Prüfpflicht des Bewertungsportalbetreibers

 | Gericht:  Bundesgerichtshof (BGH) Karlsruhe  | Aktenzeichen: VI ZR 123/16 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Berufliche Kommunikation

Urteilstext

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2016 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Äußerungen, die ein Patient der Klägerin auf dem von dem Beklagten betriebenen Bewertungsportal www.klinikbewertungen.de eingestellt und die der Beklagte auf die Beanstandung der Klägerin hin geändert hat.

 

Die Klägerin betreibt eine Privatklinik für HNO- und Laser-Chirurgie. Ein am Rechtsstreit nicht beteiligter Patient wurde am 1. August 2011 in der Klinik der Klägerin an der Nasenscheidewand operiert. Nach der Operation zeigten sich bei dem Patienten, der der Klinik den Konsum von Benzodiazepinen verschwiegen hatte, verschiedene, sich nach und nach verschlechternde Auffälligkeiten, aufgrund derer er am 3. August 2011 erst in ein anderes Krankenhaus und, nachdem dort ein Nierenversagen festgestellt worden war, in eine Universitätsklinik verlegt wurde. Am selben Tag wurde dort erstmals eine lebensbedrohliche Sepsis mit Leber- und Nierenversagen diagnostiziert. Ein in einem vom Patienten angestrengten Schlichtungsverfahren eingeholtes Gutachten enthält die zusammenfassende Feststellung, dass postoperativ Anzeichen einer sich entwickelnden Sepsis nicht rechtzeitig erkannt worden seien.

 

Anfang 2014 stellte der Patient unter dem Pseudonym "Sepsishilfe" auf dem Portal des Beklagten einen Eintrag ein unter der Überschrift "Sepsis mit schweren Folgen", der auszugsweise wie folgt lautete:

"Proschicke Klinik
Kontraauf Notfälle nicht vorbereitet
KrankheitsbildNasenscheidewandbegradigung
Privatpatientja

Erfahrungsbericht

 

 

 

 

 

 

 

Bei einem Standardeingriff kam es zu einer septischen Komplikationen[sic], die zu einem Multiorganversagen und einer mehrmonatigen Erblindung führten.

Der verantwortliche Arzt streitet jede Verantwortung ab.  

Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Praxis durchsucht und Akten sichergestellt.  

Das Klinikpersonal war mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert. Dies hat beinahe zu meinem Tode geführt."

Nachdem die Klägerin den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 11. Februar 2014 zur Entfernung des Beitrags aufgefordert hatte, nahm der Beklagte ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen an dem Text vor. Im ersten Satz des Erfahrungsberichts fügte er nach den Worten "Bei einem Standardeingriff kam es" die Worte "wegen meiner besonderen Konstitution" ein. Im dritten Satz des Erfahrungsberichts strich er die Worte "und Akten sichergestellt". Der Klägerin teilte er mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Februar 2014 diese "Eingriffe" sowie seine Auffassung mit, dass "weitergehende Eingriffe" nicht angezeigt erschienen.

 

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, es zu unterlassen, folgende Behauptungen wörtlich oder sinngemäß aufzustellen und/oder zu verbreiten:

 

a) "Kontra: auf Notfälle nicht vorbereitet."

 

b) "Bei einem Standardeingriff kam es wegen meiner besonderen Konstitution zu einer septischen Komplikationen, die zu einem Multiorganversagen und einer mehrmonatigen Erblindung führten."

 

c) "Das Klinikpersonal war mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert. Dies hat beinahe zu meinem Tode geführt."

 

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Ziel der Klagabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, 2, § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bejaht. Bei allen drei beanstandeten Äußerungen handele es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die die Klägerin nicht hinnehmen müsse und die deshalb deren allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzten.

