Haftung bei zahnprothetischer Behandlung

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Naumburg  | Aktenzeichen: 1 U 10/07 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Schadenersatzrecht

Urteilstext

Tenor

Auf die Berufung der Kläger und des Beklagten wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen das am 22. Dezember 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg, 9 O 1684/05, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.184,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent auf 4.899,03 EUR seit dem 16. April 2004 zu zahlen.

Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Kläger als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die darauf zurückzuführen sind, dass die Kronen der Zähne 13 und 27 den Zahn jeweils nur unzureichend bedecken, wobei ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten zu berücksichtigen ist. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer beider Parteien übersteigt 20.000,00 EUR jeweils nicht.

Gründe

I.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufungen der Kläger und des Beklagten sind jeweils zulässig; insbesondere wurden sie jeweils form- und fristgemäß eingelegt und begründet. In der Sache hat vor allem die Berufung der Kläger Erfolg, und zwar hinsichtlich der Klage im vollen Umfange, hinsichtlich der Widerklage mit Ausnahme des erkannten Vorbehalts künftiger eingeschränkter Ersatzpflicht.

Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass der von den Klägern geltend gemachte Honoraranspruch in voller Höhe entstanden ist. Zutreffend ist die Kammer auch davon ausgegangen, dass etwaige Ansprüche des Beklagten gegen die Kläger allenfalls im Wege der Aufrechnung Berücksichtigung finden können. Der Senat vermag jedoch entgegen der Auffassung der Kammer einen Anspruch des Beklagten gegen die Kläger auf Schadenersatz aus vertraglicher oder deliktischer Grundlage, mit dem er wirksam die Aufrechnung erklären könnte, nicht festzustellen. Teilweise fehlt es an einem Anspruchsgrund, teilweise derzeit an einem Vermögensschaden bzw. an einer nicht unerheblichen immateriellen Beeinträchtigung. Aus gleichem Grunde bleibt der Feststellungsantrag der Widerklage des Beklagten weitgehend erfolglos. Die hilfsweise Erweiterung der Widerklage ist unbegründet.

1.

Der Honoraranspruch der Beklagten gegen den Kläger ist begründet. Er ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB.

Der auf eine zahnprothetische Behandlung gerichtete Vertrag zwischen einem Patienten und einem Zahnarzt ist ein Dienstvertrag. Bei der Planung und Einpassung von Prothesen soll – anders als bei einer bloßen technischen Anfertigung einer Prothese durch den Zahntechniker nach einem vorgegebenen Abdruck – bereits die Arbeitsleistung als solche die Vergütungspflicht auslösen, weil der Zahnarzt den Erfolg seiner Behandlung nur zum Teil selbst beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil v. 9. Dezember 1974, VII ZR 182/73 – BGHZ 63, 306 = NJW 1975, 305; ebenso Sprau in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, Einf v § 631 Rn. 32 m.w.N.; Schellenberg VersR 2007, 1343 m.w.N. aus der Literatur in Fn. 2). Diese auch von der Kammer vorgenommene Bewertung haben die Prozessparteien im zweiten Rechtszuge nicht mehr angegriffen. Die Erwägungen des Beklagten im Schriftsatz vom 9. November 2007 tragen ersichtlich hilfsweisen Charakter.

Die Kläger haben die abgerechneten Leistungen sowie zugehörige Nachbehandlungen unstreitig im Zeitraum von Januar bis Juli 2004 erbracht. Die herausnehmbare Teleskopbrücke hat der Kläger zu 1) dem Beklagten am 2. April 2004 eingesetzt.

