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Rechtmäßigkeit der Entziehung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung wegen gröblicher Verletzung von vertragszahnärztlichen Pflichten

 | Gericht:  Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg  | Aktenzeichen: L 7 KA 4/20 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Sonstiges

Urteilstext

 

Tenor


    
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. November 2019 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.; die Beigeladenen zu 2. bis 7. tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand


     
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung im Land Brandenburg wegen gröblicher Verletzung von vertragszahnärztlichen Pflichten.
 
Der Kläger ist seit 1991 als Vertragszahnarzt im Land Brandenburg zugelassen.
 
Er ist nach eigenen Angaben seit 2003 neben seiner Ehefrau Dr. W und anderen Familienangehörigen Gesellschafter und Geschäftsführer des Dentallabors („“) in E.
 
Der Kläger war seit 1993 in der Vertreterversammlung und seit 1998 durchgängig ehrenamtlich in verschiedenen Ausschüssen der vertragszahnärztlichen Selbstverwaltung tätig, unter anderem über mehrere Jahre als Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender des Zulassungsausschusses der Beigeladenen zu 1. (von 1998 bis 2001).

Der Kläger war nach eigenen Angaben seit 1997 in einer Praxisgemeinschaft u.a. mit seiner Ehefrau Dr. W tätig. 2004 wurde zwischen den Ärzten/Ärztinnen mittels mündlichen Vertrages die „Praxisgemeinschaft Zahnärzte “ gegründet.

 
Gemäß dem schriftlichen Vertrag der „Praxisgemeinschaft Zahnärzte R“ vom 28. September 2005 traten Dr. S und G in die Praxisgemeinschaft ein. Der Kläger zeigte dem Zulassungsausschuss unter Vorlage dieses Vertrages die Bildung einer Praxisgemeinschaft ab dem 1. Oktober 2005 an.

 
Am 26. April 2007 wurde die Praxisgemeinschaft mittels handschriftlichen Beschlusses in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) umgewandelt. Der Gesellschaftszweck wird darin mit „Nutzung gemeinsamer Organisationsstrukturen, gemeinsame Nutzung von Räumen, Personal und Geräten“ angegeben.
 
Mit schriftlichem Vertrag vom 30. September 2009 wurde die „Zahnärzte R“ GbR unter dem Namen „WSG & Kollegen GbR“ fortgesetzt (im Folgenden: WSG-GbR). Vertragszweck war die Fortführung der 2004 gegründeten GbR durch „die unterzeichnenden Zahnärzte in Ausübung ihrer freiberuflichen Tätigkeit“. Der Kläger gehörte zu den zeichnungsberechtigten Gesellschaftern der GbR (gemäß Ziff. II.14 Nr. 3 des Vertrags vom 30. September 2009). Als Gesellschafter bezeichnet der Vertrag neben dem Kläger G, Dr. W, Dr. S und S. Neben ihnen werden als „nicht beteiligte Zahnärzte“ Dr. D, Dr. W und O (später: P; im Folgenden: O) benannt. Unterzeichner/-innen des Vertrags sind neben den ausdrücklich als Gesellschafter bezeichneten Ärzten auch diese „nicht beteiligten“ Zahnärztinnen und Zahnärzte.
 
Der Vertrag über die WSG-GbR vom 30. September 2009 wurde durch einen Vertrag vom 1. Juli 2013 ersetzt. Als Gesellschafter waren nunmehr der Kläger, G, Dr. W, Dr. S, V und O bezeichnet.

Unabhängig hiervon beantragte zunächst allein der Kläger, beginnend mit einem Antrag vom 17. Mai 2008, die Genehmigung einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) mit Wirkung vom 1. Juli 2008, zunächst bestehend aus fünf Mitgliedern (ihm selbst, Dr. S, G, S (später V) und Dr. W.
 
Dr. W, Gesellschafterin der WSG-GbR, war zu keinem Zeitpunkt zwischen 2008 und 2015 Mitglied der vorliegend gegenständlichen üBAGs.
 
Mit dem Antrag vom 17. Mai 2008 legte der Kläger die Anlage „Praxisgemeinschaft Zahnärzte R“ vom 18. Mai 2008 vor. Danach beschloss die Gesellschaft (der Praxisgemeinschaft) Frau NS zum 1. Juli 2008 in die im September 2004 mündlich gegründete Praxisgemeinschaft „Zahnärzte R“ aufzunehmen; Frau S erwarb 2 % der Anteile (von dem Gesellschaftern Dr. Dr. S und Dres. W). Die (gemeinschaftliche freiberufliche) Tätigkeit sollte ab 1. Juli 2008 mit mehreren Sitzen im Rahmen einer üBAG fortgesetzt werden. Die Gesellschafter „Zahnärzte R“ beschlossen außerdem, die Zahnarztpraxis Dr. W zum 1. Juli 2008 zu erwerben. Dr. W sollte seine zahnärztliche Tätigkeit ab 1. Juli 2008 gemeinsam mit den Gesellschaftern „in Sozietät“ fortsetzen. Gemäß dem Beschluss, den auch Dr. W und Frau S unterzeichneten, war Dr. W nicht am Vermögen „der GbR“ beteiligt, haftete für die von ihm erbrachten zahnärztlichen Leistungen und beabsichtigte, seine Tätigkeit im Jahr 2011 aufzugeben. Näheres sollte der Praxiskaufvertrag regeln. Dr. W war gemäß dem o.g. Beschluss von sämtlichen Haftungen im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften der GbR freigestellt. Hierzu wurde mit ihm eine separate Vereinbarung unterzeichnet.
 
Mit zwei weiteren (aktualisierten) Anträgen auf Genehmigung der üBAG zum 1. Juli 2008 legten zunächst die o.g. fünf (Antrag vom 26. Mai 2008), am 2. Juni 2008 dann unter Einbeziehung der weiteren Zahnärztin Dr. D sechs Zahnärzte/Zahnärztinnen jeweils eine Vereinbarung über die freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit in einer üBAG zum 1. Juli 2008 vor. In der Vereinbarung vom 2. Juni 2008 vereinbarten der Kläger, Dr. Dr. S, G, S, Dr. W und Dr. D die freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit in einer üBAG. Die Vereinbarung enthielt u.a. differenzierte Honorarregelungen für Dr. W und Dr. D. So erhielt Dr. W ab dem 1. Januar 2009 für das von ihm erwirtschaftete zahnärztliche Honorar bis zu einem Umsatz von 100.000 Euro pro Jahr 50 % als Gewinn, für einen darüber hinausgehenden Honorarumsatz wurde ein Gewinn von 40 % festgelegt. Ab dem 1. Januar 2010 erhielt er bis zu einem Honorarumfang von 50.000 Euro 50 % als Gewinn, für einen darüber hinausgehenden Honorarumsatz 40 %. Für die Zahnarztpraxis Dr. W wurden zwei Kaufverträge unterzeichnet, nämlich der am 14. Mai 2008 geschlossene Kaufvertrag mit Dr. W, Dr. SG und dem Kläger, wonach Dr. W seine vertragszahnärztliche Tätigkeit ab Juli 2008 in einer üBAG fortsetzt, sowie der Vertrag mit Datum 1. Mai 2011, wonach der Verkäufer die Praxis an die WSG-GbR verkauft, das Eigentum zum 1. Juli 2011 übergehen sollte und er seine zahnärztliche Tätigkeit zum 30. Juni 2011 beendete. Die Praxiskaufverträge wurden dem Zulassungsausschuss nicht vorgelegt.
 
Der Zulassungsausschuss genehmigte die überörtliche üBAG, bestehend aus dem Kläger, Dr. S, G, S, Dr. W und Dr. D mit Beschluss vom 19. Juni 2008 zum 1. Juli 2008. Der Kläger, Dr. W und Dr. W zeigten zum 30. Juni 2008 das Ende ihrer örtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (Bernau) an.

In der Zeit ab Oktober 2009 beantragten die Mitglieder der üBAG für den Eintritt weiterer Zahnärztinnen und Zahnärzte in die üBAG jeweils die Genehmigung beim Zulassungsausschuss. Der Zulassungsausschuss genehmigte für den Zeitraum ab Juli 2008 bis Juni 2015 nacheinander insgesamt acht verschiedene üBAGs in unterschiedlicher personeller Zusammensetzung. Für die Genehmigungen legten ihm die üBAGs jeweils einen „Vertrag der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft“ vor (im Folgenden: üBAG-Verträge), hingegen nicht die Verträge betreffend die WSG-GbR vom 30. September 2009, neu gefasst zum 1. Juli 2013.
 
Einige der gemäß der üBAG-Verträge in die üBAG eintretenden Zahnärztinnen und Zahnärzte waren unmittelbar zuvor in eigener Praxis (sog. Seniorpartner) tätig, andere (sog. Juniorpartner) nicht. Wesentlicher Inhalt aller üBAG-Verträge waren Regelungen zum Gemeinschaftszweck, zur Vertretung der Gemeinschaft, zur Gewinnverteilung sowie weitere organisatorische Regelungen.
 
So war in allen üBAG-Verträgen als Vertragszweck die Fortführung der freiberuflichen Tätigkeit in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft vereinbart sowie konkret
 
„1. die damit verbundene (gemeinschaftliche) Nutzung von Praxisräumen, Einrichtungen, medizinischen Geräten und Personal.“
 
§ 8 des üBAG-Vertrags vom 31. August 2009 (Aufnahme von O zum 1. Oktober 2009) regelte zur Gewinnverteilung folgendes:
 
„1. Die Verteilung des erwirtschafteten Gewinns erfolgt nach einem gesondert festzulegenden Modus.
 
2. 
Hierzu schließen die Gemeinschafter separate schriftliche Verträge ab.“
 
Ab dem üBAG-Vertrag vom 11. Februar 2011 enthielten die folgenden üBAG-Verträge eine konkrete Gewinnverteilungsregelung ohne den Hinweis auf individuelle weitere Verträge. So sah § 10 des üBAG-Vertrags vom 23. Mai 2014 folgende Regelung zur Gewinnverteilung vor:
 
„1. Grundsätzlich erhält jeder Gemeinschafter als Anteil am Gewinn 20% seiner persönlichen, also von ihm selbst – nicht aber der Helferinnen oder angestellten Zahnärzten (PZR o.Ä.) erwirtschafteten – tatsächlich gezahlten Honorareinnahmen aus privatzahnärztlicher und vertragszahnärztlicher Tätigkeit, mindestens aber 2% des vertragszahnärztlichen Gewinns der Gesellschaft. [...]
 
2. Die Verteilung des darüber hinaus erwirtschafteten Gewinns erfolgt zwischen den Gemeinschaftern 1 bis 5 im Verhältnis ihrer Gesellschaftsanteile (d.h. der Kläger und die Gesellschafter des WSG-GbR-Vertrags) zueinander.
 
3. [...]
 
4. Etwaige Verluste der Gesellschaft tragen die Gemeinschafter im Verhältnis ihres Vorabgewinns nach § 10 Nr. 1 S. 1 zum Gesamtvorabgewinn der Gesellschafter.“
 
§ 2 Abs. 4 des üBAG-Vertrags z.B. vom 23. Mai 2014 bestimmte:
 
„Die Gemeinschafter üben ihre zahnärztliche Tätigkeit jeweils unabhängig und in eigener Verantwortung aus. Sie sind ausschließlich den rechtlichen Vorgaben für ihre Berufsausübung unterworfen und unterliegen keinerlei Weisungen.“
 
Im Zuge des Genehmigungsantrags für eine üBAG vom 17. Februar 2014 forderte der Zulassungsausschuss den Kläger auf, Einzelverträge mit den neu eintretenden Mitgliedern vorzulegen.
 
Daraufhin reichte der Kläger den (geänderten) üBAG-Vertrag vom 23. Mai 2014 ein.
 
Seit diesem üBAG-Vertrag enthielten die weiteren dem Zulassungsausschuss vorgelegten Verträge die folgende Regelung unter § 4a (Beteiligungsverhältnisse):
 
„Die unten näher bezeichneten Gesellschafter (1.-...) bringen in die Gesellschaft ihre bestehende immaterielle und – soweit vorhanden – materielle Praxisstruktur, dies jedoch ohne Verbindlichkeiten/Passiva ein und erhalten im Gegenzug Anteile von Gesellschaftsvermögen.
 
Die anderen Gesellschafter bringen zunächst lediglich ihre Arbeitskraft in die Gesellschaft ein. Sie sind am ideellen Vermögen der Gesellschaft zunächst nicht beteiligt. Diese Gesellschafter haben bei ihrem Eintritt keine Bar- und Sacheinlage erbracht. Sie sind bis auf weiteres auch nicht verpflichtet, eine solche Bar- oder Sacheinlage zu erbringen. Die Gesellschafter sind sich aber darüber einig, dass eine dauerhafte und erfolgreiche Zusammenarbeit angestrebt ist und daher die Möglichkeit eröffnet werden soll, Anteile am Vermögen der Gesellschaft und am Sonderbetriebsvermögen der anderen Gesellschafter zu erwerben. Dies soll nach einer Kennenlernphase von drei Jahren geschehen.“
 
Der Anteil der genannten anderen Gesellschafter an der Gesellschaft wurde im Rahmen der Beteiligungsverhältnisse mit 0 % angegeben.
 
Im üBAG-Vertrag vom 3. November 2014 wurde unter § 11 (Kündigung) für die Mitglieder, die keine Gesellschafter der WSG-GbR waren, geregelt, dass sie nach ihrem Ausscheiden „eine Abfindung/einen Kaufpreis“ unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Stellung erhalten. Dieser war von den Gesellschaftern 1. bis 5. (das waren allein diejenigen der WSG-GbR), zu übernehmen. Entsprechende Kaufverträge seien geschlossen worden (so § 11 Abs. 3 Satz 2 des Vertrags).
 
Im Jahr 2008 sowie ab April 2012 wurden die üBAGs vom Kläger „juristisch vertreten“. Der Kläger übernahm zudem für die üBAGs von 2009 bis April 2012 vertraglich „die juristische Verantwortung für die rechtlichen Rahmenbedingungen“. Im letzten üBAG-Vertrag vom 3. November 2014 wird der Kläger (neben Dr. S) vertraglich mit der Geschäftsführungsbefugnis betraut (§ 5).
 
Einen expliziten Hinweis auf das Bestehen weiterer Verträge (über eine GbR oder speziell die WSG-GbR) enthalten die üBAG-Verträge nicht.
 
Parallel zu den üBAG-Verträgen wurden ab 2008 bis Juni 2015 einschließlich der mit Dr. W geschlossenen zwei Kaufverträge insgesamt 16 Praxiskaufverträge zwischen in die üBAG jeweils eintretenden Vertragszahnärztinnen und -ärzten und der WSG-GbR geschlossen, mit denen die Verkäuferinnen bzw. Verkäufer ihre jeweilige Zahnarztpraxis an die WSG-GbR (und nicht: an die üBAG) veräußerten.
 
