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Gezielte Mitbewerberbehinderung

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Dresden  | Aktenzeichen: 14 U 807/20 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs

Urteilstext:

Tenor

I.     
Das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 07.04.2020, Az. 05 O 2221/19, wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. 
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, gegenüber den eigenen Versicherungsnehmern in Antwortschreiben auf die Einreichung von Heil- und Kostenplänen für die Y ........... GmbH (S........... x, ... K...........) durch das Inaussichtstellen eines fünfprozentig höheren Erstattungsanspruchs für den Wechsel zu einem von dieser Gesellschaft vermittelten Zahnarzt zu werben und/oder einen solchen fünfprozentig höheren Erstattungsanspruch hierfür zu gewähren, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 01.

2.    
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Ziffer 1. die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahre, angedroht.

3.    
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den anwaltlichen Bruttokosten der Abmahnung vom 27.5.2019 in Höhe von 1.242,84 EUR freizustellen.

4.    
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.    
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 3/8 und die Beklagte zu 5/8.

III.   
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung des Urteilstenors Ziff. I durch Sicherheitsleistung i. H. v. 30.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 30.000 EUR leistet. Im Übrigen kann jede Partei die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.   
Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung ihrer Abmahnkosten aus Wettbewerbsrecht in Anspruch.
Die Klägerin betreibt eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis mit Dentallabor, die Beklagte ist Trägerin einer privaten Krankenversicherung. Mit Schreiben vom 6.4.2019 (K 1) wandte sie sich an eine Versicherungsnehmerin, die ihr einen Heil- und Kostenplan der Klägerseite übersandt hatte, und forderte hierzu Kostenvoranschläge nach. Sodann fuhr sie in dem Schreiben fort:
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Unstreitig bietet die Beklagte u.a. einen Tarif an, nach dem sich der tarifliche Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 % erhöht, wenn ein von der Beklagten genanntes zahntechnisches Labor in Anspruch genommen wird.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 7.4.2020, Az. 05 O 2221/19, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil und verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, zwischen den Parteien bestehe ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis, das zur Begründung der Aktivlegitimation genüge. Im Übrigen nimmt sie Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte versuche in unlauterer Weise, Patienten auf Zahnärzte des Netzwerks Y umzulenken, indem sie wesentliche Informationen vorenthalte, irreführende Angaben mache und gegen das Zuwendungsverbot aus § 7 Abs. 1 S. 1 HWG verstoße.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 7.4.2020, Az. 5 0 2221/19, abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, gegenüber den eigenen Versicherungsnehmern in Antwortschreiben auf die Einreichung von Heil und Kostenplänen für die in der Y – ........... GmbH (S........... x, ... K...........) organisierten Zahnärzte zu werben,

a.

ohne darauf hinzuweisen, dass für den eingereichten Heil- und Kostenplan bereits ein Vergütungsanspruch des bisherigen Zahnarztes entstanden ist, dieser auch bei einem Wechsel des Zahnarztes fortbesteht und bei Erstellung eines neuen Heil- und Kostenplans durch einen Zahnarzt, der Mitglied dieser Gesellschaft ist, ein Vergütungsanspruch besteht,

b.

durch die Behauptung, diese Gesellschaft biete eine schnelle Terminvereinbarung,

c.

durch In-Aussicht-Stellen und/oder Gewährung eines fünfprozentig höheren Erstattungsanspruchs für den Wechsel zu einem von dieser Gesellschaft vermittelten Zahnarzt,
wenn dies geschieht wie in der Anlage K1.

2.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Ziffer I.1. die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, diese zu vollstrecken an den Vorständen der Beklagten, angedroht.

3.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den anwaltlichen Bruttokosten der Abmahnung vom 27.5.2019 in Höhe von 1.590,91 € freizustellen.


Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie fördere keinen Wettbewerb, sondern äußere sich als Versicherer nur im Rahmen ihrer ureigensten Aufgabe der Prüfung, Beratung und Erteilung von Leistungszusagen. Dabei weise sie auf die Möglichkeit hin, zu dem vorliegenden Heil- und Kostenplan eine zweite unverbindliche Meinung einzuholen. Auch informiere sie nur pflichtgemäß über das bereits vertraglich vereinbarte Leistungsversprechen. In dem Schreiben vom 6.4.2019 liege keine produktbezogene Werbung, so dass § 7 Abs. 1 S. 1 HWG nicht anwendbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur hinsichtlich Klageantrag 1. c) begründet.

