § 3 MuSchG Rn. 17). Schließlich und unabhängig von Vorstehendem hat die Krankenkasse für die Umlage des Mutterschutzlohnes eines solche "externe Bescheinigung" vor der erfolgten Auszahlung des Mutterschutzlohnes durch den Beklagten weder tatsächlich verlangt, noch hat der Beklagte diese vor der Zahlung am 20.03.2018 von der Klägerin erhalten. Maßgeblich für die Krankenkasse war ausweislich des Schreibens vom 27.01.2018 vielmehr die Frage des Bestandes des Arbeitsverhältnisses.

(3)

Nach dem Ablauf der maßgeblichen arbeitsvertraglich mit dem Monatsletzten kalendermäßig bestimmten Zeitpunkte leistete der Beklagte die Zahlung des Mutterschutzlohns verzögert i.S.v. § 280 Abs. 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dieser Zeitpunkt war bezogen auf den letzten hier maßgeblichen Mutterschutzlohn für den Monat Dezember 2017 aufgrund des Feiertags am 01.01.2018 der 02.01.2018. Die Leistung des ausstehenden Mutterschutzlohns für die Zeit vom 18.09.2017 bis zum 31.12.2017 erfolgte erst nach diesem Zeitpunkt am 20.03.2018.

(4)

Der gerichtliche Vergleich vom 11.01.2018 ändert an der Fälligkeit des Mutterschutzlohnes für die Monate bis Dezember 2017 einschließlich nichts. Dies ergibt die Auslegung des Vergleichs.

(4.1.)

Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch (BAG 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, juris Rn. 19; BAG 18.05.2010 - 3 AZR 373/08, juris Rn. 36).

(4.2.)

In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt die Auslegung des Vergleichs vom 11.01.2018 weder, dass die Parteien die sich aus § 11 Abs. 1 MuSchG a.F. i.V.m. § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags ergebende kalendermäßige Fälligkeit des Mutterschutzlohnes für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 am Monatsletzten verändern wollten, noch dass die Parteien den bereits eingetretenen Schuldnerverzug des Beklagten mit dem Vergleich beendeten. Für beides fehlt es in Anwendung der o.g. Auslegungsgrundsätze an Anhaltspunkten in dem Vergleich. Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien (BGH 11.12.2013 - IV ZR 46/13, juris Rn. 22). Eine wörtliche Regelung, mit welcher die Fälligkeit der Mutterschutzlöhne abweichend von dem Fälligkeitszeitpunkt, den die Parteien im Arbeitsvertrag geregelt hatten, vereinbart wurde, ergibt sich aus dem Vergleich nicht. Der einzige Anhaltspunkt für eine veränderte Leistungszeit ist zunächst die Vereinbarung Zug-um-Zug gegen eine sog "rosa Bescheinigung". Richtig ist, dass damit die Klägerin die Leistungen ausweislich der späteren Vereinbarung in dem Vergleich erst dann erhalten soll, wenn sie die entsprechende Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F., sog. "rosa Schein" vorgelegt hat. Ausweislich der Gesamtumstände und der Interessenlage der Parteien ist darin aber keine abweichende Fälligkeitsregelung in dem Sinne zu verstehen, dass der am 02.01.2018 bereits eingetretene Schuldnerverzug durch eine abweichende vertragliche Fälligkeitsregelung im Vergleich beendet wurde und erst nach Vorlage der Bescheinigung bzw. Ablauf der Widerrufsfrist neu beginnt. Es ist zu berücksichtigen, dass der Verzug zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bereits eingetreten war. Die Kammer verkennt nicht, dass die Verzugsfolgen, weil die ersten drei Wochen des Jahres 2018 noch nicht abgelaufen waren (vgl. dazu unten im Zusammenhang mit der Begründung des eingetretenen Schadens), noch nicht eingetreten waren (vgl. zu Abreden, die bereits eingetretene Verzugsfolgen beseitigen sollen z.B. BGH 17.09.1986 - IVb 59/85, juris, BGH 22.03.1995 - XII ZR 20/94, juris). Dies ändert nichts daran, dass sich aus dem Vergleich nicht ergibt, dass die Parteien die arbeitsvertraglich bestimmte Fälligkeit und einen bereits eingetretenen Verzug beenden wollten, auch wenn dies grundsätzlich möglich ist (dazu BGH 17.09.1986 a.a.O. Rn. 17). Dies ergibt sich schon daraus, dass ein etwaiger Verzug und daraus resultieren Folgen im Rahmen des Vergleichsabschlusses überhaupt kein Thema waren. Dies belegen die Anträge des Vorverfahrens, die durch den Vergleich vom 11.01.2018 erledigt worden sind. Als Zahlungsantrag war nur derjenige für den anteiligen Septembermutterschutzlohn gestellt, ohne dass Verzugszinsen geltend gemacht worden sind. Die verspätete Zahlung war mithin kein Thema. Die Mutterschutzlöhne für die Monate Oktober bis Dezember 2017 wurden ohne vorherigen Antrag mit verglichen. Die Folgen einer verspäteten Zahlung des Mutterschutzlohnes für das Elterngeld der Klägerin haben beide Parteien bei dem Vergleichsabschluss nicht bedacht. Wenn aber die Frage einer verspäteten Zahlung und etwaige Folgen einer verspäteten Zahlung auf der Basis der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen gar kein Gegenstand des Vergleichs waren, dann kann den Parteien nicht unterstellt werden, dass sie dazu mit dem Vergleich eine abweichende Regelung treffen wollten. Nichts anderes gilt für die lange Widerrufsfrist. Richtig ist zwar, dass, sofern sich aus dem Vergleichstext nichts anderes ergibt, aus einem unter Widerrufsvorbehalt geschlossenen Vergleich bindende Rechtswirkungen erst mit Ablauf der Widerrufsfrist entstehen, wenn bis zu diesem Zeitpunkt kein Widerruf erklärt wurde, d.h. im Regelfall eine aufschiebende Bedingung gegeben ist (BGH 27.10.1983 - IX ZR 68/83, juris; BAG 13.06.2007 - 7 AZR 287/06, juris Rn. 13). So liegt es auch hier. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Interessenlage ist der Vergleich gleichwohl dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin sich lediglich damit einverstanden erklärte, dass eine Zahlung tatsächlich später erfolgte und zwar nach Vorlage der vereinbarten Bescheinigung und insbesondere des Ablaufs der langen Widerrufsfrist. Damit wollten die Parteien aber nicht zugleich die zuvor arbeitsvertraglich vereinbarte Fälligkeit mit dem daraus resultierenden und eingetretenen Verzug ganz allgemein oder auch nur bezogen auf das Elterngeld abbedingen oder für die Zukunft beenden. Ein solcher übereinstimmender Wille lässt sich weder dem Vertragstext, den Gesamtumständen, der Interessenlage oder sonstigen Umständen entnehmen. Soweit der Beklagte eingewandt hat, die Klägerin habe erst noch Auskunft zu Entgeltersatzleistungen geben müssen, lässt sich dies schon dem Vergleich nicht entnehmen. Der Beklagte hatte sich ohne Anrechnung zur Zahlung der in dem Vergleich genannten Beträge verpflichtet. Eine von ihm später vorgenommene Prüfung innerhalb der Widerrufsfrist in dieser Hinsicht kann nicht dahingehend verstanden werden, dass damit der bereits eingetretene Verzug beendet werden sollte. Mangels abweichender Regelung zur Fälligkeit kommt es auf § 271a BGB nicht an.

