Urteilstext
Tenor
Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat für Recht anerkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
im Rahmen der von ihr betriebenen zahnärztlichen Praxis zu erbringende Leistungen zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht (siehe Anlage zum Urteil 2-06 O 45/159).
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4.
Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1 des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 25.000 sowie wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine berufsständische Vertretung der Zahnärzte in Hessen auf der Grundlage des Hessischen Heilberufegesetzes.
Die Beklagte ist Trägerin eines medizinisches Versorgungszentrums, in welchem insbesondere zahnärztliche Leistungen wie professionelle Zahnreinigung und andere Leistungen von Zahnärzten, z. B. Bleaching, angeboten werden.
Im Jahr 2014 schloss die Beklagte eine sogenannte „Kooperationsvereinbarung“ mit dem Betreiber des Portals www.groupon.de. Über dieses Portal bietet der Portalbetreiber für verschiedene Städte sogenannte „Deals“ an. Im Rahmen dieser „Deals“ werden unter der Voraussetzung, dass eine bestimmte Mindestanzahl von Käufern den angebotenen „Deal“ annimmt, bestimmte Leistungen zu festgelegten Preisen angeboten.
Unter den auf www.groupon.de angebotenen „Deals“ fanden sich im Oktober 2014 und im Dezember 2014 auch Angebote für Leistungen von Zahnärzten in der von der Beklagten betriebenen Praxis, wobei die angebotenen Leistungen von Bleaching bis zur professionellen Zahnreinigung reichten. So wurden sogenannte Wertgutscheine für eine sogenannte kosmetische Zahnreinigung für Eur 29,90 bzw. für zwei kosmetische Zahnreinigungen für EUR 49,90 angeboten (Anlage K 2 und K 3). Des Weiteren wurden in den gleichen Angeboten von der Beklagten Wertgutscheine für ein sogenanntes „kosmetisches Bleaching“ für EUR 149,90 angeboten (Anlage K 4).
In normalen Fällen verlangt die Beklagte bei gesetzlich versicherten Patienten für eine professionelle Zahnreinigung einen „Eigenanteil“ in Höhe von EUR 49,00 sowie für Bleaching einen Eigenanteil in Höhe von EUR 190,00 (Anlage K 5).
Der nach Tarif für Zahnreinigung beträgt nach GOZ mindestens EUR 50,24.
Mit Schreiben vom 7.10.2014 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass ihr Verhalten unzulässig sei und forderte sie zur Unterlassung auf (Anlage K 6).
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG, indem sie gegen die Berufungsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen sowie die Gebührenordnung für Zahnärzte verstoße. So finde die nach § 5 GOZ bei der Gebührenfestsetzung notwendige Einzelfallentscheidung des Zahnarztes nicht statt. Weiterhin finde eine Vergütungsfestsetzung statt, die dem Gebührenrahmen deutlich unterschreite. Darüber hinaus zahle die Beklagte dem Plattformbetreiber eine Vermittlungsprovision, was nach § 2 Abs. 8 der Berufungsordnung unzulässig sei. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 UWG vor, da die Gültigkeit des Gutscheines in der Werbung mit einem Jahr bezeichnet werde, während tatsächlich Ansprüche aus dem Gutschein frühestens nach der gesetzlichen Regelverjährungsfrist von drei Jahren verjährten, soweit keine anders regelnde Individualvereinbarung getroffen worden sei, was bei einem sich nach einer unbekannten Vielzahl von potentiellen Patienten richtenden Angebot nicht der Fall sei. Schließlich sei das Angebot für die Beklagte nicht wirtschaftlich auskömmlich.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
1.
im Rahmen der von ihr betriebenen zahnärztlichen Praxis zu erbringende Leistungen zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht: Flyer im Original-Urteil
2.