Der konkrete Inhalt der einzelnen Praxiskaufverträge unterscheidet sich:
 
Zum Teil enthielten sie lediglich die üblichen essentiellen Kaufmodalitäten (Kaufpreis, Kaufsache, Zahlungsmodalitäten). Zum Teil beinhalten manche Kaufverträge darüberhinausgehende Regelungen, nämlich eigene Regelungen zur Vergütung der Verkäuferin durch eine Gewinnausschüttung. Viele Praxen blieben danach zunächst im Eigentum der bisherigen Inhaber/-innen. Die Käuferin übernahm mit Eintritt der Praxisinhaber-/innen in die üBAG sämtliche anfallende Praxiskosten. Nach dem Ende der Tätigkeit und dem Ausscheiden der bisherigen Inhaber aus der üBAG gingen die Praxen gemäß den Verträgen in das Vermögen der WSG-GbR über. Erkennbares Modell einer Kooperation mit Praxisverkauf und der Aufnahme von Juniorpartnern war, dass die sog. „Seniorpartner/-innen“ Mitglieder der üBAG auf Zeit sein sollten, d.h. nach und nach weniger praktizieren sollten, aufgefangen durch die „Juniorpartner“, die ohne Praxis nur ihre Arbeitskraft einbrachten; die Verkäufer-/innen verpflichteten sich daher in den Kaufverträgen ab 2012, ihre Tätigkeit (schrittweise) zu reduzieren und die Integration von jüngeren üBAG-Mitgliedern in ihrem Umfeld mit entsprechender Überführung der Patienten zu fördern (z.B. § 3 Abs. 3 Praxiskaufvertrag Dr. B). Wegen des Inhalts der einzelnen Praxiskaufverträge wird auf die Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
 
Keiner der Praxiskaufverträge wurden dem Zulassungsausschuss anlässlich der Anträge auf Genehmigung der üBAG vorgelegt.
 
Die ab Juli 2008 bis 2015 genehmigten üBAGs haben folgende Zusammensetzung:
 
     
Zeitraum                         Mitglieder der üBAG
01.07.08 bis 30.09.09    Dr. S, Dr. W, S, G, Dr. W, Dr. D
01.10.09 bis 31.03.11    Dr. S, Dr. W, V, G, O, Dr. W
01.04.11 bis 31.12.11    Dr. S, Dr. W, V, G, O, Dr. W, K, Dr. S
01.01.12 bis 30.06.12    Dr. S, Dr. W, V, G, O, K, H
01.07.12 bis 30.06.13    Dr. S, Dr. W, V, G, O, H, Dr. A, Dr. B, Dr. K, S
01.07.13 bis 31.03.14    Dr. S, Dr. W, V, G, O, H, Dr. A, Dr. B, Dr. K, Dr. G,                                         Dr. L, S, V
01.07.14 bis 31.12.14    Dr. S, Dr. W, V, G, O, B, Dr. K, Dr. L, V, S, G, Dr.                                           G, V, Dr. B, Dr. M, R, Dr. R
01.01.15 bis 30.06.15    Dr. S, Dr. W, V, G, O, B, Dr. K, Dr. A, Dr. B, Dr. L,                                           V, S, G, V, Dr. B, Dr. M, R, K, G, Dr. M

 
Der Kläger versandte in dieser Zeit E-Mails an die anderen Mitglieder der üBAGs und an nichtärztliches Personal. Die E-Mails betreffen die Abrechnung von Leistungen, die Öffnungszeiten einzelner Praxen, die Therapieplanung sowie die Erstellung von Heil- und Kostenplänen („HKP“). Wegen des konkreten Inhalts wird auf die Akten Bezug genommen.
 
Der Zulassungsausschuss genehmigte zuletzt mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 die jeweils beantragte üBAG. Die dann nachfolgenden Genehmigungsanträge vom 17. April 2015, vom 20. August 2015 und vom 7. Oktober 2015 für eine jeweils neue üBAG lehnte er ab, u.a. mit der Begründung, die Gesellschaftsverträge und (Praxis-) Kaufverträge hätten zunächst nicht vollständig vorgelegen oder es fehlten zumindest Unterschriften.
 
Die letztmalig genehmigte üBAG erklärte der Zulassungsausschuss auf Antrag der üBAG durch einen Beschluss zum 30. Juni 2015 für beendet.
 
Mit mehreren Beschlüssen vom 2. September 2015 stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die früheren Genehmigungen der üBAGs für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2015 rechtswidrig zustande gekommen seien.
 
Auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen zu 1. entzog der Zulassungsausschuss dem Kläger nach Anhörung mit Beschluss vom 31. August 2016 die vertragszahnärztliche Zulassung. Der Kläger habe gröblich gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten verstoßen. Er habe die Genehmigungen der üBAGs durch arglistige Täuschung erlangt, indem er bei Antragsstellung nicht alle für die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der üBAG erforderlichen Unterlagen, insbesondere die Praxiskaufverträge, vorgelegt habe. Der Kläger habe zudem vertragszahnärztliche Leistungen nicht peinlich genau abgerechnet, weil nicht alle Mitglieder der üBAGs tatsächlich in freier Praxis tätig gewesen seien, sondern verdeckte Angestelltenverhältnisse vorgelegen hätten. Darüber hinaus habe der Kläger gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, indem er die anderen Mitglieder der üBAG angewiesen habe, Leistungen entgegen dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu erbringen, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Außerdem lägen weitere Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit den üBAGs vor.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 8. Februar 2017 zurück. Zuvor hatte der Beklagte in seiner der Sitzung die Zahnärztin G, ehemalige üBAG-Angehörige, als Zeugin gehört.


Mit seiner am 17. März 2017 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage bestreitet der Kläger, dass er bei der den Genehmigungsanträgen (relevante) Informationen über die üBAGs zurückgehalten habe. Die diffuse Vertragslage ergebe sich lediglich daraus, dass die entsprechenden Verträge von juristischen Laien stammten. Tatsächlich habe immer nur eine einzige Gesellschaft zu einem Zeitpunkt bestanden, die die üBAG betrieben habe, nicht mehrere. Aus der Gesamtschau der Verträge erschließe sich auch die (gelebte) Gewinnverteilung als zweistufig aufgebaut: Auf der ersten Stufe ein prozentualer Anteil am selbst erwirtschafteten Honorar, der davon abhänge, ob Kapital eingebracht worden sei. Auf der zweiten Stufe sei dann eine Verteilung des verbleibenden Gewinns an die kapitalbeteiligten Gesellschafter/-innen vereinbart gewesen. Der Kläger habe den Zulassungsausschuss nie bewusst getäuscht. Eine gesetzliche Pflicht zur Vorlage der Praxiskaufverträge bestehe außerdem nicht. Auch habe die Staatsanwaltschaft Potsdam ihr diesbezügliches Strafverfahren gegen ihn eingestellt. Tatsächlich seien alle Zahnärzte/Zahnärztinnen der üBAG freiberuflich tätig gewesen. Der Kläger habe die medizinische Handlungsfreiheit der anderen an der üBAG Teilnehmenden nicht durch Weisungen eingeschränkt. Die Auslegung seiner E-Mails als Weisungen sei lebensfremd. Auch die weiteren behaupteten Pflichtverstöße lägen nicht vor. Er habe schließlich nicht über den 30. Juli 2015 hinaus eine (ungenehmigte) üBAG betrieben, sondern im Rahmen der (zivilrechtlich) weiter bestehenden GbR sei mit den Einzelpraxen eine Praxisgemeinschafts-GbR betrieben worden. Die Entziehung seiner vertragszahnärztlichen Zulassung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit dar.
 
Mit Urteil vom 20. November 2019 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Entziehung der vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung seien erfüllt. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine vertragszahnärztlichen Pflichten in einer eine Entziehung der Zulassung rechtfertigenden Weise gröblich verletzt habe. Die Frage, ob der Kläger den Zulassungsausschuss bei Antragsstellung arglistig getäuscht habe, hat die Kammer explizit offengelassen, denn es komme nicht darauf an. Vielmehr sei entscheidend, dass nach der Struktur und Organisation der üBAGs keine durchgehend freiberufliche Tätigkeit aller Mitglieder erfolgt sei und dass gegen das Gebot zur peinlich genauen Abrechnung und gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen worden sei. Es stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass keine Beteiligung aller Mitglieder am wirtschaftlichen Risiko erfolgt sei. Dies werde aus den Regelungen in den Praxiskaufverträgen ersichtlich. Ferner bestätigten die vorgelegten E-Mails, dass der Kläger die Organisation, Finanzen und Geschicke der üBAG einseitig bestimmt und damit in die freiberufliche Tätigkeit der anderen Mitglieder eingegriffen habe. Ob dies durch jene auch als Weisung verstanden worden sei oder nicht, sei nicht entscheidend. Bereits der Wortlaut der E-Mails zeige, dass es sich nicht nur um Empfehlungen gehandelt habe. Der Kläger habe durch seine Vorgaben die üBAG wie sein gewinnorientiertes Unternehmen geführt. Schon aufgrund seiner erheblichen Einflussnahme auf die Tätigkeit der übrigen Mitglieder sei eine Tätigkeit in freier Praxis abzulehnen. Ob alle Gesellschafter am materiellen und immateriellen Vermögen bzw. am Verlust und am Gewinn der üBAG beteiligt gewesen seien oder nicht, könne dahinstehen. Die Leistungen der verdeckt angestellt tätigen Mitglieder seien folglich falsch abgerechnet worden. Die üBAG sei verpflichtet gewesen, eine Genehmigung für die Anstellung jener Zahnärzte einzuholen und deren Leistungen als Leistungen von angestellten Zahnärzten abzurechnen. Auch die Abrechnung der Desinfektionspauschale sei rechtswidrig gewesen. Denn die Abrechnung von Versandkosten sei nur bei Patienten der AOK Nordost möglich gewesen. Bei allen anderen Krankenkassen sei dies nicht erlaubt gewesen. Die Umgehung dieser Regelung durch die indirekte Abrechnung der Versandkosten in Form der Desinfektionspauschale sei unzulässig.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei jedoch kein Verstoß des Klägers gegen § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V nachgewiesen. Die vom Beklagten behauptete Weisung des Klägers, dass nur noch das FFF Dentallabor beauftragt werden solle, ergebe sich nicht aus den vorgelegten Unterlagen.
 
Die Pflichtverstöße des Klägers seien auch gröblich. Der Entzug sei folglich auch verhältnismäßig. Der über Jahre verursachte Schaden sei erheblich. Der Kläger habe weitreichend in die Therapiefreiheit, in die Abrechnungsvorgänge sowie in den Arbeitsalltag der anderen Zahnärzte/Zahnärztinnen eingegriffen. Weiterhin zeige der Kläger nur eine geringe Einsichtsbereitschaft. Die Verstöße seien in ihrer Gesamtheit so gravierend, dass eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht möglich sei. Auch schütze Art. 12 Abs. 1 GG nicht den Erhalt eines bestimmten Arbeitsplatzes. Dem Kläger sei es möglich, als Privatzahnarzt weiterzuarbeiten. Es sei außerdem möglich, die Zulassung als Vertragszahnarzt erneut zu beantragen.
 
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 6. Januar 2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Januar 2020 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sowohl die materiellen Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung als auch die gesetzlichen Anforderungen an die Amtsermittlung sowie die Darlegungs- und Beweislastverteilung verkannt. Die entscheidungserhebliche Tatsachengrundlage sei vom Sozialgericht unzureichend ermittelt worden. Behördliche Meinungen seien unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ungeprüft übernommen worden, obwohl der Beklagte seiner Beweislast nicht hinreichend nachgekommen sei. Bei Entscheidungen über die Zulassungsentziehung gelte ein besonders strenger Maßstab für die Überzeugungsbildung der Gerichte. In solchen Fällen müsse ein sicherer Beweis für die Pflichtverletzungen erbracht werden.
 
Gemessen daran sei ein sicherer Beweis für die Pflichtverletzungen im Fall des Klägers nicht erbracht. Er sei außerdem nicht beweisbelastet und müsse sich mithin nicht exkulpieren. Der zentrale Streitpunkt sei derjenige, ob eine Scheingesellschaft mit versteckten Anstellungsverhältnissen bestanden habe. Dabei seien alle Gesellschafter vom Bestehen einer einzigen Gesellschaft ausgegangen. Die so tatsächlich gelebte Gesellschaft, welche ausschließlich entscheidend sei, spiegele sich auch in den Verträgen der WSG-GbR wider.
 
Ergänzend führt er an, dass in den Verträgen der WSG-GbR, so in § 6 des Vertrags 2013, auf die nicht am Vermögen beteiligten Mitglieder Bezug genommen werde. Es fehle demnach nicht an der Personenidentität zwischen den beiden Gesellschaften. Die tatsächlich gelebte Einheitlichkeit der Gesellschaft, welche ausschließlich entscheidend sei, spiegele sich in den Verträgen der WSG-GbR wider.
 
Selbst wenn es aber formal betrachtet zwei Gesellschaften gegeben hätte – die WSG-GbR und die jeweilige üBAG –, so folge daraus keine Einschränkung der Dispositionsbefugnis i.S. der freien Verfügbarkeit über die sächlichen Mittel für die Gesellschafter. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Vertragszahnärzte nicht Inhaber ihrer Praxisräumlichkeiten seien, sondern Dritte. Abgeleitete Nutzungsrechte seien insoweit für die freie Praxis ausreichend. Bei anderer Betrachtung läge außerdem lediglich ein Rechtsirrtum vor. Die Dispositionsbefugnis der Seniorpartner wäre auch in dem Fall nicht eingeschränkt, in dem sie tatsächlich ihre Praxen an einen Dritten verkauft hätten, denn nach den Praxiskaufverträgen behielten sie bis zur Übergabe der Praxen bei ihrem Ausscheiden das dingliche Eigentum als Sonderbetriebsvermögen.
 
Hinsichtlich der notwendigen Verlustbeteiligung treffe es zwar zu, dass die üBAG-Verträge vor dem Vertrag vom 3. November 2014 diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung enthalten hätten. Daraus ergebe sich aber nicht die Rechtsfolge, dass die Verlustbeteiligung ausgeschlossen gewesen sei. Vielmehr komme in diesem Fall § 722 Abs. 2 BGB zur Anwendung, wonach, wenn nur Gewinn- oder Verlustbeteiligung geregelt sei, dies auch jeweils für den nicht geregelten Teil gelte. Schließlich sei nicht in einem einzigen Behandlungsfall von der Beklagten oder Beigeladenen zu 1) eine unwirtschaftliche Behandlung substantiiert behauptet worden (u.a. betreffend den doppelten Festzuschuss).
 
Des Weiteren komme es entgegen der Ansicht des Sozialgerichts für die Frage des Eingriffs in die freie Praxis der Mitglieder der üBAG entscheidend darauf an, ob diese die angeblichen Weisungen des Klägers tatsächlich befolgt hätten bzw. sich dadurch als eingeschränkt angesehen hätten oder nicht. Schon der Begriff „Eingriff“ setze eine tatsächliche Einschränkung voraus. Die (schriftlichen) Aussagen der Gesellschafter vom August 2015 seien insoweit vom Sozialgericht nicht beachtet worden.
 