cc)

Der Beklagte hat die verzögerte Zahlung zu vertreten, weil er mindestens fahrlässig handelte (§ 276 Abs. 1, 2 BGB), so dass er sich nicht gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten kann.

(1)

Dies gilt zunächst für die von dem Beklagten erklärte unwirksame Anfechtung des Arbeitsvertrags mit Schreiben vom 14.09.2017. Hier kommt bezogen auf die Anfechtung nur ein Rechtsirrtum des Beklagten als Grund dafür, dass er den Verzug nicht zu vertreten hat, in Betracht.

(1.1)

An einen unvermeidbaren Rechtsirrtum sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Geltungsanspruch des Rechts erfordert im Grundsatz, dass der Schuldner das Risiko eines Rechtsirrtums selbst trägt und es nicht dem Gläubiger überbürden kann (BAG 19.08.2015 - 5 AZR 975/13, juris Rn. 31). Beruht die Ungewissheit über die Schuld auf rechtlichen Zweifeln des Schuldners (sog. Rechtsirrtum), ist dieser entschuldbar, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat (BAG 13.06.2002 - 2 AZR 391/01, juris Rn. 45). Es müssen gewichtige Anhaltspunkte für die Richtigkeit der vertretenen Rechtsmeinung sprechen. Dabei genügt die Berufung auf eine günstige Ansicht im Schrifttum nicht, wohl aber die Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere wenn ihr ein zumindest ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt (BAG 19.08.2015 a.a.O. Rn. 31). Durch die strengen Anforderungen an die geschuldete Sorgfalt muss verhindert werden, dass der Schuldner das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH 24.09.2013 - I ZR 187/12, juris Rn. 19).

(1.2)

Gemessen an dieser Anforderungen ist dem Beklagten zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen, wenn er sich darauf stützen wollte, dass die von ihm mit Schreiben vom 14.09.2017 erklärte Anfechtung wirksam ist. Wie oben ausgeführt, ist seit längerer Zeit in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts geklärt, dass der Arbeitgeber nicht nach einer Schwangerschaft fragen darf und selbst ein von Beginn der Tätigkeit an bestehendes vorübergehendes mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot weder zur Anfechtung berechtigt noch zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages gemäß § 134 BGB führt. Das Risiko, sich mit der Anfechtung gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden zu haben, trägt der Beklagte. Ein etwaiges Verschuldens seines Prozessvertreters, der die Anfechtung erklärt hat, müsste der Beklagte sich gemäß § 278 BGB bzw. nachfolgend im Prozess gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.

(2)

Die weiteren vom Beklagten herangezogenen Umstände führen nicht dazu, dass er die verzögerte Zahlung nicht zu vertreten hat. Wie ausgeführt hatte er bereits eine Bescheinigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 MuSchG a.F.. Im Hinblick auf das Eingreifen des Beschäftigungsverbotes gemäß § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte selbst von einem solchen ausging, so dass er nicht einwenden kann, er hätte ein solches nicht gekannt. Unabhängig davon ist es in erster Linie mutterschutzrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zu überprüfen, ob mutterschutzrechtliche Verbotstatbestände i.S.v. § 4 Abs. 1 MuSchG a.F. vorliegen (BAG 11.11.1998 a.a.O. Rn. 22).

(3)

Der Vergleich vom 11.01.2018 führt nicht dazu, dass der Beklagte die verspätete Leistung ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht mehr zu vertreten hat. Zwar durfte der Beklagte danach ausweislich der Vereinbarungen abwarten, bis die Klägerin ihm eine Bescheinigung gemäß § 5 MuSchG a.F. aus dem dafür vorgesehenen Formular vorgelegt hatte. Hierauf kann der Beklagte sich zur Überzeugung der Kammer zu seiner Entlastung indes nicht berufen, weil er eine solche Bescheinigung, die objektiv nicht notwendig war, gar nicht zur Grundlage seiner Zahlung gemacht hat. Vielmehr hat er auch ohne diese Bescheinigung, die im Übrigen - wie ausgeführt - objektiv nicht erforderlich war, gezahlt. Dann kann er sich nicht in diesem Verfahren darauf berufen, dass diese der Grund für die verzögerte Bezahlung war. Darauf hat das Gericht mit Beschluss vom 30.03.2020 zu II. hingewiesen. Letztlich ging es um die Abklärung der Erstattung des Mutterschutzlohns im Umlageverfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz. Dies betrifft indes seinen originären Pflichtenkreis, für den er einzustehen hat. Sein Vertretenmüssen betreffend die verspätete Zahlung des Mutterschutzlohns entfällt insoweit durch den Vergleich nicht. Dass auch die Klägerin durch den Vergleichsabschluss eine Ursache für die Zahlung nach Ablauf von drei Wochen im Jahr 2018 gesetzt hat, ist vielmehr im Rahmen der Frage des Mitverschuldens zu berücksichtigen. Nichts anderes gilt für die vereinbarte Widerrufsfrist bis zum 09.03.2019. Da es sich - wie oben ausgeführt - um eine aufschiebende Bedingung handelte, konnte die Klägerin die in dem Vergleich vereinbarte Leistung erst nach Ablauf der Widerrufsfrist von dem Beklagten verlangen und ggfs. vollstrecken (vgl. dazu BGH 27.10.1983 a.a.O. Rn. 12). Wenn aber die Parteien ausweislich des Vergleichs, so wie das Gericht diesen ausgelegt hat, den bereits eingetretenen Schuldnerverzug, den der Beklagte bis zum Vergleichsabschluss auch zu vertreten hatte, nicht für die Zukunft beenden wollten, kann der Beklagte nicht einwenden, dass er aufgrund der nunmehr durch den Vergleich weiter verzögerten Zahlung dies nicht mehr zu vertreten hat. Vielmehr hat die Klägerin sich durch den Vergleich wie ausgeführt, rein tatsächlich auf eine spätere Zahlung eingelassen, ohne den bereits eingetretenen Verzug zu beenden. Dass die Klägerin mit dem Vergleichsabschluss ebenso wie der Beklagte eine Ursache für die Zahlung nach Ablauf von drei Wochen im Kalenderjahr 2018 gesetzt hat, ist eine Frage des Mitverschuldens.