die beruflichen Leistungen der in der von ihr betriebenen Praxis tätigen Zahnärzte anzubieten, bevor diese bei medizinisch notwendigen Leistungen die Schwierigkeit und den Zeitaufwand der einzelnen Leistungen einschätzen und/oder bei Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, die Vergütung auf Verlangen des Patienten in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbaren konnten, wenn dies wie unter Ziffer 1. der angekündigten Anträge wiedergegeben geschieht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ihre Werbung sei durch die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtsanwaltsvergütung sei Werbung mit Gutscheinen ausdrücklich zulässig. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung „Preisvergleich von Zahnärzten im Internet“. Darüber hinaus sei die Beklagte nach der Preisangabenverordnung gezwungen, End- und Gesamtpreise darzustellen. Schließlich ergebe sich aus der GOZ ein keiner Stelle das Verbot der Werbung mit Preisen. Die GOZ verpflichte die Zahnärzte lediglich für den Fall der Erbringung einer zahnärztlichen Leistung, diese später auf Basis der GOZ abzurechnen. Die GOZ verpflichte jedoch an keiner Stelle dazu, in werblichen Maßnahmen einzelne Gebührenziffern aufzulisten, den möglichen Gebührenrahmen zu nennen oder sonst all die Unwägbarkeiten und Ermessenskriterien der GOZ aufzulisten.
Zur Vervollständigung wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage erweist sich teilweise als begründet.
1.
Der Zulässigkeit der Klage stehen keinen Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit des Klageantrages zu 1.) entgegen, soweit der Kläger seine Anträge auf mehrere behauptete Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb stützt.
Bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage bildet nämlich die konkrete Verletzungsform den Streitgegenstand, wenn mit der Klage ein entsprechendes Unterlassungsbegehren verfolgt wird. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall - unabhängig davon, ob der Kläger sich auf diese Rechtsverletzung gestützt und den zu dieser Rechtsverletzung gehörenden Tatsachenvortrag gehalten hat - alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind, auch wenn die verschiedenen Verletzungen jeweils einen unterschiedlichen Tatsachenvortrag erfordern. Dem Kläger steht es aber frei, mehrere in einer konkreten Verletzungsform oder mit der Verwendung einer bestimmten Bezeichnung verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert anzugreifen (BGH GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser), was er hier indes nicht getan hat. Damit ist der Unterlassungsantrag begründet, wenn sich die Werbung nur unter einem der vorgetragenen rechtlichen Gesichtspunkte als unlauter darstellt.
2.
Der Klageantrag zu 1.) ist begründet. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 3 4 Nr. 11 UWG in Verbindung § 5 Abs. 1 Satz 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) zu,
a) Die Beklagte hat gegen § 5 Abs. 1 GOZ verstoßen, indem sie die Gebühren für professionelle Zahnreinigung unterschritten hat.
Nach Nr. 1040 GOZ beläuft sich die Gebührenspanne zwischen EUR 1,57 bis EUR 5,51 je Zahn, was für ein vollständiges Gebiss schon bei Zugrundelegung nur einer 1,0 Gebühr zu einem Mindestbetrag von EUR 50,24 führt. Diesen Mindestsatz unterschreitet die Beklagte mit ihrem Angebot für EUR 29,90 deutlich. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Angebot „ab“ EUR 29,90 ausgestaltet ist und die Beklagte unter der Überschrift „Konditionen“ darauf hingewiesen hat, dass „aufgrund individueller Umstände Anpassungen hinsichtlich Durchführung, Dauer, Bedingungen“ möglich sind. Gleichzeitig hat die Beklagte nämlich erklärt, dass der Gutscheinwert „in der Regel die gesamten Behandlungskosten“ abdeckt. Damit hat die Beklagte für einen ganz erheblichen Teil der angesprochenen Patienten die Leistungen für einen Wert von EUR 29,90 angeboten.
aa)
Nach § 2 Abs. 1 GOZ kann eine von den Sätzen der GOZ abweichende Vereinbarung getroffen werden, was sowohl eine Unter- als auch eine Überschreitung der Mindestsätze umfasst (BGHZ 183, 143, Rnr. 18; KG Berlin, GRUR-RR 2008, 24). Eine ausdrückliche Untersagung der Vereinbarung einer Unterschreitung enthält die Berufsordnung der Klägerin – im Gegensatz zu den Berufsordnungen anderer Zahnärztekammern - allerdings nicht.
