Keine Vergütung für unbrauchbaren Zahnersatz

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Dresden  | Aktenzeichen: 4 W 116/18 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Gebühren

Beschlusstext


Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 26.01.2018 - Az 6 O 970/17 - wird der Beschluss abgeändert. Der Beklagten wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin …, gewährt.

Der Beschluss ergeht kostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


Gründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 567 ff., 127 ZPO zulässig und begründet. Die Beklagte ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und die von ihr beabsichtigte Rechtsverteidigung gegen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Ob die Klägerin die Zahlung des mit Rechnung vom 07.10.2016 geltend gemachten Honorars für ihre bis dahin erbrachten zahnärztlichen Leistungen gem. §§ 611, 628 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann, ist sowohl dem Grund als auch der Höhe nach noch nicht hinreichend geklärt.

In der Regel besteht hinreichende Erfolgsaussicht, wenn über eine Behauptung der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei Beweis zu erheben ist (vgl. Geimer in Zöller, 31. Aufl., § 114 Rn. 26). Das Verhalten der Beklagten während des Behandlungstermins am 07.10.2016 kann nicht ohne nähere Aufklärung als konkludent erklärte Kündigung des mit der Klägerin bestehenden Dienstverhältnisses i. S. d. § 611 BGB ausgelegt werden. Zwar hat sie in dem Termin zur Einsetzung und Fertigstellung am 07.10.2016 die endgültige Eingliederung des festen Zahnersatzes unstreitig verweigert und die Praxis wieder verlassen. Zuvor hatte sie jedoch mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.06.2016 betont, an der Fortsetzung der Behandlung durch die Klägerin weiter interessiert zu sein, und auf Beseitigung der von ihr gerügten Passungenauigkeiten bestanden. Ob und inwieweit die Klägerin von einem endgültigen Behandlungsabbruch durch die Beklagte am 07.10.2016 ausgehen konnte und durfte, wäre daher noch durch eine Beweisaufnahme zu klären.

Eine aus Sicht der Klägerin gebotene Beweisantizipation kommt dagegen nicht in Betracht. Zwar ist diese möglich, wenn die Gesamtwürdigung aller schon feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Hilfsbedürftigen als ausgeschlossen erscheinen lässt (Geimer aaO.). Hierfür spricht, dass die Beklagte auch im Anschluss an den Behandlungstermin am 07.10.2016 die Behandlung nicht wieder fortgesetzt, sondern vielmehr ihre Bereitschaft zur Terminabsprache mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.11.2016 davon abhängig gemacht hat, dass eine Bezahlung der Rechnung erst nach dem letzten erfolgten Kontrolltermin angewiesen werden soll. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht stellt eine Rechnungstellung im Anschluss an die Eingliederung des Zahnersatzes und vor Durchführung von Kontrollterminen auch keinen Verstoß der Klägerin gegen Pflichten aus dem Behandlungsvertrag dar. Die Klägerin war vielmehr zur Abrechnung ihrer erbrachten Dienstleistungen gem. § 611 Abs.1 BGB, § 10 GOZ berechtigt, auch wenn und soweit noch Kontrolltermine und gegebenenfalls Nachbesserungen bzw. Anpassungsleistungen hätten stattfinden müssen. Auch der Umstand, dass das Probetragen für den bislang angefertigten Zahnersatz über einen längeren Zeitraum erfolgte und sich die Behandlung hinzog, führt nicht dazu, von einer Rechnungsstellung abzusehen, zumal die Parteien bereits Termine für die Kontrollen vereinbart hatten und die Klägerin in der Vergangenheit erforderliche Nacharbeiten stets vorgenommen hatte. Hinzu kommt, dass die Klägerin für zahntechnische Leistungen und Material in Vorleistung gegangen ist. Für das von der Beklagten behauptete absprachewidrige Verhalten der Klägerin lassen sich auch in der Korrespondenz der bereits vor dem 07.10.2016 anwaltlich vertretenen Parteien keine Anhaltspunkte finden. Insbesondere die Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Parteien vom 08.09.2016 und vom 13.09.2016 betreffen nur die Vereinbarung von Terminen, verhalten sich aber nicht zur Frage einer späteren Rechnungsstellung.

Hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung der Beklagten bestünde im Übrigen auch dann, wenn von einer konkludent erklärten Kündigung der Beklagten am 07.10.2016 auszugehen wäre. Sie hat behauptet, dass die von der Klägerin angefertigte Prothese mangelhaft und daher unbrauchbar gewesen sei. Sollte sich dieser Vortrag bestätigen, steht der Klägerin kein Teilvergütungsanspruch zu, wenn und soweit eine Neuanfertigung notwendig und der angefertigte Zahnersatz daher vollständig unbrauchbar ist (vgl. Staudinger/Preis (2016) BGB, § 628, Rn. 27).

Schließlich hat die Beklagte auch die Höhe der geltend gemachten Honorarforderung bestritten, so dass dem von der Klägerin angebotenen Sachverständigenbeweis nachzugehen wäre. Hier bestehen auch insoweit Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Klagevorbringens, da die Rechnung in Teilen offensichtlich lediglich auf einer pauschalen Schät- zung der bis zum Behandlungsende erbrachten Leistung beruht, deren Grundlagen nicht näher dargelegt werden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


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