b)

Die Klägerin kann von dem Beklagten den Ersatz desjenigen Schadens verlangen, der ihr durch die verzögerte Zahlung des Mutterschutzlohnes für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 entstanden ist. Inhalt und Umfang des Verzögerungsschadens richten sich nach §§ 249 ff. BGB. Die Klägerin ist so zu stellen, wie sie bei rechtzeitiger Zahlung stehen würde.

aa)

Durch die Zahlung des Mutterschutzlohns für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 nach dem arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt und nach Ablauf der ersten drei Kalenderwochen des Jahres 2018 erst am 20.03.2018 ist der Klägerin ein Schaden in Form eines verminderten Elterngeldes entstanden, weil die Bezüge für diese drei Monate dadurch lohnsteuerrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln und für die Berechnung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen waren.

(1)

(1)

Gemäß § 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG wird für die Berechnung des Elterngeldes der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG als Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Nicht berücksichtigt werden gemäß § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.

(1.1)

Seit Inkrafttreten des BEEG am 1.1.2007 stellten der Wortlaut und die Begründung des Gesetzes in verschiedenen Fassungen zunächst in § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG und später in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG durchgehend darauf ab, die lohnsteuerrechtlich als Besonderheit geltenden sonstigen Bezüge bei der Bemessung des Elterngelds auszuschließen. Dieser steuerrechtsakzessorische Ansatz wurde durch die seit 1.1.2015 geltende Fassung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG vom BEEG-Gesetzgeber fortgeführt und bekräftigt. Demnach sollen alle Lohn- oder Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (Hinweis auf LStR R 39b.2 Abs 2), auch elterngeldrechtlich so behandelt werden (BSG 27.06.2019 - B 10 EG 2/18 R, juris Rn. 22 im Anschluss an die grundlegende Entscheidung BSG 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R, juris). Nach dieser klaren gesetzlichen Regelung kommt es dann, wenn eine Lohn- oder Gehaltsnachzahlung des Arbeitgebers als sonstiger Bezug nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zu bewerten ist und dem Bemessungsentgelt nicht zugeordnet werden kann, nicht darauf an, für welchen Zeitraum der Arbeitgeber die Nachzahlung schuldet oder der Arbeitnehmer diese "erwirtschaftet" oder "erarbeitet" - also "erzielt" - hat (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 25).

(1.2)

Laufender Arbeitslohn ist nach der LStR R 39b.2 Abs. 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt, wie z.B. Monatsgehälter (Nr. 1) oder Wochen- und Tageslöhne (Nr. 2). Zum laufenden Arbeitslohn gehören aber auch Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden (Nr. 6), und Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des nachfolgenden Kalenderjahres zufließt (Nr. 7). Zu den sonstigen Bezügen zählen Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden, oder, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt (LStR R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8). Die in der LStR R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 enthaltene Abgrenzungsregelung ist im Rahmen des § 2c Abs. 1 S 2 BEEG bei der Bestimmung einer Lohn- oder Gehaltsnachzahlung als sonstiger Bezug zu übernehmen (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 28 ff.). Für nach Ablauf des Kalenderjahres zugeflossene Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen konkretisiert die Drei-Wochen-Frist die aus den materiell-rechtlichen Regelungen des EStG abgeleitete Bestimmung des Begriffs des sonstigen Bezugs in seiner zeitlichen Dimension. Hiernach gehören zu den sonstigen Bezügen alle Entgeltzahlungen, deren Zahlungszeiträume von dem als Regel vorgesehenen Zahlungsturnus für Arbeitslohn nicht nur unerheblich abweichen. Dies ist bei Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen für das Vorjahr bei Überschreiten der Drei-Wochen-Grenze des Folgejahres der Fall (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 35). Dementsprechend hat das Bundessozialgericht eine im April 2014 erfolgte Gehaltsnachzahlung für die Monate August bis Dezember 2013 lohnsteuerrechtlich als sonstigen Bezug eingeordnet, der für die Bemessung des Elterngeldes nicht heranzuziehen war (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 38, 40). Daran ändert der Umstand, dass die verspätete Zahlung auf einem möglicherweise schuldhaften Verhalten des Arbeitgebers beruht, nichts (BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 41).

(2)

Genauso liegt der Sachverhalt hier. Die monatliche Vergütung der Klägerin in der Form des Mutterschutzlohns für den Zeitraum vom 18.09.2017 bis zum 31.12.2017 ist ihr erst nach Ablauf von drei Wochen des Jahres 2018 am 20.03.2018 zugeflossen und deshalb lohnsteuerrechtlich zutreffend als sonstiger Bezug eingeordnet worden. Auf die Pflichtverletzung bzw. das Vertretenmüssen des Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang für die Bemessung der Berechnungsgrundlage des Elterngeldes nicht an. Entgegen der Ansicht der Klägerin in diesem Verfahren kommt es für die Elterngeldberechnung nicht darauf an, dass arbeitsvertraglich Fälligkeitstermine im Jahr 2017 vereinbart waren. Maßgeblich ist der Zufluss vor oder nach Ablauf von drei Wochen des folgenden Kalenderjahres. Wären die Nachzahlungen hier noch vor Ablauf von drei Wochen nach Ende des Kalenderjahres 2017 erfolgt, wären sie noch als laufender Arbeitslohn betrachtet worden und bei der Bemessung des Elterngeldes zu Grunde zu legen gewesen (vgl. dazu BSG 27.06.2019 a.a.O. Rn. 40). Gründe, von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abzuweichen, bestehen aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung für die Kammer nicht. Die Stadt Wuppertal als Elterngeldstelle hat deshalb zutreffend, wie es sich aus der Anlage zum Bescheid vom 26.06.2018 ergibt, die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Tätigkeit für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 für die Berechnung des Elterngeldes mit 0,00 Euro bewertet. Nichts anderes ergibt sich aus dem ablehnenden Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Münster, die sich zutreffend darauf stützte, dass die Nachzahlung für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 aufgrund des Zahlungszeitraums außerhalb der ersten drei Wochen des Jahres 2018 lohnsteuerrechtlich sonstiger Bezug war, der nicht für die Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen sei. An diesem Ergebnis ändert die jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 25.06.2020 (B 10 EG 3/19 R, Pressemitteilung) nichts. Danach kann die bindende Wirkung der lohnsteuerrechtlichen Anmeldung durch den Arbeitgeber enden, wenn die Bindungswirkung aufgrund eines nachfolgenden Einkommenssteuerbescheides überholt ist. Der Einkommenssteuerbescheid der Klägerin für das Jahr 2018, welcher aufgrund des Zuflussprinzips auch die am 20.03.2018 zugeflossenen Nachzahlungen für 2017 betraf, datiert vom 12.09.2019. Er konnte mithin nicht bei der Elterngeldberechnung mit Bescheid vom 26.06.2018 und auch nicht bei dem Widerspruchsbescheid am 31.10.2018 zu Grunde gelegt werden. Unabhängig davon ist ihm nicht zu entnehmen, dass die Zahlungen für das Jahr 2017 nunmehr als Einkünfte aus dem Vorjahr behandelt wurden.

