Irreführende Nutzung eines Titels

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Sachsen-Anhalt  | Aktenzeichen: 5 U 91/10 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Berufliche Kommunikation

Urteilstext

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 15. Juli 2010 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

 

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Kläger verfolgt gegen den Beklagten einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch. Beide Parteien sind Rechtsanwälte, wobei der Kläger im Ergebnis eines Promotionsverfahrens den Doktortitel erworben hat. Der Beklagte trat im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Mandaten und in der äußeren Darstellung seiner Kanzlei - zumindest bis ihm dies eine einstweilige Verfügung untersagte - ebenfalls als „Dr.“ auf. Die Parteien streiten darum, ob dies zu Recht geschah.

 

Im Juli 1986 schloss der Beklagte ein rechtswissenschaftliches Studium an der H.-Universität zu B. als Diplomjurist ab. Über den Internationalen Akademischen Austauschdienst (IAAD), der seine Dienstleistung in Fachzeitschriften bewirbt, erhielt der Beklagte Kontakt zur C. -Universität in B. . Hierüber verhält sich ein Schreiben des IAAD vom 20. Februar 2006 (Bd. I Bl. 73/74 d.A.). Dort ist ausgeführt, dass auf Grund des EU-Beitritts der Slowakischen Republik dort erworbene Titel und Grade, insbesondere der „Dr.“, ohne Herkunftsbezeichnung geführt werden könnten. Zwischen dem Beklagten und der Universität wurde daraufhin ein Vertrag geschlossen, der zu der Verleihung des Doktorgrades führen sollte.

 

Der Beklagte verfasste eine schriftliche Arbeit zum Thema „Die rechtliche Stellung des Zwangsverwalters nach der Novellierung der Zwangsverwalterverordnung unter Einbeziehung verfassungsrechtlicher Wertungen zur Zwangsverwaltung nach § 150a ZVG“. Im März 2007 war diese fertig gestellt. Der Beklagte verteidigte im Juni 2007 die Arbeit vor einem Prüfungsausschuss. Am 19. Juli 2007 verlieh die C. -Universität dem Beklagten den akademischen Grad eines „doktor práv“, abgekürzt „JUDr.“ (Bd. I Bl. 75 d.A.).

 

Das slowakische Hochschulsystem ist entsprechend der Bologna-Klassifikation dreistufig aufgebaut. Der erste akademische Grad ist der „Bakalár“. Absolventen eines Masterstudiengangs, die das Examen rigorosa bestanden und eine schriftliche Abschlussarbeit verteidigt haben, dürfen den Doktorgrad in der jeweiligen Studienrichtung führen (z.B. „JUDr.“). Die durch ein Promotionsstudium von 3 Jahren erreichte dritte Stufe endet bei erfolgreichem Abschluss mit der Verleihung des Grades „PhDr.“. Voraussetzung ist die Verteidigung einer eigenständigen Forschungsarbeit (Dissertation).

 

Erstmals mit Beschluss vom 5. Juli 2007 stellte die Kultusministerkonferenz im Zusammenhang mit der Führung akademischer Grade auf die Bologna-Klassifikation ab. In dem Beschluss heißt es unter Ziff. 2.:

 

„Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den in Ziffer 1. bezeichneten Staaten (wozu auch die Slowakei gehörte) oder Institutionen erworben wurden, können anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzungen gemäß Ziffer 1. des Beschlusses vom 14.04.2000 wahlweise die Abkürzung „Dr.“ ohne fachlichen Zusatz und Herkunftsbezeichnung führen. Das gilt nicht für Doktorgrade, die ohne Promotionsstudien und –verfahren vergeben werden (sogenannte Berufsdoktorate) und Doktorgrade, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der Dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zuzuordnen sind“ .

 

Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlins haben hierzu die Auffassung vertreten, dass Erwerber sog. kleiner Doktorgrade der Slowakischen Republik unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auch weiterhin die Kurzform „Dr.“ ohne Zusätze führen dürften (Bd. I Bl. 77/78; 79 d.A.).