Soweit § 2 Abs. 2 S. 1 GOZ für die Vereinbarung nach Abs. 1 die Schriftform verlangt und § 2 Abs. 2 S. 2 GOZ in dem Schriftstück die Feststellung verlangt, dass eine Erstattung der Vergütung durch die Erstattungstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist, so bezieht sich dies ersichtlich allein auf den Schutz des Patienten bei der Vereinbarung von höheren Gebühren als in der Verordnung vorgesehen.
bb)
Die Gebührenordnung für Zahnärzte ist eine Marktverhaltensvorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (KG Berlin GRUR-RR 2008, 24; OLG Köln WRP 2013, 372; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4, Rn. 11.139).
Berufsrechtliche Bestimmungen für bestimmten Berufe wie Rechtsanwälte, Architekten oder – wie hier – Zahnärzte zielen darauf ab, einen (ruinösen) Preiswettbewerb um die Leistungsempfänger im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens zu verhindern und gleiche rechtliche Voraussetzungen für die auf diesem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (zur Verbraucherschutzfunktion bei Überschreitungen der Höchstsätze der GOÄ: BGH, NJW 2006, NJW Jahr 2006 Seite 1897 Rdnr. 15).
Dem steht die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nicht entgegen, die in ihrem Anwendungsbereich zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat und die Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend regelt, so dass ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG nur noch insoweit begründen kann, als diese ihre Grundlage im Unionsrecht haben (vgl. hierzu BGH GRUR 2012, 842 - Gallardo Spyder, Rn. 15).
Die Richtlinie lässt Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheitsaspekte aber unberührt (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken). Hierzu gehören auch Vorschriften, die das Honorar für zahnärztliche Leistungen regeln. „Produkt“ im Sinne der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken ist jede Ware oder Dienstleistung (Art. 2 lit. c) der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken).
cc)
Die Unterschreitung der Mindestsätze ist auch nicht unter Berücksichtigung der Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG ausnahmsweise zulässig.
aa)
Bei den Fragen, unter welchen Voraussetzungen Unterschreitungen der Mindestsätze ausnahmsweise zulässig sind und ob ein generelles Verbot von Unterschreitungen der Mindestsätze durch die Satzung einer Zahnärztekammer unter verfassungsrechtlichen Aspekten haltbar ist, ist zu berücksichtigen, dass das Grundrecht des Zahnarztes aus Art. 12 Abs. 1 GG auch die Freiheit umfasst, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder es mit denen, die hieran interessiert sind, auszuhandeln. Die durch die Anwendung der GOZ bewirkte Einschränkung der freien Honorarvereinbarung ist daher nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und den Zahnarzt nicht übermäßig oder unzumutbar trifft, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt ist. (vgl. BVerfG NJW 2005, 1036; BVerfG NJW 2011, 2636; BVerfG GRUR 2012, 72; BVerfG, Urteil vom 7. März 2012, 1 BvR 1209/11; BGH NJW 2006, 1879; Senat GRUR-RR 2008, 24).
Das vom Verordnungsgeber verfolgte Ziel, eine angemessene leistungsgerechte Vergütung ärztlicher Leistungen zu gewährleisten und im Interesse eines funktionierenden Gesundheitssystems ruinösen Wettbewerb unter Zahnärzten zu vermeiden und gleiche rechtliche Voraussetzungen für alle Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGH NJW 2006, 1978; Senat GRUR-RR 2008, 24; OLG Köln WRP 2013, 372; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4, Rn. 11.139), rechtfertigt die Mindestpreisvorschriften der GOZ grundsätzlich.
Auch unter Zahnärzten mag Preiswettbewerb zulässig sein, dies aber nur in den Grenzen, die durch die oben genannten Gründe des Gemeinwohls und damit zumindest im Regelfall durch die Vorschriften der GOZ bestimmt werden.
Die Grenzen zu einem ruinösen Preiswettbewerb werden indes überschritten, wenn eine professionelle Zahnreinigung zu einem Preis angeboten wird, der etwa die Hälfte der sich aus dem Gebührenverzeichnis für Zahnärzte ergebenden Mindestgebühren ausmacht. Diese Problematik verschärft sich noch, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte einen Teil des erhaltenen Entgeltes noch an die Fa. Groupon als Provision abführen muss, so dass faktisch deutlich weniger als die Hälfte der Mindestgebühren verlangt werden.