1. 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen aus § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. Das Urteil des Landgerichts stützt sich allein auf die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG mangels unmittelbaren Wettbewerbsverhältnisses. Dass die Klägerin nur diese Annahme unter Verweis auf ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis angreift, ist geeignet und damit ausreichend, der angefochtenen Entscheidung ihre Tragfähigkeit zu nehmen (BGH NJW 2015, 3040 Rn. 12; Rimmelspacher, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 520 Rn. 43).

2.
Die Berufung hat hinsichtlich des Klageantrags 1. c) Erfolg. Im Übrigen hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5a Abs. 2, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG verneint.

a) 
Ohne Erfolg versucht die Beklagte, das Schreiben vom 6.4.2019 (K 1) der lauterkeitsrechtlichen Kontrolle zu entziehen. Sie stellt hierzu darauf ab, dass sie es im Rahmen der Abwicklung bestehender Rechtsbeziehungen, nämlich in Erfüllung ihrer ureigensten Pflichten aus dem Versicherungsvertrag, insbesondere der Prüfung der Erstattung von Heilbehandlungskosten und der damit einhergehenden erforderlichen Beratung nach § 192 Abs. 3 Nr. 1 VVG versandt habe.

Gleichwohl handelt es sich beim Versenden dieses Schreibens um eine geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Von einer geschäftlichen Handlung kann nur ausgegangen werden, wenn sie bei der gebotenen objektiven Betrachtung vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient (vgl. BGH GRUR 2013, 945 Rn. 18 - Standardisierte Mandatsbearbeitung; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. § 2 Rn. 36). Dabei kann sich die geschäftliche Handlung auch auf die Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen eines fremden Unternehmens beziehen (BGH GRUR 2000, 344 Rn. 35 – Beteiligungsverbot für Schilderpräger; Büscher/Wille, UWG, § 4 Nr. 4 Rn. 17). Hier steht das Schreiben vom 6.4.2019 mit der Förderung des Absatzes von Dienstleistungen der im Gesundheitsnetzwerk Y zusammengeschlossenen Ärzte und Labore im erforderlichen objektiven Zusammenhang. Zugleich fördert die Beklagte durch das Versprechen einer um 5 % erhöhten Kostenerstattung die Erhaltung und Erweiterung ihres eigenen Kundenstamms.

Das Schreiben vom 6.4.2019 (K 1) ist objektiv geeignet und vorrangig darauf gerichtet, den Absatz von Dienstleistungen der Zahnärzte im Netzwerk Y zu fördern. Im Unterschied zu den von der Beklagten geschilderten Fällen geht sie in diesem Schreiben über die Erfüllung ihrer gesetzlichen und vertraglichen Pflichten hinaus, indem sie sich nicht darauf beschränkt, ihren Versicherungsnehmern etwa lediglich allgemeine Ratschläge zu erteilen, z. B. eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen oder in Bezug auf den bereits erstellten Heil- und Kostenplan Bedenken hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Gebühren zu erheben (wie in dem von der Beklagten angeführten Urteil des OLG Düsseldorf, GRUR 2014, 1219 – Wucherhonorar). Vielmehr wird ein Patient, der sich bislang von einem Zahnarzt der Klägerin behandeln lassen will und von ihm bereits einen Heil- und Kostenplan erstellen ließ, ungefragt und über die tarifliche Vereinbarung hinaus dazu angeregt, zu einem Zahnarzt des Netzwerks Y zu wechseln. Die Beklagte führt die Vorteile der Zahnärzte und Labore dieses Netzwerks, mit dem sie in partnerschaftlicher Kooperation verbunden ist, auf und setzt Anreize für einen Wechsel. So bietet sie für diesen Wechsel zum "Gesundheitspartner" eine um 5 % erhöhte Erstattung der Kosten für zahntechnische Leistungen an. Ob ein Wechsel des Arztes am Ende tatsächlich stattfindet, ist entgegen der Ansicht der Beklagten für die Beurteilung des objektiven Zusammenhangs mit der Absatzförderung nicht maßgeblich.

b)
Die Klägerin ist für sämtliche geltend gemachten Ansprüche aus § 8 Abs. 1 S. 1 UWG gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Sie ist Mitbewerberin der Beklagten i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Zwischen beiden Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.