 

Dem Beschluss der Kultusminister folgten Änderungen der Rechtsgrundlagen. In Sachsen-Anhalt war dies die Verordnung zur Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade vom 4. September 2009 (GVBl. LSA S. 470), die am 29. September 2009 in Kraft trat und die Verordnung zur Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade vom 21. April 2005 (GVBl. LSA S. 236) ablöste.

 

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte führe die Abkürzung „Dr.“ zu Unrecht, denn er habe keinen auf eine Promotion zurückgehenden Doktorgrad erworben. Damit verstoße der Beklagte mit dem Führen des Grades „Dr.“ gegen die Hochschulgesetze der Länder und das Wettbewerbsrecht. Die Abkürzung „Dr.“ sei keine in der Slowakischen Republik zugelassene Abkürzung und könne daher auch dort nicht allgemein üblich sein.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

es dem Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere zur Bearbeitung anwaltlicher Mandate in Verbindung mit seinem Namen die Abkürzung „Dr.“ in den Bundesländern Baden-Württemberg, Brandenburg, Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Freistatt Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Freistaat Thüringen zu benutzen.

 

Der Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Er hat gemeint, über die streitige Rechtsfrage hätten die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, sodass die mündliche Verhandlung auszusetzen sei. Weiter hat der Beklagte behauptet, er habe in einem geregelten Promotionsverfahren eine Dissertation abgeliefert und erfolgreich das Rigorosum durchlaufen. Deshalb sei er, hat der Beklagte gemeint, berechtigt, die Abkürzung „Dr.“ zu führen, zumal diese in der Slowakischen Republik für den von ihm erworbenen Grad allgemein üblich sei. Dies entspräche der Rechtslage in Deutschland bis zum Beschluss der Kultusminister vom Juli 2007. Die sich daran anschließenden Rechtsänderungen entfalteten keine Rückwirkung. Er genösse insoweit Bestands- bzw. Vertrauensschutz. Außerdem sei die Abkürzung „Dr.“ nicht irreführend.

 

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat dem Beklagten mit Urteil vom 15. Juli 2010 untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere zur Bearbeitung anwaltlicher Mandate, in Verbindung mit seinem Namen die Abkürzung „Dr.“

 

- in den Bundesländern Baden-Württemberg, Brandenburg und Sachsen-Anhalt anders als mit der Bezeichnung „JUDr.“ oder „Dr. prav.“ sowie unter Zusatz der verleihenden Hochschule,

 

- in den Bundesländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen unter Zusatz der verleihenden Hochschule und

 

- in den Bundesländern Bremen, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen wahlweise entweder unter Verwendung des vollständig verliehenen Doktorgrades als „JUDr.“ oder „Dr. prav.“ oder in der Kurzform „Dr.“ aber mit dem Zusatz der verleihenden Hochschule zu führen.

 

Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe gegen den Beklagten einen aus § 8 UWG folgenden Unterlassungsanspruch, in allen Bundesländern - außer Bayern und Berlin - den Titel „Dr.“ ohne weitergehenden Zusatz zu führen. Das gesetzwidrige Führen des „Dr.“-Titels bringe die Gefahr mit sich, dass der Verbraucher auf Grund fehlerhafter Information eine Entscheidung treffe, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein durchschnittlicher Verbraucher verbinde mit dem Doktortitel eine verbriefte und vertiefte Sachkunde des Rechtsanwalts. Ohne die notwendigen Zusätze sei die Bezeichnung des Beklagten als „Dr.“ irreführend. Gerade die Qualifikation sei für Rechtsanwälte ein wichtiges Werbeargument. Der Doktortitel sei daher geeignet, die Entscheidung des Mandanten für den einen oder den anderen Rechtsanwalt entscheidend zu beeinflussen. Gerade das späte Engagement des Beklagten im Hinblick auf den Erwerb des Doktortitels zeige die Marktrelevanz dieser Qualifikation.