Das Vorbringen des Beklagten zur angeblichen Mangelhaftigkeit der Prothese und der zahnärztlichen Leistungen steht dem Vergütungsanspruch nicht entgegen. Der Beklagte hat zwar die prothetische Behandlung durch die Kläger vorzeitig und einseitig dadurch beendet, dass er trotz subjektiv empfundener Beschwerden den Klägern ab August 2004 keine Gelegenheit mehr zur Fortsetzung der Behandlung gegeben hat. Hierin ist eine vorzeitige Kündigung zu sehen, die nach § 627 Abs. 1 BGB jederzeit zulässig ist. Die Voraussetzungen des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach durch eine vorzeitige Kündigung eine Vergütungspflicht ausnahmsweise entfällt, sind vom Beklagten schon nicht schlüssig vorgetragen. Denn die Prothese war für den Beklagten nicht völlig wertlos und unbrauchbar, weil er die Prothese unbestritten seit mehr als drei Jahren in unveränderter Form benutzt (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil v. 8. April 2004, I-8 U 96/03 – VersR 2005, 1737, im Anschluss an BGH, Urteil v. 14. Januar 1986, VI ZR 48/85 – NJW 1986, 1538; abweichend hiervon die Fallgestaltungen OLG Koblenz, Urteil v. 7. Januar 1993, 5 U 1289/92 – VersR 1993, 1486; OLG München, Urteil v. 4. März 1993, 1 U 2942/92 – OLGR München 1993, 218 und Hanseat. OLG Hamburg, Urteil v. 25. November 2005, 1 U 6/05 – OLGR Hamburg 2006, 128). Der Beklagte ist zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts bzw. einer Einrede des nicht erfüllten Vertrags jedenfalls nicht berechtigt, denn die abgerechneten Leistungen sind erbracht. Nach der Eingliederung von Zahnersatz erforderlich werdende Nachbesserungen wären nicht kostenlos im Rahmen von Gewährleistungspflichten, sondern ebenfalls nur abrechenbar zu erbringen gewesen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil v. 17. Oktober 2003, 2 U 210/00 – OLGR Frankfurt 2004, 65; ebenso im Übrigen auch der gerichtliche Sachverständige im Ergänzungsgutachten vom 6. Juli 2006, GA Bd. I Bl. 173).

Die Honorarforderung ist in Höhe ihrer Abrechnung, also in Höhe von 4.899,03 EUR (vgl. Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 10) begründet. Der Beklagte rügt mit seiner Berufung zwar zutreffend, dass die Kammer sich mit seinen Einwendungen zur Höhe der Klageforderung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht auseinandergesetzt hat; dies hat sich aber auf die Entscheidungsfindung nicht ausgewirkt. Der Beklagte hat in erster Instanz, dort in der Klageerwiderung (vgl. GA Bd. I Bl. 24), die Berechnung der Höhe der Vergütung pauschal mit Nichtwissen bestritten. Dieses Bestreiten ist prozessual unerheblich, denn angesichts der konkreten Rechnungsstellung waren konkrete Einwendungen zu einzelnen Rechnungspositionen möglich und auch notwendig, um für die Kläger einlassungsfähig und für das Gericht prüffähig zu sein. Solche konkreten Einwendungen hat der Beklagte nicht rechtzeitig in erster Instanz, aber selbst nicht nach dem ausdrücklichen Hinweis des Senats im Termin vom 7. Juni 2007 erhoben.

Der geltend gemachte Verzugsschaden in Höhe von 285,07 EUR ist vom Beklagten nach § 286 BGB zu ersetzen.

2.

Der Beklagte hat gegen die Kläger zumindest derzeit keinen Anspruch auf Schadenersatz in Form von Geldleistungen, mit dem er gegen die Klageforderung aufrechnen könnte. Insbesondere sind derzeit Ansprüche auf Schadenersatz wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten, sog. positiver Vertragsverletzung, nicht begründet. Hinsichtlich eines Behandlungsfehlers der Kläger ist jedoch eine Feststellung zur Vermeidung der Verjährung künftiger materieller oder immaterieller Schäden geboten.

2.1.