bb)

Rein rechnerisch ist der Klägerin durch die verspätete Zahlung des Mutterschutzlohns für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 erst am 20.03.2018 der geltend gemachte Schaden von 381,70 Euro entgangenem Elterngeld für das Jahr 2018 und von 857,40 Euro für das Jahr 2019 entstanden.

(1)

Ob - rechnerisch - ein Vermögensschaden eingetreten ist, bemisst sich zunächst nach der Differenzhypothese durch Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne dieses Ereignis bestünde (BAG 17.01.2018 - 5 AZR 205/17, juris Rn. 17).

(2)

Daraus ergibt sich der geltend gemachte Schaden von 381,70 Euro entgangenem Elterngeld für das Jahr 2018 und von 857,40 Euro für das Jahr 2019.

(2.1.)

Auf der Basis der nicht berücksichtigten Monate Oktober, November und Dezember 2017 ergibt sich gemäß dem Bescheid der Stadt Wuppertal vom 26.06.2018 ein Anspruch auf Elterngeld Plus in Höhe von monatlich 348,80 Euro ab dem dritten Lebensmonat des Kindes, d.h. ab dem 01.07.2018 bis zum 29.02.2020.

(2.2)

Bezieht man den Mutterschutzlohn für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 mit jeweils 2.000,00 Euro brutto ein, ergibt sich folgende Berechnung. Der Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens bestimmt sich mit den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes gemäß § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG. Soweit der Monat September 2017 auch ausweislich der Anlage zum Bescheid nicht in die Berechnung einbezogen wurde, folgt dies aus § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG, weil die Klägerin in diesem Monat aufgrund ihrer Erkrankung innerhalb der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 3 EFZG) nur ein vermindertes Einkommen bezogen hat. Anlass dazu, dies anders als ausweislich des Bescheides zu sehen, besteht nicht. Belegt man die Monate Oktober, November und Dezember 2017 ebenfalls mit 2.000,00 Euro und nicht mit 0,00 Euro, ergibt sich gemäß der Anlage durchlaufend ein Betrag von 2.000,00 Euro, so dass der Bruttodurchschnitt ebenfalls bei 2.000,00 Euro liegt. Dieser Betrag ist gemäß §§ 2c Abs. 1 BEEG i.V.m. §§ 2e, f BEEG um Steuern und Sozialabgaben zu verringern. Bei der Ermittlung der Abzüge für Steuern ist gemäß § 2e Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BEEG ein Arbeitnehmerpauschbetrag abzuziehen. Dies sind ausweislich der Anlage zum Bescheid vom 26.06.2018 83,33 Euro. Damit verbleiben 1.916,67 Euro. Als Abzüge für Steuern sind Beträge für die Einkommensteuer, den Solidaritätszuschlag und, wenn die berechtigte Person kirchensteuerpflichtig ist, die Kirchensteuer zu berücksichtigen (§ 2e Abs. 1 Satz 1 BEEG). Die Abzüge für Steuern werden einheitlich für Einkommen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit auf Grundlage einer Berechnung anhand des am 1. Januar des Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes für dieses Jahr geltenden Programmablaufplans für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Maßstabsteuer für die Kirchenlohnsteuer im Sinne von § 39b Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes ermittelt (§ 2e Abs. 1 Satz 2 BEEG). Der Berechnung des Elterngeldes der Klägerin lagen dabei folgende steuerliche Merkmale zu Grunde: Steuerklasse 4, Kinderfreibetrag 0,0, keine Kirchensteuer, keine kleine Vorsorgepauschale und Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung sowie Kranken-/Pflegeversicherung jeweils ja. Legt man das Geburtsjahr der Klägerin mit 1985 sowie den Betrag von 1916,67 Euro im Steuerjahr 2017, d.h. in dem Jahr vor der Geburt zu Grunde, ergibt sich ausweislich des o.g. Programmablaufs (im Internet abrufbar unter www.bmf-steuerrechner.de) eine Lohnsteuer von 179,08 Euro und ein Solidaritätszuschlag von 9,84 Euro. Der Abzug für die Sozialabgaben erfolgt gemäß § 2f Abs. 1 BEEG pauschal und zwar mit 9% für die Kranken- und Pflegeversicherung, 10% für die Rentenversicherung und 2% für die Arbeitslosenversicherung. Vermindert man 2.000,00 Euro um insgesamt 21%, sind 420,00 Euro abzuziehen. 1.916,67 Euro - 179,08 Euro - 9,84 Euro - 420,00 Euro ergibt 1.307,75 Euro. Dies ist die Bemessungsgrundlage gemäß § 2 Abs. 1 BEEG. Weil sie 1.200,00 Euro übersteigt, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200,00 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent. Dies ist hier der Fall, wobei der Prozentsatz sich um 5.38 Prozentpunkte verringern würde (1.307,75 Euro - 1.200,00 Euro = 107,75 Euro; 107,75 Euro : 2 ,00 Euro = 53,87; 53,87 x 0,1 = 5,38 Prozentpunkte), d.h. im Ergebnis aufgrund der Untergrenze auf 65%. 1.307,75 Euro x 65% ergeben 850,04 Euro. Weil die Klägerin Elterngeld Plus bezieht, ist dieser Betrag gemäß § 4 Abs. 3 BEEG zu halbieren, was 425,02 ergibt. Die Klägerin macht indes lediglich einen monatlichen Elterngeldschaden auf der Basis von monatlich 420,05 Euro geltend. Dieser ist gemäß § 308 Abs. 1 ZPO zu Grunde zu legen. Legte man - wie in der mündlichen Verhandlung angehört - die Lohnsteuer für das Jahr 2018 und eine Lohnsteuer von 173,08 Euro und einen Solidaritätszuschlag von 9,51 Euro zu Grunde, ändert sich nichts, weil dann das Elterngeld Plus monatlich 427,08 Euro betragen hätte.