 

Es widerspreche dem Gesetz, wenn der Beklagte den Titel „Dr.“ ohne die in der Slowakischen Republik vorgesehenen Zusätze führe. Der slowakische Grad „JUDr.“ berechtige in Deutschland nicht zur Verwendung der Kurzbezeichnung „Dr.“. Dies folge aus der § 19 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA vorgehenden Verordnung zur Regelung der Führung ausländischer Hochschuldgrade im Land Sachsen-Anhalt vom 4. September 2009. Eine abweichende Titelführung sei gemäß § 19 Abs. 6 HSG LSA verboten. Dass der „JUDr.“ der Universität B. nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation entspreche, stehe zwischen den Parteien außer Streit. Die Möglichkeit der Exekutive, dies durch Verordnung zu regeln, folge aus § 19 Abs. 5 HSG LSA. Auf Grund der geringfügigen Eingriffsqualität seien dem Verordnungsgeber auch einschränkende Regelungen möglich.

 

Das Europarecht stehe dem nicht entgegen. Die Inhaber ausländischer Hochschulgrade dürften sich im Rahmen des Erworbenen am Markt betätigen. So sähe auch Art. 6 des deutsch-slowakischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich die Verwendung des slowakischen „JUDr.“ bzw. „Dr. práv.“ ausschließlich in dieser Form vor.

 

Ein Fall unzulässiger Rückwirkung liege ebenso wenig vor. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Verordnung zur Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade vom 21. April 2005 es erlaubt habe, die Abkürzung „Dr.“ ohne Zusatz zu führen. Denn dies habe ein wissenschaftliches Promotionsverfahren, das gemäß § 18 Abs. 3 HSG LSA durch eine selbständige wissenschaftliche Arbeit gekennzeichnet sei, voraus gesetzt. Dem werde der slowakische „JUDr.“ nicht gerecht. Selbst wenn es vor der Verordnung vom 4. September 2009 anders gewesen wäre, läge eine zulässige unechte Rückwirkung vor. Das Vertrauen des Beklagten sei nicht geschützt. Mit der Rechtsänderung werde lediglich die Stufe der erworbenen Qualifikation allgemein kenntlich gemacht. Dies sei gerade in Reaktion auf Missbräuche geschehen. Dem Beklagten habe sich als Interessent für den ausländischen Grad erschließen müssen, dass der Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union über kurz oder lang zu Rechtsänderungen führen würde. Außerdem habe sich der Beklagte gerade wegen der fehlenden Gleichwertigkeit um den slowakischen Abschluss bemüht. Er habe den mit einem deutschen Promotionsverfahren verbundenen Aufwand gescheut. Es stehe dem Beklagten nach wie vor frei, den erworbenen Abschluss zu gebrauchen, d.h. den erlangten akademischen Grad in der dafür vorgesehenen Form zu führen. Es gelte nur zu verhindern, dass der Beklagte durch Verwechselung mit einem ordentlichen Doktortitel hieraus unberechtigte Vorteile ziehe.

 

Die Unzulässigkeit, den Titel „Dr.“ zu gebrauchen, müsse allerdings entsprechend dem unterschiedlichen Landesrecht konkretisiert werden. Die Rechtslage in Sachsen-Anhalt lasse sich nicht auf das gesamte Bundesgebiet übertragen.

 

Gegen diese, ihm am 19. Juli 2010 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der am 16. August 2010 eingegangenen und am 1. September 2010 begründeten Berufung.

 

Der Beklagte meint, es hätten die Verwaltungsgerichte zu entscheiden. Aus diesem Grund sei das Landgericht gehalten gewesen, die Verhandlung auszusetzen. Ein Verstoß gegen das UWG liege nicht vor. Er sei nicht aus wirtschaftlichen Gründen auf den Doktortitel angewiesen. Entscheidend sei sein akademischer Anspruch. Gerade weil er in der Vergangenheit als Rechtsanwalt erfolgreich gewesen sei, lasse sich ein Einfluss des Doktortitels auf die Entscheidung des Mandanten für die Auswahl eines bestimmten Rechtsanwalts ausschließen.

 

Es träfe zu, dass die erworbene Zusatzqualifikation nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation entspreche. Er sei zum Zeitpunkt seines Abschlusses aber dennoch berechtigt gewesen, den Titel „Dr.“ zu führen. Dies habe sich erst mit der Verordnung vom September 2009 geändert, die allerdings keine Rückwirkung entfalten dürfe, weil er Vertrauensschutz genieße. Er habe zu keinem Zeitpunkt mit einer Neuregelung rechnen müssen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei bis zum Beschluss der Kultusminister vom Juli 2007 die Rechtslage keineswegs unklar gewesen. Diskussionen und damit absehbare Änderungen habe es nicht gegeben.