Ein vertraglicher Anspruch auf Ersatz künftiger Schäden besteht im Hinblick auf die Passungenauigkeiten der Kronen der Zähne 13 und 27 dem Grunde nach. Da derzeit ein Schaden aber nicht nachweisbar ist, beschränkt sich die Verurteilung auf die Feststellung, dass die Kläger dem Beklagten gegenüber zum Ersatz nicht auszuschließender künftiger materieller und immaterieller Schäden, ggfs. unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Beklagten beim Zustandekommen dieser Schäden, verpflichtet sind.

a)

Die Kammer hat im Ergebnis ihrer Beweisaufnahme zutreffend einen Mangel der erbrachten zahnärztlichen Leistungen der Kläger im Sinne einer Abweichung vom geschuldeten Facharztstandard darin gesehen, dass die Kronen der als Innenteleskope verwendeten Zähne 13 und 27 die Zahnhälse jeweils unzureichend bedecken. Dieses Beweisergebnis ist durch die ergänzende Beweisaufnahme des Senats am 18. Oktober 2007 bestätigt worden. Es kann offen bleiben, welche Genauigkeit die Schätzungen des gerichtlichen Sachverständigen aufweisen. Der Senat folgt der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. med. dent. M. W., Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums C. der Technischen Universität D., auch insoweit, dass die geschätzten Werte von etwa 0,75 mm freiliegenden Zahnhälsen die nach Facharztstandard zulässigen etwa 0,20 mm so erheblich übersteigen, dass es für die Feststellung der Abweichung vom Leistungssoll auf eine höhere Genauigkeit nicht ankommt.

b)

Diese Abweichung haben die Kläger auch zu vertreten. Der gerichtliche Sachverständige hat auf ausdrückliche Nachfrage ausgeschlossen, dass dieser Zustand auf eine mangelnde Mundhygiene zurückgeführt werden könne. Es kämen zwar verschiedene Ursachen in Betracht, ihnen sei aber gemein, dass sie in zahnärztlichen Arbeitsschritten begründet lägen oder aber auf Fehlern bei der zahntechnischen Herstellung der Kronen beruhten, die dem Zahnarzt beim Einsetzen der Kronen jedoch hätten auffallen und diesen zu einer Abhilfe hätten veranlassen müssen.

c)

Derzeit ist ein materieller bzw. ein ausgleichspflichtiger immaterieller Schaden, der auf diesen Behandlungsfehler zurückzuführen ist, nicht feststellbar.

Soweit der Beklagte in der Vergangenheit liegende Aufwendungen für die zahnärztliche Behandlung bei Dr. P. geltend macht, sind diese Aufwendungen nicht durch den vorgenannten Behandlungsfehler veranlasst worden. Im Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat vielmehr festgestellt, dass Anlässe der zahnärztlichen Behandlung bei Dr. P. einerseits ein Schmerzempfinden am Zahn 17 war, welches mit den Passungenauigkeiten der Kronen an 13 und 27 in keinem ursächlichen Zusammenhang stand; andererseits die Fortsetzung der Behandlung durch Planung der Versorgung des Unterkiefers. Dies ergibt sich aus den Angaben der Zeugin Dr. N. P. und ihren damit übereinstimmenden Eintragungen in der Patientenkartei des Beklagten, die im Wege des Urkundsbeweises in die Beweiserhebung einbezogen worden sind. Es erfolgte auch bei Gelegenheit dieser Behandlungen keine Nachbehandlung der o.g. Passungenauigkeiten, wie der Beklagte selbst einräumt.