Der Kläger beantragt,
 
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. November 2019 und den Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2017 aufzuheben
 
sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
 
Hilfsweise stellt der Kläger folgende Beweisanträge:
 
a) 
Zum Beweis der Tatsache, dass nur eine Gesellschaft bestand, insbesondere seit 2008 die Praxisgemeinschaft als üBAG fortgeschrieben wurde, dass der Zulassungsausschuss niemals bewusst getäuscht wurde, dass eine Gesellschaft von allen wahrgenommen wurde, dass eine Gesellschaft mit Gesellschaftsversammlung, Beschlüssen aller Gesellschafter und Gewinnverteilung gelebt wurde, dass Angaben jederzeit nach bestem Gewissen wahrheitsgemäß waren, soll Beweis erhoben werden durch Zeugnis von SGT (Steuerberater), KB, Einsichtnahme in die Protokolle der Gesellschafterversammlung sowie Einsichtnahme in die Unterlagen des Steuerbüros T, insbesondere Schreiben vom 12. August 2013 und Mails vom 9. April 2014 und 14. April 2014.
 
b) 
Zum Beweis der Tatsache, dass eine Gesellschaft steuerlich veranlagt und steuerberaterrechtlich bearbeitet wurde, soll Beweis erhoben durch das Zeugnis des Steuerberaters T und Einsichtnahme in die Finanzamtsbescheide 2007 und 2014.
 
c) 
Zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger keine therapeutischen oder sonstigen Weisungen erteilt hat, dass immer frei therapiert wurde und jeder Zahnarzt die Kostenplanung selbst vorgenommen hat, soll Beweis erhoben werden durch das Zeugnis von SGK und B.
 
d) 
Zum Beweis der Tatsache, dass keine systematische, nicht indizierte und unwirtschaftliche Behandlung durch eine Änderung von HKP nach Genehmigung stattfand oder stattfinden konnte, dass auch keine per se unwirtschaftlichen Behandlungsvorgaben gemacht werden, dass es keinen Einzelfall gibt, der unwirtschaftlich oder nicht indiziert ist, soll Beweis erhoben werden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
 
Der Beklagte beantragt,
 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
 
Er halte an seiner bisherigen Argumentation fest und verweise ergänzend auf die Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. vom 6. April 2021, welche er sich zu eigen mache.
 
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
 
Auf die Regelungen in den einzelnen üBAG-Verträgen komme es für die Prüfung der Scheinselbständigkeit nicht an. Denn diese Verträge seien den Zulassungsgremien nur pro forma vorgelegt worden. Sie spiegelten jedoch nicht die tatsächlich angewandten und gelebten Regelungen wider.
 
Auch sei ein Verstoß gegen § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V gegeben. Der Kläger habe die übrigen Mitglieder angewiesen, nahezu ausschließlich die Dienste des FFF Dentallabors zu nutzen, an dem u.a. er selbst beteiligt sei.
 
Schließlich sei die Entziehung der Zulassung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die einzige angemessene Maßnahme. Es werde darauf hingewiesen, dass zwischenzeitlich der Zulassungsausschuss für das Land Mecklenburg-Vorpommern verschiedene Anträge des Klägers auf Zulassung u.a. eines MVZ abgelehnt habe (Beschluss vom 2. August 2021).
 
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
 
Der Disziplinarausschuss hat ein Ruhen der Zulassung des Klägers wegen schuldhafter schwerwiegender Verstöße gegen vertragszahnärztliche Pflichten beschlossen (Beschluss vom 7. Dezember 2016, Klageverfahren vor dem Sozialgericht Potsdam, Az.: S 1 KA 79/16, Berufung anhängig unter Az. L 7 KA 3/20).
 
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten (Bd. I – IV nebst Anlagenkonvoluten) und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten (drei Ordner) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

Entscheidungsgründe
 
    
 
Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
 
Der beklagte Berufungsausschuss, dessen Entscheidung allein Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist, hat den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses, mit welchem dieser dem Kläger die vertragszahnärztliche Zulassung entzogen hat, zu Recht zurückgewiesen. Die Entziehung der vertragszahnärztlichen Zulassung erfolgte rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor und eine Entziehung der Zulassung ist gegenüber dem Kläger nicht unverhältnismäßig, verletzt insbesondere nicht seine Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz [GG]).
 
A. 
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung zur vertrags(-zahn)ärztlichen Versorgung ist § 95 Abs. 6 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV). Danach ist die vertragszahnärztliche Zulassung zu entziehen (kein Ermessen), wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
 
B. 
Der Kläger hat seine vertragszahnärztlichen Pflichten auch zur Überzeugung des Senats gröblich verletzt; dies rechtfertigt die Entziehung seiner vertragszahnärztlichen Zulassung.
 
1. 
Die Entziehung der Zulassung gegenüber dem Kläger ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Kläger wurde zuvor angehört, denn er erhielt mit Schreiben vom 16. März 2016 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss am 31. August 2016 Gelegenheit zur Stellungnahme vor der Entscheidung.
 
2. 
Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten, ausgehend vom maßgebenden Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Berufungsausschusses, verletzt (vgl. zum Entscheidungszeitpunkt, Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2012, B 6 KA 49/11 R).
 
Vertragsärztliche Pflichten sind solche, die den Vertragsärzten durch Gesetz, Satzung, Verträge über die vertragsärztliche Versorgung, Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) oder sonstige Rechtsbestimmungen auferlegt sind. Das umfasst nicht nur solche, die im Verhältnis zu den Patienten wirken; vertragsärztliche Pflichten resultieren vielmehr auch aus Gesetzen, Satzungen oder anderen Rechtsnormen, die in erster Linie dazu dienen, die vertragsärztliche Versorgung zu regeln und zu sichern. Zu den vertragsärztlichen Pflichten gehören daher auch die gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bestehenden (Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 95 SGB V [Stand: 04.10.2022], Rdnr. 872).
 
Eine Pflichtverletzung i.S. eines (aktiven) Verstoßes oder die schlichte Nichtbeachtung der o.g. Pflichten ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung der vertragsärztlichen/vertragszahnärztlichen Zulassung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Davon ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wie auch des Bundessozialgerichts (BSG) auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten des Vertragsarztes in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, sodass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann. Eine weitere Zusammenarbeit ist dann nicht mehr zumutbar, wenn das Verhalten des Vertragsarztes das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnung zerstört. Der Arzt erscheint dann als ungeeignet für die (weitere) Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Der Sicherung des Systems dient es, wenn maßgeblich auf die Bereitschaft zur Einhaltung der vertragsärztlichen Vorschriften und zur Kooperation mit den vertragsärztlichen Institutionen abgestellt wird.
 
Für die Einordnung der Gröblichkeit der Pflichtverletzung ist im Einzelfall maßgeblich, welchen Stellenwert die verletzte Pflicht hat und wie schwer der Verstoß unter Berücksichtigung seiner Eigenart wiegt (BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, BSGE 110, 269-287, Rdnr. 33, zitiert nach juris).
 
Grundlegend für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung sind insbesondere die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung. Allen diesen genannten Pflichten kommt großes Gewicht zu (BSG, a.a.O., Rdnr. 34).
 
Die Pflicht zur stets korrekten Leistungsabrechnung hat allgemein hohen Stellenwert; denn das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung baut auf Vertrauen auf. Das Vertrauen in die Richtigkeit der Abrechnung ist ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung (BSG, a.a.O., Rdnr. 35).
 
Ebenso großes Gewicht kommt der Pflicht zu, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken. Denn es muss im vertragsärztlichen System zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt und welche Ärztin Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen dürfen und ob insoweit ein Anspruch besteht, wegen der ärztlich erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beteiligt zu werden (BSG, a.a.O., Rdrn. 36). Dem gleichzustellen ist die Pflicht, eine berufliche Zusammenarbeit mit anderen (Vertrags-) Ärztinnen und -Ärzten (nur) in der Form zu praktizieren und auszugestalten, wie sie sich aus den vertragsarztrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Ärzte- und Zahnärzte-ZV ergibt (für die sachlich-rechnerische Richtigstellung: BSG, Urteil vom 22. März 2006, B 6 KA 76/04 R, Rdnr. 12, zitiert nach juris). Im Interesse der Transparenz ist daher auch zu fordern, dass Vertragsärzte die maßgebenden Vertragswerke, die ihre berufliche Zusammenarbeit betreffen, so konzipieren, dass die Mitglieder, die Struktur und die Organisation der beabsichtigten Kooperation der Leistungserbringer von den Zulassungsbehörden, die zur Prüfung einer Genehmigung berufen sind, jederzeit nachvollzogen werden können. Im gleichen Interesse steht es, dass die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zusammenarbeit relevanten Verträge den Zulassungsbehörden vollständig vorgelegt werden.
 
Verstöße gegen diese vertragsarztrechtlichen Pflichten sind regelmäßig wegen ihrer vertrauenszerstörenden Tendenz als gröblich zu werten (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, BSGE 110, 269-287, Rdnr. 33 und 38). So sind bei Erbringung und Abrechnung von Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzung der Leistungserbringung neben der Honorarrückforderung auch disziplinarische Ahndungen und der Entzug der Zulassung eröffnet (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010 ,B 6 KA 7/09 R, Rdnr. 28; Urteil vom 22. März 2006, B 6 KA 76/04 R, Rdnr. 12).
 
Auch einmalige Rechtsverstöße oder Pflichtverletzungen in nur einem Quartal können für eine Entziehung ausreichen, wenn sie den Eindruck bestätigen, der betroffene Leistungserbringer begegne den Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit der gebotenen Sensibilität und Aufmerksamkeit (BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, BSGE 110, 269-287, Rdnr. 38).
 
Zu schwerwiegenden (vertrags-)ärztlichen Pflichtverletzungen, die eine Entziehung der Zulassung rechtfertigen können, zählen nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung:
 
- Wiederholt unkorrekte Abrechnungen, denn zu den Pflichten eines Vertragsarztes gehört es, die von ihm erbrachten Leistungen offenzulegen und bei der KÄV ordnungsgemäß abzurechnen (BSG, Urteil vom 3. April 2019, B 6 KA 4/18 R). Abrechnungsverstöße liegen insoweit auch in dem Fall vor, in welchem Ärzte/Ärztinnen und Hilfspersonal in einer Praxis in eindeutigem Widerspruch zu den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Vorschriften eingesetzt werden (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012, B 6 KA 49/11 R, Rdnr. 22, zitiert nach juris).
 
- Die Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen ohne Einholung eines statusbegründenden Verwaltungsakts der Zulassungsgremien vor Tätigkeitsbeginn. Dazu zählt auch, die Abrechnung von ärztlich erbrachten Leistungen Ärzten/Ärztinnen zuzuordnen, die diese gar nicht erbracht haben. Dasselbe gilt, wenn die Abrechnung unter Arztnummern erfolgt, die gar nicht vergeben sind. Gleiches gilt, wenn Ärzte Leistungen abrechnen, die zu keinem Zeitpunkt bei einem MVZ angestellt sind oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalten. In allen diesen Fällen verstößt ein Vertragsarzt jeweils auch gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, weil die Leistungsabrechnung keinerlei Bezug zu den tatsächlichen Leistungserbringern hat (BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, Rdnr. 42 f., zitiert nach juris).
 
- Die Erbringung von Leistungen im Wege der Vertretung (länger als eine Woche), ohne dies der KÄV anzuzeigen (BSG, a.a.O.).
 
- Die Nichtausübung wie auch Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit ohne Erlaubnis. Zur vertragsärztlichen Tätigkeit gehört es, Leistungen abzurechnen, so dass auch das Fehlen von Abrechnungen gegenüber der KÄV die Verletzung vertragsärztlicher Pflichten darstellt (zuletzt BSG, Beschluss vom 30. März 2022, B 6 KA 24/21 B, Rdnr. 17, m.w.N., zitiert nach juris). Ein vergleichbarer Pflichtverstoß liegt schließlich vor, wenn Leistungen als niedergelassener Vertragsarzt abgerechnet werden, der Arzt aber tatsächlich als Angestellter tätig war (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Februar 2008, L 1 KA 7/06, zitiert nach juris, Tätigkeit als „Filialleiter“).
 
- Die Beschäftigung von Assistenten oder Vertretern ohne Genehmigung (BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, BSGE 110, 269-287, Rdnr. 38, zitiert nach juris).

- Die Nichtbeachtung eines bereits angeordneten Ruhens der vertragsärztlichen Zulassung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. September 2002, L 5 KA 3536/01, zitiert nach juris).
 
- Das über mehrere Jahre planvolle und zielgerichtete Austauschen von Daten von krankenversicherten Patienten zwischen Ärzten verschiedener Gemeinschaftspraxen, um so zusätzliche fiktive Vertretungsfälle zu generieren und abzurechnen (LSG Hessen, Urteil vom 24. Juli 2019, L 4 KA 24/17, zitiert nach juris).
 
- Das Erbringen und Abrechnen von Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über inhaltliche und formale Voraussetzungen der Leistungserbringung und bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 7/09 R, Rdnr. 27 a.E., zitiert nach juris).
 
- Wiederholte beleidigende Äußerungen gegenüber Mitarbeitern der KÄV, die sich nicht mehr im Rahmen der Meinungsfreiheit halten sowie sexuelle Übergriffe auf Auszubildende oder das wiederholte Fertigen von (heimlichen) Videoaufnahmen von Mitarbeiterinnen durch den Vertragsarzt, während diese sich umziehen oder in der Dusche stehen (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2007, B 6 KA 20/07 B, und Urteil vom 3. April 2019, B 6 KA 4/18 R, zitiert nach juris).
 
Nicht erforderlich ist, dass den Vertragsarzt ein Verschulden an den Pflichtverletzungen trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können eine Zulassungsentziehung rechtfertigen (stellvertretend: BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, Rdnr. 51/52, zitiert nach juris).
 
Eine gröbliche Pflichtverletzung darf nicht nur im Falle strafbaren Verhaltens angenommen werden. Auf eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung kommt es vielmehr nicht an. Demgemäß sind auch bei einem strafgerichtlichen Freispruch andere Gerichte an die Wertung des Sachverhalts durch das Strafgericht grundsätzlich nicht gebunden (zum Ganzen: Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 95 SGB V [Stand: 19.07.2022], Rdnr. 1055 unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des BSG).
 
Eine Zulassungsentziehung erfordert schließlich keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr. Die Entziehung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V) und ihrer Zielrichtung eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten. Entscheidend sind allein Ausmaß und Schwere der Pflichtverletzung und die Frage, ob den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zuzumuten ist (BSG, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R, Rdnr. 56 ff., juris).
 
3. 
Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten in mehrfacher Hinsicht gröblich verletzt. Er hat eine vertragszahnärztliche Tätigkeit in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) organisiert und ausgeübt, die tatsächlich lediglich pro forma, also in der zugelassenen Form nur zum Schein bestand. Die üBAG verletzte das Gebot der peinlich genauen Abrechnung. Der Kläger hat schließlich diffuse – für jeden Dritten unübersichtliche und teilweise widersprüchliche Verträge maßgeblich konzipiert – und (allein) durch dieses Verhalten eine Prüfung der Frage, ob die Kooperation dem Recht entspricht, massiv erschwert. Das stellt mit Blick auf die Bedeutung der Genehmigung eine eigenständige Pflichtverletzung dar.
 
a) 
Die Voraussetzungen für die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit lagen für die ab 2008 bis II/2015 (30. Juni 2015) in unterschiedlichen personellen Zusammensetzungen genehmigten insgesamt acht üBAGs nicht vor.
 
Die üBAG setzt als überörtliche Gemeinschaftspraxis voraus, dass in ihr (mindestens zwei) Vertragsärzte/Vertragsärztinnen in freier Praxis zusammenarbeiten. Demgegenüber waren in den ab Juli 2008 zwischen dem Kläger und anderen vereinbarten Kooperationen Vertragszahnärzte und -ärztinnen – teilweise sogar mehrheitlich – nicht in freier Praxis i.S. des § 32 Zahnärzte-ZV tätig. Es lagen insoweit verdeckte Anstellungsverhältnisse vor. Die Ausgestaltung wie auch die Tätigkeit der üBAG stellen sich als Missbrauch vertragsärztlicher Kooperationsformen dar. Bereits das begründet einen Pflichtenverstoß der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte, der als gröblich zu bewerten ist. Denn zu den vertragsärztlichen Pflichten gehört es, die Bestimmungen für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, wie sie sich aus dem SGB V und der Ärzte-/Zahnärzte-ZV gehören, jederzeit genauestens zu beachten.