 

Der Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Landgerichts Halle vom 15. Juli 2010 abzuändern und die Klage abzuweisen. 

 

Der Kläger beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen. 

 

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts. Mit der Abkürzung „Dr.“ werde der Verbraucher über eine Eigenschaft des Beklagten getäuscht und wettbewerbsrechtlich in die Irre geführt. Der Beklagte habe nichts anderes erworben als den Abschluss eines Diplomjuristen. Damit sei der Beklagte nicht berechtigt, den Doktorgrad zu führen. Dies werde durch die jetzt geltende Verordnung ausdrücklich klargestellt, ohne dass sich hierdurch eine Änderung der Rechtslage ergeben habe.

 

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache erfolglos. Die angefochtene Entscheidung beruht auf keiner Rechtsverletzung im Sinne von § 513 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, der Kläger könne vom Beklagten verlangen, die Verwendung des akademischen Grades „Dr.“ zu unterlassen, weil dies andernfalls zu einer Irreführung der Verbraucher führt (§§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1; 1; 3 Abs. 1; 2 Abs. 1 Nrn. 1 u. 3; 4 Nr. 11; 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG sowie §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 1 Satz 1; 3; 2 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2; 4 Nr. 11; 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG a.F. jeweils auch i.V.m. § 43b BRAO u. § 6 Abs. 1 BORA). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann der Senat auf das im Wesentlichen zutreffende Urteil vom 15. Juli 2010 Bezug nehmen. Die Berufung zeigt eine andere Entscheidung rechtfertigende Gesichtspunkte nicht auf.

 

1.

Nachdem der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, dass der Beklagte den beschrittenen Rechtsweg für zulässig erachtet, besteht nur noch Anlass, zur aufgeworfenen Aussetzungsfrage Stellung zu nehmen.

 

Die Aussetzung der mündlichen Verhandlung kommt - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht in Betracht. Hierfür fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen des allein in Erwägung zu ziehenden § 148 ZPO. Die für den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch zu klärende Vorfrage, inwieweit der Beklagte berechtigt ist, den Grad „Dr.“ ohne Zusatz zu führen, ist gegenwärtig weder Gegenstand eines anderen Rechtsstreits noch einer verwaltungsbehördlichen Feststellung. Damit fehlt es an einem für die hiesige Entscheidung vorgreiflichen Parallelverfahren (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 148 Rn. 5; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 148 Rn. 5). Die von dem Beklagten angeführten Rechtsstreitigkeiten haben auf das vorliegende Verfahren keinen Einfluss.

 

2.

Es ist in der Rechtsprechung unumstritten, dass das unberechtigte Verwenden akademischer Grade und Titel durch einen Rechtsanwalt gegen das marktverhaltensregelnde Berufsrecht verstößt (§ 43b BRAO u. § 6 Abs. 1 BORA) und auf Grund der damit verbundenen Irreführung und Wiederholungsgefahr zu einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch führt (BVerfG NJW 2004, 2656, 2657; BGH NJW 2005, 1770; OLG München NJW-RR 1989, 1439, 1440 f.; OLG Naumburg GRUR-RR 2007, 210 f.; OLG Hamm GRUR-RR 2007, 294, 295 f.; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2009, 74; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rn. 844; vgl. auch zur Wettbewerbswidrigkeit im Falle anderer Berufungsgruppen BGH GRUR 1965, 610, 611; NJW 1989, 1545; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2008, 179; KG NJW-RR 2003, 64, 65 f.). Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus seiner Rolle als Mitbewerber im Verhältnis zum Beklagten. Zweifellos lassen sich die Verbraucher bei der Wahl ihres Rechtsanwalts auch von einem Doktortitel leiten. Das kann der Senat selbst beurteilen, da seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

 