(2.3)

Auf der Basis der obigen Berechnungen ergeben sich die mit den Klageanträgen zu 1. und 4. geltend gemachten Beträge von 381,70 Euro entgangenem Elterngeld für das Jahr 2018 und von 857,40 Euro für das Jahr 2019. 420,25 Euro abzüglich des erhaltenen Elterngeldes von 348,80 Euro ergibt monatlich 71,45 Euro entgangenes Elterngeld. Für 2019 sind dies 12 x 71,45 Euro, wobei keine Steuerersparnis abzuziehen ist, weil die Klägerin in diesem Jahr ohnehin aufgrund des geringen Einkommens keine Steuern zahlte. Für das Jahr 2018 sind es 6 x 71,45 Euro. Davon sind 47,00 Euro an ersparter Steuer abzuziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Steuervorteil unrichtig ist, bestehen nicht. Er ergibt sich aus der Vergleichsberechnung der von der Klägerin beauftragten Steuerberaterin. Die Klägerin hat auf die Rüge des Beklagte nachvollziehbar erläutert, dass und warum sie kein Gesamteinkommen von 27.345,90 Euro hatte, sondern von 11.533,00 Euro. Dem entspricht im Übrigen der Steuerbescheid der Klägerin für das Jahr 2018, der nach Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrags Einkünfte von 11.533,00 Euro zu Grunde legt. Weitere konkrete Anhaltspunkte, dass und warum die Steuerersparnis von 47,00 Euro falsch berechnet sein sollte, hat der Beklagte nicht dargelegt. Eine weitere Aufklärung war auch gemäß § 287 Abs. 2 ZPO nicht geboten.

cc)

Der erforderliche Zurechnungszusammenhang des eingetretenen Schadens zur Pflichtverletzung ist gegeben.

(1)

Die Differenzhypothese ist nur Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob ein Schaden eingetreten ist. Weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt, muss die Differenzhypothese stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden. Erforderlich ist eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (BAG 17.01.2018 a.a.O. Rn. 19).

(2)

Die Kammer ist der Überzeugung, dass der entstandene Elterngeldschaden dem Beklagten als Arbeitgeber normativ zugerechnet werden kann (offen gelassen von Plum in NZS 2020, 109, 110). Von einem möglichen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Ersatz der Elterngelddifferenz aufgrund der verspäteten Zahlung der Vergütung - hier des Mutterschutzlohns - geht das Bundessozialgericht aus (Urteil vom 27.06.2019 a.a.O. Rn. 41; einen solchen Anspruch voraussetzend aber kritisch betreffend die tatsächliche Inanspruchnahme einer Klage gegen den eigenen Arbeitgeber Dau, jurisPR-SozR 10/2018 Anm. 4 zu D.; Eberhardt, NZS 2011, 575, 576). Richtig ist, dass der nach § 288 Abs. 4 BGB ersatzfähig bleibende weitere Schaden typischerweise derjenige ist, der dem Arbeitnehmer entsteht, weil ihm das nicht oder nicht rechtzeitig gezahlte Geld zum Bestreiten seines Lebensunterhalts fehlt und er deshalb einen Kredit aufnehmen und dafür Zinsen zahlen muss (BAG 17.01.2018 a.a.O. Rn. 19). Darum geht es hier nicht. Andererseits erfasst der nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu ersetzende Verzugsschaden auch einen durch die verspätete Zahlung entstandenen Steuerschaden. Nach dem im Steuerrecht geltenden "Zuflussprinzip" sind Arbeitsvergütungen grundsätzlich im Steuerjahr des Zuflusses zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitsvergütung für eine dem Steuerjahr vorangegangene Beschäftigungszeit an den Arbeitnehmer nachgezahlt wird. Kommt es danach zu Nachzahlungen aus dem Vorjahr, so kann die einmalige Zahlung zusammen mit der Zahlung der laufenden Arbeitsvergütung im Steuerjahr zu einer "progressionsbedingten" erhöhten Steuerbelastung führen, die der Arbeitgeber als Verzugsschaden zu tragen hat (BAG 20.06.2002 - 8 AZR 488/01, juris Rn. 40). Die Rechtslage ist betreffend den hier eingetretenen Elterngeldschaden durch die verzögerte Zahlung nicht anders. Die pünktliche Lohnzahlung soll von ihrer Wertung her verhindern, dass durch die Nichtzahlung mittelbare Folgeschäden eintreten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese rechtlich mit der pünktlichen Lohnzahlung - und sei es wie hier über die Anknüpfung an das Steuerrecht in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG - verknüpft sind. Es handelt sich auch nicht um den Fall, dass die Arbeitnehmerin zeitgleich Sozialleistungen und Arbeitsentgelt begehrt (vgl. dazu BAG 17.01.2018 a.a.O. Rn. 24). Vielmehr führt die verspätete Lohnzahlung in einem anderen Zeitraum dazu, dass Entgeltersatzleistungen geringer ausfallen. Davor soll die Einhaltung der arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkte schützen. Soweit das Bundessozialgericht davon ausgeht, dass eine Haftung des Arbeitgebers bei schuldhaftem Verhalten, "etwa bei vorsätzlicher Hinauszögerung einer den Bemessungszeitraum betreffenden Lohn- oder Gehaltszahlung trotz positiver Kenntnis der elterngeldrechtlichen Konsequenzen für den Arbeitnehmer" (BSG 27.06.2009 a.a.O. Rn. 40), handelt es sich - wie die Angabe "etwa" belegt, nur um ein Bespiel. Positive Kenntnis des Arbeitgebers von den elterngeldrechtlichen Folgen der verspäteten Zahlung ist nicht erforderlich. Ausreichend sind eine Pflichtverletzung, welche der Beklagte - wie hier - zu vertreten hat, und ein sich daraus adäquat kausal ergebender Schaden.

c)

Die Klägerin muss sich ein Mitverschulden von 30 % anrechnen lassen.

aa)

Gemäß § 254 Abs. 1 BGB hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem Schuldner oder dem Gläubiger des Ersatzanspruchs verursacht worden ist (BAG 10.03.1992 - 3 AZR 81/91, juris Rn. 22; BAG 12.04.2011 - 9 AZR 229/10, juris Rn. 102). Maßgeblich bei der Abwägung ist insoweit in erster Linie das Maß der Verursachung, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (BGH 20.01.1998 - VI ZR 59/97, juris Rn. 8; BGH 20.09.2011 - VI ZR 282/10, juris; BGH 28.02.2012 - VI ZR 10/11, juris Rn. 6). Es kommt danach für die Haftungsverteilung entscheidend darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat (BGH 20.01.1998 - VI ZR 59/97, juris Rn. 8). Maßgeblich ist dabei die Gewichtung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge im konkreten Fall (BGH 20.01.1998 a.a.O. Rn. 11; BAG 05.11.2003 - 5 AZR 676/02, juris Rn. 29; s.a. BAG 17.12.1991 - 3 AZR 44/91, juris Rn. 33). Die Einwendung des Mitverschuldens ist von Amts wegen zu berücksichtigen, sofern eine Partei die entsprechenden Tatsachen vorträgt oder diese unstreitig sind (BAG 12.12.2002 - 8 AZR 447/01, juris Rn. 47). Die Kammer hat berücksichtigt, dass der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die das Mitverschulden der Klägerin begründenden Tatsachen ist (vgl. BAG 27.01.2011 - 8 AZR 280/09, juris Rn. 60).