Im Übrigen macht der Beklagte im Kern einen Vorschuss für Mängelbeseitigungsmaßnahmen i.S.v. § 633 Abs. 3 BGB a.F. geltend. Mängel einer zahnärztlichen Leistung begründen wegen ihres Rechtscharakters als dienstvertragliche Leistungen jedoch gerade keine Gewährleistungsansprüche, auch keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung. Eine Klage auf Vorschusszahlung zur Selbstvornahme der Mängelbeseitigung kommt mithin nicht in Betracht (so ausdrücklich auch OLG München, Urteil v. 6. Februar 1997, 1 U 4802/95 – OLGR München 1998, 306). Kosten einer wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers notwendigen Nachbehandlung, wie sie der Beklagte hier auch für den vorgenannten Behandlungsfehler geltend macht, stellen nur dann bereits einen ersatzfähigen Vermögens schaden dar, wenn der Patient diese Nachbehandlung schon hat durchführen lassen. Vor der Durchführung der Nachbehandlung sind Kosten noch nicht entstanden, d.h. es fehlt (noch) an einer vermögenswirksamen Maßnahme. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Beklagten auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass dieser die Durchführung der Nachbehandlung ernsthaft beabsichtigt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 8. April 2004, a.a.O.; dass., Urteil v. 1. August 2002, I-8 U 195/01 – OLGR Düsseldorf 2003, 251). Der Beklagte muss sich entgegen halten lassen, dass er vor der zahnärztlichen Behandlung beim Kläger zu 1) etwa 42 Jahre lang keinerlei zahnärztliche Behandlung in Anspruch genommen hatte und auch nach Abbruch der Behandlung bei Dr. P. seit etwa zwei Jahren keine zahnärztliche Versorgung der beiden Kronen angestrebt hat, insbesondere auch nicht nach Kenntnis von den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen hierzu.

Die Voraussetzungen für einen Ersatz immaterieller Schäden liegen derzeit ebenfalls nicht vor. Der Senat sieht die bislang eingetretenen Beschwerden beim Beklagten, die auf die freiliegenden Zahnhälse 13 und 27 zurückzuführen sind, als nicht erheblich an. Der gerichtliche Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass die Passungenauigkeit die Zahnfleischentzündung (Gingivitis), die im Jahre 2006 festgestellt worden war, nicht verursacht haben kann (vgl. Gutachten vom 15. Februar 2006, GA Bd. I Bl. 127; Ergänzungsgutachten vom 6. Juli 2006, GA Bd. I Bl. 171). Unter Umständen sind zeitweise Empfindlichkeiten auf Temperaturreize oder bei bestimmten Nahrungsmitteln aufgetreten; der Beklagte selbst hat diese jedoch vor der Erstattung des gerichtlichen Gutachtens nicht geschildert, und zwar weder gegenüber der nachbehandelnden Zahnärztin noch zu Beginn des Rechtsstreits. Als einen empfindlichen, weil freiliegenden Zahnhals hat er lediglich den Zahn 17 angegeben. Hieraus schließt der Senat, dass die Beeinträchtigungen durch die freiliegenden Zahnhälse der Zähne 13 und 27, wenn überhaupt vorhanden, doch sehr geringfügig waren und damit unterhalb einer ausgleichspflichtigen Belastung lagen. Auf die Belastungen einer etwaigen Nachbehandlung kann sich der Beklagte aus den o.g. Gründen nicht erfolgreich berufen, solange ungewiss ist, ob eine Nachbehandlung überhaupt stattfinden wird.

d)

Allerdings ist es nach dem Vorausgeführten nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte künftig eine Nachbesserung beider Kronen vornehmen lässt und dass zwischen dieser Nachbesserung und der Behandlung durch den Kläger zu 1) noch ein kausaler und Zurechnungszusammenhang bestehen könnte. Um einer Verjährung dieser möglichen Ansprüche vorzubeugen, war ein Vorbehalt der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden auszusprechen. Für den Fall der Geltendmachung künftiger Schäden bleibt die Prüfung eines Mitverschuldens des Beklagten an der Entstehung bzw. ggfs. am Umfang künftiger Vermögensbeeinträchtigungen bzw. immaterieller Schäden durch diese Entscheidung unberührt.

2.2.