Die nur formal bestehende üBAG hat Leistungen abgerechnet, die im Widerspruch zu bindenden Vorgaben des Vertragsarztrechts erbracht wurden (Leistungen durch angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte). Damit hat die üBAG die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung gröblich verletzt. Als langjährig vertretungsberechtigter Gesellschafter – und im Übrigen als im Zulassungswesen bewanderter Zahnarzt, der selbst jahrelang dem Zulassungsausschuss angehört hatte – hat der Kläger beim Zulassungsausschuss federführend die Genehmigungen für die üBAGs beantragt, so dass er ohne Zweifel verantwortlich ist für den Missbrauch der Kooperationsform. Als Gesellschafter mit einem großen Stimmenanteil und „ausführendes Organ“ der Kooperation hat er die Tätigkeit der üBAG maßgeblich geprägt. Außerdem hat er die Arbeit anderer Ärztinnen und Ärzte angeleitet und damit selbst bindende Vorgaben des Vertragsarztrechts missachtet. Schließlich hat er maßgebliche Verträge, aus deren Zusammenschau allein erkennbar war, dass Teile der üBAG-Mitglieder nicht in freier Praxis tätig wurden, federführend gestaltet und für eine diffuse Vertragslage gesorgt, die, wie der Verlauf des Verfahrens zeigt, Anlass gibt für verschiedenste Interpretationen.
 
aa) 
Die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassener Vertragsärztinnen und -ärzte, die über eine bloße Praxisgemeinschaft hinausgeht (gemeinschaftliche Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal), ist nur unter den Voraussetzungen der §§ 33 Abs. 2 und Abs. 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft zulässig (zur Berufsausübungsgemeinschaft – BAG – vgl. § 1a Nr. 12 in Abgrenzung zu Nr. 12a Bundesmantelvertrag Ärzte [BMV-Ä], inhaltlich gleichlautend für die zahnärztliche Tätigkeit: § 10 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte [BMV- Z]). Während § 33 Abs. 2 Satz 1 Ärzte-ZV die gemeinsame Ausübung an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft) zum Gegenstand hat, regelt § 33 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV die genannte vertragsärztliche Tätigkeit an unterschiedlichen Vertragsarztsitzen (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft – üBAG). § 6 Abs. 7 Satz 1 a.E. BMV-Z in der hier maßgeblichen Fassung zuletzt aus dem Jahr 2014 (heute: § 10 Abs. 2 BMV-Z 2022) verweist auf diese Bestimmung der Ärzte-ZV für die zahnärztliche BAG.

Sowohl die örtliche wie auch die überörtliche BAG bedürfen der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses (§ 6 Abs. 7 Satz 1 BMV-Z [2014], § 33 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV). Die Genehmigung hat konstitutive Wirkung und statusrelevanten Charakter. Dies gilt auch bei einem Mitgliederwechsel oder der Aufnahme eines weiteren Mitglieds (BeckOK SozR/Scholz, 65. Ed. 1.6.2022, Ärzte-ZV § 33 Rdnr. 33). Die genehmigte Tätigkeit in einer üBAG (wie auch einer örtlichen BAG) muss in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Vertragsarztrechts ausgeübt werden. Die Genehmigung entfaltet gegenüber den Zulassungsgremien – d.h. nach innen – keine Tatbestandswirkung.
 
Voraussetzung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in einer BAG an mehreren Vertragsarztsitzen (üBAG) ist nach diesen Bestimmungen die vorherige Genehmigung der BAG (in ihrer jeweiligen personellen Zusammensetzung) sowie eine genehmigungs- und vertragsarztrechtskonforme Gestaltung der Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärztinnen und Vertragsärzte gemäß den Vorgaben von § 10 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV (2022) bzw. § 6 Abs. 7 BMV-Z (2014) i.V.m. § 33 Ärzte-ZV.
 
bb) 
Gemessen daran verfügten die verschiedenen üBAGs, welchen der Kläger angehörte, zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 30. Juni 2015 zwar jeweils über eine Genehmigung der Zulassungsbehörden. Eine dem Vertragsarztrecht konforme üBAG war aber ab dem 1. Juli 2008 bis zum Ende der Genehmigung im Jahre 2015 zu keinem Zeitpunkt tätig.
 
Spezifische (inhaltliche) Vorgaben für den beruflichen Zusammenschluss und die gemeinsame Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten stellt § 33 Ärzte-ZV als gesetzliche Grundlage im Rang einer Rechtsverordnung i.S. des § 98 Abs. 2 Nr. 13a SGB V auf. Die Ärzte-ZV ist ihrerseits eine auf gesetzlicher Grundlage erlassene verhältnismäßige Beschränkung der beruflichen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 16. Juli 2003, B 6 KA 49/02 R, Rdnr. 19 ff., 25 f., zitiert nach juris; zum bloßen Verordnungsrang trotz Änderung durch Parlamentsgesetz: BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005, 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196 ff.).
 
Inhaltlich gleiche Vorgaben enthält § 6 Abs. 7 BMV-Z (2014) für die (vertrags-)zahnärztliche Tätigkeit. Gemäß § 6 Abs. 7 BMV-Z (2014) bedarf die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem oder unterschiedlichen Praxissitzen der vorherigen Genehmigung nach näherer Maßgabe des § 33 Abs. 2 und Abs. 3 Ärzte-ZV. Zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens ist gemäß § 6 Abs. 7 Sätze 2 bis 5 BMV-Z (2014) dem Zulassungsausschuss von den beteiligten Vertragszahnärzten der schriftliche Gesellschaftsvertrag der Berufsausübungsgemeinschaft vorzulegen. Der Zulassungsausschuss hat auf dieser Grundlage zu prüfen, ob eine gemeinsame Berufsausübung oder lediglich ein Anstellungsverhältnis bzw. eine gemeinsame Nutzung von Personal- und Sachmitteln vorliegt. Eine gemeinsame Berufsausübung setzt die auf Dauer angelegte Kooperation selbständiger, freiberuflich tätiger Zahnärzte voraus. Erforderlich ist hierfür eine Teilnahme aller Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft an deren unternehmerischem Risiko und an unternehmerischen Entscheidungen sowie eine gemeinschaftliche Gewinnerzielungsabsicht. Diese inhaltlichen Voraussetzungen gelten nicht nur für die Erteilung der Genehmigung selbst, sondern auch die vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb der BAG wie auch der üBAG. Sie stehen in Übereinstimmung mit § 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, wonach der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben hat.
 
Die (überörtliche) BAG setzt das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zwischen den einzelnen freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzten voraus. Denn eine BAG ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der KÄV abzurechnen und dieser gegenüber wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber zu treten. Das Gebot der persönlichen (ärztlichen) Leistungserbringung ist dadurch modifiziert; es muss bei den einzelnen Leistungen nicht gekennzeichnet werden, welche der BAG angehörenden Ärzte/Ärztinnen die einzelne Leistung erbracht haben (BSG, Urteil vom 16. Juli 2003, B 6 KA 49/02 R, Rdnr. 31 und Rdnr. 34, zitiert nach juris). Demgemäß ist die BGB-Gesellschaft, nicht ihre einzelnen Mitglieder, Gläubiger der Honorarforderung, ebenso richten sich Honorarrückforderungsansprüche gegen die BAG. Das gilt auch bei Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Solche Rechtsbeziehungen können nur zwischen der KÄV und der Kooperation bestehen, wenn die Ärzte ihrerseits Mitglieder der KÄV sind (so BSG, Urteil vom 16. Juli 2003, B 6 KA 49/02 R, zitiert nach juris).
 
Die im vorliegenden Fall vertraglich zwischen den einzelnen Zahnärztinnen und Zahnärzten ab 2008 vereinbarte Kooperation erfüllte die Voraussetzungen des § 6 Abs. 7 BMV-Z bzw. § 33 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht, weil die Zahnärztinnen und Zahnärzte, die nicht Gesellschafter der WSG-GbR (zu dieser gehörten der Kläger, Frau Dr. WSGS) waren, nicht als Zahnärztinnen und Zahnärzte „in freier Praxis“ tätig waren.
 
Der Rechtsbegriff der „freien Praxis“ beinhaltet im Kern, dass der Arztberuf durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert ist. Das Berufsbild trägt im Ganzen den unternehmerischen Zug, der auf Selbstverantwortung, individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet ist. Die Tätigkeit in freier Praxis wird durch die Merkmale der individuellen Unabhängigkeit und Tragung des wirtschaftlichen Risikos konkretisiert. Das insoweit allgemein und für die Kooperation konkret auch von § 6 Abs. 7 Satz 3 BMV-Z geforderte Merkmal zur Abgrenzung zu einem Angestelltenverhältnis erfordert mehr als nach den §§ 705 ff. BGB für die Stellung als Gesellschafter erforderlich ist. Die (formale) Stellung als BGB-Gesellschafter ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung einer Tätigkeit in freier Praxis. Diesen Zusammenhang verkennt der Kläger, wenn er darauf abhebt, entscheidend sei, dass in der üBAG nur eine GbR bestanden habe und alle üBAG-Angehörigen deren Mitglieder gewesen seien.
 
Vielmehr kommt es darauf an, dass die freie ärztliche Tätigkeit in beruflicher, aber auch persönlicher Selbständigkeit (rechtlich) gesichert sein muss; das bedingt, dass die Ärztinnen/Ärzte ein wirtschaftliches Risiko tragen und dass es nicht zu erheblichen Einflussnahmen Dritter in die Ausgestaltung der ärztlichen Tätigkeit kommt, damit ausgeschlossen ist, dass in Wahrheit ein verdecktes Anstellungsverhältnis vorliegt. Zur insoweit konstitutiven unabdingbaren eigenverantwortlichen Gestaltung der (zahn-) ärztlichen Tätigkeit gehört, dass es maßgebend von der ärztlichen Arbeitskraft abhängen muss, in welchem Umfang die Tätigkeit Einkünfte einbringt. Außerdem müssen die Ärztinnen und Ärzte die Befugnis haben, den konkreten medizinischen Auftrag (im Einzelfall) nach eigenem Ermessen zu gestalten und schließlich über das Hilfspersonal entweder selbst zu disponieren oder daran zumindest mitzuwirken (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 7/09 R, Rdnr. 36 ff., 38). Neben der ausreichenden Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht sowie einem wirtschaftlichen Risiko bedarf es einer Beteiligung an den wirtschaftlichen Erfolgen der Praxis bzw. der BAG als Ganzer. Diese Bedingungen müssen kumulativ und nicht (nur) alternativ erfüllt sein.
 
Erhebliche Bedeutung für das erforderliche Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der ärztlichen Tätigkeit haben sowohl für die BAGs wie auch für die Tätigkeit in einer Einzelpraxis zivilrechtliche Vereinbarungen, die bezogen auf die jeweilige Arztpraxis getroffen sind. Das gilt etwa dann, wenn Ärztinnen und Ärzte die Praxisräume und -ausstattung von Dritten zur Verfügung gestellt werden und sich Dritte erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Praxisausstattung und den -betrieb vorbehalten. In solchen Fällen ist es Aufgabe der Zulassungsgremien und der KÄVen wie auch der Sozialgerichte, die zivilrechtlichen Verhältnisse in die Überprüfung (der freien ärztlichen Tätigkeit) einzubeziehen (BSG, a.a.O., Rdnr. 40 unter Berufung auf BSGE 99, 218). Mit anderen Worten: Zivilrechtliche (gesellschaftsrechtliche) Vereinbarungen sind vertragsarztrechtlich dann beachtlich, wenn die vertragsärztlichen Voraussetzungen untrennbar von zivilrechtlichen Gestaltungsformen abhängen (BSG, Urteil vom 28. November 2007, B 6 KA 26/07 R, BSGE 99, 218, Rdnr. 26, zitiert nach juris). Die konkrete Wahl zivilrechtlicher Gestaltungsformen kann so unmittelbare Auswirkungen etwa auf den Aspekt der selbständigen Berufsausübung, der ärztlichen Tätigkeit in freier Praxis, entfalten.
 
b) 
Die dargestellten Voraussetzungen einer Tätigkeit „in freier Praxis“ waren – bezogen auf die üBAG des Klägers – bereits für den Zeitraum ab Juli 2008 (Erstantrag auf Genehmigung der üBAG mit dem Eintritt Dr. W und S [V] sowie Dr. D), spätestens aber ab dem 1. Oktober 2009 (Eintritt von O, Ausscheiden von Dr. D) nicht erfüllt.
 
Ein Teil der Mitglieder der üBAG, konkret die nicht an der WSG-GbR als Gesellschafter-/innen beteiligten Zahnärzte und -ärztinnen, trugen, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, zu keinem Zeitpunkt ein für freie Selbständigkeit typisches relevantes wirtschaftliches Risiko (aa). Das gilt unabhängig davon, ob eine oder mehrere GbR vorlagen. Diese Ärztinnen und Ärzte waren an der Verwertung des von ihnen erarbeiteten (immateriellen) Wertes der üBAG nicht oder nur sehr unvollkommen beteiligt (bb). Sie waren darüber hinaus in ihrer Dispositionsfreiheit, konkret in der persönlichen Erbringung der ärztlichen Leistungen, eingeschränkt und unterlagen messbaren Einflussnahmen seitens des Klägers (cc).
 
aa) 
Das Erfordernis, dass es bei Vertragsärztinnen und -ärzten maßgebend von ihrer Arbeitskraft abhängen muss, in welchem Umfang ihre freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt, sie im positiven wie negativen Sinne die Chance und das Risiko des beruflichen Erfolgs oder Misserfolgs persönlich treffen müssen, ist der Notwendigkeit geschuldet, den Status der Vertragsärzte von demjenigen der angestellten Ärztinnen und Ärzte abzugrenzen. Dem Vertragsarzt/der Vertragsärztin in freier Praxis muss maßgeblich der Ertrag der vertragsärztlichen Tätigkeit wie auch ein eventueller Verlust anheimfallen. Dabei kann die Teilhabe am Gewinn und Verlust der laufenden Praxistätigkeit nicht allein auf den Kapitaleinsatz bezogen werden. Denn dieser spielt bei der ärztlichen Tätigkeit regelmäßig nicht die ausschlaggebende Rolle. Ein fehlender wirtschaftlicher Erfolg einer Arztpraxis wirkt sich aber vor allem in Gestalt einer Reduzierung des sog. Unternehmerlohnes aus, weil die laufenden Praxiskosten nicht sofort einem Umsatzrückgang angepasst werden können. Das kann dazu führen, dass Verbindlichkeiten auflaufen (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 7/09 R, Rdnr. 42/43, zitiert nach juris). Dabei muss das Erfordernis des Unternehmerrisikos von Anbeginn der vertragsärztlichen Tätigkeit erfüllt sein. Es kann nicht für die Dauer einer „Probezeit“ suspendiert werden (BSG, a.a.O., Rdnr. 42).
 
Ein reales Unternehmerrisiko lag für die nicht an der WSG-GbR als Gesellschafter beteiligten Zahnärztinnen und Zahnärzte der verschiedenen üBAGs seit 2008 nicht vor. Nach den Rahmenbedingungen, die durch mehrere Verträge die Kooperation (in der üBAG) bestimmten, trugen die Nicht-Gesellschafter(innen) der WSG-GbR kein relevantes wirtschaftliches Risiko. Dabei unterscheiden sich diese Ärztinnen und Ärzte in zwei Gruppen von üBAG-Mitgliedern: zum einen diejenigen, die bis zum Eintritt in die üBAG im Rahmen einer (eigenen) Einzelpraxis tätig waren und zum anderen die Mitglieder, die „nur“ ihre Arbeitskraft in die üBAG einbrachten.
 
