Urteilstext
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 641,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab 17.02.2014 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 74 % und die Beklagte 26 %. 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollsteckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.486,74 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Krankenversicherungsvertrag.
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert, ist bei dem Kläger unter der Versicherungsschein-Nummer ... mitversichert. Nach dem Tarif besteht eine Erstattungspflicht der Beklagten in Höhe von 80 % der medizinisch erforderlichen zahnärztlichen und kieferorthopädischen Leistungen.
Der Sohn des Klägers gab sich im Jahr 2012 in kieferorthopädische Behandlung bei Herrn Dr. … .
Am 4.4.2012 erstellte Herr ... einen kieferorthopädischen Behandlungsplan mit Kostenaufstellung für die weitere Behandlung des Sohnes des Klägers. Dabei handelte es sich um eine kieferorthopädische Behandlung mit der Invisalign-Methode. Berechnet wurden voraussichtliche Gesamtkosten in Höhe von EUR 6.418,88.
Nachdem der Kläger den Heil- und Kostenplan bei der Beklagten eingereicht hatte, sagte diese die Erstattung eines Betrages auf der Grundlage eines Betrages von EUR 1.500,00 hinsichtlich der Material- und Laborkosten zu.
Die kieferorthopädische Behandlung des Sohn des Klägers wurde unter Verwendung von insgesamt 84 Invisalign-Schienen durchgeführt. Der Behandler... erstellte unter dem 12.1.2013 eine Rechnung, Rechnungs-Nr. 00009402-1/2013-1 über einen Gesamtbetrag von EUR 3.229,10. Diese enthielt eine Zwischensumme Honorar in Höhe von EUR 328,22 sowie „Auslagen nach § 9 GOZ gemäß Fremdlaborrechnung" in Höhe von EUR 2.900,88 Zuletzt genannter Betrag beruhte auf einer Rechnung vom 17.12.2012, die auf einen Rechnungsbetrag von EUR 2.900,88 lautete. Die Rechnung beinhaltete neben dem Preis für 84 Invisalign-Schienen eine Logistikhandtingpauschale in Höhe von EUR 40,00 sowie die Positionen für „Glätten Thermoplast¬Schiene individuell", „Einschieifen Thermoplast-Schiene individuell", „Ausarbeiten Thermoplast¬Schiene individuell", „Desinfizieren Thermoplast-Schiene individuell".
Auf die Rechnung vom 12.1.2013 des Behandlers erstattete die Beklagte insgesamt einen Betrag in Höhe von EUR 1.462,58, wobei sie ihrer Berechnung bezüglich der Material- und Laborkosten den zugesagten Betrag von EUR 1.500,00 zugrundelegte.
Der Kläger behauptet, die Behandlung und Umarbeitung der 84 Invisalignschienen, die zu den Kosten entsprechend der Rechnung der Fa.... vom 17.12.2012 geführt haben, seien tatsächlich vorgenommen worden. Es sei unerlässlich gewesen, die verwendeten Thermoplast-Schienen aus Polyurethan vom Hersteller... Technologie individuell nachzubearbeiten und an die entsprechenden Zahn-Mund-Parodontal- und insbesondere die spezifische Therapiesituation anzupassen. Weiter behauptet der Kläger, die Behandlung und Umarbeitung der 84 Invisalign- Schienen, sei medizinisch erforderlich gewesen. Die hierfür berechneten Kosten seien angemessen.
Bei der Fa.... handele es sich um ein Fremdlabor des Behandlers … .
Der Kläger meint, ihm stünde ein noch nicht erstatteter Betrag in Höhe von 2.486,74 EUR zu.
Der Kläger beantragte:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.486,74 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte:
Klageabweisung.
Die Beklagte behauptet, die Klageforderung sei bereits falsch berechnet, da die Laborkosten in Höhe von EUR 2.900,88 bereits in dem Betrag von EUR 3.229,10 enthalten seien. Die Beklagte meint, die weitere Bearbeitung der Invisalign-Schienen sei nicht gesondert abrechenbar, da diese Kosten bereits in den Gebührenziffern 6030 bis 6080 GOZ enthalten seien. Weiter meint sie, die Logistikhandlingpauschale sei weder dargelegt noch deren Notwendigkeit nachgewiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugin ... . Hinsichtlich des Inhalts der Aussage der Zeugin wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.7.2014 (Bl. 50/53 d.A.) verwiesen. Des Weiteren hat das Gericht ein schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. ... eingeholt. Hinsichtlich des Inhalts des schriftliche Gutachtens vom 19.5.2015 wird auf Blatt 105/107 d. A. verwiesen. Der Sachverständige hat sein Gutachten schriftlich erläutert, insoweit wird auf das Ergänzungsgutachten Blatt 128/129 d. A. verwiesen. Zudem wurde der Sachverständige mündlich angehört Hinsichtlich der Angaben des Sachverständigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.02.2016 (Bl. 154 bis 162 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage war zum Teil begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen nach § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag zur Versicherungsscheinnummer in Höhe von noch EUR 647,74. Nach den vertraglichen Vereinbarungen ist die Beklagte zu einem Anteil von 80 Prozent für die entstandenen und medizinisch erforderlichen Kosten der kieferorthopädischen Behandlung der mitversicherten Person erstattungspflichtig.
