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Jahreszeitraum der Gebührennummern 1010 und 1020 GOZ

 | Gericht:  Verwaltungsgericht (VG) Bayreuth  | Aktenzeichen: B 5 K 17.378 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Gebühren

Urteilstext


Tenor

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand


1.
Der Kläger hat einen Beihilfeanspruch gegen die Beklagte und beantragte am 20. Februar 2017 die Gewährung einer Beihilfe unter anderem für die am 7. Februar 2017 erfolgte zahnärztliche Behandlung seiner Tochter. In der Rechnung vom 16. Februar 2017 (Gesamtbetrag: EUR 60,87) führt der Zahnarzt u. a. die Nr. 1010 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) - Kontrolle des Übungserfolgs einschließlich weiterer Unterweisung - mit dem Faktor 2,30 in Höhe von EUR 12,94 sowie die Nr. 1020 der GOZ - Lokale Fluoridierung zur Verbesserung der Zahnhartsubstanz, zur Kariesvorbeugung und -behandlung, mit Lack oder Gel, je Sitzung - mit dem Faktor 2,30 in Höhe von EUR 6,47 auf.

Mit Bescheid vom 2. März 2017 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Beihilfe i. H. v. EUR 63,80 und erkannte im Hinblick auf die Geltendmachung einer Beihilfe für die o. g. Rechnung nur einen Teilbetrag von EUR 41,46 als beihilfefähig an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Gebühren-Nr. GOZ 1010 nur dreimal innerhalb eines Jahres und die Gebühren-Nr. GOZ 1020 viermal innerhalb eines Jahres berücksichtigt werden könnten.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch (Schreiben vom 17.3.2017) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2017 zurück und führte in den Gründen aus, die Nr. 1010 der GOZ könne dreimal im Jahr berechnet werden; man habe sie bereits für die Behandlungen am 10. Mai 2016, am 18. Mai 2016 und am 9. August 2016 als beihilfefähig anerkannt (Bescheide vom 1.7.2016 und 26.9.2016), so dass eine erneute Berechnung frühestens am 10. Mai 2017 erfolgen könne. Die Nr. 1020 GOZ könne innerhalb eines Jahres höchstens viermal berechnet werden und sei bereits für die zahnärztlichen Behandlungen am 29. März 2016, 18. Mai 2016, 9. August 2016 und 15. November 2016 als beihilfefähig anerkannt worden (Bescheide vom 1.7.2016, 26.9.2016 und 12.12.2016), so dass eine erneute Berechnung frühestens ab 29. März 2017 erfolgen könne.

2.
Mit Schriftsatz vom 10.05.2017, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth am 15.05.2017 erhob der Kläger Klage mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, den Differenzbetrag in Höhe von EUR 19,41 Euro, wie im Erstattungsbescheid vom 2. März 2017 zu Unrecht abgezogen zzgl. entstandener Nebenkosten in Höhe von EUR 15,00 zu gewähren.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass ein Abrechnungsjahr jeweils am 1. Januar beginne und am 31. Dezember ende. Die Beklagte versuche bezüglich der beiden Nummern der GOZ mit Grenzüberschreitungen von einem Abrechnungsjahr in ein neues Abrechnungsjahr neue Abrechnungszeiträume zu finden, um nicht zahlen zu müssen. Wenn seine Tochter nur im August 2015 beim Zahnarzt gewesen wäre, erstreckte sich demnach der folgende Abrechnungszeitraum bis August 2016 und der aktuelle Zeitraum bis August 2017. So müsste die Beklagte die beiden Nummern der GOZ bezahlen. Nach der Theorie der Beklagten ändere sich dann ständig der Abrechnungszeitraum. Es sei noch nicht ein-mal klar, ab wann überhaupt der erste Abrechnungszeitraum begonnen habe. Bei seiner Tochter werde die Nr. 1010 der GOZ von Mai bis Mai und die Nr. 1020 der GOZ von März bis März berechnet. Weil beide Nummern im Februar 2017 nicht bezahlt worden seien, ändere sich der neue Berechnungszeitraum ab dem nächsten Zahnarztbesuch. Bei seinem Sohn liege anscheinend ein anderer Abrechnungszeitraum zugrunde, weil die Beklagte, obwohl beide Kinder meistens zum gleichen Zeitpunkt zum Zahnarzt gingen, die Nummern 1010 und 1020 der GOZ in einem anderen Beihilfebescheid erstattet habe. Er, der Kläger, befinde sich demnach wiederum in einem ganz anderen Abrechnungszeitraum. Eine Familie könne nie gemeinsam den Zahnarzt besuchen, weil jeder in einem anderen Abrechnungszeitraum wäre. Weil der sich dann auch noch immer ändere, wisse niemand mehr, in welchem Abrechnungszeitraum er sich gerade befinde.

