Urteilstext
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 28.5.2019 (6 Ca 270/18) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und über Weiterbeschäftigung.
Die am 00.00.0000 geborene, verheiratete und (mittlerweile) gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin wurde von der Beklagten mit Arbeitsvertrag vom 5. April 1999 mit Wirkung ab 6. April 1999 eingestellt. Dieses Arbeitsverhältnis war befristet bis 31. Juli 2000. Die Klägerin arbeitete in Vollzeit. Sie wurde im Betrieb R. der Beklagten als „Montierungsarbeiterin“ eingesetzt für die Montage von Scheinwerfern. Dieses Arbeitsverhältnis ging mit Wirkung ab 1. September 1999 im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die Firma A. L. R. GmbH über. Die Klägerin schied nach Befristungsablauf zunächst aus dem Erwerbsleben aus, um sich familiären Tätigkeiten, insb. der Kindererziehung, zuzuwenden.
Im Jahr 2014 bewarb sich die Klägerin erneut bei der Beklagten. Es kam Ende 2014 zu einem Vorstellungsgespräch. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin legte der Beklagten einen auf den 22. Oktober 2014 datierten Lebenslauf (Bl. 83 der arbeitsgerichtlichen Akte) vor. In diesem war eine Vorbeschäftigung bei der Beklagten nicht aufgeführt. Die Klägerin füllte auf Aufforderung der Beklagten zudem einen auf den 29.10.2014 datierten Personalbogen (Bl. 85 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte) aus. Die Klägerin kreuzte bei der darin gestellten Frage „Waren Sie schon in einem Betrieb der B.-Gruppe beschäftigt" das Kästchen mit der Antwort „Ja“ an. Nach einer Vorbeschäftigung bei der Beklagten selbst wurde die Klägerin in dem Fragebogen nicht gefragt.
Die Parteien schlossen sodann unter dem Datum 5. Dezember 2014 einen erneuten Arbeitsvertrag (Bl. 5 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte), mit welchem die Klägerin als Anlagebedienerin für den Zeitraum 8. Dezember 2014 bis 30. April 2015 befristet eingestellt wurde. Der Arbeitsvertrag enthält unter Nr. 1.1. Abs. 2 folgende Regelung: „Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben“. Auf das Arbeitsverhältnis findet gem. Nr. 2 des Arbeitsvertrages sowie wegen der beiderseitiger Tarifbindung der Parteien die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/ Nordbaden Anwendung.
Mit Fortsetzungsvertrag vom 21. April 2015 wurde die Befristungsdauer bis 30. September 2015 verlängert, mit Fortsetzungsvertrag vom 21. August 2015 wurde die Befristungsdauer bis 30. Juni 2016 verlängert, mit Fortsetzungsvertrag vom 12. Februar 2016 wurde die Befristungsdauer bis 30. Juni 2016 verlängert, mit Fortsetzungsvertrag vom 1. August 2016 wurde die Befristungsdauer bis 28. Februar 2017 verlängert, mit undatiertem Fortsetzungsvertrag, der noch vor dem 28. Februar 2017 abgeschlossen wurde, wurde die Befristungsdauer bis 31. Dezember 2017 verlängert und mit Fortsetzungsvertrag vom 22. November 2017 wurde die Befristungsdauer letztmalig bis 30. September 2018 verlängert. Die Befristungsverlängerungen ab 2016 stützen sich auf tarifliche Erweiterungen der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeiten gemäß den zwischen der IG Metall und dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg für den Standort R. geschlossenen Ergänzungstarifverträgen vom 13. Januar 2016, 21./22. Februar 2016, 13. Februar 2017 und 20. November 2017 (Bl. 24 ff der arbeitsgerichtlichen Akte).
Die Klägerin verdiente zuletzt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34,25 Stunden monatlich 3.579,65 EUR brutto.
Mit ihrer am 19. Oktober 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, wehrt sich die Klägerin gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Befristungsablauf.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Beklagte hätte das Arbeitsverhältnis wegen der Vorbeschäftigung im Jahre 1999 schon nicht mehr sachgrundlos befristen können.