Der Kläger macht mit der Klage allein Ansprüche aus der Rechnung des behandelnden Arztes ... vom 12.01.2013 geltend. Diese Rechnung enthält Behandlungskosten des Arztes in Höhe von EUR 328,22 sowie Auslagen nach § 9 GOZ gemäß Fremdlaborrechnung der Firma ... in Höhe von EUR 2.900,88, insgesamt somit EUR 3.229,10. Damit steht auch fest, dass der Einwand der Beklagten zutrifft, wonach der Betrag von EUR 2.900.88 bezüglich der Labor- und Materialkosten in Höhe von EUR 2.900,88 nicht zusätzlich zu dem Endrechnungsbetrag der Rechnung vom 12.01.2013 geltend gemacht werden kann.
Es ist letztlich unstreitig geblieben, dass die Beklagte die Kosten der Behandlung aus der Rechnung vom 12.01.2013 in Höhe von EUR 328,22 entsprechend dem vereinbarten Tarif in Höhe von 80 Prozent vollumfänglich erstattet hat. Dies ergibt sich auch eindeutig aus der Berechnung der Beklagten, wonach diese bezüglich der Labor- und Materialkosten von einem erstattungsfähigen Betrag von EUR 1.500,00 ausging. Ausgehend von dem aus Sicht der Beklagten berechtigten Betrag in Höhe von EUR 1.828,22 errechnete sich unter Zugrundelegung des Tarifs von 80 Prozent ein erstattungsfähiger Betrag von EUR 1.462,58, welche die Beklagte ausweislich ihres Abrechnungsschreibens vom 04.03.2013 dem Kläger erstattet hat. Ferner steht fest, dass allein streitig die Kosten aus der Rechnung der... in Höhe von insgesamt EUR 2.900,88 sind.
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Leistungen hinsichtlich der Positionen 3 aus der Rechnung der vom 17.12.2012 für die Tätigkeiten des Glättens, Einschleifens, Ausarbeitens und Desinfizierens bei den 84 Invisalignschienen tatsächlich durchgeführt worden sind. Dies hat die Zeugin ... in glaubhafter Weise angegeben. Sie gab an, dass jede einzelne Schiene nachbearbeitet werden müsse. Im Einzelnen gab sie an, dass die Schienen, die vom Hersteller angeliefert werden, ausgepackt und überprüft werden. Jede Schiene werde poliert an den Rändern und auch an den Kauflächen, scharfe Kanten werden beseitigt und kleine Fäden oder Fussel, die abstehen beseitigt. Zudem werden die Schienen geglättet, Ränder gekürzt, kontrolliert und nachpoliert. Letztlich werden auch sämtliche Schienen desinfiziert. Dies sei auch im Fall des Patienten der Fall gewesen.
Die Angaben der... waren vollumfänglich glaubhaft. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin nicht die Wahrheit gesagt haben könnte, haben sich für das Gericht nicht ergeben.
Weiter steht nach dem glaubhaften Gutachten des Sachverständigen Professor Dr ... zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Tätigkeiten entsprechend den Positionen 3 bis 6 der Rechnung vom 17.12.2012 auch grundsätzlich medizinisch erforderlich waren. Hier gab der Sachverständige an, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die gelieferten Schienen ohne nachträgliche Veränderungen für die Behandlung einsatzbereit sind. Insofern gab der Sachverständige an, dass jetzt im Jahr 2016 Informationen des Herstellers veröffentlicht worden seien, wonach eine verbesserte Software und eine verbesserte Herstellungstechnik auf dem Markt ist. Bereits hieraus könne man ersehen, dass bei den älteren Modellen - wie diejenigen im vorliegenden Fall verwendeten - tatsächlich die Notwendigkeit der Nachbearbeitung bestanden haben. Der Sachverständige gab insoweit an, dass bei den „alten" Schienen, das heißt denjenigen nach dem früheren Herstellungsmethoden, fast ausnahmslos alle Schienen nachbearbeitet werden mussten. Dies entspräche auch einer Stellungnahme der Zahnärztekammer Berlin vom 31.03.2014 und auch der Empfehlung des Herstellers. Insofern bestehen für das Gericht keine ernsthaften Zweifel daran, dass es grundsätzlich erforderlich war, sämtliche Schienen nachzubearbeiten. Insofern ist die medizinische Erforderlichkeit diesbezüglich grundsätzlich zu bejahen.