bb)

Richtig ist, dass der Klägerin als Verursachungsbeitrag nicht vorgeworfen werden kann, dass sie gegen den ablehnenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids kein sozialgerichtliches Verfahren durchgeführt hat. Dies war ihr angesichts der Rechtslage und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zuzumuten. Die Kammer geht weiter davon aus, dass bei Abschluss des Vergleichs am 11.01.2018 beide Parteien und auch die damaligen Parteivertreter nicht an die elterngeldrechtlichen Folgen gedacht haben. Unter Würdigung sämtlicher Umstände dieses Falles geht die Kammer davon aus, dass der Beklagte den überwiegenden Verursachungsbeitrag gesetzt und auch verschuldet hat. Er hat entgegen einer klaren Rechtsprechung das Arbeitsverhältnis rechtsunwirksam angefochten. Letztlich hat dies den Bestand des Arbeitsverhältnisses insgesamt in Frage gestellt und dazu geführt, dass er die Zahlungen des Mutterschutzlohnes, die objektiv fällig waren, nicht zu den arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten gezahlt hat. Die von ihm vorgebachten Einwände entlasten ihn - wie ausgeführt - nicht. Soweit es um die Frage der Erstattung des Mutterschutzlohnes nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz geht, betrifft dies den Verantwortungsbereich des Beklagten. Zur Überzeugung der Kammer hat auch die Klägerin einen Verursachungsbeitrag für den eingetretenen Schaden gesetzt. Sie hat sich noch vor Eintritt des Schadens - weil die ersten drei Wochen des Jahres 2018 noch nicht abgelaufen waren - am 11.01.2018 mit dem Vergleich einverstanden erklärt und durch dessen Inhalt ebenfalls eine Ursache für die tatsächliche Zahlung nach Ablauf der ersten drei Wochen des Jahres 2018 gesetzt. Auf die arbeitsvertragliche Fälligkeit kam es insoweit - wie ausgeführt - nicht an. Die Klägerin hätte bei pflichtgemäßer Prüfung - genau wie der Beklagte - erkennen können, welche elterngeldrechtlichen Folgen der Vergleich mit seiner langen Widerrufsfrist hat. Dies ist der Klägerin vorzuwerfen. Ein etwaiges Verschulden ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten muss sie sich zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Die Kammer hat den Einwand der Klägerin berücksichtigt, dass vom 11.01.2018 nur noch wenig Zeit bis zum Ablauf von drei Wochen in 2018 blieb. Dies beeinflusst den Grad ihres Mitverschuldens, führt aber nicht dazu, dass sie keinen von ihr zu verantwortenden Verursachungsbeitrag gesetzt hat. Hätte ihr damaliger Prozessbevollmächtigte die elterngeldrechtlichen Folgen der verspäteten Zahlung angesprochen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine frühere Zahlung vor Ablauf von drei Wochen in 2018 durch den Beklagten nicht mehr hätte erreicht werden können. Insgesamt ist die Kammer unter Würdigung aller Umstände der Überzeugung, dass ein Mitverschulden von 30% auf Seiten der Klägerin die wechselseitigen Verursachungs- und Verantwortungsgrade angemessenen wiederspiegelt.

cc)

Die für die Jahre 2018 und 2019 zugesprochenen Elterngelddifferenzen ergeben sich aus 70 % von 381,70 Euro und von 857,40 Euro in Höhe von 267,19 Euro und von 600,18 Euro.

d)

Diese Ansprüche sind entgegen der Ansicht des Beklagten nicht gemäß der Ausschlussfrist in § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, bei dem es sich bereits nach dem äußeren Anschein, was u.a. die durchgängige Verwendung der männlichen und weiblichen Form belegt, um einen Formulararbeitsvertrag handelt, verfallen. Die darin enthaltene Ausschlussfrist ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, weil sie auch Ansprüche auf den Mindestlohn erfasst und der Vertrag vom 07.09.2017 datiert, d.h. nach In-Kraft-Treten des Mindestlohngesetzes, d.h. nach dem 31.12.2014, geschlossen wurde (BAG 18.09.2018 - 9 AZR 162/18, juris).

e)

Der Zinsanspruch beruht betreffend die auf Antrag zu 1. zugesprochenen 267,19 Euro auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, weil sich der Zinsanspruch betreffend den Elterngeldschaden für 2018 erst nach dessen richtiger Berechnung unter Berücksichtigung des Steuerabzugs nach Zustellung der insoweit bezifferten Klage mit Schriftsatz der Klägerin vom 26.07.2019 am 29.07.2020 ergab und nicht bereits im Anschluss an das Schreiben vom 17.01.2019, das den Steuerabzug noch nicht enthielt. Die Zinsen betreffend die auf Antrag zu 4. zugesprochenen 600,18 Euro folgen als Rechtshängigkeitszinsen aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, wobei durch einen Tippfehler der 05.04.2020 und nicht der 05.02.2020 gewählt wurde.

II.

Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin die Kosten der Steuerberaterin für die Berechnung der Steuerersparnis für das Jahr 2018 in Höhe von 341,32 Euro zu ersetzen. Nur in dieser Höhe ist der zulässige Antrag zu 3. begründet. Der zulässige Antrag zu 5. ist unbegründet, weil die Klägerin von dem Beklagten für das Jahr 2019 keine Erstattung der Kosten der Berechnung der Steuerersparnis in Höhe von 800,00 Euro verlangen kann.

1.

Die Klageanträge zu 3. und 5. sind zulässig. Soweit die Klägerin den Antrag zu 5. erstmals im zweiten Rechtszug als Leistungsantrag gestellt hat, gelten die Ausführungen zum Antrag zu 4. Und zu § 264 Nr. 2 ZPO und § 533 ZPO entsprechend.

2.