Die Klägerin behauptete, sie habe auf Frage der Personalreferentin Frau L. und des Meisters Herrn K. bereits beim Vorstellungsgespräch wahrheitsgemäß darauf hingewiesen, dass sie kurz bevor ihr Sohn im Jahr 2000 geboren wurde bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei und sie sich zum Zeitpunkt des Zeitablaufs der damaligen Befristung bei der A. L. R. GmbH in Mutterschutz befunden habe. Frau L. sei in das Nebenzimmer gegangen und habe nach Rückkehr erklärt, sie könne im System nichts zu einer Vorbeschäftigung finden. Die Vorbeschäftigung sei wahrscheinlich verjährt, die Klägerin könne anfangen.
Die Klägerin beantragte,
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 22.11.2017 vereinbarten Befristung am 30.09.2018 beendet worden ist.
2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Anlagebedienerin weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass die Vorbeschäftigung einer erneuten sachgrundlosen Befristung nicht entgegenstehen könne. Diese sei sehr lang her gewesen und habe nur sehr kurze Zeit angedauert.
Sie vertrat die Auffassung, die Klägerin könne sich jedenfalls nach Treu und Glauben nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit der Befristung berufen, da die Klägerin die Vorbeschäftigung im Lebenslauf nicht angegeben habe und selbst im Arbeitsvertrag bestätigt habe, dass eine Vorbeschäftigung nicht bestanden hätte.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28. Mai 2019 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung vom 22. November 2017 zum 30. September 2018 beendet wurde. Die Beklagte wurde zur Weiterbeschäftigung bei der Klägerin verurteilt. Das Arbeitsgericht führte zur Begründung aus, die Erweiterung der Anzahl der Verlängerungsmöglichkeiten und die Erweiterung der Befristungsdauer seien durch die Ergänzungstarifverträge gedeckt. Jedoch stehe der sachgrundlosen Befristung das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen. Die Vorbeschäftigung sei nicht von sehr kurzer Dauer gewesen, zumal sie die Dreimonatsgrenze des § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB überschritten habe. Im Übrigen habe die Vorbeschäftigung ohnehin erst am 31. Juli 2000 geendet. Auf den Betriebsübergang könne es bei der Beurteilung der Vorbeschäftigungsdauer nicht ankommen. Die Vorbeschäftigung sei mit 15 Jahren auch noch nicht sehr lang zurückgelegen. Der Klägerin sei es aus Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen. Ohne explizite Nachfrage habe die Klägerin (auch im Lebenslauf) die Vorbeschäftigung nicht offenbaren müssen. Im Personalbogen sei die Frage nach einer Vorbeschäftigung in der B.-Gruppe wahrheitsgemäß beantwortet worden. Die Beklagte hätte somit Anlass und Möglichkeit zur weiteren Fragestellungen gehabt. Auf die unzutreffende Angabe zur Vorbeschäftigung im Arbeitsvertrag käme es daher nicht an.
Dieses Urteil wurde der Beklagten am 3. Juni 2019 zugestellt. Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten, die am 21. Juni 2019 beim Landesarbeitsgericht einging und innerhalb der bis 3. September 2019 verlängerten Begründungsfrist am 2. September 2019 begründet wurde.
Die Beklagte rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung und eine falsche Tatsachenfeststellung des Arbeitsgerichts.
Sie meint, bei der Beurteilung der Frage, ob die Vorbeschäftigungsdauer kurz war, komme es nur auf den Zeitraum bis zum Betriebsübergang an. Denn § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG stelle ausdrücklich auf „denselben Arbeitgeber“ ab, somit auf den konkreten Vertragsarbeitgeber. Hätte das BAG bei der Beurteilung, ob eine Vorbeschäftigung nur von sehr kurzen Dauer war, allein auf die Dreimonatsgrenze des § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB abstellen wollen, hätte es die Sechsmonatsgrenze des §1 Abs. 1 KSchG gar nicht erst erwähnen brauchen. In verfassungskonformer Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei eine Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot vorzunehmen. Es müssten hierfür die gesamten Umstände des Falls einbezogen werden, vor allem dass neben einer nur kurzen Vorbeschäftigung auch noch eine lange Unterbrechung zwischen den Beschäftigungen vorgelegen habe, die im Wesentlichen auf einer freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie beruht habe. Die Klägerin sei nach ihren eigenen Angaben im Lebenslauf seit 2000 Hausfrau gewesen.