Der Beklagte hat kein Recht im Geschäftsverkehr als „Dr.“ in Erscheinung zu treten. Das ist nicht erst seit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade vom 4. September 2009 der Fall. Die Vorschriften über die Führung ausländischer akademischer Grade waren schon immer darauf gerichtet, einer Entwertung deutscher akademischer Grade durch Benutzung gleicher oder ähnlicher Bezeichnungen, deren Erwerb nicht an gleichwertige wissenschaftliche Qualifikationen geknüpft ist, entgegen zu wirken und die Erwerbsvoraussetzungen für die Allgemeinheit transparent zu halten (OVG Hamburg NVwZ 1989, 888 f.). Unzulässig war das Führen ausländischer Grade mit deutscher Bezeichnung zumindest immer dann, wenn eine Gleichwertigkeit nicht annähernd bestand (BVerwG NVwZ 1988, 366). Dem folgte auch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 des deutsch-slowakischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich, das am 12. Dezember 2003 in Kraft trat (BGBl. II 2004 S. 488). Die Inhaber von Graden und Titeln der slowakischen Republik durften diese in der Bundesrepublik nur in der Form führen, wie sie in der Slowakei verliehen wurden. Dazu gehörte auch der Doktor der Rechte und zwar mit dem Namen der verleihenden Hochschule als Herkunftszusatz. Aus Art. 4 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens ergab sich zudem die fehlende Gleichartigkeit des „JUDr.“ oder „Dr. práv.“ im Vergleich zum deutschen „Dr.“. Wird der „Dr.“ im Wege der Promotion erworben, befähigt der „JUDr.“ erst zur Promotion.

 

Hieran hat sich auch mit der Hochschulgesetzgebung der Bundesländer und dem Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union mit Wirkung vom 1. Mai 2004 (BGBl. II 2003 S. 1408; 2004 S. 1102) nichts geändert. Dem Beklagten wird nicht abgesprochen „JUDr.“ bzw. „Dr. práv.“ zu sein. Er darf nur die Abkürzung für den ordentlichen Doktorgrad „Dr.“ nicht gebrauchen. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 HSG LSA konnte der Beklagte schon immer nur den Grad in verliehener Form unter Angabe der Hochschule ggf. transliteriert und mit zugelassener oder allgemein üblicher Abkürzung, nämlich „JUDr.“ (vgl. Diplomurkunde Bd. I Bl. 75 d.A.), führen. Die Umwandlung in einen deutschen Grad war und ist ausgeschlossen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 HSG LSA). Die hiervon abweichende (vgl. § 19 Abs. 5 Satz 1 HSG LSA) Verordnung zur Regelung und Führung ausländischer Hochschuldgrade vom 21. April 2005 ermöglichte nur das Weglassen der Herkunftsbezeichnung (§ 1 Abs. 1). § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung, der die Verwendung der Abkürzung „Dr.“ gestattete, traf auf den Beklagten von vornherein nicht zu, da dieser seinen Doktorgrad gerade nicht in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erwarb (§ 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung). Nichts anderes bestimmt § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zur Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade vom 4. September 2009. Es wird nur klargestellt, dass neben den ursprünglich erwähnten „Berufsdoktoraten“ auch solche Doktorgrade nicht zur Verwendung der Abkürzung „Dr.“ berechtigen, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind. Auch dies trifft auf den Abschluss des Beklagten zu.

 

Es gibt danach nichts, worauf der Beklagte hätte vertrauen können. Er durfte sich noch nie „Dr.“ nennen. Den Auffassungen der Kultusverwaltungen Bayerns und Berlins, die in vergleichbaren Fällen dennoch Vertrauensschutz erwägen, kann vor diesem Hintergrund nicht gefolgt werden. Die im eigenen Interesse gemachten Aussagen des IAAD sind als Vertrauensgrundlage ungeeignet. Hieraus ergibt sich im Gegenteil das Wissen des Beklagten, dass sein Abschluss nicht einem deutschen Doktorgrad entsprach. Es kam den Beteiligten nicht auf die Inhalte der erworbenen Qualifikation, sondern auf die irreführende Erscheinung nach außen an. Hierauf kann und darf niemand vertrauen.

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 1, 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.

 

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

 

Der Streitwert ist nach §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 40, 48 Abs. 1 GKG; § 3 ZPO festgesetzt.


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