Auch steht nach den Angaben des Sachverständigen Professor Dr. ... zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kosten der Nachbearbeitung grundsätzlich zu erstatten und auch angemessen sind. Hierzu gab der Sachverständige an, dass er im Hinblick auf die Höhe der Einzelpreise diese als angemessen anzusehen sein. Der Kläger kann diesbezüglich auch die Erstattung der entstandenen und medizinisch erforderlichen Material- und Laborkosten entsprechend dem vereinbarten Tarif ausgehend von der Rechnung vom 17.12.2012 der Firma ... GbR verlangen. Auf die Frage, ob es sich bei der Firma ... GbR um eine eigenständige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts handelt, kommt es nicht an. Nach § 9 Abs. 1 GOZ können neben den Gebühren für zahnärztliche Leistungen tatsächlich entstandene angemessene Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden, soweit diese Kosten nicht nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses mit den Gebühren abgegolten sind. Aus § 9 Abs. 2 S. 1 GOZ ist ersichtlich, dass grundsätzlich auch die Kosten eines praxiseigenen Labors berechnet werden dürfen.
Der Sachverständige führte weiter aus, dass die Anpassungs- und Umarbeitungsmaßnahmen bei den Thermoplast-Schienen in den GOZ-Ziffern 6030 und 6080 nicht beinhaltet sind. Hierzu führte der Sachverständige in dem Ergänzungsgutachten vom 14.10.2015 aus, es handele sich dabei um zahnärztliche Positionen, die den ärztlichen therapeutischen Aufwand honorieren. Zahntechnische bzw. laborarbeiten seien dabei nicht abgegolten. Demnach sei der Einwand der Beklagten, die Anpassungsmaßnahmen seien bereits durch die Positionen 6030 und 6080 abgegolten, nicht haltbar.
Kürzungen sind nach der Stellungnahme des Sachverständigen jedoch insofern vorzunehmen, als bei der Position des Einschleifens der Schienen die Tätigkeit nur bei den ersten beiden Schienen erforderlich und gnathologisch möglich gewesen ist. Bei den Folgeschienen sei ein Einschieifen nur noch freihand möglich. Andernfalls müsse für jedes Schienenpaar ein neuer Abdruck gemacht werden. Insofern gab der Sachverständige an, dass die Abrechnungsposition des Einschleifens für 82 Schienen medizinisch nicht erforderlich waren. Dies gilt insbesondere im streitgegenständlichen Fall der Versicherten. Hier habe keine Kiefererkrankung bei dem Patienten vorgelegen. Insofern ist hinsichtlich der Position 4 eine Abrechnung nur für zwei Schienen, somit in Höhe von netto EUR 15,16 möglich.
Weitere Kürzungen sind hinsichtlich der Position des Glättens (Position 3) insofern vorzunehmen, als hier ein Abzug von 30 Prozent zu erfolgen hatte. Insofern gab der Sachverständige an, dass die Tätigkeit des Glättens sich grundsätzlich auf drei Bereiche, nämlich der Kauflächen, der äußeren und der inneren Schienenwand beziehe. Da für 82 Schienen letztlich das Glätten der Kauflächen nicht durchführbar war, war ein Abzug bezüglich dieser Position in Höhe von 30 Prozent vorzunehmen. Das Gericht ging damit für zwei Schienen von dem vollen Betrag von je EUR 8,59 aus, bezüglich 82 Schienen wurde der Abzug von 30 Prozent vorgenommen. Insgesamt berechnet sich für die Position 3 ein erstattungsfähiger Betrag von EUR 510,25.
Im Hinblick auf die in der Rechnung geltend gemachte Logistic Handlingpauschale war ein Abzug in Höhe von EUR 40,00 vorzunehmen. Insofern gab der Sachverständige an, dass diese Pauschale in den Fällen berechtigt ist, in dem ein Versand der Schienen erforderlich ist. Hierzu fehlte es jedoch an einem substantiierten Sachvortrag seitens des Klägers. Es ist nicht nachgewiesen, dass insofern Kosten angefallen sind, die mit dieser Pauschale hätten abgedeckt werden sollen. Insofern war ebenfalls eine Kürzung vorzunehmen.
Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen Professor Dr. ... im vollem Umfang. Der Sachverständige hat sein Gutachten nachvollziehbar und plausibel erläutert. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des Gutachtens haben sich für das Gericht nicht ergeben.
Demnach ist von einem Gesamtbetrag von EUR 3.410,07 auszugehen. Unter Berücksichtigung des Rabattes in Höhe von 36,7 Prozent errechnet sich eine Zwischensumme von EUR 2.158,58. Brutto ergibt dies einen Betrag in Höhe von EUR 2.309,68.
Unter Hinzurechnung der ärztlichen Behandlungskosten In Höhe von EUR 328,22 errechnet sich ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von EUR 2.637,90 hinsichtlich der streitgegenständlichen Rechnung. Unter Anwendung des Tarifs von 80 Prozent bestand damit ein grundsätzlicher Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe von EUR 2.110,32. Hierauf hat die Beklagte einen Betrag in Höhe von EUR 1.462,58 gezahlt. Es besteht ein restlicher Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 647,74.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB. II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. I, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.l 1. 711 ZPO.