Die Beklagte meint, eine neue sachgrundlose Befristung nach einer 15-jährigen Unterbrechung stelle auch keine Abkehr vom Leitbild des unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses als Regelform dar. Ausgehend von einem durchschnittlichen Erwerbsleben von 40 Jahren wären bei 15-jährigen Unterbrechungen drei sachgrundlose Befristungen allenfalls möglich, wenn eine Befristung ganz am Anfang und eine ganz am Ende des Erwerbslebens lägen. Aber selbst dann stünde einer sechsjährigen Befristung eine überwiegende Beschäftigungsdauer von 34 Jahren gegenüber.
Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass es der Klägerin jedenfalls aus Treu und Glauben versagt seien müsse, sich auf die Rechtsunwirksamkeit der Befristung zu berufen. Die Klägerin habe nämlich nicht nur im Lebenslauf die Vorbeschäftigung verschwiegen, sondern eine solche im Arbeitsvertrag sogar ausdrücklich fälschlich verneint.
Die Beklagte trägt vor, sie hätte nicht nur den von der Klägerin behaupteten Gesprächsverlauf des Vorstellungsgesprächs bestritten, sondern zugleich bestritten, dass die Klägerin die Frage der Beklagten nach einer Vorbeschäftigung bejaht hätte. Das Arbeitsgericht hätte Beweis über den Verlauf des Vorstellungsgesprächs erheben müssen.
Die Beklagte beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen, Aktenzeichen 6 Ca 270/19, vom 28.05.2019 wird geändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Sie verweist darauf, dass ihre „Unterbrechung der Erwerbsbiographie“ darauf zurückzuführen sei, dass sie Kinder bekommen habe. Eine berufliche Neuorientierung habe nicht stattgefunden.
Sie trug ursprünglich vor, sie hätte keine Täuschungsabsicht gehabt. Sie habe bei Unterschrift unter dem Formularvertrag mit keiner solchen Frage nach einer Vorbeschäftigung rechnen müssen. Im Berufungstermin erklärte sie dagegen, sie habe die Beklagte bei Unterschrift unter den Arbeitsvertrag darauf hingewiesen, dass der Inhalt der Vertragsklausel unrichtig sei. Ihr sei bedeutet worden, dies sei egal. Diese Klausel sei bei der Beklagten üblich und in den Verträgen immer enthalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 64 Abs. 7 ArbGG iVm. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Befristungsablauf zum 30. September 2018 beendet wurde. Die Befristung ist rechtsunwirksam. Der befristete Arbeitsvertrag gilt deshalb gem. § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
1.
Die befristete Anstellung der Klägerin war unstreitig nicht durch einen sachlichen Grund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt. Die Befristung erfolgte sachgrundlos.
a)
Diese sachgrundlose Befristung überschritt die Grenzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis bestand bereits seit 8. Dezember 2014, somit länger als zwei Jahre. Es wurde auch mehr als dreimal verlängert, nämlich insgesamt sechsmal.
b)
Die Verlängerung der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich der Laufzeit insgesamt als auch hinsichtlich der Anzahl der Verlängerungsmöglichkeiten hatte jedoch seine Grundlage in den tariflichen Ergänzungsvereinbarungen.
aa)
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 TzBfG ist es zulässig, durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend von § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zu regeln. Es ist zulässig, die Höchstdauer und die Anzahl der Befristungen nicht nur alternativ, sondern auch kumulativ zu verlängern (BAG 18. März 2015 - 7 AZR 272/13 -). Die Tarifvertragsparteien haben jedoch keine unbeschränkte Regelungsbefugnis. Maximal zulässig ist eine Festlegung einer Befristungsdauer von sechs Jahren bei neunmaligen Verlängerungsmöglichkeiten (BAG 17. April 2019 - 7 AZR 410/17 -; BAG 26. Oktober 2016 - 7 AZR 140/15 -).
bb)
Von dieser Regelungsmöglichkeit haben die Tarifvertragsparteien Gebrauch gemacht. Die vorliegend streitigen Verlängerungen hielten sich in den zulässigen Grenzen. Die Befristung wurde vorliegend auf eine Befristungsdauer von etwas weniger als vier Jahren verlängert. Es liegen nur sechs Verlängerungen vor.