Der Senat geht im Ergebnis der Beweisaufnahme und seiner Bewertung des Behandlungsgeschehens davon aus, dass ein fahrlässiger Behandlungsfehler hinsichtlich der Planung und Einpassung der Brücke im Oberkiefer nicht vorliegt.

a)

 Zwar steht im Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die am 2. April 2004 eingesetzte Brücke im Oberkiefer des Beklagten noch nicht dem anerkannten medizinischen Standard entsprach. Der Senat folgt – ebenso, wie bereits die Kammer – den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen dahin, dass eine geringfügige, aber nach dem zahnärztlichen Facharztstandard nicht hinzunehmende Beweglichkeit der Brücke über eines oder mehrere der Teleskope von Anfang an gegeben war. Der Beklagte hat ein leichtes „Kippeln“ seiner Lebensgefährtin, der Zeugin C. J., sowie der stomatologischen Schwester der Kläger, der Zeugin K. S., gegenüber beklagt. Die nachbehandelnde Zahnärztin Dr. N. P. hat ein leichtes, objektiv bereits feststellbares Kippeln am 1. September 2004, also etwa fünf Monate nach Einsetzen der Brücke, festgestellt. Der Feststellung des Senats steht nicht entgegen, dass die nachbehandelnde Zahnärztin diese Beweglichkeit nicht als eine nachbesserungsbedürftige Leistung bewertete. Der Senat erachtet insoweit die Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen als überzeugender.

Den Klägern ist der Nachweis nachträglicher Veränderungen an der von ihnen eingesetzten Brücke, insbesondere durch eine Behandlung während des Urlaubs des Beklagten in Österreich bzw. durch die nachbehandelnde Zahnärztin Dr. P., nicht gelungen. Hinsichtlich der Behandlung durch Dr. P. ist sogar bewiesen, dass keinerlei Substanzeingriffe in die Prothetik erfolgten.

b)

Ein haftungsbegründender Behandlungsfehler kann bei anfänglicher geringfügiger Beweglichkeit der Zahnprothese jedoch nur angenommen werden, wenn dem Zahnarzt im Rahmen der Weiterbehandlung Gelegenheit zur Vornahme von Korrekturen gegeben worden ist und ihm dabei eine Korrektur vorwerfbar nicht gelingt. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Die Einordnung der zahnärztlichen Versorgung eines Patienten mit Zahnersatz als Dienstvertrag schließt ein Recht des Zahnarztes auf Nachbesserung zur Vermeidung von Schadenersatzansprüchen grundsätzlich aus. Da die Eingliederung von Zahnersatz aber regelmäßig ein mehrstufiger Prozess ist, dem das Risiko anfänglicher Passungenauigkeiten und Beweglichkeiten immanent ist, ist der Patient grundsätzlich gehalten, bei weiteren Eingliederungsmaßnahmen einer Prothese mitzuwirken. Dies umfasst vor allem die Anzeige von Druckstellen, Lockerungserscheinungen oder Beweglichkeiten sowie die Wiedervorstellung, um Gelegenheit zur Fortsetzung der Behandlung zu geben (vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil v. 11. Februar 1997, 5 U 164/96 – OLGR Oldenburg 1997, 153 = MedR 1997, 359, sowie Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit seit BSG, Urteil v. 16. Januar 1991, 6 RKa 25/89 – NJW 1992, 1590, und Urteil v. 2. Dezember 1992, 14a/6 RKa 43/91 – NZS 1992, 178; ebenso v. Ziegner MDR 2001, 1088, 1090; Schinnenburg MedR 2000, 185, 186; Martis/ Winkhart, Arzthaftungsrecht aktuell, S. 502 f.; a.A.. Schellenberg VersR 2007, 1343). Denn die Pflicht des Zahnarztes im Behandlungsverhältnis besteht in einem Hinwirken auf eine final dem Facharztstandard entsprechende prothetische Versorgung. Es verstößt noch nicht gegen den Facharztstandard, dass eine befriedigende prothetische Lösung nicht beim ersten Versuch gelingt. Selbst das Misslingen eines Korrekturversuchs muss nicht behandlungsfehlerhaft sein. Wie der gerichtliche Sachverständige auch für den vorliegenden Fall nachvollziehbar ausgeführt hat, besteht die prothetische Behandlung z.T. auch in einem „Vortasten“ zu einer befriedigenden Lösung des bestehenden Problems. Dabei ist es regelmäßig – wie auch hier – sowohl von der Einwilligung des Patienten als auch vom Inhalt des konkreten Behandlungsvertrages gedeckt, dass der Zahnarzt Gelegenheit zur Behandlungsfortführung über den ersten Eingliederungstermin hinaus erhält. Beendet der Patient die Behandlung durch Kündigung vorzeitig, wozu er berechtigt ist, so hat er – außer in den Fällen der Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Behandlung – das Nichterreichen einer befriedigenden Eingliederung von Zahnersatz ganz überwiegend selbst zu vertreten.