Zur ersten Gruppe der ehemaligen Einzelpraxisinhaber/-innen gehört z.B. der Zahnarzt Dr. W. Er führte zum 1. Juli 2008 seine vertragszahnärztliche Tätigkeit gemeinsam mit dem Kläger, Dr. S, Herrn G und SV, Dr. D „in Sozietät“ fort. Diese Kooperation beruhte bereits auf insgesamt drei separaten Verträgen, zwei davon nicht mit identischen Vertragspartnern. So sollte die in Eisenhüttenstadt (bestehende) Einzelpraxis Dr. W nach dem zeitlich ersten Vertrag, dem Praxisgemeinschaftsvertrag „Zahnärzte R“ vom 18. Mai 2008, von der „Gesellschaft“ (gemeint die GbR „Zahnärzte R“) zum 1. Juli 2008 erworben werden. Dr. W selbst wird nach diesem Vertrag aber explizit nicht am Vermögen der GbR beteiligt (Ziff. 4). Er sollte seine Tätigkeit 2011 aufgeben und ist von sämtlichen Haftungen der GbR freigestellt. Der Praxisgemeinschaftsvertrag benennt insoweit für Näheres den Praxiskaufvertrag und eine separate Vereinbarung zur Haftung (die dem Senat nicht vorliegt). Die späteren, die erste Vereinbarung überholenden Vereinbarungen über die Bildung einer üBAG zwischen Dr. W, dem Kläger, Dr. SG und Nadine S (V), Dr. D vom 26. Mai 2008 und vom 2. Juni 2008 regeln und erwähnen einen Praxisverkauf von Dr. W nicht, sondern regeln die Honorarverteilung und die Haftung für die gemeinschaftliche Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit. Dr. W erhält danach ab Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 einen (gedeckelten) Gewinn in Höhe des Gewinns, den er in der Einzelpraxis bis 30. Juni 2008 erwirtschaftet hat, ab 1. Januar 2009 erhält er einen festen prozentualen Anteil an dem von ihm erwirtschafteten Honorar (bis 100.000 Euro in Höhe von 50 %, darüber hinaus gehend in Höhe von 40 %; ab 1. Januar 2010 bis 50.000 Euro in Höhe von 50 % und für den darüberhinausgehenden Betrag in Höhe von noch 40 %). Maßgeblich für die Höhe seines Gewinns waren die tatsächlich eingenommenen Honorare, abzüglich Honorarabzüge. Die Betriebskosten (der Praxis) wurden dabei von der Gemeinschaft, nicht von Dr. W selbst getragen. Hinsichtlich der so vereinbarten Gewinnverteilung ist für Dr. W kein relevantes unternehmerisches Risiko auszumachen. Er erhielt – ausgehend von seinem erwirtschafteten Honorar – einen festen Anteil. Je mehr zahnärztliches Honorar er erwirtschaftete, desto höher sein Anteil. Eine Verlustbeteiligung war dagegen nicht geregelt. Einen festen Anteil an den Praxiskosten trug er nach den genannten Vereinbarungen nicht, so dass sein Gewinn nicht von der Höhe dieser Kosten abhängt. Auch an den Laborumsätzen ist er nach dem Wortlaut der Verträge nicht beteiligt, sondern er erhielt nur einen Anteil an seinen ärztlich erwirtschafteten Honoraren. Dass insoweit nur die tatsächlich endgültig erwirtschafteten Honorare, damit ohne Honorarberichtigung, die Vergütung bestimmten, ist kein aus einer BAG folgendes unternehmerisches Risiko. Der Arzt hat es in der Hand, seine Honoraransprüche durch eine rechtlich beanstandungsfreie und i.S. des § 12 SGB V wirtschaftliche Arbeitsweise (ungekürzt) zu erwirtschaften. Ein verbleibendes Risiko der Honorarberichtigung mit Auswirkung auf die Vergütung begründet allein kein unternehmerisches Risiko als üBAG-Gemeinschafter. Eine auch erfolgsabhängige Vergütung ist schließlich auch bei ärztlichen Angestellten möglich und ist gerade nicht Ausweis einer freien ärztlichen Tätigkeit.
 
Dieser Befund ändert sich nicht dadurch, dass neben dem Praxisgemeinschaftsvertrag und der Vereinbarung über die üBAG noch der dritte Vertrag, der Praxiskaufvertrag, in den Blick genommen wird. Tatsächlich existieren zwei Kaufverträge über den Verkauf der Praxis Dr. W, nämlich aus 2008 und 2011. Sie stehen beziehungslos nebeneinander, so dass unklar ist, nach welchem Vertrag und zu welchem Zeitpunkt der Kauf der Einzelpraxis tatsächlich abgewickelt wurde. Der ursprünglich für 2008 noch anvisierte Verkauf der Praxis scheint tatsächlich erst 2011, mit dem Ausscheiden von Dr. W zum 30. Juni 2011, erfolgt zu sein. Nach dem früheren Kaufvertrag ist Dr. W bis dahin zwar Eigentümer seiner Praxis. Da die laufenden Betriebskosten aber von der Gemeinschaft getragen werden (Ziff. 10 der Vereinbarung vom 26. Mai 2008), besteht nach diesem Vertrag bis zum Ausscheiden des Arztes kein Kostenrisiko aus dem Betrieb seiner Praxis.
 
Der Zahnarzt Dr. W hatte auch nicht als Gesellschafter der WSG-GbR ein Gewinn- und Verlustrisiko. Er ist – trotz Verkaufs seiner Praxis an die GbR „Zahnärzte R“ – bereits ab 2008 nicht an deren Vermögen und damit an der WSG-GbR beteiligt (vgl. Ziff. 4 des Praxisgemeinschaftsvertrags vom 18. Mai 2008). Dr. W nahm damit auch nicht an deren Gewinn und Verlust teil, außerdem war er vertraglich von sämtlichen Haftungen im Zusammenhang mit den Rechtsgeschäften der GbR freigestellt (so Ziff. 4 a.E. des Praxisgemeinschaftsvertrags „Zahnärzte ...“). Er war nicht Mitglied und damit nicht Gesellschafter der WSG-GbR. Das ergibt sich bereits aus der klaren Gegenüberstellung der beiden Verträge (üBAG-Vereinbarung auf der einen Seite und Praxisgemeinschaftsvertrag auf der anderen Seite). Diese lassen im Wortlaut erkennen, dass sie nicht nur – wie es der Kläger auch für spätere Verträge vorträgt – verschiedene Komplexe ein und derselben Gesellschaft regelten, sondern verschiedene Kooperationen. So differenziert der Vertrag vom 18. Mai 2008 zwischen der (vertragszahnärztlichen) üBAG auf der einen und der GbR auf der anderen Seite. In letztere tritt nach diesem Vertrag zwar Frau S (V) ein, hingegen gerade nicht Dr. W, der deutlich außen vor bleibt. Da die WSG-GbR nicht als eigene GbR nach außen tritt, kann offen bleiben, ob es bereits vertragsarztrechtlich nicht zulässig wäre, dass eine BAG als Teil einer anderen BAG geführt wird. Nach Auffassung des BSG, wonach eine BAG berechtigt ist, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der KÄV abzurechnen und dieser gegenüber wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber auftritt, scheint die Konstruktion einer „BAG in der BAG“ aber ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 – B 6 KA 49/02 R Rdnr. 31, zitiert nach juris); nichts anderes zeigt sich aber vorliegend: Die genehmigten üBAGs waren in das unternehmerische System der nicht personenidentischen WSG-GbR eingebettet.
 
Keine andere Beurteilung ergibt sich bei Einbeziehung des späteren Vertrags, nämlich des zwischen den Partnern/Partnerinnen der üBAG und der „WSG & Kollegen GbR“ (WSG-GbR) geschlossenen Vertrag vom 30. September 2009 für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009. Die in diesem Vertrag in Ziff. 13 Abs. 5 geregelte Gewinnverteilung ist mit derjenigen im üBAG-Vertrag für Dr. W deckungsgleich. Unter Ziff. 3.3 des genannten Vertrags ist bestimmt, dass Dr. W zu den „nicht beteiligten Zahnärzten“, damit nicht zu den Gesellschaftern der GbR gehört, die in Ziff. 2 explizit als solche und auch namentlich benannt sind.
 
Auch für die zeitgleich zu Dr. zum 1. Juli 2008 in die üBAG formal eintretende Dr. D ist ein Gewinn- und Verlustrisiko nicht erkennbar. Auch sie erhielt einen Gewinnanteil in Höhe eines festen prozentualen Anteils an dem erwirtschafteten Honorar. Auch sie verkaufte ihre Einzelpraxis an die fünf Gesellschafter/-innen der WSG-GbR (Praxiskaufvertrag vom 10. Februar 2009).
 
Für die (zweite) Gruppe der Zahnärztinnen und -ärzte, die ohne eigene Praxis seit 2008 in die üBAG aufgenommen wurden, ist ein Recht auf Teilnahme am Gewinn- und Verlustrisiko und damit eine unternehmerische Tätigkeit aus den vorliegenden Verträgen für den Senat schlechthin nicht ermittelbar. Zu dieser Gruppe gehört u.a. O. Für sie zeigt sich anhand der Vertragswerke beispielhaft, dass sie zum 1. Oktober 2009 mit dem Ausscheiden von Dr. D zwar formal in die üBAG eintrat (üBAG-Vertrag vom 31. August 2009). Sie brachte kein Kapital in die üBAG ein außer ihrer Arbeitskraft. Aus § 9 des üBAG-Vertrags vom 31. August 2009 ergibt sich für sie keinerlei Regelung zur Gewinnverteilung. Es erfolgt darin allein der Hinweis, dass die Verteilung des erwirtschafteten Gewinns nach einem gesondert festzulegenden Modus erfolgt und die üBAG-Gemeinschafter hierzu separate schriftliche Verträge abschließen. Solche schriftlichen Verträge zwischen allen üBAG-Gesellschaftern liegen dem Senat nicht vor. Der üBAG-Vertrag vom 31. August 2009 ist insoweit lückenhaft bzw. ergänzungsbedürftig. Ob sich aus dem daneben fast zeitgleich zwischen den Partnern/Partnerinnen der üBAG und der WSG-GbR geschlossenen Vertrag vom 30. September 2009 für O ein Anspruch auf Anteil am Gewinn (und Verlust) ergibt, ist mehr als zweifelhaft. Es findet sich für sie darin im Unterschied zu Dr. D und Dr. W keine explizite Regelung zur Gewinnverteilung. Auch insoweit gilt, dass zwar allgemein gemäß Ziff. II.13 Abs. 1 des Vertrags der WSG-GbR (2009) die „Gesellschafter die Verteilung des Gewinns im Rahmen einer Gesellschafterversammlung regeln“. Auch die Zahnärztin O gehört aber insoweit explizit nicht zum Kreis der dort benannten Gesellschafter-/innen. Nach Ziff. 2 des WSG-GbR-Vertrags ist sie nicht als solche benannt, sondern wird wie Dr. D als „nicht beteiligte Zahnärztin“ gemäß Ziff. 3 qualifiziert. Gemäß Ziff. 3 Abs. 4 Satz 2 dieses Vertrags sind sich die „den Vertrag schließenden Gesellschafter darin einig O auf eigenen Wunsch zum geeigneten (also späteren) Zeitpunkt an der Gesellschaft zu beteiligen.“ Demgemäß finden die übrigen in Ziff. 13 niedergelegten Regelungen zur Verteilung des Gewinns oder der Überschüsse zwischen den „Gesellschaftern“ für Frau O nach Wortlaut und Systematik nach diesem Vertrag gerade keine Anwendung. Ziff. 13 des Vertrags enthält insoweit konkrete Gewinnregelungen für die dort benannten „Gesellschafter“ [Gesellschafterin zu 3) und 4)], teilweise werden diese Gesellschafter auch nur nach Standorten („Bernau“) bezeichnet. Im Ergebnis hing eine Gewinnbeteiligung für Frau O möglicherweise an den Beschlüssen der Gesellschafter der GbR gemäß Ziff. 13 Abs. 1 des Vertrags. Ein rechtlich begründetes und damit greifbares Gewinn- und Verlustrisiko ist für sie damit aber nicht nachgewiesen, vielmehr war sie vom Inhalt der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abhängig, der sie nicht angehörte; all dies spricht für abhängige Beschäftigung, nicht aber für die selbständige Ausübung des freien Arztberufs. Erst im WSG-GbR-Vertrag vom 1. Juli 2013 wird Frau O als Gesellschafterin der WSG-GbR in § 2 genannt (mit einem 1 % Anteil). Auch ab diesem Zeitpunkt lässt sich den Verträgen aber gerade kein klar definierter Gewinnanteil für sie ermitteln. In § 13 Abs. 3 und 4 dieses GbR-Vertrags erhalten die Gesellschafter (außerhalb des Standorts Bernau) 40 % der von ihnen erbrachten zahnärztlichen Leistung, darüber hinaus regeln individuelle Vereinbarungen die Gewinnverteilung. Solche Vereinbarungen liegen in schriftlicher Form nicht vor. Gemäß § 13 Abs. 7 des genannten Vertrags werden die übrigen Gewinne separat erfasst und entsprechend der Quote zugewiesen. Daraus erwuchs Frau O u.U. ein Gewinn-Anteil in Höhe von 1 % entsprechend ihrem Gesellschaftsanteil. Eine Verlustregelung ist dagegen für sie nicht getroffen. Einen gesellschaftsvertraglichen Anspruch auf die Erträge aus den veranlassten Laborleistungen hatte Frau O ebenfalls nicht. § 13 Abs. 6 des Vertrags weist die Erträge aus dem zahntechnischen Eigenlabor allein dem Kläger und seiner (an keiner üBAG beteiligten) Ehefrau zu. Selbst wenn Frau O ab Juli 2013 also einen Anspruch auf Anteil am Gewinn hatte, betrifft das nicht den Zeitraum von Oktober 2009 bis Juni 2013, mithin fast vier Jahre, und trug sie während der gesamten Zeit ihrer (formalen) Mitgliedschaft zumindest kein Verlustrisiko.
 
Die beiden genannten Ärzte/Ärztinnen stehen aus Sicht des Senats exemplarisch für das Kooperationsmodell, das zwischen 2008 und 2015 vereinbart war. Dieses variierte hinsichtlich eines Gewinn- und Verlustrisikos nur quantitativ, nicht qualitativ. Die vertraglichen Rahmenbedingungen der dem Zulassungsausschuss allein vorliegenden üBAG-Verträge unterschieden sich insoweit nur marginal. Die üBAG-Verträge enthielten bis zum Vertrag vom 23. Mai 2014 allein eine Gewinn- und keinerlei Verlustregelung. Dieses Schweigen war zur Überzeugung des Senats beredt. Denn nach der Gewinnregelung erhielten die Gemeinschafter einen Prozentsatz des von ihnen erwirtschafteten zahnärztlichen Honorars (30 % im Vertrag vom 10. November 2011, 20 % im Vertrag vom 23. Mai 2014), eine Regelung zu den Erträgen aus den (ärztlich) veranlassten Laborleistungen fehlte. Die Verteilung des übrigen Gewinns erfolgte im Rahmen der einmal jährlichen Versammlung (so § 9 Abs. 2 des üBAG-Vertrags vom 10. November 2011). Im üBAG-Vertrag vom 23. Mai 2014 ist eine Untergrenze für den am ärztlichen Honorarumsatz zu bemessenden Gewinn auf 2 % des vertragsärztlichen Gewinns der Gesellschaft geregelt. Allerdings wird, und das ist entscheidend, der über den festen Prozentanteil hinausgehende erwirtschaftete Gewinn, das meint den Gewinn der üBAG, allein dem Kläger und den vier übrigen Gesellschaftern der WSG-GbR zugeschrieben (§ 10 Abs. 2 des genannten Vertrags). Abweichendes sollte im Rahmen einer gemeinsamen jährlichen Versammlung einvernehmlich vereinbart werden. Wie genau dieses Einvernehmen herzustellen war (einstimmiger Beschluss oder Mehrheitsentscheidung) wurde in den üBAG-Verträgen nicht geregelt, so dass sie als grob lückenhaft anzusehen sind. Für die Gesellschafter ohne Gesellschaftsanteil, damit einer Nullbeteiligung, wie sie sich aus § 4a der Verträge vom 23. Mai 2014 und vom 3. November 2014 ergibt, dürfte insoweit jedenfalls rechtlich mangels verbrieften Gesellschafterrechten keinerlei Möglichkeit bestanden haben, eine Gewinnverteilung für den übrigen Gewinn zu ihren Gunsten zu erreichen. Soweit sie tatsächlich in den Gesellschafterversammlungen bedacht wurden, liegt darin eine „Schönwetter-Gewinnverteilung“ und damit ein wirtschaftliches „Schönwetter-Risiko“ vor, das rechtlich nicht relevant ist.
 