2.
Die Beklagte konnte dennoch das Arbeitsverhältnis nicht mehr wirksam nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sachgrundlos befristen.
Der sachgrundlosen Befristung steht entgegen, dass die Klägerin bereits zuvor schon einmal in einem befristeten Arbeitsverhältnis zum Beklagten stand, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Die Klägerin war nämlich zumindest im Zeitraum 6. April 1999 bis 31. August 1999 schon einmal bei der Beklagten beschäftigt.
An der vormaligen Rechtsprechung des BAG (BAG 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 -), dass in „verfassungsorientierter Auslegung“ des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nur solche Vorbeschäftigungen einer erneuten sachgrundlosen Befristung entgegenstehen können, wenn diese nicht länger als drei Jahre zurückliegen, kann nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 2018 (- 1 BvL 7/14 -) nicht mehr festgehalten werden. Es gilt demnach, dass jedenfalls grundsätzlich jegliche Vorbeschäftigungen bei demselben Arbeitgeber die Möglichkeit einer erneuten sachgrundlosen Befristung sperren (BAG 21. August 2019 - 7 AZR 452/17 -; BAG 17. April 2019 - 7 AZR 323/17 -; BAG 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/19 -). Demnach steht auch eine Vorbeschäftigung vor 15 Jahren einer erneuten sachgrundlosen Befristung grundsätzlich entgegen.
3.
Von diesem grundsätzlichen Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber ist vorliegend auch nicht im verfassungskonformen Auslegung wegen Unzumutbarkeit eine Ausnahme zu machen.
a)
Der durch § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bedingte Eingriff in die Grundrechte der Arbeitsvertragsfreiheit des Arbeitgebers und der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Artt. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG) ist mit dem Grundgesetz nur vereinbart, solange das Vorbeschäftigungsverbot zur Sicherung der die Grundrechtseingriffe rechtfertigenden Ziele noch erforderlich ist. Ein darüberhinausgehendes Verbot sachgrundloser Befristungen wäre in verfassungskonformer Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzumutbar (BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 -).
Das Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber ist demnach unzumutbar, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Der mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgte Schutzzweck kann in diesen Fällen das Verbot einer sachgrundlos befristeten Wiedereinstellung nicht rechtfertigen, soweit das legitime Interesse der Arbeitssuchenden an einer auch nur befristeten Beschäftigung und das ebenfalls legitime Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber entgegensteht. Das sich sonst in der Auslegung des Arbeitsgerichts aus § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ergebende Verbot der sachgrundlosen Befristung des Arbeitsvertrages kann insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. So liegt es etwa bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht. Die Fachgerichte können und müssen in derartigen Fällen durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken (BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 -).
Dieser Rechtsprechung hat sich nachfolgend das BAG angeschlossen, welches darauf hinweist, dass es jeweils einer Würdigung des Einzelfalls unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht benannten Beispiele bedarf (BAG 21. August 2019 - 7 AZR 452/17 -; BAG 17. April 2019 - 7 AZR 323/17 -; BAG 23. Januar 2019 -7 AZR 733/16 -).
b)
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann nicht festgestellt werden, dass die Anwendung des Verbots der Vorbeschäftigung bei der vorliegend streitigen sachgrundlosen Befristung für die Parteien, insbesondere für die Beklagte unzumutbar gewesen wäre.
Die Gefahr der Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Klägerin zur Durchführung einer Kettenbefristung bestand zwar nicht. Jedoch steht die Zielsetzung der Aufrechterhaltung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform einer Ausnahme vom Verbot der Vorbeschäftigung weiterhin entgegen.
aa)
Die geschuldete Tätigkeit der Klägerin während der Vorbeschäftigung war nicht anders geartet als die vertraglich geschuldete Tätigkeit im neuen befristeten Arbeitsverhältnis.