Zwar fehlt es, wie das Landgericht zutreffend und von der Berufung unbeanstandet festgestellt hat, an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis i. S. eines unmittelbaren Wettbewerbsverhältnisses. Die Parteien sind nicht auf demselben Markt tätig und versuchen nicht, gleichartige Dienstleistungen in demselben Endverbraucherkreis abzusetzen (vgl. BGH GRUR 2019, 970 Rn. 23 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater). Die Klägerin bietet zahnmedizinische und labortechnische Leistungen an, die Beklagte als private Krankenversicherung hingegen Versicherungsleistungen.

Zwischen den Parteien besteht aber ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis. Liegt – wie hier – ein Handeln des in Anspruch Genommenen zu Gunsten fremder Unternehmer vor, muss das nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG erforderliche Wettbewerbsverhältnis nicht zum Handelnden, sondern zum geförderten Unternehmer bestehen (BGH WRP 2014, 552 Rn. 19 – Werbung für Fremdprodukte; Weiler in GewRS-Hdb § 31 Rn. 212). Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin und die Zahnärzte und -labore des Gesundheitsnetzwerks Y sind auf demselben Markt tätig, da sie gleichermaßen zahnärztliche und labortechnische Dienstleistungen und Waren anbieten und in demselben Endverbraucherkreis abzusetzen versuchen. Wird ein Patient, der bereits einen Heil- und Kostenplan von der Klägerin hat erstellen lassen und sich demnach für eine Behandlung bei dieser entschieden hat, durch das streitgegenständliche Schreiben angeregt, einen Zahnarzt des Netzwerks Y zu wählen, berührt das die eigenen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen der Klägerin, so dass sie gegen die Beklagte vorgehen kann.

c) 
Die Berufung dringt mit dem Klageantrag zu 1 a) nicht durch.

Es stellt keinen Lauterkeitsverstoß, insbesondere nicht gemäß §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 S. 1 UWG dar, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Schreiben nicht zum Ausdruck bringt, der Zahnarzt, der den bereits eingereichten Heil- und Kostenplan erstellt hat, behalte seinen Vergütungsanspruch hierfür auch bei einem nachträglichen Zahnarztwechsel, selbst wenn ein weiterer Vergütungsanspruch des neuen Zahnarztes für die Erstellung eines neuen Heil- und Kostenplans anfällt. Durch den fehlenden Hinweis wird dem Versicherungsnehmer keine unter Berücksichtigung aller Umstände wesentliche Information vorenthalten.

Eine Information ist wesentlich, wenn ihr für die vom Verbraucher zu treffende geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht zukommt und ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann (BGH GRUR 2017, 1265 Rn. 19 – Preisportal). Hingegen ist nicht ausreichend, dass die Information lediglich für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann (BGH GRUR 2016, 1076 Rn. 31 – LGA tested). Ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von besonderem Gewicht ist, ist nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2014, 584 Rn. 14 – Typenbezeichnung; Meyer in GewRS -Hdb § 36 Rn. 269).

Hieran gemessen ist eine Information über das Fortbestehen des Vergütungsanspruchs des Zahnarztes bzw. das Entstehen eines zweiten Anspruchs nach dem Arztwechsel nicht als wesentlich anzusehen. Diese Information ist für die Entscheidung des Versicherungsnehmers, sich bei einem anderen Arzt einen neuen Heil- und Kostenplan erstellen und sich ggf. dort behandeln zu lassen, nicht von besonderem Gewicht ist. Mit ihr steht und fällt nicht diese Entscheidung des Verbrauchers (vgl. Alexander, MüKo-UWG, 3. Aufl. 2020, § 5a Rn. 226; Steinbeck, WRP 2011, 1221, 1222). Die in Rede stehende Gebühr, die der jeweilige Arzt bei einem privat Versicherten entsprechend dem klägerischen Vortrag nach §§ 3, 4 Abs. 1, Anh. Nr. 0030 oder 0040 GOZ zugrunde legt, beträgt in der Regel zwischen 11,25 EUR (einfache Gebühr nach Anh. Nr. 0030) und 32,34 EUR (2,3-fache Gebühr nach Anh. Nr. 0040), vgl. § 5 Abs. 1 S. 1, 3, Abs. 2 S. 4 GOZ. Die insgesamt für eine derartige Behandlung anfallenden Kosten sind indes typischerweise bedeutend höher. Auch ist der durchschnittliche Verbraucher, der mehrere Heil- und Kostenpläne einzuholen bereit ist, um eine umfassende Beurteilung seiner gesundheitlichen Situation und eine Kostenschätzung durch mehrere Ärzte zu erhalten, auch regelmäßig bereit, eine solche Gebühr doppelt zu bezahlen. Aus diesem Grund verfängt auch das Argument der Klägerin nicht, die streitgegenständliche Information sei deshalb wesentlich, weil sich das Angebot der Klägerin für den Verbraucher als lediglich vorteilhaft darstelle: Der in Rede stehende Nachteil für die Versicherungsnehmer ist im Verhältnis zur gesamten geschäftlichen Entscheidung denkbar gering.

