Beschlusstext
Tenor
Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, welche die Klägerin zu tragen hat.
Gründe
I.
Die Klägerin war in der Zeit vom 04.12.2002 bis zum 06.04.2004 bei dem Beklagten in zahnmedizinischer Behandlung. Diese Behandlung war bereits Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht aus dem Jahr 2008 mit dem Aktenzeichen 3 OH 15/08, welches sich gegen den Beklagten und sieben weitere (Zahn-)Ärzte richtete. Die Klägerin verlangt zur Prüfung möglicher Ansprüche gegen den Beklagten die Herausgabe der Behandlungsunterlagen in Kopie. Sie forderte den Beklagten u.a. mit Schreiben vom 02.01.2008 unter Fristsetzung bis zum 21.01.2008 zur Übersendung der vollständigen Behandlungsunterlagen in Kopie auf. Der Beklagte reagierte hierauf nicht.
Mit der am 21.05.2008 beim Amtsgericht Köln eingereichten und dem Beklagten am 26.09.2008 zugestellten Klage hat die Klägerin nach Verweisung des Rechtsstreits an das erkennende Gericht im Termin am 04.08.2009 beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr die weitere zahnmedizinische Behandlungsdokumentation zu ihrer Behandlung in seiner Praxis am 04.12.2002, 11.12.2002, 18.12.2002, 08.01.2003, 15.01.2003, 20.01.2003, 28.01.2003, 07.02.2003, 14.02.2003, 04.03.2003, 05.03.2003, 10.03.2003, 11.03.2003, 14.03.2003, 17.03.2003, 18.03.2003, 19.03.2003, 20.03.2003, 21.03.2003, 24.03.2003, 01.04.2003, 04.04.2003, 29.04.2003, 23.05.2003, 27.05.2003, 29.07.2003, 31.07.2003, 01.08.2003, 04.08.2003, 05.08.2003, 06.08.2003, 07.08.2003, 08.08.2003, 11.08.2003, 13.08.2003, 15.08.2003, 02.09.2003, 11.09.2003, 25.09.2003, 26.09.2003, 22.03.2004, 24.03.2004, 25.03.2004, 29.03.2004 und 02.04.2004 in gut lesbarer Kopie gegen Kostenersatz herauszugeben, einschließlich der Behandlungsdokumentation über die Interimsprothesen, das Frontzahnprovisorium, die Brücke 12-22, die Fraktur des Zahns 22 und der Aufklärung wegen der Applikation ionisierender Strahlung (Röntgenuntersuchung vom 04.12.2002).
Auf diesen Antrag ist in der Sitzung vom 04.08.2009 ein Versäumnisurteil ergangen.
Gegen dieses Versäumnisurteil, das dem Beklagten am 20.08.2009 zugestellt worden ist, hat er mit einem am 03.09.2009 bei Gericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Einspruch eingelegt.
Der Beklagte hat behauptet, außer dem mit der Klageerwiderung vorgelegten 4-seitigen Computerausdruck bezüglich des damals vom Beklagten verwendeten Systems "densoffice", mit welchem weitere Eintragungen des Behandlers nicht möglich gewesen seien, und den mit Schriftsatz vom 10.03.2009 in Kopie übersandten beiden Röntgenbildern über keine weiteren Behandlungsunterlagen zu verfügen.
Nunmehr erklären die Parteien den Rechtsstreit mit wechselseitigen Kostenanträgen in der Hauptsache für erledigt.
II.
Aufgrund des Einspruchs des Beklagten gegen das Versäumnisurteil ist der Prozess in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig, insbesondere ist er form- und fristgemäß im Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.
Nach § 91 a Abs.1 ZPO sind die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.