(1)
Eine ganz andere Tätigkeit liegt nur vor, wenn die im neuen Arbeitsverhältnis geschuldete Tätigkeit Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denjenigen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren (BAG 17. April 2019 - 7 AZR 323/17 -).
(2)
Vorliegend ist die Tätigkeit als „Montierungsarbeiterin“ jedenfalls nahezu deckungsgleich mit der geschuldeten Tätigkeit einer „Montageanlagebedienerin“.
bb)
Entgegen der Ansicht der Beklagten war die Vorbeschäftigung auch nicht von sehr kurzer Dauer.
(1)
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht definiert, was es unter einer Vorbeschäftigungszeit von nur „sehr kurzer Dauer“ versteht. Das BAG hat bislang lediglich darauf hingewiesen, dass ein Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG nach Ablauf von sechs Monaten Kündigungsschutz erwirbt. Außerdem wies es darauf hin, dass mit vorübergehenden Aushilfen gemäß § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BGB einzelvertraglich keine von § 622 Abs. 1 BGB abweichenden Kündigungsfristen vereinbart werden dürfen, wenn das Arbeitsverhältnis über drei Monate hinaus fortgesetzt wird. Jedenfalls wenn ein Arbeitsverhältnis länger als die vorgenannten Fristen bestehe, sei es nicht mehr von nur „sehr kurzer Dauer“ (BAG 17. April 2019 - 7 AZR 323/17 -). Wie aber mit Fällen umzugehen ist, in denen die Vorbeschäftigung zwar länger als drei Monate bestand, aber kürzer als sechs Monate, lässt sich der Rechtsprechung des BAG bislang nicht entnehmen.
Strikte Fristengrenzen werden jedoch ohnehin dem gebotenen Abwägungsprozess unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nicht gerecht. Es ist, wie bereits oben dargestellt, die Unzumutbarkeit unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht genannten Fallbeispiele zu beurteilen (BAG 21. August 2019 - 7 AZR 452/17 -; BAG 17. April 2019 - 7 AZR 323/17 -; BAG 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/16 -). Die Verengung auf ein mögliches Zeitfenster ist nicht im gesetzgeberischen Willen angelegt (Rech RdA 2020, 31, 37).
(2)
Vorliegend kann dahinstehen, ob bei der Bewertung der Länge der Vorbeschäftigungsdauer nur auf den Zeitraum bis zum Betriebsübergang (6. April 1999 bis 31. August 1999) abzustellen ist, oder ob auf die ursprünglich mit der Beklagten vereinbarte Befristungsdauer (bis 31. Juli 2000) abzustellen ist, wenngleich der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ersteres nahelegt. Der Gesetzgeber hat für das Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung nämlich auf den rechtlichen Bestand eines formellen Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber abgestellt (BAG 12. Juni 2019 - 7 AZR 477/17 -).
Denn selbst eine Beschäftigung von knapp fünf Monaten wäre vorliegend zwar kurz, aber noch nicht sehr kurz. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Klägerin hatte den Zeitrahmen von drei Monaten gemäß § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ZPO deutlich überschritten. Sie hatte somit zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bei der Beklagten zumindest schon eine erste Verstetigung des Arbeitsverhältnisses erlangt.
Das Bundesverfassungsgericht benutzte bei seinen Fallbeispielen den Begriff der „geringfügigen Nebenbeschäftigung“. Soweit darin ein Verweis auf die geringfügige Beschäftigung iSd. § 8 Abs. 1 SGB IV gesehen werden sollte, wäre jedenfalls die zeitliche Grenze der sog. zeitgeringfügigen Beschäftigung iHv. zwei Monaten oder 50 Arbeitstagen, bzw. drei Monaten oder 70 Arbeitstagen (§ 115 SGB IV a.F.) ebenfalls deutlich überschritten.
