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Pflicht zur Bereitstellung eines vertragsgemäßen Arbeitsplatzes

 | Gericht:  Landesarbeitsgericht (LAG) Köln  | Aktenzeichen: 7 Sa 1597/04 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Arbeitsrecht

Urteilstext

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.09.2004 in Sachen 6 (1) Ca 3788/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um Lohnansprüche des Klägers für den 01.09.2003 sowie den Zeitraum 08.10. bis 15.11.2003.

 

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, den erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträgen und wegen der Gründe, die das Arbeitsgericht Siegburg zu seiner Entscheidung vom 29.09.2004 bewogen haben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

 

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Beklagten am 22.11.2004 zugestellt. Er hat hiergegen am 21.12.2004 Berufung einlegen und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 07.02.2005 am 07.02.2005 begründen lassen.

 

Die Berufung des Beklagten richtet sich nur gegen die Verurteilung zur Zahlung des Lohns für die eingangs genannten Zeiträume gemäß Ziffer 2 des Urteilstenors vom 29.09.2004. Im Übrigen haben beide Parteien das arbeitsgerichtliche Urteil rechtskräftig werden lassen.

 

Der Beklagte meint, entgegen den Feststellungen des Arbeitsgerichts nicht zur Lohnzahlung verpflichtet zu sein. Der Beklagte behauptet, am 08.10.2003 habe der Kläger weder gearbeitet, noch seine Arbeitskraft angeboten. Er habe zwar an diesem Tag gegen 08:40 Uhr zusammen mit dem Zeugen M das Büro aufgesucht und angegeben arbeiten zu wollen. Der Zeuge H habe ihn daraufhin angewiesen, aus dem Telefonbuch verschiedene Firmen, die als Kunden in Betracht kommen könnten herauszuschreiben, da dem Kläger keine andere Arbeit mehr zuzutrauen gewesen sei. Der Kläger habe die ihm aufgetragene Arbeit verweigert und durch Geräusche zu provozieren begonnen. Innerhalb der 1,5 Stunden, die er sich im Büro aufgehalten habe, habe er dreimal die Toilette aufgesucht. Er habe sodann eine schriftliche Arbeitsanweisung verlangt. Nach deren Erhalt habe er den Zeugen H unter Beleidigungen aufgefordert, ihm die Tür zu öffnen, und den Betrieb gegen 09:50 Uhr verlassen. Auf eine nachfolgende schriftliche Arbeitsaufforderung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten habe er mit einer Krankmeldung reagiert. Die Krankheit habe ihn jedoch nicht gehindert, am 10.10.2003 nach Mallorca zu reisen.

 

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt nunmehr,

 

unter Abänderung des am 29.09.2004 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg – 6 (1) Ca 3788/03 – die Klage insoweit abzuweisen, als der Beklagte zu einer Zahlung in Höhe von 1.830,54 € verurteilt worden ist.

 

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Kläger und Berufungsbeklagte bleibt dabei, er sei am 08.10.2003 bei dem Versuch, die Arbeit erneut anzubieten, nach ca. 1 1/2 Stunden von dem Zeugen H unter Beschimpfungen wieder hinauskomplimentiert worden. Der Kläger weist darauf hin, es sei entwürdigend gewesen, dass er an diesem Morgen während seines Aufenthaltes bei dem Beklagten nur in Begleitung des Zeugen S die Toilette habe aufsuchen dürfen. Der Kläger bestreitet, während seiner Erkrankung Urlaub gemacht zu haben.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Beklagten ist im Umfang eines Teilstreitwerts von 1.783,87 € zulässig.

 

Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG insgesamt statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen bzw. gesetzeskonform verlängerten Fristen eingelegt und begründet.

 

In Höhe eines Teilstreitwerts von 46,67 € (Lohn für geleistete Arbeit am 01.09.2003) ist die Berufung gleichwohl unzulässig; denn der Beklagte ist auf diesen Teilstreitpunkt nicht eingegangen und hat in seiner Berufungsbegründung mit keinem Wort erläutert, warum er glaubt, den Lohn für den 01.09.2003 nicht zahlen zu müssen.

 

II.

Auch soweit die Berufung des Beklagten zulässig ist, ist sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Lohnzahlung auch für den Zeitraum vom 08.10. bis 15.11.2003 verurteilt. Soweit der Beklagte während des Anspruchzeitraums arbeitsunfähig krank geschrieben war, besteht der Lohnanspruch unter dem Gesichtspunkt der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

 

1.

Schon aufgrund des unstreitigen Sachvortrags der Parteien steht fest, dass der Beklagte für den Zeitraum vom 08.10. bis 15.11.2003 zur Lohnzahlung an den Kläger verpflichtet bleibt.

 

a.