Der Ermessensspielraum, der dem Zahnarzt durch § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ eingeräumt wird, beruht aber auf der Erwägung, dass für eine Behandlung mit mittlerer Schwierigkeit und durchschnittlichem Zeitaufwand eine Gebühr innerhalb der Spanne vom Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes angemessen ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 436, zu § 5 GOÄ).
In besonderen Fällen mag danach das Verbot eines Angebots, den Mindestsatz für zahnärztliche Leistungen mit mittlerer Schwierigkeit und durchschnittlichem Zeitaufwand zu unterschreiten, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren sein (KG Berlin GRUR-RR 2008, 24).
Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor:
Auf den gesundheitlichen Nutzen einer professionellen Zahnreinigung für den Einzelnen und gegebenenfalls langfristig für die Gemeinschaft der Krankenversicherten könnte die Beklagte sich insoweit nicht berufen. Die Absicht, eine positive Wirkung auf die Gesundheit des Patienten zu erzielen, ist einer zahnärztlichen Behandlung in aller Regel immanent. Es ist überdies zwar zu erwarten, dass von dem Angebot einer professionellen Zahnreinigung zu einem besonders günstigen Preis ein Anlockeffekt ausgeht und sich auch Personen dieser Behandlung unterziehen, die nicht bereit gewesen wären, einen höheren Preis zu zahlen.
Die Beklagte leistet aber keinerlei Beitrag zur Aufklärung in Gesundheitsfragen oder zur Förderung eines gesundheitsbewussten Verhaltens. Sie wirbt für die professionelle Zahnreinigung nicht im Interesse der Gesundheitsvorsorge oder Gesundheitsfürsorge, sondern - zumindest vornehmlich - unter kosmetischen Aspekten.
Auch die Kürze der Werbekampagne verhindert einen ruinösen Preiswettbewerb nicht.
Zwar ist der „Deal“ – wie sich aus der Anlage K 3 ergibt – zeitlich auf ein paar Tage beschränkt. Indes haben die sogenannten Kooperationsvereinbarungen (Anlage K 1), die die Fa. Groupon z. B. mit Zahnärzten, den „Partnern“, schließt, regelmäßig eine Laufzeit von 24 Monaten (Nr. 5.1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Die Beklagte hat nicht bestritten, dass diese Geschäftsbedingungen auch ihrem Vertrag mit der Fa. Groupon zugrunde gelegen haben.
Während der Vertragslaufzeit „unterstützt“ die Beklagte den Partner, z. B. Zahnärzte, beim „Marketing im Internet“ dergestalt, dass sie online Gutscheine über die beworbenen Leistungen verkauft. Diese Gutscheine kann der Erwerber bei dem Vertragspartner der Beklagten vorlegen und dort die verbriefte Leistung, hier die professionelle Zahnreinigung, in Anspruch nehmen. An die für die jeweils beworbenen Leistungen mit der Beklagten festgelegten Konditionen, hier also eine professionelle Zahnreinigung für einen Preis von 29,90 €, ist der Zahnarzt mindestens einen Monat gebunden. Nr. 3.4 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten legt fest: „Der Partner hat jeden Monat das Recht, die Leistungen bei gleichzeitiger Unterrichtung von G. zu ändern.“
Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte ist schließlich zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Zahnarzt schon aus Eigeninteresse Leistungen nur zu Preisen anbietet, die für ihn gewinnbringend sind (vgl. BVerfG GRUR 2011, 530).
Hier liegen aber gegenteilige Anhaltspunkte vor: Zum einen unterschreitet schon der angebotene Preis den nach den Mindestsätzen des Gebührenverzeichnisses für Zahnärzte zu berechnenden Betrag um fast die Hälfte, obwohl - wie bereits ausgeführt - der Ermessensspielraum, der dem Zahnarzt durch § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ eingeräumt wird, auf der Erwägung beruht, dass für eine Behandlung mit mittlerer Schwierigkeit und durchschnittlichem Zeitaufwand eine Gebühr innerhalb der Spanne vom Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes angemessen ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 436, zu § 5 GOÄ). Von dem angebotenen Preis ist überdies ein Entgelt für die Leistungen der Fa. Groupon abzuziehen, der ausweislich des in Anlage K 1 vorgelegten Standardvertrags von Groupon 50 % beträgt. Der Beklagten verbleibt daher lediglich ein Betrag in Höhe von EUR 14,95.