Hinzu kommt, dass das damalige Arbeitsverhältnis, anders als die Fallbeispiele des Bundesverfassungsgerichts, nicht auf eine bloß kurzzeitige Dauer angelegt war, sondern jedenfalls ausgehend von der Ausgangsbefristung auf eine Dauer von knapp 16 Monaten. Dieses Arbeitsverhältnis war als Vollzeitarbeitsverhältnis auf die dauerhafte Sicherung des Lebensunterhalts angelegt und nicht bloß als Hinzuverdienst oder Lebensunterhaltssicherung für eine Phase außerhalb der eigentlichen Erwerbsbiographie. Das Arbeitsverhältnis war wesentlicher Bestandteil der Erwerbsbiographie der Klägerin.
cc)
Die Vorbeschäftigung lag auch nicht sehr lang zurück.
(1)
Auch die Frage, ab wann ein Vorbeschäftigungsverhältnis bereits sehr lang zurückliegt, wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht näher beantwortet. Das BAG geht aufgrund der gesetzgeberischen Wertung des § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB davon aus, dass jedenfalls solange ein Arbeitnehmer sich durch eine längere Betriebszugehörigkeit noch einen höheren Bestandschutz in Form von längeren Kündigungsfristen erwerben kann, eine sehr lange Zeitdauer noch nicht vorliegen könne. Dies hat zur Folge, dass bis zu einer Zeitdauer von 20 Jahren zwischen den Beschäftigungen eine sehr lange Zeit nicht vorlegen kann. Dementsprechend wurden Zwischenzeiträume von acht Jahren (BAG 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/16 -) und 15 Jahren (BAG 17 April 2019 - 7 AZR 323/17 -) noch nicht als sehr lang bewertet, wohl aber ein Zwischenzeitraum von 22 Jahren (BAG 21. August 2019 - 7 AZR 452/17 -).
Dies wurde daneben auch noch damit begründet, dass ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre umfasst. Es wäre keine Ausnahme mehr vom Regelbild der langfristigen und dauerhaften Beschäftigung, wenn die Zwischenzeiträume zwischen Vorbeschäftigung und neuer befristeter Beschäftigung so kurz wären, dass mehr als zwei sachgrundlose Befristungen zu je zwei Jahren in einem Erwerbsleben bei demselben Arbeitgeber möglich wären (BAG 21. August 2019 - 7 AZR 452/17 -; BAG 17. April 2019 - 7 AZR 323/17 -; BAG 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/16 -).
(2)
Vorliegend beträgt der Zwischenzeitraum zwischen Beendigung der Vorbeschäftigung und dem Beginn des neuen befristeten Arbeitsverhältnisses ca. 15 Jahre. Dies ist unter Berücksichtigung obiger Grundsätze zwar lang, aber noch nicht sehr lang. 20 Jahre waren noch nicht erreicht. Theoretisch hätten in die Erwerbsbiographie der Klägerin drei Befristungen beim selben Arbeitgeber gepasst.
(3)
An diesem Ergebnis mag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Beklagte von der gem. § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG tariflich eingeräumten Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat. Selbst wenn man theoretisch von einer vierjährigen Befristung alle 15 Jahre ausginge, könnte derselbe Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einem Erwerbsleben von 40 Jahren dreimal sachgrundlos befristen, nämlich zweimal vierjährig und einmal zweijährig. Dies würde weiterhin die gesetzgeberische Entscheidung, die sachgrundlose Befristung auf Ausnahmen zu beschränken, in Frage stellen.
(4)
An der Beurteilung ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerin zwischen der Beendigung des letzten Arbeitsverhältnisses bei der Fa. A. L. R. GmbH im Jahr 2000 und dem erneuten Arbeitsbeginn bei der Beklagten am 8. Dezember 2014 nicht erwerbstätig, sondern Hausfrau war und sich hauptsächlich der Kindererziehung gewidmet hat. Es handelte sich zwar um eine Unterbrechung der Erwerbsbiographie, jedoch ging diese nicht mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einher (vgl. hierzu: BVerfG 6. Juni 2018 - 1 BvL 7/14 -). Die Klägerin wollte schlicht nach ihrer durch die Kindererziehung bedingte (wenn auch längere) familiäre Auszeit ihre bisherige Erwerbsbiographie bei der Beklagten fortsetzen.
4.