Der Senat geht im Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Beklagte hier im Juli 2004 Beschwerden über den Sitz der Brücke geäußert hat. Daraufhin hat der Kläger zu 1) die Brücke beschliffen. Darin sieht der Senat einen dem Facharztstandard gerecht werdenden Versuch zur Nachbesserung der Versorgung mit Zahnersatz. Am 10. August 2004 begab sich der Beklagte aus anderen Gründen in die Behandlung des Klägers zu 1); in diesem Behandlungstermin, in dem der Sitz der Brücke nicht angesprochen worden ist, hat der Kläger – berechtigt – die Zahlung seiner Vergütung angemahnt. Danach wurde der Kläger zu 1) vom Beklagten zwar im Zusammenhang mit der Verweigerung der Bezahlung der Rechnung vom 6. April 2004 mit dem Vorwurf fehlerhafter zahnärztlicher Leistungen konfrontiert, eine Wiedervorstellung des Beklagten in der Praxis der Kläger erfolgte jedoch nicht, obwohl sie für den Beklagten zumutbar gewesen wäre.

c)

Darüber hinaus ist auch insoweit darauf zu verweisen, dass die Kosten der Neuanfertigung einer anderen Prothese, als derjenigen, die von den Klägern geplant und eingepasst worden ist, sowie die geltend gemachten Fahrkosten zu Dr. P. derzeit unabhängig von einem Schadenersatzgrund keinen ersatzfähigen Schaden darstellten. Denn die Neuanfertigung der Brücke ist bislang nicht vorgenommen worden. Die Behandlung bei Dr. P. war nicht durch den Sitz der Prothese veranlasst, sondern diente anderen Behandlungszwecken. Die Feststellung des Kippelns der Brücke erfolgte lediglich bei Gelegenheit dieser Behandlung. Auf die Ausführungen in Abschnitt 2.1. lit. c) dieser Gründe wird Bezug genommen.

Selbst bei Bestehen eines Haftungsgrundes lägen auch die Voraussetzungen für einen Ersatz immaterieller Schäden nicht vor. Der Senat sieht die bislang eingetretenen Beschwerden beim Beklagten, die auf den o.g. Mangel der Prothese zurückzuführen sind, als nicht geeignet an, einen Anspruch auf Schmerzensgeld zu begründen. Der Beklagte hatte zwar wegen des Kippelns ein Unsicherheitsgefühl; es könnten sich auch durch dieses Kippeln Missempfindungen beim Kauen eingestellt haben, die aber im Vergleich zu den Missempfindungen durch die Blutungsneigung des Zahnfleisches kaum wahrnehmbar waren. Unter Umständen haben sich auch leichter Verschmutzungen der Prothese ergeben. Schmerzen wurden durch die geringe Beweglichkeit der Prothese jedoch nicht verursacht, wie der Sachverständige in der ergänzenden Beweisaufnahme durch den Senat im Termin am 18. Oktober 2007 (vgl. GA Bd. II Bl. 183, 186) nachvollziehbar ausgeführt hat. Die Schmerzempfindungen und die Fieberzustände, die der Beklagte geschildert hat, sind auf die erhebliche Erkrankung des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparates zurückzuführen, für die die Kläger aus nachfolgend angeführten Gründen nicht einzustehen haben. Auch der Beklagte selbst hat bei der körperlichen Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 5. Januar 2006 die durch das „Kippeln“ der Brücke ausgelösten Beschwerden als „leicht“ bewertet.

2.3.