Selbst unter Berücksichtigung der erstmals ab Juli 2014 geregelten Verlustbeteiligung (§ 10 Abs. 4 üBAG-Vertrag vom 23. Mai 2014), wonach die Gemeinschafter etwaige Verluste der Gesellschaft allein im Verhältnis entsprechend ihres Vorabgewinns zum Gesamtvorabgewinn der Gemeinschafter, damit entsprechend den Honoraranteilen (nach § 10 Abs. 1 des Vertrags) tragen, führte das zu einer vollkommen einseitigen Verteilung eines möglichen Verlustes zueinander. Ein ungleich höherer Gewinnanteil der Gesellschafter der WSG-GbR bildet sich in einem entsprechend höheren Verlustrisiko dagegen nicht ab. So besteht ab diesem Zeitpunkt also für alle Gemeinschafter zwar rechtlich auch ein Verlustrisiko. Die entsprechende Möglichkeit ihren Gewinn zu steigern, hatten allein die WSG-Gesellschafter, die übrigen üBAG-Gemeinschafter aber nicht. Ein Unternehmerrisiko ist daher für diese zumindest unvollkommen.
 
Hinsichtlich der insgesamt 16 Zahnärzte/Zahnärztinnen, die über ihre eigenen Praxen beim Eintritt in die üBAG einen Kaufvertrag mit der WSG-GbR geschlossen haben, gilt zudem, dass auch aus dem Weiterbetrieb ihrer Praxen für sie kein Unternehmerrisiko (Gewinn- und Verlustrisiko) als üBAG-Gemeinschafter/-innen erwuchs. Auch sie haben die üBAG-Verträge unterzeichnet, aus denen ihnen ein Anspruch auf einen 30 %- bzw. 20 %-Anteil am erwirtschafteten zahnärztlichen Honorar entstand. Ob es sich dabei für diese Gruppe tatsächlich um Gewinnregelungen handelte oder diese nur zum Schein gefasst wurden, kann offenbleiben. Nach den späteren Erklärungen von Dr. K und Dr. B hat es sich bei den üBAG-Verträgen nur um „pro forma-Verträge“ für die Genehmigung der üBAG gehandelt. Die Gewinnregelungen hätten sich für sie aus den Praxiskaufverträgen ergeben (Vermerk über Gespräch vom 6. Dezember 2016). Bemerkenswert erscheint dabei, dass nach Aktenlage allein für Dr. B gemäß den Regelungen des Praxiskaufvertrags mit der WSG-GbR ein Anteil von 45 bis 50 % des vertragsärztlichen Honorars vereinbart war. Im Kaufvertrag von Dr. K ist hingegen – anders als er 2016 erklärt hat – tatsächlich keine Gewinnregelung enthalten, sondern allein die Vereinbarung, dass die Praxiskosten von der WSG-GbR übernommen werden. Sein späterer Vortrag, im Kaufvertrag sei ein Anteil von 60 % vereinbart gewesen, ist also nicht belegt (Schreiben vom Dr. K vom 7. Dezember 2016 an Rechtsanwalt Dr. G). Selbst bei Berücksichtigung von Regelungen in den Kaufverträgen mit der WSG-GbR bleibt schließlich zu konstatieren, dass diese nicht deckungsgleich mit den Regelungen zur üBAG waren. Vor diesem diffus-widersprüchlichen Hintergrund ist jedenfalls der Nachweis eines rechtlich begründeten oder realen Unternehmerrisikos nicht geführt.
 
bb) 
Ein weiterer wesentlicher Mangel an ausreichender Selbständigkeit der üBAG-Mitglieder lag darin begründet, dass zumindest ein Teil der üBAG-Gesellschafter-/innen bei Beendigung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit in der üBAG keine Chance auf Verwertung eines von ihnen erarbeiteten ideellen Praxiswertes hatte.
 
Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer BAG ist unabhängig von der Frage der Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis (dazu oben) grundsätzlich nicht zwingend eine Beteiligung am materiellen, aber am immateriellen Wert („Goodwill“) erforderlich. Letzterer ist Ausfluss der mit einer Tätigkeit in „freier Praxis“ verbundenen Chancen. Dabei sind Einschränkungen des Rechts, über den Praxiswert zu verfügen – bei der Einzelpraxis z.B. anlässlich der Praxisnachfolge –, für die BAG anerkannt. Bei dieser sind die Bindungen und Arbeitsteilungen unter den Partnern/Partnerinnen zu beachten. Diese Situation führt dazu, dass die Rechte aus der BAG Ausscheidender regelmäßig beschränkt werden (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 7/09 R Rdnr. 47/48, zitiert nach juris). Anderes gilt aber, wenn selbst beschränkte Teilhaberechte am Wert der BAG vertraglich ausgeschlossen sind. Dies impliziert, dass keine Selbständigkeit gegeben ist. Allenfalls für eine begrenzte Probezeit ist ein solcher Ausschluss für den Status als freier Arzt/freie Ärztin möglicherweise unschädlich (offengelassen von BSG, a.a.O., Rdnr. 49).
 
Gemessen daran wurden den Mitgliedern der üBAG, die nicht gleichzeitig Gesellschafter der WSG-GbR waren, vertraglich für den Fall ihres Ausscheidens entweder gar keine oder eine Beteiligung eingeräumt, die in keiner Weise dem immateriellen Wert (Goodwill) der gesamten Praxis (BAG) zum Zeitpunkt des Ausscheidens entsprach.
 
So enthielten die üBAG-Verträge noch einschließlich des Vertrags vom 13. April 2013 gar keine Regelungen über eine Abfindung im Fall einer Kündigung. Jedenfalls für die Mitglieder, die ohne eigene Praxis in die üBAG formal aufgenommen wurden, liegen auch außerhalb der üBAG-Verträge keine Abfindungsregelungen vor, was allein schon für ein Anstellungsverhältnis spricht. Darüber hinaus enthielten die neben den üBAG-Verträgen mit der WSG-GbR 2009 und 2013 geschlossenen Verträge z.B. weder für Dr. W noch für Dr. D, obwohl diese jeweils eine eigene Praxis in die üBAG eingebracht hatten bzw. in dieser weiter tätig waren, eine Abfindungsregelung. Beide Verträge enthielten nur Hinwiese, wonach diese Praxen bereits an die Gesellschaft veräußert sind (Dr. D) bzw. eine Regelung, wonach die Praxis mit dem Ausscheiden zu einem Kaufpreis von 60.000 Euro an die (WSG-)Gesellschafter veräußert wird (Dr. D). Für beide Praxen liegen zudem zwar Praxiskaufverträge vor. Eine spezielle Abfindungsregelung findet sich aber auch in diesen Verträgen nicht, unabhängig davon, dass die Abfindung aus diesen Kaufverträgen nur von der WSG-GbR (Käuferin) und nicht von allen üBAG-Gesellschaftern erfolgen würde. Letztere sind nicht alle Gesellschafter und damit Mitglieder der WSG-GbR (dazu bereits oben). Wertungsmäßig bedeutet all dies: Nach erfolgtem Praxisankauf waren die Veräußerer nicht etwa weiter in freiem Arztberuf selbständig tätig, sondern angestelltengleich ohne unternehmerisches Risiko abhängig beschäftigt.
 
Soweit der Kläger hingegen insoweit auf die kraft Gesetzes eintretende Geltung der Regelungen für die GbR verweist, konkret auf § 723 BGB, so folgt daraus für die üBAG-Mitglieder, die nur ihre Arbeitskraft einbrachten, kein Abfindungsanspruch für den ideellen Wert eines Anteils an der üBAG. § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, die Gesellschaft verpflichtet ist, dem ausgeschiedenen Gesellschafter eine dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung zu zahlen. Den Mitgliedern ohne eigene Praxis wird in den üBAG-Verträgen aber – unmissverständlich seit dem Vertrag 23. Mai 2014 – gerade kein Gesellschaftsanteil zugeordnet (Nullbeteiligung). Ohne einen (messbaren) Gesellschaftsanteil gibt es aber auch keine Abfindung nach § 723 BGB. Außerdem geht der Senat davon aus, dass auch das Schweigen der genannten Verträge zur Abfindung für diese Mitglieder ein beredtes war, weil sie nur ihre Arbeitskraft in die üBAG einbrachten und mit Blick darauf gerade keine Abfindung erhalten sollten.
 
Hinsichtlich der anderen Gruppe der üBAG-Mitglieder, die eine eigene Praxis eingebracht haben, ergibt sich aus § 723 BGB nur dann ein Abfindungsanspruch, wenn sich nicht aus den weiteren Verträgen (Praxiskaufverträge und WSG-GbR-Verträge) eine „andere Vereinbarung“ ergibt, nämlich dergestalt, dass im Hinblick auf den Erwerb/Kauf der Praxis eine Abfindung gerade ausgeschlossen sein sollte. Diese mögliche Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zumindest nicht ausgeschlossen.
 
Ein Abfindungsanspruch ist mithin für beide Gruppen aus Sicht des Senats in der Gesamtschau der Verträge keineswegs evident.
 
Soweit demgegenüber erstmals mit Vertrag vom 23. Mai 2014 in § 4a den üBAG-Mitgliedern Anteile am ideellen Vermögen der Gesellschaft zugeordnet werden, so haben diejenigen, die keine eigenen Praxen eingebracht haben, einen 0 %-Anteil zugewiesen. Ihnen soll (erst) nach einer Kennenlernphase von drei Jahren die Möglichkeit eröffnet werden, Anteile am Vermögen der Gesellschaft und am Sonderbetriebsvermögen anderer Gesellschafter zu erwerben. Für den Fall der Kündigung ist zwar eine differenzierte Abfindungsregelung enthalten. Für die Gemeinschafter, die ohne eigene Praxis eingetreten sind, ist in den ersten drei Jahren keine Abfindung vorgesehen, da davon ausgegangen wird, dass in diesem Zeitraum noch kein eigener nennenswerter Patientenstamm entsteht. Nach Ablauf der Kennenlernphase mit entsprechender Gesellschaftsbeteiligung wird über den Abfindungsanspruch neu verhandelt. Unabhängig von dieser Beteiligung beträgt die Abfindung für ideelle Wertanteile nach Ende der Kennenlernphase, also möglicherweise ab dem vierten Jahr, pro Jahr der Beteiligung 2 % des von dem Gemeinschafter im jeweils letzten vollständigen Kalenderjahr vor dem Ausscheiden erarbeiteten und tatsächlich eingegangenen Honorarumsatzes, maximal begrenzt auf zehn Jahre und maximal begrenzt auf 30.000 Euro (so § 11 Abs. 4 des üBAG-Vertrags vom 23. Mai 2014). Für üBAG-Gesellschafter mit eingebrachter Einzelpraxis ist die Abfindungsregelung schlichtweg diffus. So ist in § 11 Abs. 3 üBAG-Vertrag vom 23. Mai 2014 vorgesehen, dass sie zwar eine Abfindung/Kaufpreis „unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung“ erhalten, welche von den fünf der WSG-GbR angehörenden üBAG-Mitgliedern zu übernehmen ist. Im Rahmen dieser Übernahme wächst der Anteil dann allein diesen Gesellschaftern, nicht der gesamten üBAG an. Der Vertrag enthält allerdings die weitere (ergänzende) Regelung, dass „entsprechende Vereinbarungen (Kaufverträge) mit den Gesellschaftern, den ehemaligen Eigentümern der Praxen, geschlossen wurden“. Der folgende üBAG-Vertrag vom 3. November 2014 enthält gleichlautende Regelungen. Die Praxiskaufverträge (so z.B. mit Dr. zum 15. Dezember 2014 oder Dr. zum Januar 2015) enthielten keine weiteren Vereinbarungen zur Abfindung.
 
Ein auf dieser Grundlage in der Zeit ab Juli 2014 möglicher Abfindungsanspruch eines üBAG-Partners/einer -Partnerin wird schließlich auf der Basis der sich aus den Verträgen ergebenden Berechnungsregeln der Höhe nach für beide Gruppen von Zahnärztinnen und Zahnärzten (mit und ohne Einzelpraxis) jedenfalls regelmäßig nicht dem Marktwert des Anteils an der gesamten BAG entsprechen. Mit Blick darauf liegt aus Sicht des Senats ein Etikettenschwindel vor. Für die Gruppe derjenigen Mitglieder, die zunächst in der Kennenlernphase sind, wird der Wert ab dem vierten Jahr ausgehend von ihrem (letzten) Honorarumsatz bemessen. Damit wird weder der materielle noch der immaterielle Anteil (Goodwill) an der Gesamtpraxis (aktuell) abgebildet. Für diejenigen, die in der (ehemals) eigenen Praxis arbeiten, sollte sich der Abfindungsanspruch nach dem Kaufpreis dieser Praxis bemessen. Dieser wurde aber bei Eintritt in die üBAG bzw. Beginn der Tätigkeit in den Kaufverträgen festgelegt. Er konnte damit auch im Übrigen bereits strukturell in keiner Weise dem Wert des Anteils an der üBAG entsprechen.
 