Unstreitig hat der Kläger am Morgen des 08.10.2003 gegen 8:40 Uhr persönlich das Büro des Beklagten aufgesucht und dort an Ort und Stelle erklärt, seine Arbeitskraft anzubieten. Der Kläger hat damit die Voraussetzung eines persönlichen Arbeitsangebots zur rechten Zeit und am rechten Ort erfüllt.

 

b.

Es wäre nunmehr Sache des Beklagten als seines Arbeitgebers gewesen, dem Kläger Arbeit zuzuweisen und ihm einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen; denn ohne diese Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage, die von ihm vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Der Arbeitgeber wird seiner Mitwirkungsverpflichtung jedoch nicht schon dadurch gerecht, dass er dem Arbeitnehmer irgendeine beliebige Arbeitsanweisung erteilt, sondern die zugewiesene Arbeit und der zugewiesene Arbeitsplatz müssen auch den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen entsprechen und darüber hinaus mit den allgemeinen Regeln des (Arbeits-) Rechts in Einklang stehen.

 

aa.

Als der Kläger am 08.10.2003 im Büro des Beklagten erschien und erklärte, seine Arbeitskraft anzubieten, ist der Beklagte dieser seiner arbeitgeberseitigen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Dies ergibt sich schon aus seinem eigenen Sachvortrag. Der Beklagte hat dem Kläger am 08.10.2003 durch den als "Betriebsleiter" fungierenden H weder eine arbeitsvertragskonforme Arbeit, noch einen funktionsgerechten Arbeitsplatz zugewiesen.

 

bb.

Der Kläger war bei dem Beklagten als Kundendienstmitarbeiter beschäftigt. Sein arbeitsvertraglicher Aufgabenkreis kann § 2 des Arbeitsvertragsentwurfs vom 27.06.2003 entnommen werden, auch wenn dieser Arbeitsvertrag letztlich nicht von beiden Parteien unterschrieben wurde. Dass der Arbeitsvertragsentwurf vom 27.06.2003 nicht unterschrieben wurde, hatte nichts mit der in § 2 enthaltenen Tätigkeitsbeschreibung zu tun, die sich im übrigen weitestgehend mit der Tätigkeitsbeschreibung aus § 2 des vorangegangenen Arbeitsvertrages des Klägers mit der S deckt.

 

cc.

Zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Kundendienstmitarbeiters im Innen- und Außendienst gehört nicht das teilweise Abschreiben von Telefonbüchern. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der konkretisierenden Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertragsentwurf vom 27.06.2003 oder im ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 01.04.2003. Die Erteilung einer derartigen Arbeitsaufgabe an einen Kundendienstmitarbeiter mit dem Aufgabenkreis, wie er aus der Beschreibung im Arbeitsvertragsentwurf hervorgeht, hat unter den gegebenen Umständen ersichtlich schikanösen Charakter.

 

dd.

Ebenso wenig braucht es sich ein Arbeitnehmer bieten zu lassen, in den Büroräumlichkeiten eingeschlossen zu werden und nur unter Begleitung des sogenannten Betriebsleiters die Toilette aufsuchen zu dürfen.

 

c.

Da der Beklagte dem Kläger auf dessen Arbeitskraftangebot vom 08.10.2003 hin somit weder eine vertragskonforme Arbeit zugewiesen noch zumutbare Arbeitsbedingungen eingerichtet hat, kommt es letztlich nicht darauf an und kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die Betriebsräumlichkeiten am 08.10.2003 schließlich aus eigenem Antrieb verlassen oder von dem Zeugen H "hinausgeworfen" wurde und wer wen beim Verlassen der Räumlichkeiten beleidigt hat.

 

d.

Infolgedessen war der Beklagte ab dem 08.10.2003 bis zu dem rechtskräftig festgestellten Ende des Arbeitsverhältnisses am 15.11.2003 zunächst unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Lohnfortzahlung verpflichtet.

 

e.

Soweit der Kläger in der Folgezeit während des Anspruchszeitraums arbeitsunfähig krankgeschrieben wurde, ergibt sich dementsprechend der Lohnanspruch aus dem Gesichtspunkt der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

 

f.

Im letztgenannten Zusammenhang hilft es dem Beklagten auch nicht weiter, wenn er in der Berufungsbegründung darauf hinweisen lässt, dass der Kläger trotz seiner Krankheit nach Mallorca gereist sei. Wenn der Beklagte mit dieser Bemerkung den Beweiswert einer vom Kläger vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hätte erschüttern wollen, so hätte er diese seine Behauptung nicht nur substantiieren, sondern auch unter Beweis stellen müssen. Der Kläger hat nämlich seinerseits bestritten, während seiner Krankheit Urlaub gemacht zu haben.

 

2.

Rechnerisch hat der Beklagte die Höhe der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Lohnansprüche nicht beanstandet.

 

Die Berufung des Beklagten musste somit erfolglos bleiben.

 

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.


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