 

Der Äußerung a) sei die Tatsachenbehauptung zu entnehmen, dass die Klinik der Klägerin nach ihrer sachlichen Ausstattung und/oder aufgrund mangelnder Fähigkeiten und Kenntnisse ihres Personals nicht in der Lage sei, Notfälle zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Sie enthalte zudem durch die Verwendung des Plurals ("Notfälle") eine generalisierende Darstellung; der Patient könne bei seinem Klinikaufenthalt durchaus auch über seine eigene Behandlung hinausgehende Wahrnehmungen getroffen haben. Der Vorwurf sei unwahr, da in der Klinik der Klägerin ein organisatorisch einwandfreies Notfallsystem installiert sei und Klinik und Personal auf operationstypische Notfallsituationen vorbereitet und entsprechend medizinisch und fachärztlich ausgebildet und geschult seien. Auch im Fall des hier betroffenen Patienten sei alles getan worden, um seine schnellstmögliche Versorgung nach dem Verdacht auf Nierenversagen in Folge eines Entzugs bzw. einer Überdosierung mit Benzodiazepinen zu gewährleisten.

 

Die Äußerung b) verstehe der unbefangene Leser aufgrund der Formulierung "bei" so, dass die Sepsis während des operativen Eingriffs eingetreten sei. Dieser Aussagegehalt entspreche nicht den Tatsachen. Unstreitig sei es während der Operation zu keinen Besonderheiten gekommen und der Patient habe auch im Anschluss keine Auffälligkeiten gezeigt. Die septische Komplikation sei erst 36 Stunden nach der Operation aufgetreten. Die in zeitlicher Hinsicht durch den Beitrag zum Ausdruck gebrachte Koinzidenz zwischen Operation und Nachsorge in der Klinik der Klägerin und der Sepsis erscheine ausgeschlossen. Der Beklagte räume selbst ein, dass aus medizinischer Sicht ein Zusammenhang zwischen der aufgetretenen Sepsis und der Operation in der Klinik der Klägerin nicht bestanden habe.

 

Die Äußerung c) enthalte die unwahre Tatsachenbehauptung, dass das Klinikpersonal aufgrund mangelnder Kenntnisse und unzureichender Ausbildung nicht in der Lage gewesen sei, auf die geschilderte Notfallsituation des Patienten angemessen zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zu seiner ordnungsgemäßen medizinischen Behandlung und Versorgung zu ergreifen.

 

Der Beklagte habe sich als Hostprovider diese unwahren Tatsachenbehauptungen zu eigen gemacht. Er habe sich nicht darauf beschränkt, Patienten mit dem von ihm betriebenen Internetportal ein Forum für ihre Meinungen und Behauptungen zur Verfügung zu stellen und diese inhaltlich unverändert zum Abruf bereitzuhalten. An keiner Stelle habe er sich - etwa durch einen Disclaimer - von den Inhalten der eingestellten Bewertungen distanziert. Er habe seine Stellung als Hostprovider und damit neutraler technischer Verbreiter verlassen und aus der Perspektive eines objektiven und verständigen Durchschnittsnutzers nach außen hin kenntlich gemacht, die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Bewertungen zu übernehmen. Unter dem Stichwort "Was sollte noch beachtet werden" habe er in seinem Portal ausdrücklich seinen Willen kommuniziert, sich über die Überprüfung auf die Einhaltung der gemachten Vorgaben hinaus - etwa bei falschen Tatsachenbehauptungen - die Möglichkeit einer inhaltlichen Einflussnahme vorzubehalten, und zwar durch Vornahme von Änderungen oder Kürzungen. Dementsprechend habe er bei der in Rede stehenden Beurteilung eine eigene redaktionelle Leistung erbracht und aktiv auf den Inhalt der Äußerungen des Patienten Einfluss genommen. Auf die Frage, ob die vorprozessualen Schreiben der Klägerin eine Prüfpflicht des Beklagten als Betreiber eines Internetforums auslösen konnten, komme es mithin nicht an.

 

II.

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch zu, § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG.

 

1.

Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Als juristische Person kann sich die Klägerin, soweit sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedarf, gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG auf eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts berufen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn und soweit sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (Senatsurteil vom 19. Januar 2016 - VI ZR 302/15, AfP 2016, 248 Rn. 11 mwN - Nerzquäler). Dies trifft hier nicht nur auf die Vorwürfe zu, die Klägerin sei "auf Notfälle nicht vorbereitet" und "mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert" gewesen. Auch die Aussage "Bei einem Standardeingriff kam es wegen meiner besonderen Konstitution zu einer septischen Komplikation, die zu einem Multiorganversagen und einer mehrmonatigen Erblindung führte" berührt in dem Kontext, in dem sie steht, die Klägerin in ihrem sozialen Geltungsanspruch. Sie begründet die tatsächliche Grundlage für den Vorwurf, das Klinikpersonal sei mit dem (mit der septischen Komplikation einhergehenden) Notfall überfordert gewesen. Zudem erweckt sie - trotz des Zusatzes "wegen meiner besonderen Konstitution" - aufgrund des dem Satz unmittelbar folgenden Hinweises darauf, dass "der verantwortliche Arzt jede Verantwortung" abstreite und Polizei und Staatsanwaltschaft die Praxis durchsucht hätten, den Eindruck, der bei der Klägerin tätige Arzt habe schon die Entstehung der septischen Komplikation bei dem Standardeingriff zu verantworten.

 

2.

Die angegriffenen Äußerungen hat sich der Beklagte, wie vom Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, zu eigen gemacht, so dass er als unmittelbarer Störer anzusehen ist.

 

a)

Unmittelbarer Störer - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täter" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - ist ein Portalbetreiber nur dann, wenn es sich bei der angegriffenen Bewertung um eigene Informationen handelt (§ 7 Abs. 1 TMG), wobei zu den eigenen Informationen eines Portalbetreibers auch solche gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat. Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. Senatsurteile vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 17 - jameda.de II; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, AfP 2015, 543 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es aber, wenn der Portalbetreiber eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt (vgl. Senatsurteile vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 18 - jameda.de II; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteile vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, AfP 2015, 543 Rn. 25 mwN - Hotelbewertungsportal; vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, AfP 2010, 369 Rn. 24, 27 - marions-kochbuch.de).

 

b)

Nach diesen Maßstäben hat sich der Beklagte die von der Klägerin beanstandeten Äußerungen zu eigen gemacht.

 

Dies folgt zwar noch nicht allein daraus, dass der Beklagte sich nicht etwa durch einen Disclaimer von den Inhalten der eingestellten Bewertungen distanziert und auf seinem Internetportal mitgeteilt hat, er sei für die Beiträge verantwortlich. Es kann auch offen bleiben, ob die Hinweise des Beklagten in seinem Internetportal auf seine inhaltliche Abänderungskompetenz aus objektiver Sicht für sich genommen den Eindruck vermitteln, der Beklagte identifiziere sich mit den Aussagen des Patienten. Denn jedenfalls hat sich der Beklagte die angegriffenen Aussagen des Patienten dadurch zu eigen gemacht, dass er diese auf die Rüge der Klägerin hin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen hat, indem er selbständig - insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten - entschieden hat, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält. Er hat damit die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive Rolle übernommen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 112 f., 116 - L’Oréal/ebay; Leistner, Festschrift Köhler, 2014, S. 415, 424; vgl. auch zu Art. 12 der Richtlinie 2000/31/EG EuGH, NJW 2016, 3507 Rn. 61, 73). Dies hat er der Klägerin als der von der Kritik Betroffenen kundgetan, indem er mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Februar 2014 die getätigten "Eingriffe" sowie seine Auffassung mitteilte, dass und weshalb "weitergehende Eingriffe" nicht angezeigt erschienen. So hat er die Behauptung zur Sicherstellung der Akten gestrichen. In Aussage b) hat er die Worte "wegen meiner besonderen Konstitution" eingefügt und hierzu in seinem Schreiben erklärt, dass es "offenbar" so sei, dass "es bei der Begradigung der Nasenscheidewand zu dem lebensbedrohlichen Multi-Organversagen kam und dass die Reaktion der Behandler zumindest so viel an Beanstandungen eröffnete, dass die Staatsanwaltschaft Veranlassung für eine Durchsuchung sah". Die Sachverhaltsdarstellung durch den Bewerter sei "für sich genommen richtig", es fehle "nur der Hinweis auf den zusätzlichen Grund für die aufgetretenen Probleme in der Konstitution des Patienten". Damit hat der Beklagte nicht nur die zentrale Tatsachenaussage b), auf der die Vorwürfe des Patienten basieren, durch die Einfügung "wegen meiner besonderen Konstitution" inhaltlich verändert und dadurch - wenn auch mit der Motivation, den Einwendungen der Klägerin teilweise entgegenzukommen - den Aussagegehalt modifiziert. Er hat darüber hinaus eine selbständige Bewertung der Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung im Übrigen vorgenommen und sich - trotz der Einwände der Klägerin und ohne Rücksprache mit dem Patienten - für die Beibehaltung der Äußerung entschieden. Damit muss er sich die gesamte Aussage b) als eigene zurechnen lassen. Da diese zentrale Tatsachenaussage Grundlage des weiteren Vorwurfs ist, die Klinik sei auf Notfälle nicht vorbereitet bzw. mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen (Äußerungen a und c), gilt für diese Äußerungen nichts anderes. Dass die Reaktion der Behandler Raum für Beanstandungen eröffnet habe, hat der Beklagte zudem ausweislich seines Schreibens im Rahmen seiner eigenständigen Inhaltskontrolle für zutreffend erachtet.