Zudem hatte die Klägerin über die für den Heil- und Kostenplan anfallende Vergütung nach § 630c Abs. 3 S. 1 BGB zu belehren. Dem durchschnittlichen Patienten ist bewusst, dass Leistungen, die ein Zahnarzt erbringt, auch dann zu vergüten sind, wenn danach ein Arztwechsel erfolgt. Die Beklagte darf deshalb davon ausgehen, dass der Versicherungsnehmer nicht darauf angewiesen ist, durch sie hierüber informiert zu werden.

d)
Auch der Antrag Ziffer 1 b) hat keinen Erfolg. Die Beklagte handelt nicht unlauter nach §§ 3 Abs. 1, 5 Abs.1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG, indem sie in dem Schreiben angibt, die Zahnärzte des Gesundheitsnetzwerks Y böten eine schnelle Terminvereinbarung an. Diese Angabe ist nicht irreführend i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG.

Eine geschäftliche Handlung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das Verständnis, das sie nach dem Gesamteindruck bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstehen durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Patienten eines Zahnarztes, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, unter der Angabe „schnelle Terminvereinbarung“ nicht, dass die Terminvereinbarung schneller ablaufe als bei anderen Zahnärzten. Vielmehr ist diese Angabe entweder dahingehend zu verstehen, dass, sobald man sich um einen Termin bei einem Zahnarzt des Netzwerks Y bemüht, ein solcher zügig vereinbart wird oder dass der vereinbarte Termin in naher Zukunft liegen wird. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass dies nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen in Einklang steht. Zudem hat sie nicht aufgezeigt, dass die Terminvereinbarung nicht schneller als bei anderen Zahnärzten erfolgt.

3. 
Die Berufung hat jedoch überwiegend Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1 c) wendet.

a) 
Allerdings verstößt die Beklagte nicht gegen § 3a UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 HWG, indem sie in dem Schreiben an die Versicherungsnehmerin dieser anbietet, ihren Erstattungsanspruch um 5 % zu erhöhen, wenn sie sich bei einem Zahnarzt des Netzwerks Y behandeln lässt.

Das in § 7 Abs. 1 S. 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot von Werbegaben soll durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden (BGH GRUR 2015, 504 Rn. 9 m.w.N. – Kostenlose Zweitbrille). In den Geltungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist aber allein die produktbezogene Werbung (Produkt- und Absatzwerbung) einbezogen, nicht dagegen die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt, selbst dann, wenn auch sie - mittelbar - den Absatz der Produkte des Unternehmens fördern kann und soll. Die Beantwortung der für die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes entscheidenden Frage, ob die zu beurteilende Werbung Produkt- oder Firmenwerbung ist, hängt danach maßgeblich davon ab, ob aus Sicht des angesprochenen Verkehrskreises nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens oder aber die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Produkte im Vordergrund steht (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2017, 641 Rn. 38 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln GRUR 2019, 203 Rn. 19 – Versandapotheke; GRUR 2019, 1078 Rn. 25 – 1 Euro-Gutschein). Maßgeblich sind insoweit die Gestaltung der Werbung, der Zusammenhang, in dem sie steht, der Name des beworbenen Unternehmens und inhaltliche Hinweise, wie etwa die Beschreibung eines Indikationsgebietes und der Sinn verwendeter Begriffe (BGH GRUR 1995, 223 Rn. 17 – Pharma-Hörfunkwerbung).