Auch aus der eigenen Preisgestaltung der Beklagten selbst ergibt sich schließlich, dass sie zu dem Angebotspreis nicht kostendeckend arbeiten kann: Sie verlangt nämlich bereits als Eigenanteil für gesetzlich versicherte Patienten einen Eigenanteil von EUR 49,00. Legt man eine Marge von 50 % an, so ist offensichtlich, dass ein Preis von EUR 29,90, erst recht ein effektiver Preis von EUR 14,95 nicht annähernd kostendeckend sein kann.
dd)
Die Ausführungen der Beklagten zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Werbeverboten geben zu vertieften Ausführungen keinen Anlass, betrifft das Verbot doch das Verbot nicht die Werbung des Zahnarztes an sich, sondern vielmehr die Werbung mit einem Preis, der nach der GOZ unzulässig ist.
ee)
Aus der Preisangabenverordnung ergibt sich kein anderes Ergebnis. Diese kann die Beklagte zwar verpflichten, den Grundsätzen der Preisklarheit und Preiswahrheit zu genügen. Auch ein klarer und wahrer Preis kann sich jedoch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten als rechtswidrig erweisen. Dann mag der Preis klar und wahr sein, jedoch gleichwohl rechtswidrig.
3.
Der Klageantrag zu 2.) ist hingegen unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
a) Soweit der Kläger der Beklagten untersagen will, berufliche Leistungen anzubieten, bevor diese bei medizinisch notwendigen Leistungen die Schwierigkeit und den Zeitaufwand der einzelnen Leistungen einschätzen, findet ein derartiger Unterlassungsanspruch in § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung § 5 Abs. 2 GOZ. keine Grundlage.
Nach § 5 Abs. 2 GOZ hat der Zahnarzt innerhalb des ihm nach § 5 Abs. 1 GOZ vorgegebenen Rahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Wird – wie hier geschehen – von vorneherein mit festgelegten Pauschalpreisen für zahnärztliche Leistungen geworben, übt der Zahnarzt sein Ermessen zwar im konkreten Einzelfall nicht mehr aus, da er sich vorab gebunden hat. Nach Auffassung der Kammer deckt indes der dem Zahnarzt eingeräumte Ermessensspielraum auch die Entscheidung, für alltäglich und zahlreich anfallende, weitgehend gleichförmige Leistungen die nur vergleichsweise geringe Gebühren auslösen (z. B. Zahnreinigung) eine nach seiner Erfahrung angemessene Pauschale zu bilden, wenn die durch § 5 Abs. 2 Satz GOZ angestrebte Einzelfallgerechtigkeit und der Aufwand, den eine Ermessensentscheidung in jedem Einzelfall mit sich bringt, nicht mehr in einen adäquaten Verhältnis zueinander stehe (vgl. KG Berlin BeckRS 2014, 04881).
b) Soweit der Kläger dem Beklagten untersagen will, zahnärztliche Leistungen anzubieten, bevor bei über das Maß der zahnmedizinisch notwendigen Versorgung hinausgehenden Leistungen die Vergütung auf Verlangen des Patienten in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart wurde, findet ein derartiger Unterlassungsanspruch in § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung § 2 Abs. 2 GOZ keine Grundlage.
Zum einen ist bereist nicht vorgetragen, dass „auf Verlangen“ des Patienten (so die Formulierung des Antrages, die in der GOZ keine Entsprechung findet, da ein Verlangen des Patienten nach § 2 Abs. 2 GOZ nicht erforderlich ist) nicht ein solcher Heil- und Kostenplan von der Beklagten erstellt wird. Vor allem jedoch bezieht sich dies – wie oben ausgeführt – ersichtlich nur auf den Fall, in dem höhere als die gesetzlichen Gebühren vereinbart werden sollen.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.