 

Der Einwand der Revision, die Änderung der Bewertung ohne Rücksprache mit dem Patienten sei nach außen nicht sichtbar geworden, greift nicht durch. Es genügt jedenfalls, dass der Beklagte der Klägerin als der von der Kritik Betroffenen seinen Umgang mit der Bewertung kundgetan hat. Anders als in Fallkonstellationen, in denen es an einer derartigen Offenlegung fehlt, so dass Anzeichen für ein etwaiges Zu-Eigen-Machen in der Äußerung selbst oder in ihrer Präsentation gesucht werden müssen, konnte die Klägerin im vorliegenden Fall aufgrund des Schreibens des Beklagten ohne Weiteres feststellen, dass dieser den Inhalt kontrolliert und geändert hatte. Der Beklagte kann sich gegenüber der durch die ehrverletzenden Äußerungen betroffenen Klägerin seiner Verantwortung als unmittelbarer Störer dann nicht mit dem Argument entziehen, dass dem nicht eingeweihten Durchschnittsnutzer seine aktive Rolle im Umgang mit der Bewertung verborgen geblieben sei. Bei der gebotenen objektiven Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, AfP 2010, 369 Rn. 23 - marions-kochbuch.de), zu denen auch das Schreiben des Beklagten vom 12. Februar 2014 gehört, hat der Beklagte die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen.

 

3.

Die angegriffenen Äußerungen sind unter Abwägung der betroffenen Interessen als rechtswidrig anzusehen.

 

a)

Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15, GRUR 2017, 304 Rn. 15; vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, AfP 2017, 48 Rn. 19 - "Mal PR-Agent, mal Reporter"; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 30 - jameda.de II; jeweils mwN).

 

Im Streitfall ist das Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungs- und Kommunikationsfreiheit abzuwägen. Schon der Kommunikationsprozess als solcher und damit der Betrieb des Bewertungsportals wird vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst, weil der Beklagte als Portalbetreiber und "unverzichtbare Mittlerperson" (Schröder, VerwArch 2010, 205, 214) den Austausch über Behandlungserfahrungen bei konkreten Kliniken unter nicht persönlich miteinander bekannten Personen erst möglich macht und das Portal aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 - Ärztebewertung II). Macht sich der Portalbetreiber darüber hinaus, wie hier, die fremde Meinung oder Tatsachenbehauptung zu eigen, ist auch unter diesem Gesichtspunkt - neben der Meinungs- und Informationsfreiheit der Portalnutzer (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 - Ärztebewertung II; vgl. auch Schröder, VerwArch 2010, 205, 213 f.) - sein Recht auf Meinungsfreiheit berührt.

