Urteilstext
Tenor
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin weitere Beihilfe  in Höhe von EUR 15,38 zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom ...  2011 i. d. F. des Widerspruchsbescheids vom ... 2011 wird aufgehoben,  soweit er dem entgegensteht.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist gegenüber der Beklagten beihilfeberechtigt. Sie  beantragte unter dem ... 2011 die Gewährung von Beihilfe u. a. für eine  Rechnung über eine zahnärztliche Leistung für ihren am ... 2000  geborenen Sohn. Mit Bescheid der Postbeamtenkrankenkasse wurde teilweise  Beihilfe gewährt. Die Leistung für einen Rechnungsbetrag in Höhe von  EUR 19,23 wurde abgelehnt. Es habe keine unübliche Situation vorgelegen.  Die Miteinbeziehung der Eltern jüngerer Kinder sei medizinischer  Standard. Die Ziffer GOÄ 4 habe nicht in Rech¬nung gestellt werden  können. Mit Schreiben vom ... 2011 teilte die Beklagte (...) der  Klägerin mit, eine antragsgemäße Leistung komme nicht in Betracht.  Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch, der mit  Widerspruchsbescheid der Beklagten vom ... 2011 zurückgewiesen wurde.  Zur Begründung wurde ausgeführt, die Gebührenposition GOÄ-Ziffer 4  sollte die Abrechnung einer Anamneseerhebung oder Beratung dann  ermöglichen, wenn diese nach den besonderen Umständen des  Behandlungsfalles die Einbeziehung einer Bezugs- oder Begleitperson  erforderte. Die Einbeziehung einer Bezugsperson sei jedoch bei Kindern  der Regelfall und damit mit den GOÄ-Ziffern 1 bzw. 3 abgegolten. Im  Übrigen käme die Abrechnung der GOÄ-Ziffer auch neben den übrigen  Ziffern nicht in Betracht, da sie Bestandteil anderer Leistungen sei (§ 4  Abs. 2a GOÄ).
Mit Schriftsatz vom ... 2011 erhob der  Bevollmächtigte der Klägerin Klage und beantragte zunächst die Aufhebung  der ablehnenden Bescheide. In einer weiteren Begründung wurde  ausgeführt, die GOÄ-Ziffer 4 könne neben der GOÄ-Ziffer 1 abgerechnet  werden, ein Ausschluss der Leistungen sei nicht geregelt. Die  Unterweisung der Bezugsperson sei hier notwendig. Ein Knabe von neun  Jahren und sechs Monaten sei nicht in der Lage, sich über die  Auswirkungen einer krankhaften Zahn- und Kieferfehlstellung im Klaren zu  sein und die Konsequenzen einer Kieferbehandlung mit deren  möglicherweise lästigen und schmerzhaften Auswirkungen zu übersehen. Des  Weiteren wurde in der Folge eine Stellungnahme des behandelnden  Zahnarztes zu diesem Thema vorgelegt, auf die verwiesen wird.
Die Beklagte beantragte
Klageabweisung
und verwies auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Mit Beschluss vom 17. Oktober 2011 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
In der mündlichen Verhandlung erweiterte der Bevollmächtigte seinen Antrag auf Leistung weiterer Beihilfe in Höhe von EUR 15,38.
Für den Sachverhalt im Übrigen wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat Erfolg.
Die Klägerin hat einen  Anspruch auf weitere Beihilfe in der tenorierten Höhe. Der Bescheid vom  ... 2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom ... 2011 ist insoweit  rechtswidrig und war daher aufzuheben (§ 113 Abs. 4 VwGO).
Grundsätzlich  besteht im Krankheitsfall ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für  alle notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen (§ 6 Abs. 1  Bundesbeihilfeverordnung -BBhV-), wobei Aufwendungen für zahnärztliche  Leistungen dann als ange-messen angesehen werden, wenn sie dem  Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte entsprechen (§ 6 Abs. 3  Satz 1 BBhV). Dies ist hier der Fall. Nach § 6 Abs. 1 der  Gebührenordnung für Zahnärzte kann die Vergütung für bestimmte  Leistungen auch nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte  berechnet werden, so auch hier. Entgegen der Auffassung der Beklagten  liegen die Voraussetzungen für die Abrechnungen einer Leistung nach  Ziffer 4 GOÄ vor. Nach dieser Ziffer kann eine Leistung bei „Erhebung  der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung  der Be zugsperson(en) im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken  in Rechnung gestellt werden". Nach der Begründung der Bundesregierung  soll diese Regelung nur bei schwierigen und aufwendigen Fremdanamnesen  bzw. Besprechungen mit Bezugspersonen gelten. Dabei wird dem  Abrechnenden ein relativ weiter Ermessensspielraum eingeräumt, der auch  ein gewisses „Missbrauchspotential" in sich birgt (s. Komm. zur GOÄ,  Deutscher Ärzteverlag Stand Mai 2011, Ziffer 4 GOÄ RdNr. 1). In der  Ziffer selbst kommt die Voraussetzung der schwierigen und aufwendigen  Fremdanamnese nicht zum Ausdruck. Doch auch wenn man sie als  Voraussetzung für den Ansatz der Leistungen zu Grunde legt, ist die  Inrechnungstellung hier berechtigt. Der Bevollmächtigte der Klägerin und  der behandelnde Zahnarzt führen überzeugend aus, dass für eine  kieferorthopädische Behandlung eines neun Jahre alten Kindes die  Unterweisung und Führung bezüglich der medizinischen Notwendigkeiten und  Risiken sowohl mit dem Patienten als auch mit der Bezugsperson (in der  Regel den Eltern) besprochen werden muss. Das gleiche gilt für den  täglichen Umgang mit der Zahnspange im Hinblick auf Mundhygiene,  zeitweise Überlastung der Kiefergelenke und der möglichen Irritation am  Zahnfleisch. Auch hier muss ein verantwortungsvoller Arzt sowohl die  Einsichtsfähigkeit des Kindes bei einer Beratung berücksichtigen als  auch andererseits auf der Erwachsenenebene die Bezugsperson unterweisen.  Daher ist der Ansatz der GOÄ-Ziffer als wirtschaftliche notwendig  anzusehen. Der Ansatz ist auch nicht nach § 4 Abs. 2a GOÄ  ausgeschlossen. Eine nach Ziffer 4 ausdrücklich ausgeschlossene Leistung  wurde nicht abgerechnet.
Zwar dürfte in der Regel die Ziffer 1  GOÄ als unselbständige Teilleistung ausgeschlossen sei, nicht jedoch  wenn - wie hier - neben der Bezugsperson auch der Patient selbst  bera-ten wird (Kommentar der Gebührenordnung für Ärzte, a. a. O. RdNr.  6).
Gegen den Steigerungsfaktor von 1,5 ist nichts einzuwenden.  Bei einem Beihilfesatz von 80 % ergibt sich der Anspruch auf eine  weitere Beihilfeleistung in Höhe von EUR 15,38.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 15,38 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -).