cc) 
Die üBAG-Mitglieder waren mit Ausnahme der Gesellschafter der WSG-GbR schließlich in ihrer Disposition in beruflicher und persönlicher Hinsicht nicht frei. Sie waren auch deshalb nicht „in freier Praxis“ tätig. Das Erfordernis, dass der Arzt in freier Praxis die Befugnis haben muss, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf. auch über den Einsatz von Hilfspersonal, zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken, erfordert, dass erhebliche Einflussnahmen Dritter bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags und bei der Disposition über das Hilfspersonal ausgeschlossen sein müssen (BSG, Urteil vom 23. Juni 2010, B 6 KA 7/09 R, BSGE 106, 222-239, Rdnr. 50, zitiert nach juris). Grundsätzlich sind erhebliche (fachliche) Entscheidungs- und Handlungsspielräume zwar allen höheren Dienstleistungen eigen (BSG, a.a.O., Rdnr. 51). Bei Vertragsärzten und -zahnärzten gehört nach der Vorstellung des § 32 Ärzte-ZV wie auch des § 6 Abs. 7 BMV-Z (2014) dazu eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht (BeckOK SozR/Scholz, 65. Ed. 1.6.2022, Ärzte-ZV § 32 Rdnr. 5). Für die persönliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in freier Praxis ist kennzeichnend, dass der Arzt gegenüber seinen Patienten sowohl im Bereich der eigentlichen Behandlungstätigkeit als auch im tatsächlichen und rechtlichen Umfeld dieser Behandlung in vollem Umfang unmittelbar verantwortlich ist; das setzt zwingend voraus, dass er den medizinischen Auftrag bzw. den Inhalt und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit nach eigenem Ermessen gestalten kann (BeckOK SozR/Scholz, 65. Ed. 1.6.2022, Ärzte-ZV § 32 Rdnr. 6). Einflussnahmen Dritter in Gestalt von konkreten Weisungen zu medizinischen Behandlungen im Einzelfall oder auch in Gestalt allgemeinerer (abstrakter) Richtlinien für künftige Behandlungsfälle sind Eingriffe in die berufliche und fachliche Handlungsfreiheit. Speziell für Vertragszahnärzte und -ärztinnen liegen solche Einflussnahmen dann vor, wenn im Rahmen einer formal bestehenden BAG wiederholte und nachdrückliche Anweisungen einzelner (Mehrheits-)Gesellschafter zur Erstellung von Heil- und Kostenplänen an andere Mitglieder erfolgen. Diese stellen massive Eingriffe in die freiberufliche Tätigkeit der Adressaten dar. Sie sind mit dem Leitbild eines Arztes/einer Ärztin, die in freier Praxis tätig sind, unvereinbar. Es liegen dann verdeckte Anstellungsverhältnisse bzw. eine Tätigkeit (abhängiger) Mitarbeiter/Honorarkräfte vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Adressaten jede einzelne Weisung oder Einflussnahme befolgen und 1:1 umsetzen. Ärzte sind vielmehr bereits dann nicht mehr gänzlich frei in ihrer Tätigkeit, wenn sie Einflussnahmen anderer Ärzte tatsächlich ausgesetzt sind. Ob sie sich dieser stets erwehren oder ihnen (teilweise/im Einzelfall) erliegen, ist zweitrangig. Denn die Maßgabe des § 32 Ärzte-ZV gilt für jede ärztliche Tätigkeit und zu jeder Zeit. Sie hängt nicht davon ab, ob einzelne Ärzte/Ärztinnen „wehrhaft“ gegenüber Einflussnahmen sind oder nicht. Vielmehr müssen (umgekehrt) erhebliche Einflussnahmen Dritter bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags schlichtweg ausgeschlossen sein (BSG, a.a.O.). Bleiben diesbezüglich Zweifel, ist nicht von einer ausreichenden Dispositionsfreiheit auszugehen.
 
Gemessen daran war ein namhafter Teil der üBAG-Mitglieder, nämlich diejenigen, die nicht zugleich Gesellschafter-/innen der WSG-GbR waren, bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags nicht in ausreichendem Maße frei und nicht stets sein „eigener Herr“. Sie waren vielmehr vielfältigen Einflussnahmen des Klägers ausgesetzt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den im Verfahren vorgelegten E-Mail-Nachrichten, die der Kläger nachweislich an die gesamte üBAG (einschließlich der nichtärztlichen Mitarbeiterinnen) verschickt hat. Aus ihnen werden klare Handlungsanweisungen hinsichtlich der medizinischen Behandlung und der Art der Abrechnung erkennbar. Die E-Mails betreffen die Abrechnung von Leistungen, die Öffnungszeiten einzelner Praxen, die Therapieplanung sowie die Erstellung von Heil- und Kostenplänen (HKP). So hat der Kläger beispielsweise am 27. September 2012 allen Ärztinnen und Ärzte der üBAG wie auch den nichtärztlichen Mitarbeiterinnen eine „einheitliche Grundordnung“ eröffnet. Er fordert darin die Adressaten auf, Planungen der Zahnersatzversorgung mit der höherwertigen (vollkeramischen, galvanotechnologischen, geschiebetechnischen) Therapie vorzunehmen und Patienten entsprechend zu beraten/informieren. Erreicht werden soll nach seinen Ausführungen bei Abrechnung von Regelversorgungen der Festzuschuss. Für die Qualität einer Anweisung spricht die Wortwahl des Klägers, die nicht nur klar mit der Formulierung einleitet, „wir wollen...“, sondern auch im Weiteren entsprechend gefasst ist, so z.B.: „Daher gilt bei der Planerstellung ab sofort neu folgende Richtlinie, die Pläne werden grundsätzlich mit Gesichtsbogen erstellt...“ (Anlage 6 zum Schriftsatz des Beklagten vom 7. Dezember 2018). In der E-Mail vom 26. Dezember 2014, die ebenfalls an alle üBAG-Mitglieder und sonstigen Mitarbeiterinnen gerichtet ist, fordert der Kläger unter Ziff. 3 und 4. die Adressaten, also primär die Ärztinnen und Ärzte, auf, die Planungen für die Zahnersatzversorgung auf eine bestimmte Art wie folgt vorzunehmen: „Weiterhin sind Teleskopkonstruktionen mit Galvano und Gesichtsbogen zu planen. Totale Prothesen sind mit Gesichtsbogen zu planen. Für Modellguß sind die Preise laut Preisliste anzusetzen. [...] Grundsätzlich sind Planungen so abzufassen, dass alle Behandlungsbedürftigkeiten erfasst sind. [...] Es muss klar sein, dass Regelversorgungen grundsätzlich als defizitär zu betrachten sind und nur in der Mischkalkulation überhaupt ausführbar sind. [...] Wichtig ist, dass es allen klar sein muss, dass wir in einem Unternehmen praktizieren und hierzu identische Preise fixiert werden müssen.“
 
Weitere inhaltlich ähnlich formulierte E-Mails finden sich mit Datum vom 18. Dezember 2014, 1. und 5. Februar 2015 (der Kläger teilt darin selbst mit, dass er mit der Anordnung von Praxisöffnungszeiten der Praxis „deutlich in die Prozesse unserer Praxis eingreifen muss“), vom 2. März 2015, 17. März 2015, 24. April 2015 (Zahnärztin erbittet „Entscheidung“ des Klägers zur HKP in einem Behandlungsfall). Somit handelt es sich nicht um nur einmalige Maßgaben. Für die Qualifizierung als Einflussnahmen auf die ärztliche Tätigkeit ist es ohne Bedeutung, dass der Kläger in den E-Mails zur Begründung seiner als Hinweise und Empfehlungen bezeichneten Behandlungs- und Abrechnungsvorgaben zum Teil einerseits auf die Unerfahrenheit junger Kolleginnen und Kollegen und andererseits seine eigene große Erfahrung verweist. Die Motivation für die Einflussnahmen ist für ihre Qualität gänzlich ohne Belang. Allerdings spiegelt sich in ihnen durchweg die vom Kläger angestrebte Rolle als weisungsgebender Kopf des Unternehmens.
 
Die Einflussnahmen auf Behandlung, Abrechnung und Organisation der Einzelpraxen (Öffnungszeiten) werden schließlich bestätigt durch die Aussage der Zahnärztin G vor dem Beklagten. Sie hat detailreich erläutert, dass der Kläger ihr gegenüber darauf gedrungen habe, das FFF-Dentallabor zu beauftragen und Einfluss auf die Behandlung (Verwendung von Gesichtsbogen) und die Art der Abrechnung von Reparaturen genommen habe, konkret den Ansatz einer privaten GOZ-Position. Die E-Mail des Klägers an die Zahnärztin G vom 5. Februar 2015 (Anlage 15 zur Klageerwiderung vom 14. Juni 2018) belegt in ganz besonderem Maße die herrschaftliche Vorgehensweise des Klägers, die mit den erforderlichen Gepflogenheiten in einer BAG nichts mehr gemeinsam hat, sondern unverblümt Weisungen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erteilt: „Ich erspare mir weitere Recherchen, da ich feststelle, dass Frau G leider versucht, innerhalb unserer Gemeinschaft einen eigenen Weg zu gehen. Sehr geehrte Frau G, ich finde es schade, dass Sie nicht bereit sind, mit uns gemeinsam zu arbeiten und wie von mir empfohlen, ´loszulassen`. (...) Wir werden daher ab sofort Ihre Praxis Freitag und ab 3.3.15 auch Mittwoch schließen.“
 
Unabhängig davon verhält es sich ähnlich beim Umgang des Klägers mit der Zahnärztin G, die der üBAG ab 1. Juli 2014 angehörte. Die E-Mail des Klägers an diese Zahnärztin vom 24. April 2015 (Anlage 21 zur Klageerwiderung vom 14. Juni 2018) belegt das im Rahmen einer üBAG verfehlte Rollenverständnis des Klägers in ganz besonderem Maße: „Hallo Helena, (...) das Leben wäre so schön, wenn einfach meine Erfahrungen öfter zur Kenntnis genommen werden und darüber nachgedacht wird, was ich mit meiner Argumentation bezwecke. (...) Leider ist genau der von Dir beschriebene Sachverhalt mir auch schon vor 20 Jahren passiert und ich habe danach meinen Planungsansatz geändert und versuche seitdem allen meinen Assistenzzahnärzten diesen Zusammenhang zu vermitteln. Leider wissen es häufig die jungen oder unerfahrenen Zahnärzte/Innen besser und müssen ihre eigene Erfahrung sammeln. Es ist wie mit dem Kleinkind und der Herdplatte.“ Die Subsumierung einer nach außen hin als Mitglied der üBAG fungierenden Zahnärztin unter die Gruppe von „meinen Assistenzzahnärzten“ bzw. allein ihre Gleichsetzung mit diesen und die Koppelung dessen mit einem herablassend-paternalistischen Tonfall sprechen für sich. Der Kläger wollte die in die üBAG eintretenden jungen Zahnärzte „für sich“ arbeiten lassen und begegnete ihnen nicht auf Augenhöhe nach Art einer Zusammenarbeit von Partnern einer üBAG in freier Praxis.
 
Keine andere Einschätzung begründen die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten schriftlichen Erklärungen der üBAG-Angehörigen vom 13./14. August 2015 (Anlagenkonvolut K15 zur Klageschrift). Es handelt sich zum einen um 13 wortgleiche pauschale Erklärungen. Der ebenfalls eher allgemeine Verweis von Dr. M in ihrer handschriftlichen Erklärung vom 17. August 2015, sie habe immer eigenständig und selbständig „als Freiberufler“ gearbeitet, kann den starken Eindruck, den die o.g. E-Mails des Klägers für die darin behandelten Themen hinterlassen, nicht abmildern. Eine Einflussnahme in die ärztliche Tätigkeit erfordert nicht, dass alle üBAG-Mitglieder den Weisungen auch tatsächlich gefolgt sind oder nach ihrem Selbstverständnis freiberuflich tätig waren. Schließlich haben vor dem Hintergrund, dass alle beteiligten üBAG-Mitglieder zum Zeitpunkt der Erklärungen (August 2015) bereits dem Vorwurf der Falschabrechnung und möglicher Honorarrückforderung ausgesetzt waren, ihre übereinstimmenden und sehr uniform erscheinenden schriftlichen Äußerungen betreffend die freie Disposition geringen Beweiswert. Sie werden vom Senat als Schutzbehauptung im Angesicht drohender Honorarrückforderungen und disziplinarischer Maßnahmen gewertet.
 
Unabhängig davon, ob die detailliert vom Kläger in seinen aktenkundigen E-Mails vorgegebene Behandlungsweise wirtschaftlich i.S. des § 12 SGB V ist oder nicht, zeigen sich in den E-Mails Einflussnahmen auf die freie ärztliche Tätigkeit der übrigen üBAG-Angehörigen. Die Fülle der E-Mails vermittelt nach dem breiten Adressatenkreis, der Wortwahl und dem Inhalt gleichzeitig für den Senat anschaulich das vorherrschende Verständnis des Klägers von der Struktur der üBAG und seiner eigenen Stellung darin. Er führte die üBAG wie ein Unternehmen, in dem er wie ein geschäftsführendes Vorstandsmitglied die Rolle eines Chief Executive Officer („CEO“) einnahm, welcher nicht nur eine Strategie plant und steuernd umsetzt (z.B. Genehmigungen für weitere üBAG-Mitglieder erwirkt), sondern auch auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens, d.h. das „operative Geschäft“, im Interesse einer maximalen Gewinnorientierung bis ins Kleinste maßgeblichen Einfluss ausübte.
 
c) 
Die Gesamtschau der o.g. Kriterien, insbesondere die Einbeziehung aller vertraglichen Vereinbarungen, zeigt, dass hinsichtlich der Mehrheit der üBAG-Angehörigen tatsächlich verdeckte Anstellungsverhältnisse vorlagen. Dies wird dadurch bestätigt, dass auch nach den Kriterien des Sozialversicherungsrechts die Tätigkeit der Mehrheit der üBAG-Gesellschafter als abhängige Beschäftigung gemäß § 7 SGB IV in Abgrenzung zur selbständigen Tätigkeit die o.g. Merkmale einzuordnen sein dürfte. Trotz der Autonomie der Rechtsgebiete (Vertragsarztrecht und Sozialversicherungsrecht) und der demgemäß nicht gänzlich deckungsgleichen Auslegung des spezifisch vertragsärztlichen Begriffes der Tätigkeit in freier Praxis einerseits und des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs der selbständigen Tätigkeit in Abgrenzung zur Beschäftigung andererseits, gibt es gemeinsame Kriterien. Diese führen im vorliegenden Fall zu einem Gleichklang zwischen der sozialversicherungsrechtlichen und der vertragszahnarztrechtlichen Bewertung. So sprechen Weisungen, die für die Ausübung einer Tätigkeit erteilt werden und eine Nullbeteiligung von BAG-Mitgliedern für das Vorliegen einer Beschäftigung, gleiches gilt für die (allein) umsatzabhängige Vergütung der Mitglieder, d.h., nach ihrem erwirtschafteten ärztlichen Honorar (vgl. dazu Sedlaczek, ZGMR 2018, 227 ff., zur Geltung der allgemeinen Abgrenzungsmaßstäbe auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit als Arzt bzw. Zahnarzt: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016, L 5 R 1176/15, Rdnr. 71, zitiert nach juris). In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht ist u.a. maßgebend, dass die üBAG-Gesellschafter, die nicht gleichzeitig Gesellschafter-/innen der WSG-GbR waren, ihre eigene Arbeitskraft nicht mit den Verlustrisiken (und den Gewinnaussichten) des selbständig erwerbstätigen (freien) Dienstleisters einsetzten. Daran ändert es nichts, dass sie für ihre Arbeitsleistung kein (arbeitnehmertypisches) Festgehalt erhielten, ihre Vergütung vielmehr in einem festen prozentualen Anteil ihres erzielten zahnärztlichen Honorars bestand. Eine solche Vergütungsregelung ist – so u.a. zutreffend das LSG Baden-Württemberg – für die Tätigkeit des abhängig Beschäftigten zwar nicht typisch, prägt das Gesamtbild der Tätigkeit aber in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht. Auch (etwa) auf Abruf tätige oder unständig beschäftigte Arbeitnehmer/-innen verfügen nicht über ein gleichbleibendes festes Arbeitsentgelt und auch Arbeiter können die Aussicht haben, durch Mehrarbeit ein höheres Arbeitsentgelt zu erzielen. Im Vertragszahnarztrecht angelegte Vergütungsrisiken (wie die Honorarkürzungen) begründen ein für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung beachtliches Unternehmerrisiko dagegen allein nicht (zutreffend LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr. 76).
 
d) 
Die üBAG – und damit der Kläger als dominant und verantwortlich handelnder Vertragszahnarzt – hat durch die missbräuchliche Vertragsgestaltung einer angeblich gemeinsamen Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verletzt. Sie hat sich vertragszahnärztliches Honorar verschafft, auf das ihre Mitglieder bei Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten (und einer Tätigkeit in Einzelpraxis) keinen Anspruch gehabt hätten. Sie hat Honorarbegrenzungsregelungen allgemein, Degressionsregelungen im Besonderen, mit einer Schein-üBAG unterlaufen.
 
e) 
Der Kläger hat mit Blick auf die Genehmigung der üBAG gegen vertragsärztliche Pflichten verstoßen (aa). Er ist für die missbräuchliche Ausgestaltung der üBAG verantwortlich (bb).
 
aa) 
Der Kläger hat nach eigenen Angaben die Verträge betreffend die üBAG, die WSG-GbR und auch die Praxiskaufverträge, maßgeblich mit entworfen. Die Verträge sind, wie oben ausgeführt, inhaltlich unübersichtlich, teilweise widersprüchlich und in ihren Regelungen diffus, damit letztlich laienhaft und planlos gestaltet; sie überschneiden sich sowohl personell als auch inhaltlich (dazu oben). Das betrifft die dem Zulassungsausschuss vorgelegten üBAG-Verträge wie auch die Verträge zur WSG-GbR und die Praxiskaufverträge. Damit war der Kläger maßgeblich an der Herbeiführung einer unübersichtlichen Vertragslage beteiligt, die ihn – ohne dass es im vorliegenden Zusammenhang darauf ankommt – auch kaufmännisch diskreditiert und, gewerberechtlich gesprochen, als „unzuverlässig“ erscheinen lässt (vgl. etwa den für Gewerbetreibende durch § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung geprägten Begriff der Zuverlässigkeit und die dazu ergangene ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, etwa Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15. April 2015, 8 C 6/14, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14: [„Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird.“]).
 