Die Klageanträge zu 3. und 5. sind nur in Höhe von 341,32 Euro für das Jahr 2018 begründet, weil der Beklagte der Klägerin in diesem Umfang aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges gemäß §§ 280 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des Mutterschutzlohnes für die Monate Oktober, November und Dezember 2017 unter Berücksichtigung von deren Mitverschulden zur Zahlung verpflichtet ist.

a)

Der durch den Schuldnerverzug ausgelöste Schaden erfasst auch die Kosten für die Einschaltung eines Steuerberaters, wenn es sich insoweit um notwendige Rechtsverfolgungskosten handelt, weil sie bei der gegebenen Sachlage zur Schadensabwendung vernünftig und zweckmäßig waren (BAG 20.06.2002 a.a.O. Rn. 49 m.w.N.). Die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der konkreten Rechtsverfolgung stellen dabei echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzungen dar und nicht lediglich im Rahmen des § 254 BGB bedeutsame, die Ersatzpflicht beschränkende und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallende Umstände (BAG 28.11.2019 - 8 AZR 293/18, juris Rn. 13). Ein solcher Anspruch ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ausgeschlossen. Bei Kosten eines Gutachters bzw. hier eines Steuerberaters handelt es sich nicht um Kosten eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (LAG Köln 23.09.2010 - 7 Ta 383/09, juris Rn. 16; den Ersatz der Kosten der Einschaltung einer Steuerberatungsgesellschaft bejahend BAG 20.06.2002 a.a.O. Rn. 49).

b)

Die Einschaltung der Steuerberaterin zur Berechnung der Steuerersparnis im Jahr 2018 war erforderlich und zweckmäßig. Die Kosten waren aber nur in Höhe von 487,60 Euro sachangemessen, was bei einem Mitverschulden der Klägerin von 30% den zugesprochenen Betrag von 341,32 Euro ergibt.

aa)

Die Einschaltung der Steuerberaterin zur Berechnung der Steuerersparnis im Jahr 2018 war erforderlich und zweckmäßig. Nachdem der Beklagte auch die Höhe eines etwaigen Schadens bestritten hat, war es Sache der Klägerin, die Steuerersparnis dazulegen und zu beweisen, wobei es nicht darauf ankommt, ob man diese als einen bloßen Schadensberechnungsfaktor oder als einen auszugleichenden Vorteil einordnet, weil nur der Klägerin die für die Berechnung der Steuerersparnis erforderlichen Einzelheiten bekannt sind (BGH 10.02.1987 - VI ZR 17/86, juris Rn. 9; BGH 03.05.2002 - V ZR 115/01, juris Rn. 8). Die Klägerin konnte die anzurechnende Steuerersparnis nicht selbst berechnen. Damit war die Beauftragung einer Steuerberaterin mit dieser Aufgabe für das Jahr 2018 vernünftig und zweckmäßig (vgl. dazu auch BAG 20.06.2002 a.a.O. Rn. 49). Die Kammer verkennt nicht, dass die von der Klägerin angesetzten und eingeklagten Steuerberatungskosten für das Jahr 2018 insgesamt 816,64 Euro betragen, d.h. deutlich über der anzurechnenden Steuerersparnis von 47,00 Euro liegen. Da der Klägerin andernfalls eine schlüssige Darlegung ihres Schadens nicht möglich war, durfte sie in der hier zu beurteilenden konkreten Situation für 2018 die vollen zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlichen Schritte ergreifen (vgl. BAG 20.08.2007 - 3 AZB 57/06, juris Rn. 7). Da der Beklagte angesichts des Bestreitens der Höhe des Ersatzanspruchs mit den notwendigen Kosten der Ermittlung der Steuerersparnis rechnen musste, bedurfte es auch keiner vorherigen Ankündigung oder Mitteilung des Kostenrahmens (BGH 25.01.2007 - VII ZB 74/06, juris Rn. 7 ff.). Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich nicht um sog. Sowieso-Kosten. Bereits der zeitliche Ablauf zeigt, dass die Klägerin erst nachdem der Vergleich aus der Güteverhandlung nicht zustande gekommen ist, die Steuerersparnis hat berechnen lassen und diese dann in ihrem Antrag berücksichtigt hat. Angesichts der Einkommensverhältnisse der Klägerin für das Jahr 2018, nämlich einem Bruttoarbeitslohn von 12.533,00 Euro ohne Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrags, ist es fernliegend, dass die Klägerin unabhängig von diesem Prozess 816,64 Euro für eine Steuerberaterin zur Anfertigung der Lohnsteuererklärung für 2018 aufwendet. Dass die Klägerin die Rechnung in Höhe von 816,64 Euro beglichen hat, ergibt sich aus dem Überweisungsbeleg gemäß Anlage H 11 des Schriftsatzes der Klägerin vom 25.07.2019.

bb)