 

b)

Vorliegend führt die Abwägung, die der Senat selbst vornehmen kann, weil weitere Feststellungen dazu nicht erforderlich sind, dazu, dass die angegriffenen Äußerungen rechtswidrig sind.

 

aa)

Geht es um Tatsachenbehauptungen, die, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, grundsätzlich vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst sind (Senatsurteile vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, AfP 2012, 53 Rn. 14 - Die INKA Story; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, AfP 2009, 137 Rn. 11; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 16; BVerfGE 99, 185, 197; jeweils mwN), hängt die Abwägung maßgeblich von ihrem Wahrheitsgehalt ab (BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Von dem Schutz der Meinungsfreiheit nicht erfasst werden hingegen Tatsachenbehauptungen, die in dem Bewusstsein ihrer Unwahrheit aufgestellt werden oder deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht (Senatsurteile vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, AfP 2009, 55 Rn. 15; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; vom 16. Juni 1998 - VI ZR 205/97, BGHZ 139, 95, 101; BVerfGE 90, 241, 247; 99, 185, 197; BVerfGK 1, 343, 345; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62; NJW 2013, 217, 218). Ist die Wahrheit einer Tatsache im Zeitpunkt ihrer Äußerung ungewiss und stellt sich ihre Unwahrheit erst später heraus, fällt die Äußerung zwar in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Der gebotene Ausgleich zwischen den Anforderungen der Meinungsfreiheit und den Belangen des Persönlichkeitsschutzes wird dann aber dadurch hergestellt, dass demjenigen, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt, Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt auferlegt werden, die sich im Einzelnen nach den Aufklärungsmöglichkeiten richten und etwa für Medien strenger sind als für Privatleute (BVerfGE 99, 185, 197 f.; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; Senatsurteile vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081 Rn. 12; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 15 mwN - Chefjustiziar). Die Abwägung hängt dann von der Beachtung dieser Sorgfaltspflichten ab.

 

Bei Äußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung ebenfalls maßgeblich der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteile vom 12. April 2016 - VI ZR 505/14, VersR 2016, 938 Rn. 51 - Pressebericht über Organentnahme; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagneten; BVerfGE 90, 241, 249 f.; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2012, 1643 Rn. 34; NJW 2013, 217, 218). Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern oder ist die mit ihr verbundene und ihr zugrunde liegende Tatsachenbehauptung erwiesen unwahr, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter die Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (Senatsurteil vom 12. April 2016 - VI ZR 505/14, VersR 2016, 938 Rn. 51 - Pressebericht über Organentnahme; BVerfGE 90, 241, 248 f.; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33 f.).

 

bb)

Nach diesen Grundsätzen hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit zurückzutreten, da es sich bei den angegriffenen Äußerungen um eine unwahre Tatsachenbehauptung bzw. um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handelt.

 

(1)

Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen. Als Meinung zu qualifizieren ist auch eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, wenn sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist (Senatsurteile vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 33 - jameda.de II; vom 19. Januar 2016 - VI ZR 302/15, AfP 2016, 248 Rn. 16 - Nerzquäler; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; BVerfG, Beschluss vom 4. August 2016 - 1 BvR 2619/13, juris Rn. 13; jeweils mwN), wenn diese Elemente aus Sicht des Empfängers gegenüber den zugrunde liegenden Tatsachen also nicht in den Hintergrund treten (vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 11 - Bonitätsbeurteilungen; BVerfGE 61, 1, 9).

 

Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachenbehauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (Senatsurteile vom 19. Januar 2016 - VI ZR 302/15, AfP 2016, 248 Rn. 17 - Nerzquäler; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 - Hochleistungsmagneten; BVerfGK 10, 485, 489; jeweils mwN). Die Sinndeutung unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt. Die Äußerung darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 10. Januar 2017 - VI ZR 562/15, GRUR 2017, 308 Rn. 13; vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15, GRUR 2017, 304 Rn. 22; vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, AfP 2017, 48 Rn. 12 - "Mal PR-Agent, mal Reporter"; BVerfG, NJW 2013, 217, 218; jeweils mwN).