Die nach Aktenlage erkennbare Vertragslage erschwert eine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der üBAGs, also der Frage, ob es sich um jeweils eine nach dem SGB V und der Ärzte-ZV erlaubte Kooperation handelte, auch für den Senat massiv. Die Herbeiführung einer für eine Kooperation unübersichtlichen Vertragslage durch einen Vertragsarzt stellt zur Überzeugung des Senats einen selbständigen Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten dar. Die Genehmigung der üBAG hat konstitutive Wirkung. Die statusbegründenden Verwaltungsakte der Zulassungsgremien dienen dazu, Transparenz zu schaffen, damit im vertragsärztlichen System zu jedem Zeitpunkt klar ist, welcher Arzt und welche Ärztin Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen dürfen. Das bedingt aber, dass auch die Vertragsärzte, die eine Kooperation beabsichtigen und dazu eine Genehmigung beantragen, die Statusprüfung nicht konterkarieren. Sie dürfen die Zulassungsbehörden nicht durch eine unübersichtliche Vertragsgestaltung hinter das Licht führen, indem z.B. vertragliche Doppelstrukturen wie hier mit der Rolle der WSG-GbR einerseits und den üBAGs andererseits angelegt werden. Die zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zusammenarbeit relevanten Verträge müssen eine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der beabsichtigten Kooperation grundsätzlich zuverlässig ermöglichen. Dem wurden die nach den Vorstellungen des Klägers konzipierten Verträge, die die üBAGs begründen und ausgestalten sollten, in keiner Weise gerecht. Dies zeigen nicht zuletzt die vorangegangenen Überlegungen des Senats zu möglichen Rechten und Pflichten der Mitglieder der üBAGs. Der Kläger kann sich nicht entlastend darauf berufen, er selbst habe den Inhalt der Verträge als Zahnarzt und damit als juristischer Laie entworfen. Wird ein Vertragsarzt vertragsgestaltend tätig, um eine Kooperation zu gründen, hat er sich ausreichenden juristischen Sachverstand zu beschaffen und sich ggf. um Beratung zu kümmern. Unterlässt er dies und begibt sich auf das Gebiet der privatrechtlichen Vertragsgestaltung und schafft – als Laie – eine widersprüchliche Vertragslage, so verletzt er zumindest die Sorgfaltspflicht, die ihm als Vertragsarzt hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der gewählten Kooperationsformen obliegt.
 
bb) 
Unabhängig von seiner Rolle bei Erstellung der Verträge ist dem Kläger auch die konkret (missbräuchliche) Ausgestaltung der üBAG wie auch deren Falschabrechnung wegen seines Verantwortungsanteils im Übrigen zuzurechnen. Zwar ist Antragstellerin und Adressatin eines statusbegründenden Verwaltungsakts die BAG selbst (BeckOK SozR/Scholz, 65. Ed. 1.6.2022, Ärzte-ZV § 33 Rn. 33). Der Kläger hat aber aktiv an der Gestaltung der Kooperation als deren „Kopf“ gewirkt. Seine überragende Stellung ergibt sich aus den E-Mail-Weisungen an die anderen Mitglieder, er hielt die Kooperation planvoll in seinen Händen und organisierte die Genehmigungsanträge (vgl. u.a. seine E-Mail an die Mitglieder vom 27. März 2014 zum vertagten Antrag auf Genehmigung der üBAG, Anlage 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 7. Dezember 2018: „Ich werde als Vertreter...“). Schließlich war er auch juristisch als Vertreter der üBAG eingesetzt: So wurden im Jahr 2008 sowie ab April 2012 die üBAGs von ihm nach den Verträgen „juristisch vertreten“ (vergleiche Ziff. 13 des Vertrags vom 2. Juni 2008, § 7 Abs. 2 der Verträge ab dem 31. August 2009, zuletzt Vertrag vom 10. November 2011 sowie § 5 Nr. 1 der Verträge ab 24. April 2012). Der Kläger übernahm ferner für die üBAGs von 2009 bis April 2012 vertraglich „die juristische Verantwortung für die rechtlichen Rahmenbedingungen“. Im üBAG-Vertrag vom 3. November 2014 wird der Kläger (neben Dr. S) vertraglich mit der Geschäftsführungsbefugnis betraut (§ 5).
 
4. 
Selbst wenn die Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V nicht im Ermessen des Beklagten steht, sondern bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen als gebundene Entscheidung zu verfügen ist, haben der Beklagte und der Senat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
 
Zur Überzeugung des Senats ist die Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V wegen gröblicher Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten vorliegend auch verhältnismäßig, insbesondere erforderlich und angemessen. Sie verletzt nicht das Grundrecht des Klägers auf Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG; überragende Gemeinwohlbelange – Funktionsfähigkeit und Integrität des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung – gebieten den harten Eingriff in das Grundrecht des Klägers.
 
Wegen der Schwere des Grundrechtseingriffs ist die Entziehung einer vertragsärztlichen Zulassung selbst immer ultima ratio. Als mildere Mittel kommen Disziplinarmaßnahmen in Betracht, wie z.B. das befristete Ruhen der Zulassung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.09.2002, L 5 KA 3536/01, zitiert nach juris, für die wiederholte Beleidigung von Mitarbeitern der KÄV). Eine disziplinarische Ahndung ist aber nur sinnvoll, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Betroffene die Maßnahme zur Warnung dienen lässt und sein Verhalten danach ausrichtet (BSG, Urteil vom 11. September 2019, B 6 KA 14/19 R, Rdnr. 13, zitiert nach juris). Es besteht aber kein Grundsatz, dass vor jeder Zulassungsentziehung eine Disziplinarmaßnahme durchzuführen ist. Insbesondere wenn die Pflichtverletzung gröblich ist, reichen Disziplinarmaßnahmen in der Regel nicht mehr aus. Bei einem fortgesetzten Pflichtenverstoß kann die Summierung aller Verstöße eine Zulassungsentziehung rechtfertigen (BSG, Urteil vom 3. April 2019, B 6 KA 4/18 R, Rdnr. 37, zitiert nach juris).
 
Gemessen daran hat der Kläger gegen mehr als eine Pflicht verstoßen, nämlich an verantwortlicher Stelle eine diffuse Vertragslage für die Kooperation geschaffen, den Missbrauch vertragsärztlicher Kooperationsformen organisiert und gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Dies erfolgte über Jahre hinweg.
 
Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob er eine Pflichtverletzung auch dadurch beging, dass er dem Zulassungsausschuss die für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der üBAG erforderlichen weiteren Verträge über die Bildung der WSG-GbR im Genehmigungsverfahren ab 2009 nicht von sich aus vorgelegt hat (sog. Schubladenverträge, vgl. Möller, jurisPR-MedizinR 12/2010, Anm. 1). Er hat damit allerdings zumindest in Kauf genommen, dass eine zutreffende Prüfung der Rechtslage betreffend die üBAG nicht möglich war.
 
Schließlich berechtigt auch der Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung in der Regel als gröbliche Pflichtverletzung zur Entziehung der Zulassung (BSG, Urteil vom 24. November 1993, 6 RKa 70/91, Rdnr. 23, zitiert nach juris).
 
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass zwar der Zulassungsausschuss ebenfalls einen Verantwortungsanteil an den rechtswidrigen Genehmigungen hat, weil er die Diffusität der Vertragslage hätte erkennen können und Nachfragen hätte stellen müssen. Der Zulassungsausschuss konnte aus den üBAG-Verträgen ab 2009 ersehen, dass die Gewinnregelung unvollständig war und auf weitere schriftliche Verträge zur Gewinnverteilung verwiesen wurde, die er nicht kannte. Eine gegebenenfalls unvollständige Sachverhaltsermittlung, die dem Zulassungsausschuss von Amts wegen oblegen hätte, führt angesichts der gravierenden Pflichtverstöße des Klägers aber nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entziehung.
 
Die Entziehung bedeutet, ausgehend von der Entscheidung des Berufungsausschusses im Jahre 2017, für den seit 1991 niedergelassen Kläger zudem keinen lebenslangen Ausschluss von der vertragszahnärztlichen Versorgung. Er kann jederzeit eine Zulassung erneut beantragen; eine Sperrfist gibt es nicht (anders etwa im Gewerberecht: vgl. § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO). Eine etwaige Verhaltensänderung des Klägers ist in einem Verfahren auf Wiederzulassung zu würdigen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012, B 6 KA 49/11 R, zitiert nach juris, Leitsatz 2).
 
Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG) liegt schließlich nicht deshalb vor, weil allein dem Kläger die Zulassung entzogen wurde. Selbst wenn anderen Mitgliedern der üBAG oder der WSG-GbR vergleichbare Pflichtverstöße zur Last gelegt werden könnten, ihnen aber zu Unrecht die Zulassung nicht entzogen wurde, könnte sich der Kläger darauf nicht berufen. Denn es besteht kein Anspruch auf Gleichheit im Unrecht.
 
5. 
Der Senat musste sich auch in Kenntnis der Beweisanträge nicht gedrängt fühlen, die dort benannten Zeugen zu vernehmen oder Sachverständigengutachten einzuholen.
 
Dem Beweisantrag a)
 
- zum Beweis der Tatsache, dass nur eine Gesellschaft bestand, insbesondere seit 2008 die Praxisgemeinschaft als üBAG fortgeschrieben wurde, dass der Zulassungsausschuss niemals bewusst getäuscht wurde, dass eine Gesellschaft von allen wahrgenommen wurde, dass eine Gesellschaft mit Gesellschaftsversammlung, Beschlüssen aller Gesellschafter und Gewinnverteilung gelebt wurde, dass Angaben jederzeit nach bestem Gewissen wahrheitsgemäß waren, soll Beweis erhoben werden durch Zeugnis von S, G, T (Steuerberater), K, B, Einsichtnahme in die Protokolle der Gesellschafterversammlung sowie Einsichtnahme in die Unterlagen des Steuerbüros T, insbesondere Schreiben vom 12. August 2013 und E-Mails vom 9. April 2014 und 14. April 2014
 
war deshalb nicht zu folgen, weil es sich bei der formulierten Beweisfrage, ob eine oder mehrere Gesellschaften bestanden, um eine Rechtsfrage handelt, die dem Zeugenbeweis nicht zugänglich ist. Auch kommt es nach der oben dargelegten Auffassung des Senats letztlich nicht auf die zwischen den Beteiligten hart umkämpfte Frage an, ob mit der WSG-GbR einerseits und den üBAGs andererseits eine oder mehrere Gesellschaften bestanden. Selbst wenn die Verträge nur eine (BGB-) Gesellschaft oder üBAG ausformten, lag in deren Ausgestaltung ein Gestaltungsmissbrauch vor, weil die Ärztinnen und Ärzte der üBAG bis auf die als Gesellschafter der WSG-GbR bezeichneten Mitglieder nicht in freier Praxis tätig waren. Auf die Frage, ob der Kläger den Zulassungsausschuss willentlich getäuscht hat, kommt es nach den obigen Ausführungen des Senats ebenfalls nicht an.
 
Dem Beweisantrag b)
 
- zum Beweis der Tatsache, dass eine Gesellschaft steuerlich veranlagt und steuerberaterrechtlich bearbeitet wurde, soll Beweis erhoben werden durch das Zeugnis des Steuerberaters T und Einsichtnahme in die Finanzamtsbescheide 2007 und 2014
 
war deshalb nicht nachzugehen, weil die steuerliche Veranlagung für die Frage, ob eine (genehmigungsfähige) üBAG i.S. des Vertragsarztrechts (SGB V, Ärzte-ZV Zahnärzte-ZV und BMV-Z) vorliegt, ohne jede Bedeutung ist. Auch ist dies im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V ohne Belang.
 
Dem Beweisantrag c)
 
- zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger keine therapeutischen oder sonstigen Weisungen erteilt hat, dass immer frei therapiert wurde und jeder Zahnarzt die Kostenplanung selbst vorgenommen hat, soll Beweis erhoben werden durch das Zeugnis von S, G, K und B
 
war deshalb nicht nachzugehen, weil es sich bei der Frage, ob Weisungen erteilt wurden und frei therapiert wurde, um eine rechtliche Kategorie und Bewertung handelt. Auch kann als wahr unterstellt werden, dass jedenfalls aus Sicht der vier Benannten, von denen zwei der WSG-GbR angehörten, diesen gegenüber keine Weisungen erteilt worden sein mögen, frei therapiert worden sein mag und die Kostenplanung selbst erfolgte. Allein eine diesen vier Personen gegenüber unterbliebene Weisung, wäre jedoch nicht zum Nachweis geeignet, dass insgesamt keine Weisungen vom Kläger erteilt worden sind und eine Vernehmung der vier Zeugen wäre daher auch zum Nachweis der Unrichtigkeit der vorliegenden E-Mails ungeeignet.
 
Auch dem Beweisantrag d)
 
- zum Beweis der Tatsache, dass keine systematische, nicht indizierte und unwirtschaftliche Behandlung durch eine Änderung von HKP nach Genehmigung stattfand oder stattfinden konnte, dass auch keine per se unwirtschaftlichen Behandlungsvorgaben gemacht werden, dass es keinen Einzelfall gibt, der unwirtschaftlich oder nicht indiziert ist, soll Beweis erhoben werden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens
 
musste der Senat nicht nachkommen. In Zusammenhang mit der rechtsmissbräuchlichen Gestaltung der vertragszahnärztlichen Kooperationsform kommt es auf die Frage, ob eine unwirtschaftliche Behandlung von Patientinnen und Patienten durch die Mitglieder der üBAG erfolgte, nicht an; vielmehr ist die Frage der Wirtschaftlichkeit für den Senat nicht entscheidungstragend.
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Die Rechtssache betrifft einen Einzelfall und hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Der Senat wendet die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe an (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
 

 


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