Der Klägerin ist es nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen.
a)
Eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (Palandt/Grüneberg BGB 78. Aufl. § 242 Rn. 38). Es ist z.B. mit Treu und Glauben nicht vereinbar, eine unredlich erworbene Rechtsposition oder formale Rechtsposition im Widerspruch zu den zugrundeliegenden vertraglichen Beziehungen auszunutzen (BAG 21. September 2017 - 2 AZR 865/16 -). Auch kann es z.B. eine unzulässige Rechtsausführung darstellen, wenn der Empfänger ein Vertragsangebot des Vertragspartners in Kenntnis dessen Kalkulations- oder Motivirrtums annimmt und sich dann auf den Vertragsinhalt beruft (BGH 11. November 2014 – X ZR 32/14 -; BGH 7. Juli 1998 - XI ZR 17/97 -).
b)
Die Klägerin hat die Beklagte aber nicht bewusst irrtümlich in den Glauben versetzt, dass keine befristungsschädliche Vorbeschäftigung vorgelegen habe.
aa)
Die Klägerin hat zwar unter Nr. 1.1. Abs. 2 des Arbeitsvertrages schriftlich bestätigt, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden zu haben. Auf diese Tatsachenerklärung kann sich die Beklagte aber nicht berufen. Die Vertragsklausel ist nämlich gem. § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam.
(1)
Gem. § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändern, indem der Verwender den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Der Begriff der „Änderung der Beweislast“ ist dabei weit zu verstehen. Erfasst werden nicht nur alle Abweichungen von den gesetzlichen und von der Rechtsprechung entwickelten Regeln zur Verteilung der objektiven Beweislast sowie subjektiven Beweisführungslast. Für die Anwendung des § 309 Nr. 12 BGB genügt vielmehr schon der Versuch des Verwenders, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Deshalb sind auch Klauseln, die lediglich eine Änderung der Darlegungslast vorsehen, am Maßstab des § 309 Nr. 12 BGB zu messen (Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 BGB Rn. 140).
Von großer praktischen Bedeutung sind die in § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB besonders erwähnten Tatsachenbestätigungen. Dabei sind nach dem Schutzzweck des § 309 Nr. 12 BGB Tatsachenbestätigungen nicht nur in dem praktisch äußerst seltenen Fall unzulässig, dass sie die Beweislast umkehren, sondern bereits dann, wenn sie die Beweislast faktisch zum Nachteil des Kunden verschieben. Nach § 309 Nr. 12 BGB reicht für eine Änderung der Beweislast schon der Versuch des Verwenders aus, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Bereits dann, wenn die formularmäßige Klausel zur Folge haben kann, dass der Richter die Anforderungen an den Beweis zum Nachteil des Kunden erhöht - bei dessen Beweislast - oder aber ermäßigt - bei Beweislast des Verwenders -, liegt eine für § 309 Nr. 12 BGB maßgebliche Änderung des Anwendungsbereichs der Beweislast vor (BGH 10. Januar 2019 - III ZR 109/17 -; BGH 28. Januar 1987 - IVa ZR173/85 -; Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 BGB Rn. 143). Hierzu zählen insbesondere Tatsachenbestätigung, die rechtlich relevante Umstände beschreiben, Wissenserklärungen, wenn sie sich zum Nachteil des Kunden auswirken können und Erklärungen über tatsächliche Vorgänge (Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 BGB Rn. 143).
(2)
Vorliegend handelt es sich bei dem Arbeitsvertrag der Klägerin um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Jedenfalls aber ist die streitige Vertragsklausel gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB einer Klauselkontrolle nach § 309 BGB zu unterziehen.
Der Beklagten ist einzuräumen, dass mit der streitigen Klausel die eigentliche Beweislast nicht verändert wurde. Will die Klägerin sich auf die Unzulässigkeit eines sachgrundlosen Befristung berufen wegen einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber, so hat sie das Vorliegen dieser Vorbeschäftigung im Bestreitensfall zu beweisen. In diese Beweislastverteilung greift die Klausel nicht ein.