 

(2)

Die Äußerung b), wonach es bei einem Standardeingriff wegen der besonderen Konstitution des Patienten zu einer septischen Komplikation mit bestimmten Konsequenzen kam, ist dem Wahrheitsbeweis zugänglich und damit eine Tatsachenbehauptung. Wie vom Berufungsgericht zutreffend gedeutet und insoweit von der Revision nicht angegriffen, ist aufgrund der temporalen Präposition "bei", welche eine Gleichzeitigkeit des Geschehens zum Ausdruck bringt, diese Aussage dahin zu verstehen, dass die Komplikation während oder zumindest in sehr engem zeitlichen Zusammenhang mit der Operation eingetreten ist. Diese Behauptung ist unwahr. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kam es während der Operation zu keinen Besonderheiten, der Patient zeigte auch im unmittelbaren Anschluss keine Auffälligkeiten; die septische Komplikation trat erst 36 Stunden nach der Operation und nach der Verlegung in ein anderes Krankenhaus auf. Ein Zusammenhang zwischen der aufgetretenen Sepsis und der Operation in der Klinik der Klägerin bestand nicht. Dass es zu der Komplikation nicht "bei" dem Eingriff kam, stand zum Zeitpunkt der Äußerung des Patienten und des hier maßgeblichen Zu-Eigen-Machens dieser Äußerung durch den Beklagten unzweifelhaft fest, so dass die Äußerung nicht von dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst ist. Dass dem Beklagten dies nicht bewusst gewesen sein mag, ändert daran nichts. Aber auch wenn man die dargestellte Äußerung dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG nicht gänzlich entziehen wollte, hätten die Schutzinteressen des Beklagten hinter denen der Klägerin zurückzutreten. Denn der Beklagte hätte eine etwaige, nur in seiner Person bestehende Ungewissheit über den ihm nicht bekannten Geschehensablauf unschwer dadurch aufklären können und müssen, dass er sich durch Rückfrage bei dem Patienten Gewissheit verschaffte, bevor er dessen Äußerung für richtig befand und sich zu eigen machte. Jedenfalls die Verletzung dieser Pflicht durch Verzicht auf eine Nachfrage beim Patienten lässt seine Schutzinteressen hinter den Schutzinteressen der Klägerin zurücktreten.

 

(3)

Die Äußerungen a) und c) sind zwar entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bei zutreffender Sinndeutung als Meinungsäußerungen zu qualifizieren, basieren aber auf der mit ihnen verbundenen unwahren Tatsachenbehauptung in Äußerung b) und enthalten zudem einen (weiteren) unwahren Tatsachenkern. Sie sind deshalb unzulässig.

 

(a)

Die der Tatsachenschilderung in Äußerung b) vorangestellte Formulierung, die Klinik sei auf Notfälle nicht vorbereitet, und die nachfolgende Konkretisierung, das Klinikpersonal sei mit dieser lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen, was beinahe zum Tod des Patienten geführt habe, sind aufeinander bezogen und haben im Wesentlichen denselben Sinngehalt. Sie implizieren den Vorwurf, das Klinikpersonal sei nicht in der Lage gewesen, auf die geschilderte Notsituation regelgerecht zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen medizinischen Behandlung und Versorgung des Patienten zu ergreifen. Dies sei ursächlich dafür geworden, dass er fast gestorben wäre. Ein weitergehender Sinngehalt kommt den Äußerungen nicht zu. Insbesondere ist dem Beitrag entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Behauptung des Patienten zu entnehmen, dass dieser Fehler aufgrund mangelnder Kenntnisse und unzureichender Ausbildung des Personals oder unzureichender sachlicher Ausstattung der Klinik entstanden sei. Dass von "Notfällen" im Plural die Rede ist, lässt den Durchschnittsrezipienten nicht glauben, die Beurteilung fuße auf einer über das eigene Erleben hinausgehenden Tatsachengrundlage. Bei dem Beitrag handelt es sich um einen Erfahrungsbericht, von dem der Leser nur eine Wiedergabe der subjektiven Erlebnisse des Patienten erwartet. Die Revision rügt zu Recht, dass es sich bei der Annahme des Berufungsgerichts, der Patient könne bei seinem Aufenthalt in der Klinik über seine eigene Behandlung hinausgehende Wahrnehmungen getroffen haben, etwa aufgrund von Erzählungen Dritter oder seiner Beobachtungen in Bezug auf andere Patienten, um Spekulationen handelt, die sich dem Leser nicht aufdrängen.