Entgegen der Behauptung des Beklagten sind die von ihm gerügten Verfärbungen von Teilen der Prothese nicht auf einen Behandlungsfehler und nicht auf den Einsatz ungeeigneten Materials zurückzuführen. Dies ergibt sich eindeutig aus den Bewertungen des gerichtlichen Sachverständigen insbesondere im Ergänzungsgutachten vom 13. September 2006 (GA Bd. I Bl. 212 ff.), die sich der Senat zu eigen macht.

2.4.

Dem Beklagten ist der Nachweis nicht gelungen, dass ihm Schäden durch eine angeblich unterlassene parodontale Diagnostik und Therapie zu Beginn der prothetischen Behandlung der Kläger entstanden sind.

a)

Allerdings ist nach wie vor offen, ob die Kläger den Zustand des Zahnhalteapparates des Beklagten bis Januar 2004 eingehend untersucht haben oder nicht. Hierzu wären sie nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen verpflichtet gewesen, um die Grundlagen für die prothetische Behandlung zu ermitteln, insbesondere die Standfestigkeit der als Pfeiler verwendeten Zähne und Teleskope, und natürlich auch isoliert von der prothetischen Behandlung, soweit sich ein krankhafter Befund, z. Bsp. in Gestalt von zu tiefen Zahnfleischtaschen ergeben hätte. Die fehlende Dokumentation einer solchen aus fachärztlicher Sicht erforderlichen Befunderhebung indiziert nach den besonderen Beweisregeln im Arzthaftungsprozess deren Unterlassung. Die Kläger hatten für die Durchführung der entsprechenden Untersuchungen mit Schriftsatz vom 23. März 2003 Beweis angeboten (vgl. GA Bd. I Bl. 143), so dass die Kammer vor einer Feststellung eines Behandlungsfehlers (vgl. UA S. 5) eine Beweiserhebung hätte durchführen müssen. Unabhängig davon besteht insoweit ein Schadenersatzanspruch des Beklagten gegen die Kläger aus anderen Gründen jedenfalls nicht.

b)

Selbst wenn der Senat eine versäumte Befunderhebung unterstellte, so fehlte es an einem Nachweis, dass die Befunderhebung andere, weiter gehende Behandlungsmaßnahmen veranlasst hätte, als die vorgenommenen. Die Kläger haben bestritten, dass pathologische Befunde im Oberkiefer vorgelegen hätten, die weitere Maßnahmen, als die erfolgten Zahnextraktionen, medizinisch geboten hätten. Der Beklagte hat hierzu zwar Indizien angeführt, insbesondere auf den Parodontalspalt auf der Röntgenaufnahme von Dr. P. und deren Diagnose im September 2004 sowie auf die Feststellungen des Sachverständigen aufgrund seiner Untersuchung vom Januar 2006 hingewiesen. Hieraus ist jedoch nicht auf einen behandlungspflichtigen Zustand im Zeitraum August 2003 bis April 2004 zu schließen.

Der gerichtliche Sachverständige hat angegeben, dass aus medizinischer Sicht eine Behandlung von Zahnfleischtaschen erst ab einer Tiefe von etwa 4 mm bestehe. Ob eine solche Tiefe bereits im Frühjahr 2004 vorgelegen habe, sei rückschauend nicht mehr feststellbar; alle Aussagen hierzu seien zwangsläufig spekulativ (vgl. Gutachten vom 15. Februar 2006, GA Bd. I Bl. 127). Hierauf kann eine Verurteilung nicht gestützt werden.