Mit Schriftsatz vom 21.06.2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Klage ausdrücklich gegen den Wider-spruchsbescheid vom 13. April 2017 richte, der nur die Beihilfe zum Gegenstand habe. Gleichzeitig begehre der Kläger die Zahlung von EUR 19,41, d. h. Beihilfe- und Versicherungsleistungen. Der Widerspruchsbescheid vom 13. April 2017 habe nur die Gewährung von Beihilfeleistungen zum Gegenstand. Eine Klage auf Versicherungsleistungen - diesbezüglich sei der Widerspruchsbescheid vom 14. März 2017 ergangen - hätte sich gegen die ...kasse zu richten; zuständig sei das Verwaltungsgericht Stuttgart. Daher sei der Kla¬geantrag sachdienlich dahingehend auszulegen, dass die Klage nur auf weitere Beihilfe in Höhe von EUR 15,53 (80 v. H. aus EUR 19,41) gerichtet sei.

Der Kläger sei beihilfeberechtigt. Der Bemessungssatz für seine Tochter betrage 80 v. H. Nach § 6 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) seien nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig. Gem. § 6 Abs. 3 Alt. 2 BBhV seien Aufwendungen für zahnärztliche Leistung grundsätzlich wirtschaftlich angemessen, wenn sie dem Gebührenrahmen der GOZ entsprechen. § 14 der BBhV regle die Beihilfe für zahnärztliche Leistungen. Vorliegend seien die Nummern 1010 und 1020 der GOZ für den Behandlungstag 7. Februar 2017 abgerechnet worden. Die Abrechnungsnummer 1010 der GOZ sei innerhalb eines Jahres dreimal berechnungsfähig. Weil man diese Abrechnungsnummer bereits für die Behandlungstage 10. Mai 2016, 18. Mai 2016 und 9. August 2016 als beihilfefähig anerkannt habe, scheide eine Beihilfegewährung für die Behandlung vom 7. Februar 2017 aus. Die Abrechnungsnummer 1020 der GOZ sei innerhalb eines Jahres viermal berechnungsfähig. Für die zahnärztlichen Behandlungen am 29. März 2016, 18. Mai 2016, 9. August 2016 und 15. November 2016 habe man diese Abrechnungsnummer als beihilfefähig anerkannt, so dass diesbezüglich eine Beihilfegewährung für die Behandlung vom 7. Februar 2017 ebenfalls ausscheide. Der Auffassung des Klägers, dass als Abrechnungsperiode das Kalenderjahr zu gelten habe, stehe entgegen, dass die Jahresfrist nach den allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu berechnen sei. Entscheidend für den Fristbeginn sei danach die Kontrolle des Übungserfolgs. Gem. § 187 Abs. 1 BGB beginne die Frist danach mit dem Tag, der auf den Tag folge, in dem die Kontrolle des Übungserfolges stattgefunden habe. Die Jahresfrist ende gem. § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tag entspreche, an dem die Kontrolle des Übungserfolgs stattgefunden habe. Entsprechendes gelte für den Ansatz der Nummer 1020 der GOZ. Entscheidend für die Fristberechnung sei folglich, wann der Arzt die einzelne Leistung jeweils erbracht habe, ohne dass es auf die Anzahl im Kalenderjahr ankomme. Eine weitere Beihilfegewährung scheide daher aus. Der Streitwert sei auf EUR 15,53 (= 80 v. H. aus EUR 19,41) festzusetzen, weil der Kläger höchstens mit diesem Betrag obsiegen könne. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.

3.
Mit Schriftsätzen vom 21. Juni 2017 und vom 13. Oktober 2017 erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

4.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1.
Über die Klage konnte gem. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.

2.
Das Gericht legt den Antrag des anwaltschaftlich nicht vertretenen Klägers in dessen Interesse dahingehend aus, dass der Kläger die Gewährung von Beihilfeleistungen im Hinblick auf einen Teilbetrag von EUR 19,41 und insoweit auch die (Teil-)Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2017 begehrt.

3.
Die so verstandene Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die Kosten der gegenüber seiner Tochter am 7. Februar 2017 erbrachten zahnärztlichen Leistungen im Hinblick auf die dort in Ansatz gebrachten Nummern 1010 und 1020 der GOZ (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:

Zunächst ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sowohl die Nr. 1010 der GOZ als auch die Nr. 1020 der GOZ - beide Abrechnungsnummern sind im Abschnitt B „Prophylaktische Leistungen" enthalten - „innerhalb eines Jahres" nur dreimal (Nr. 1010 der GOZ) bzw. viermal (Nr. 1020 der GOZ) berechnungsfähig sind. Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beklagte in Bezug auf die beihilfeberechtigte Tochter des Klägers die Abrechnungsnummer 1010 GOZ für die Behandlungstage 10. Mai 2016, 18. Mai 2016 und 9. August 2016 als beihilfefähig anerkannt hatte (Bescheide vom 1.7.2016 und 26.9.2016). Gleiches gilt für die Abrechnungsnummer 1020 GOZ, die die Beklagte - ebenfalls unstreitig - für die zahnärztlichen Behandlungen am 29. März 2016, 18. Mai 2016, 9. August 2016 und 15. November 2016 als beihilfefähig anerkannt hatte (Bescheide vom 1.7.2016, 26.9.2016 und 12.12.2016).

Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass für den Fristbeginn und damit für die Berechnung dieses Jahreszeitraums maßgebend auf den Zeitpunkt der Kontrolle des Übungserfolgs (Nr. 1010 der GOZ) bzw. auf die erstmalige Leistung, d.h. die Applikation von fluoridhaltigen Medikamenten in Form von Lacken oder Gelen auf die Zahnoberfläche (Nr. 1020 der GOZ) abzustellen ist, so dass in Bezug auf die Abrechnung der Nr. 1010 der GOZ eine erneute beihilfefähige Behandlung frühestens am 10. Mai 2017 und hinsichtlich der Nr. 1020 der GOZ frühestens am 29. März 2017 hätte erfolgen können. Soweit der Kläger meint, für die Veranschlagung der streitgegenständlichen Abrechnungsnummern der GOZ sei auf den Beginn des Kalenderjahrs abzustellen, vermag er damit nicht durchzudringen.

Denn für die Sichtweise der Beklagten spricht bereits der Wortlaut der Regelung. Der Normgeber der GOZ verwendet in den Abrechnungsnummern 1010 und 1020 ausdrücklich den Begriff „Jahr" nicht dagegen den Begriff „Kalenderjahr". Dass der Normgeber insoweit sprachlich differenziert, ergibt sich beispielsweise aus dem parallelen Regelwerk, d. h. der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), in der beide Begriffe nebeneinander Verwendung finden. So wird beispielsweise in der Anlage zur GOÄ in Abschnitt B Kapitel I Nr. 15 und Kapitel III Nr. 26 ausdrücklich auf das „Kalenderjahr" abgestellt. Demgegenüber wird in der Anlage zur GOÄ in Abschnitt B Kapitel III Nrn. 21 und 30 ausdrücklich auf das „Jahr" abgestellt, und als Fristbeginn z.B. der „Beginn des Beratungsfalls" definiert.

Für ein solches Verständnis sprechen im Übrigen auch Sinn und Zweck der Regelungen, die im Abschnitt B „Prophylaktische Leistungen" der Anlage zur GOZ geregelt und insoweit - als „individualprophylaktische Maßnahmen" (so: Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, Stand Dezember 2017, GOZ-Nr. 1010, Anm. 2) - auch in einem engen Regelungszusammenhang zu sehen sind.

So ist die Leistung in Nr. 1010 der GOZ eine Ergänzungsleistung zu Nr. 1000 der GOZ (Erstellung eines Mundhygienestatus und eingehende Unterweisung zur Vorbeugung gegen Karies und parodontale Erkrankungen) und folgt dieser nach. Die Leistung nach der Nr. 1010 der GOZ (Kontrolle des Übungserfolgs) schließt sich inhaltlich an die Leistung nach der Nr. 1000 der GOZ an und wird den individuellen Erfordernissen angepasst (so: Bundeszahnärztekammer, GOZ-Kommentar, Stand: Dezember 2017, S. 52; Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, GOZ-Nr. 1010, Anm. 1.1). Insoweit ent¬spricht es dem (medizinischen) Sinn und Zweck für die Bestimmung des Jahreszeitraums nicht auf den Beginn eines Kalenderjahres - der vom Kläger erwähnte Begriff des „Abrechnungsjahres" ist der GOZ ohnehin fremd - sondern auf den Beginn der erstmaligen Erbringung der ärztlichen Leistung - also auf die Kontrolle des Übungserfolgs - abzustellen (so auch: Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, GOZ-Nr. 1010, Anm. 2.3).

Gleiches gilt für die Leistung in Nr. 1020 der GOZ, so dass es auch insoweit für die Berechnung der Jahresfrist auf die erstmalige Leistung - die Applikation von fluoridhaltigen Medikamenten in Form von Lacken oder Gelen auf die Zahnoberfläche - ankommt (so: Bundeszahnärztekammer, GOZ-Kommentar, S. 54; Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommen¬tar zur GOZ, GOZ-Nr. 1020, Anm. 2.3).

Die Auffassung des Klägers, die von der Beklagten vertretene Sichtweise hätte bereits bei der Behandlung einer einzigen Person bezüglich einzelner zahnärztlicher Leistungen verschiedene Abrechnungszeiträume zur Folge und führe bei Familien mit mehreren Beihilfeberechtigten zu Problemen, führt zu keiner anderen Einschätzung. Sie mag zwar - insbesondere auch wie im Falle des Klägers bei mehreren beihilfeberechtigten Familienangehörigen - zu Erschwernissen führen, denen aber der Beihilfeberechtigte durch eigene, zumutbare organisatorische Maßnahmen entgegenwirken kann.

Gemessen daran unterliegt weder die Sichtweise der Beklagten, für den Beginn der Jahresfrist sei auf die erstmalige Kontrolle des Übungserfolgs (Nr. 1010 der GOZ) bzw. auf die erstmalige lokale Fluoridierung (Nr. 1020 der GOZ) abzustellen, noch die eigentliche, auf § 187 Abs. 1 i. V. m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gestützte und vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogene Fristberechnung durchgreifenden Zweifeln.

4.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.

Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 15,53 (80 v. H. von EUR 19,41) festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).


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