Jedoch erleichterte die in Nr. 1.1. Abs. 2 des Arbeitsvertrages enthaltende Tatsachenbekundung das Bestreiten der Beklagten. Die Beklagte wäre wegen dieser Tatsachenbekundung in der Lage gewesen, die von der Klägerin behauptete Vorbeschäftigung substantiiert - und nicht nur einfach - zu bestreiten unter Vorlage des Arbeitsvertrages. Sie wäre somit in der Lage gewesen, die Klägerin in eine erhöhte Darlegungslast in der Erwiderung zu bringen. Wäre die Klägerin durch andere Beweismitteln nicht in der Lage gewesen, die gegenteilige Tatsachenerklärung vollständig zu erschüttern, hätte die Gefahr eines Prozessverlustes der Klägerin durch Beweislastentscheidung bestanden. Die von der Klägerin formularmäßig abverlangte Tatsachenerklärung war somit zumindest der Versuch der Beklagten, die Beweisposition der Klägerin zu verschlechtern.
Hinzu kommt, dass die Beklagte versuchte, diese Tatsachenerklärung für ihren Einwand der treuwidrigen Rechtsausübung nutzbar zu machen. Einen besseren Beweis zu Lasten der Klägerin konnte sie sich gar nicht verschaffen als sich die Tatsachen bestätigen zu lassen, aus der sie den Rechtsmissbrauchseinwand ableiten möchte.
(3)
Der Inhalt einer unwirksamen Vertragsbestimmung ist aber nicht geeignet, der Beklagten im Rahmen von Treu und Glauben doch noch zum Prozesserfolg wegen widersprüchlichen Verhaltens zu verhelfen.
bb)
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin im Vorstellungsgespräch auf ihre Vorbeschäftigung hingewiesen hat. Selbst wenn sie sie dies nicht getan haben sollte, wäre sie jedenfalls ungefragt von sich aus auch nicht gehalten gewesen, die Beklagte auf die Vorbeschäftigung hinzuweisen. Dass die Beklagte eine entsprechende Frage gestellt hätte und die Klägerin diese falsch beantwortet hätte, hat noch nicht einmal die Beklagte selbst behauptet. Eine Beweiserhebung zum Inhalt des Vorstellungsgespräches war demnach nicht geboten.
cc)
Im Einstellungsbogen hat die Klägerin wahrheitsgemäß angegeben, bereits früher in der B.-Gruppe beschäftigt gewesen zu sein. Die Beklagte ist Teil dieser B.-Gruppe. Wenn der Beklagten so sehr an der Meidung einer unzulässigen sachgrundlosen Befristung gelegen war, wie sie in der mündlichen Verhandlung bekundete, hätte es nahegelegen, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass der Einstellungsbogen in der Personalabteilung vor Einstellung noch einmal angeschaut wird und die Angaben der Klägerin im eigenen System überprüft werden. Dies zumal sie ihrem Bekunden nach bereits 2014 im Hinblick auf die Problemstellung der länger als drei Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung sensibilisiert war aufgrund eigener Gerichtsverfahren.
dd)
Die „Lücke“ im vorgelegten Lebenslauf über die Vorbeschäftigung ist zwar unschön, aber noch keine (positive) Falschauskunft. Sie ist allenfalls eine unvollständige Auskunft durch Weglassen. Als solche ist sie aber keine, die nach den Angaben der Klägerin im Einstellungsbogen durch Nachfrage oder Nachforschen der Beklagten nicht noch hätte behoben werden können. Dass die Beklagte diese Nachfragen trotz entsprechendem Anlass unterlassen hat, ist zumindest fahrlässig und schließt eine Schutzwürdigkeit ihres Vertrauens in die Vollständigkeit der klägerischen Angaben aus (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB (2019) § 242 Rn. 292).
II.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte auch zu Recht zur Weiterbeschäftigung verurteilt.
Der Anspruch beruht auf §§ 611 Abs. 1, 613 BGB iVm. § 242 BGB, dieser ausgefüllt durch die Wertentscheidungen der Artt. 1 und 2 GG (BAG (GS) 27. Februar 1985 - GS 1/84 -). Die Klägerin hat mit dem Bestandschutzstreit obsiegt. Ihr Beschäftigungsinteresse überwiegt gegenüber dem gegenläufigen Interesse der Beklagten.
III.
Nebenentscheidungen
1. Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Revision wird für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.