Auch hinsichtlich der entzündlichen Situation beim Zahnfleisch konnte der gerichtliche Sachverständige lediglich feststellen, dass ein entzündlicher Prozess in der Region des Zahnes 16 wohl ab August 2004 vorgelegen habe (vgl. ebenda, GA Bd. I Bl. 124), was einen Behandlungsfehlervorwurf für die davor liegende Zeit nicht zu rechtfertigen vermag. Nach April 2004 hat im Übrigen unstreitig eine prophylaktische konservative Parodontalbehandlung eingesetzt. Der Beklagte war auch darüber informiert, dass er bei auftretenden Beschwerden zur Vermeidung von Folgeschäden eine entsprechende Behandlung suchen sollte.

c) Im Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Senat darüber hinaus festgestellt, dass die Blutungsneigung des Zahnfleisches und die später diagnostizierte Entzündung des Zahnfleisches (Gingivitis) sowie von Teilen des Zahnhalteapparates (lokalisierte chronische Parodontitis) ganz überwiegend durch die objektiv unzureichende Mundhygiene und Zahnpflege durch den Beklagten verursacht worden sind und im Übrigen durch die Nichtinanspruchnahme zahnärztlicher Behandlung. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen (vgl. insbesondere GA Bd. I Bl. 127 und Bl. 172), die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von beiden Prozessparteien erörtert worden sind.

3.

Die mit Schriftsatz vom 9. November 2007 angekündigte hilfsweise Erweiterung der Widerklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Die Widerklageerweiterung ist innerhalb der gewährten Schriftsatzfrist erfolgt. Sie ist vom Schriftsatznachlass erfasst, weil dieser zur Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme und zur abschließenden Stellungnahme zu den erteilten gerichtlichen Hinweisen sowie zur Stellung der Schlussanträge gewährt worden war (§§ 279 Abs. 3, 285 Abs. 1 ZPO). Die Kläger haben in die hilfsweise Erweiterung der Widerklage zwar nicht eingewilligt, sie ist aber sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO. Sie gibt dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die hilfsweise Erweiterung der Widerklage ist unbegründet. Sie stützt sich ganz überwiegend darauf, dass auf das vorliegende Behandlungsverhältnis Werkvertragsrecht anzuwenden sei. Diese Rechtsauffassung nimmt der Senat nicht ein, wie vorausgeführt. Im Übrigen kommt ein Anspruch des Beklagten auf Behandlung durch die Kläger nicht in Betracht, weil der Beklagte das Behandlungsverhältnis mit den Klägern durch konkludente Kündigung einseitig beendet hat. Ohne erneute Aufnahme der Behandlung ist ein Rechtsgrund für den begehrten Urteilsausspruch nicht ersichtlich.

III.

1.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 2 und 97 Abs. 1 ZPO. Der Prozesserfolg des Beklagten besteht vor allem darin, dass seine Widerklage zu einem geringen Teil als nur derzeit unbegründet abgewiesen worden ist und zur Vermeidung der Verjährung etwaiger Ansprüche eine entsprechende Feststellung erfolgte.

2.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Die Festsetzung des Streitwerts für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren ergeht nach §§ 47, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Der Kostenwert setzt sich zusammen aus dem Gebührenstreitwert der Klage und dem Gebührenstreitwert der Widerklage, welche beide im vollen Umfange in zweiter Instanz anhängig sind.

Der Streitwert der Klage ergibt sich aus der Bezifferung der Hauptforderung im Antrag zu Ziffer 1) und beträgt 4.899,03 EUR; die im Antrag zu Ziffer 2) genannte Forderung in Höhe von 285,07 EUR ist eine Nebenforderung, die bei der Streitwertberechnung außer Ansatz bleibt.

Der Streitwert der gesamten Widerklage war durch Zusammenrechnung mit einem Betrage von 11.572,18 EUR zu ermitteln. Der Antrag zu Ziffer 1 der Berufung des Beklagten ist mit 2.572,18 EUR beziffert. Der Antrag zu Ziffer 2) ist unbeziffert, aber nach dem genannten Mindestbetrag des begehrten Schmerzensgeldes mit 7.000,00 EUR festzusetzen. Den Feststellungsantrag, der z.T. Gegenstand des Antrags zu Ziffer 3) der Berufung des Beklagten, insgesamt jedoch Gegenstand des Antrags zu Ziffer 3) der Berufung der Kläger ist, bewertet der Senat nach ständiger eigener Rechtsprechung mit 2.000,00 EUR.

Beschluss

Der Kostenwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.471,21 EUR festgesetzt.


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