Das entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Der Beklagte wäre nach dem bisherigen Sach- und Streitstand unterlegen, das Versäumnisurteil wäre aufrecht zu erhalten gewesen. Die Klägerin hatte einen Anspruch auf Herausgabe der bisher noch nicht herausgegebenen Teile der Behandlungsdokumentation im Zusammenhang mit der Behandlung durch den Beklagten in der Zeit vom 04.12.2002 bis zum 06.04.2004 in gut lesbarer Kopie gegen Kostenersatz gemäß §§ 611, 242 BGB (vgl. zur Herausgabepflicht von Kopien gegen Kostenerstattung: BGH NJW 1983, 328, 329; OLG Düsseldorf, VersR 2005, 694; OLG Koblenz VersR 2004, 1323; OLG Köln GesR 2006, 93; Lutterbeck in Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, Kapitel 5 Rdn. 125; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl.2007, S. 449 m.w.N.). Dieser Anspruch umfasst alle Aufzeichnungen, soweit diese objektive physische Befunde und Berichte über Behandlungsmethoden wie Medikation, Operation u.ä. betreffen (vgl. BGH NJW 1983, a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; Lutterbeck a.a.O.). Hierzu gehören nicht nur die bereits vorgelegten beiden Röntgenaufnahmen (OPG) und der vierseitige Computerausdruck, sondern auch die vom Beklagten zu führende Patientenkartei. In dem vorgelegten Computerausdruck kann auch keine ordnungsgemäße Patientenkartei gesehen werden, denn der Informationsgehalt dieses Ausdrucks geht inhaltlich nicht über die Leistungsbeschreibung in der Liquidation vom 19.05.2004 (Bl. 4 - 9 GA) hinaus. Dies legt die Vermutung nahe, dass es noch anderweitige - möglicherweise handschriftliche - Dokumentation gibt oder gegeben hat. Die Behauptung des Beklagten, mit dem von ihm verwendeten System "densoffice" seien weitere Eintragungen des Behandlers nicht möglich gewesen, bestärkt diese Vermutung, da es schwer vorstellbar ist, dass der Beklagte die Klägerin allein aufgrund dieser Aufzeichnungen behandelt haben soll, denn dies würde u.a. bedeuten, dass der Beklagte sämtliche Patienten anhand seiner Erinnerungen behandelt hätte.
Der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe weiterer Unterlagen ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Herausgabe dem Beklagten unmöglich ist, § 275 Abs. 1 BGB. Es ist indes Sache des Beklagten als Schuldner des Herausgabeanspruchs darzulegen und zu beweisen, dass ihm die Herausgabe tatsächlich unmöglich ist (Vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl. 2009, §275 Rdn. 34; Repgen in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, BGB AT, 3. Aufl. § 275 Rdn. 6 und 13; Thomas/Putzo/Reinhold, 29. Aufl. 2008, Vorbem. § 284 Rdn. 23). Hierfür hat der Schuldner Tatsachen darzulegen, die den Tatbestand echter Unmöglichkeit erfüllen. Diesen Anforderungen wurde der Vortrag des Beklagten weder vorprozessual noch im Streitverfahren gerecht. Er hat sich vorprozessual gar nicht zu der Anforderung der Behandlungsunterlagen durch die Klägerin geäußert. Erst mit der Klageerwiderung hat er einen Computerausdruck vorgelegt und behauptet, dies sei seine Behandlungsdokumentation und eine frühere Vorlage sei aufgrund der Umstellung seines Computersystems nicht möglich gewesen. Danach hat er sich allein darauf berufen, weitere Unterlagen seien nicht vorhanden und eine Aufzeichnung von Bemerkungen des Behandlers seien bei dem von ihm verwendeten System nicht möglich gewesen. Diese Behauptung erscheint der Kammer im Hinblick auf die Erkenntnisse aus anderen Zahnarztsachen wenig glaubhaft und wäre ggfls. im Wege der Beweisaufnahme zu verifizieren gewesen.
Es ergeben sich auch keine sonstigen Gesichtspunkte, nach denen es billig wäre, ausnahmsweise der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, obwohl sie ohne die Erledigung obsiegt hätte. Die Klägerin hat vor allem aus Zweckmäßigkeitserwägungen und in Anbetracht eines weiteren anstehenden Verfahrens die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat auch Anlass zur Erhebung der Klage gegeben, da er vorprozessual nicht auf das Schreiben der Klägerin reagierte.
Die durch die Anrufung des Amtsgerichts Köln entstandenen Mehrkosten waren gemäß § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.
Die Entscheidung ist gemäß §§ 794 Abs. 1 S. 1 Nr.3, 91 a Abs. 2 ZPO vollstreckbar.
Streitwert bis vor Beginn der mündlichen Verhandlung am 13.04.2010: 13.000 EUR
Streitwert ab dem 13.04.2010: 3.754,20 EUR