Die Kosten für die Steuerberaterin waren nur in Höhe von 487,60 Euro sachangemessen, was bei einem Mitverschulden der Klägerin von 30% den zugesprochenen Betrag von 341,32 Euro ergibt. Es handelt sich nicht im gesamten Umfang der Rechnung vom 09.07.2019 der Steuerberaterin um notwendige und damit zu erstattende Kosten unter Berücksichtigung der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV). Die Positionen, die netto mit 193,20 Euro und mit 193,05 Euro angesetzt sind, sind zutreffend. Der Steuerberater erhält für die Anfertigung der Einkommensteuererklärung ohne Ermittlung der einzelnen Einkünfte 1/10 bis 6/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1), wobei Gegenstandswert die Summe der positiven Einkünfte, jedoch mindestens 8 000 Euro ist (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 StBVV). Dies betrifft den Betrag von 193,20 Euro netto. Der Gegenstandswert ist hier mit den positiven Einkünften in Höhe von 11.533,00 Euro sogar um den Betrag des Arbeitnehmerpauschbetrags vermindert angesetzt, wie es sich aus dem tatsächlichen Einkommenssteuerbescheid für 2018 ebenso ergibt wie aus der Berechnung der Steuerberaterin. Der Gebührenansatz mit 3,5/10 ist nicht zu beanstanden. Die Gebühr für die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung oder sonstigen Einkünften beträgt gemäß § 27 Abs. 1 StBVV 1 Zwanzigstel bis 12 Zwanzigstel einer vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1). Gegenstandswert ist der jeweils höhere Betrag, der sich aus der Summe der Einnahmen oder der Summe der Werbungskosten ergibt, jedoch mindestens 8 000 Euro. Der Gegenstandswert von 15.812,00 Euro ist nicht zu beanstanden, zumal die Summe aus den um den Arbeitnehmerpauschbetrag verminderten Bruttoeinkünften von 11.533,00 Euro und den Lohnersatzleistungen von 4.473,00 Euro ausweislich der Berechnung sogar 16.006,00 Euro beträgt. Der Ansatz einer Gebühr von 6,5/20 ist ebenfalls in keiner Weise zu beanstanden. Die Gebühr, welche die Steuerberaterin daneben mit 300,00 Euro netto gemäß § 21 StBVV für zusätzliche Berechnungen im Zusammenhang mit der Ermittlung der Steuer, die aufgrund des Progressionsvorbehalts auf den Elterngeldschadensersatz entfällt, angesetzt hat, ist zur Überzeugung der Kammer nicht nachvollziehbar und deutlich erhöht. Gemäß § 21 Abs. 1 Sätze 1 und 3 StBVV kann der Steuerberater für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, eine Gebühr in Höhe von 1 Zehntel bis 10 Zehntel der vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1) erhalten. Die Gebühr ist auf eine Gebühr anzurechnen, die der Steuerberater für eine sonstige Tätigkeit erhält, die mit der Raterteilung oder Auskunft zusammenhängt. Es kann offen bleiben, ob es darum überhaupt geht, weil die Berechnung ersichtlich mit der bereits abgerechneten Ermittlung der Einkommenssteuer zusammenhängt. Für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens mit eingehender Begründung erhält der Steuerberater gemäß § 22 StBVV eine Gebühr von 10 Zehnteln bis 30 Zehntel der vollen Gebühr nach Tabelle A (Anlage 1). Hier geht es, wie der Beklagte zutreffend anmerkt überhaupt nur um einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 381,70 Euro in 2018. Ausgehend davon ergibt eine mittlere Nettogebühr gemäß Anlage 1 zum damaligen Zeitpunkt von 23,50 (47,00 Euro : 2). Dies ist zur Überzeugung der Kammer im Hinblick auf die bereits angefallenen Gebühren für die Einkommensteuererklärung und die Ermittlung des Überschusses ausreichend. Die Ersatzleistungen laut Mantelbogen ESt 1 A, auf die sich die Vergleichsberechnung bezieht, mussten nämlich ohnehin für die Einkommenssteuererklärung zur Grunde gelegt werden, wie sich aus dem Stempelaufdruck (25,34 - Rückzahlung ALG, 24,41 + Elterngeld und 12,87 + Mutterschaftsgeld, d.h. total 11.94) ergibt. Das Ergebnis genau dieser Rechenoperation ist bei der Berechnung ohne den Schadensersatz Elterngeld eingesetzt worden. Die Steuerberaterin hat ausweislich des Stempelaufdrucks die gleiche Rechenoperation mit den gleichen Beträgen auch für die Vergleichsberechnung angewandt und nur den Schadensersatz Elterngeld addiert hat. Ein Ansatz von 300,00 Euro für diese Berechnung ist der Kammer nicht nachvollziehbar und damit nicht notwendig. Es verbleibt bei 23,50 Euro netto. Addiert man 193,20 Euro netto, 193,05 Euro netto und 23,50 netto, ergeben sich 409,75 Euro netto. Zzgl. 19% Mehrwertsteuer sind dies 487,60 Euro brutto. 70 % davon ergeben die zugesprochenen 341,32 Euro Schadensersatz.

c)

Die Einschaltung der Steuerberaterin zur Berechnung der Steuerersparnis im Jahr 2019 war offensichtlich weder erforderlich noch zweckmäßig. Eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei hätte diese Maßnahme ex ante erkennbar nicht als sachdienlich angesehen. Zu vergleichen waren ausweislich der Vergleichsberechnungen maximal ohne jegliche Abzüge der volle Betrag der Entgeltersatzleistungen in Form von Elterngeld von 4.185,00 Euro mit 5.047,00 Euro mit eingerechnetem Schadensersatz. Der einfach im Internet abrufbare steuerliche Grundfreibetrag betrug für das Jahr 2019 9.168,00 Euro (§ 32a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. vom 01.01.2019 bis 31.12.2019). Es ist offenkundig und bedarf keiner steuerrechtlichen Expertise, um zu erkennen, dass bei den hier alleine in Rede stehenden Entgeltersatzleistungen in beiden Fällen keine Steuer anfällt und sich so keine Steuerersparnis ergeben kann. Wenn die Klägerin trotz dieser Sachlage eine Steuervergleichsberechnung in Auftrag gibt, ist dies ihr eigenes Risiko. Eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei hätte dies nicht getan. Demzufolge kann der Beklagte mit den Kosten von 800,00 Euro brutto für die Steuerberaterin im Jahr 2019 nicht belastet werden. Darauf hat die Kammer in der Sitzung am 04.03.2020 hingewiesen. Die nachfolgenden Darlegungen der Klägerin und insbesondere die schriftliche Stellungnahme der Steuerberaterin vom 11.03.2000 ändern daran nichts. Nicht zu beurteilen hatte die Kammer, ob die Steuerberaterin überhaupt im Verhältnis zur Klägerin für die offenkundig und einfach zu beantwortende Frage überhaupt einen Betrag von 800,00 Euro in Rechnung stellen durfte oder mit einer Tätigkeit ohne Hinweis auf die offenkundige steuerrechtliche Lage nicht ersichtlich ihre Beratungspflichten im Rechtsverhältnis zur Klägerin verletzte, was einem Vergütungsanspruch entgegenstand.

d)

Der Anspruch auf Erstattung der Steuerberaterkosten ist ebenfalls nicht gemäß § 16 Abs. 2 des Arbeitsvertrages verfallen, weil die vereinbarte Ausschlussfrist wegen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Der Zinsanspruch beruht wie betreffend den Antrag zu 1. Auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Der Feststellungsantrag zu 2. ist zulässig und teilweise begründet.

1.

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Er bezieht sich, nachdem die Klägerin im Übrigen zu Leistungsanträgen übergegangen ist, nur noch auf das Jahr 2020. Er ist darauf gerichtet, dem Grunde nach festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden aus der verspäteten Auszahlung des Mutterschutzlohnes und der daraus folgenden Einordnung als sonstige Bezüge zu erstatten. Da hier die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, weil eine etwaige in Abzug zu bringende Steuerersparnis der Klägerin in 2020 derzeit noch nicht bestimmt werden kann, kann die Klägerin in vollem Umfang die Feststellung der Ersatzpflicht gemäß § 256 Abs. 1 ZPO begehren (BGH 19.04.2016 - VI ZR 506/14, juris Rn. 6 m.w.N.).

2.

Der Feststellungsantrag ist teilweise begründet. Die erforderliche Haftung des Beklagten dem Grunde nach aus dem Gesichtspunkt des Verzuges ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen. Die Haftungsquote von 70 % war bereits aufzunehmen.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

C.

Soweit die Kammer die Revision zugelassen hat, beruht dies auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Im Hinblick auf die Abweisung des Antrags der Klägerin auf Zahlung von 800,00 Euro an Steuerberatungskosten für das Jahr 2019 bestand kein Grund für eine Revisionszulassung.


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