 

(b)

Ausgehend von dieser Sinndeutung handelt es sich bei den Aussagen a) und c) um Meinungsäußerungen. Sie sind entscheidend durch das Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Zwar weisen diese Aussagen in ihrem Kontext betrachtet auch tatsächliche Elemente auf, weil sie die Behauptung implizieren, die Klinik habe in der mit der Äußerung b) geschilderten Notsituation nicht die medizinisch erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Hierin erschöpfen sich die Aussagen aber nicht; die Aussagen gründen erkennbar auf eigenen Erlebnissen des Patienten bei der Behandlung in der Klinik der Klägerin und bringen in erster Linie die negative Bewertung der erbrachten medizinischen Leistungen zum Ausdruck. Sie enthalten damit eine subjektive Wertung, die mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist und sich insgesamt als Meinungsäußerung darstellt.

 

(c)

Diese Meinungsäußerungen sind unzulässig, weil sie auf einer Tatsachenbehauptung - der Äußerung b) - basieren, die bereits im Zeitpunkt ihrer Äußerung erwiesen unwahr war. Da der beschriebene Notfall, nämlich die septische Komplikation, nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts weder bei dem Eingriff noch überhaupt in der Klinik der Klägerin aufgetreten ist, entfällt die Tatsachengrundlage für den Vorwurf, dass die Klinik auf diesen Notfall nicht regelgerecht reagiert habe. Hinzu kommt, dass nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Fall des Patienten alles getan worden ist, um seine schnellstmögliche Versorgung nach dem Verdacht auf Nierenversagen in Folge eines Entzugs bzw. einer Überdosierung mit Benzodiazepinen zu gewährleisten. Damit erweist sich auch der mit der Meinungsäußerung verbundene Tatsachenkern, das Klinikpersonal sei nicht in der Lage gewesen, auf die Notfallsituation regelgerecht zu reagieren und die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen medizinischen Behandlung und Versorgung des Patienten zu ergreifen, als unwahr. Dies hätte der Beklagte durch eine Nachfrage beim Patienten, dem dies bewusst sein musste, ohne Weiteres ermitteln können. Da der Beklagte auf eine solche Nachfrage verzichtet hat, hat er die ihm obliegende Pflicht zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt verletzt.

 

Dieser Beurteilung steht auch nicht das Gutachten im Schlichtungsverfahren entgegen, wonach Anzeichen einer sich entwickelnden Sepsis nicht rechtzeitig erkannt worden seien. Denn die angegriffenen Äußerungen bringen aus Sicht des unbefangenen Lesers nicht zum Ausdruck, dass postoperativ Anzeichen einer Sepsis übersehen worden sein könnten. Vielmehr wird der durch das Gutachten nicht gestützte Eindruck vermittelt, dass sich bei, d.h. während der operativen Nasenscheidewandbegradigung oder in sehr engem zeitlichen Zusammenhang damit, eine akut lebensbedrohliche Situation entwickelt habe, die das Klinikpersonal überfordert habe.

 

4.

Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Wiederholungsgefahr bejaht. Die für den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr wird im Falle einer erfolgten Rechtsverletzung vermutet (vgl. Senatsurteile vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15, GRUR 2017, 304 Rn. 17; vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, AfP 2016, 149 Rn. 23 - "No-Reply"-E-Mails; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 30). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht entkräftet.


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