Hier fehlt es am erforderlichen Produkt- und Leistungsbezug. Er setzt eine eindeutige und erkennbare Bezugnahme auf ein oder mehrere Heilmittel voraus (BGH GRUR 2006, 946 Rn. 24 – Kunden werben Kunden; Doepner/Reese, Heilmittelwerbegesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 72 m.w.N.). Die Beklagte, die den Heil- und Kostenplan der Klägerin zum Zeitpunkt des Schreibens noch nicht abschließend geprüft hat, bewirbt aber nicht einen – gar nicht vorliegenden - Heil- und Kostenplan eines Zahnarztes des Netzwerks Y. Die Werbung in dem Schreiben vom 6.4.2019 (K 1) bezieht sich nicht auf individualisierbare Produkte oder Verfahren, zumal es sich beim Heil- und Kostenplan vorrangig um eine Kostenschätzung handelt. Der Versicherungsnehmer hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits für eine Behandlung entschieden und die Beklagte stellt lediglich heraus, dass die Behandlung jedenfalls genauso gut von einem Zahnarzt des Netzwerks Y vorgenommen werden könnte. Die Werbewirkung des Schreibens zielt insoweit nicht auf Heilmittel, sondern auf die Person des Zahnarztes ab. Dass die Zahnärzte nicht genannt, sondern nur das Netzwerk Y, in dem sie sich mit der Beklagten zusammengeschlossen haben, herausgestellt wird, ändert die Werberichtung nicht. Die Beklagte preist allgemein und ohne konkrete Bezugnahme auf eine individuelle Behandlungsmöglichkeit die Qualität der Zahnärzte des Netzwerks an, nennt konkrete Vorteile wie eine schnelle Terminvereinbarung sowie eine qualitativ hochwertige Versorgung und hebt dadurch deren Leistungsfähigkeit hervor.

Entsprechendes gilt für die Zahnlabore. Das lässt den erforderlichen Produkt- und Leistungsbezug nicht erkennen.

b) 
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist aber nach §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren gezielten Mitbewerberbehinderung begründet.

(1)
Die Klägerin stützt den Vorwurf der Unlauterkeit auf das Umleiten von Kunden (Klageschrift S. 6, 18) und geht gegen den Versuch vor, ihre Patienten zu einem Wechsel zu motivieren (Schriftsatz vom 21.2.2020, S. 1). Der Senat hat im Termin auf den sich daraus ergebenden rechtlichen Gesichtspunkt hingewiesen. Die Klage richtet sich gegen die konkrete Verletzungsform, die den Lebenssachverhalt bildet, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird. Dieser unteilbare Streitgegenstand umfasst alle in der konkreten Verletzungsform verwirklichten Rechtsverletzungen, über die das Gericht unabhängig davon zu entscheiden hat, ob sich der Kläger auf die Anspruchsgrundlage gestützt hat (BGHZ 194, 314 Ls. a) – Biomineralwasser; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 12 Rn. 2.23 f.).

(2)
Nach § 4 Nr. 4 UWG handelt unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindert. Das Tatbestandsmerkmal des gezielten Handelns enthält entgegen der Auffassung der Beklagten keine subjektiven Erfordernisse, insbesondere keine auf die Behinderung gerichtete Absicht (BGHZ 171, 71 Rn. 22 – Außendienstmitarbeiter). Vielmehr soll lediglich klargestellt werden, dass eine Behinderung von Mitbewerbern als bloße Folge des Wettbewerbs nicht ausreicht (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 10, BT-Drucks. 15/1487, S. 19) und weitere die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten müssen (BGH GRUR 2009, 878 Rn. 13 – Fräsautomat; BGH GRUR 2014, 393 Rn. 28 – wetteronline.de).

Demnach setzt eine gezielte Behinderung eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH WRP 2011, 1469 Rn. 65 - Automobil-Onlinebörse; BGH GRUR 2017, 397 Rn. 49 - World of Warcraft II).

Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Abfangen von Kunden sind dem Wettbewerb auch dann immanent, wenn sie zielbewusst und systematisch erfolgen (BGH GRUR 2002, 548 – Mietwagenkostenersatz). Sie stellen sich daher nur als unlauter dar, wenn unlauterkeitsbegründende Merkmale hinzutreten, so wenn auf Kunden, die bereits einem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen. Unangemessen ist die Einwirkung insbesondere, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses, das Angebot des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (st. Rspr.; vgl. BGH WRP 2018, 324 Rn. 13 – Portierungsauftrag; BGH GRUR 2017, 92 Rn. 16 - Fremdcoupon-Einlösung).

(3) 
Das ist hier der Fall. Das Schreiben der Beklagten vom 6.4.2019 (K 1) stellt sich in der Gesamtschau der Umstände als eine solche unangemessene Einwirkung auf den Kunden der Klägerin dar.

i. 
Zum Zeitpunkt der beanstandeten Handlung hat die Klägerin bereits einen Heil- und Kostenplan für den Versicherungsnehmer erstellt, der sich für eine Behandlung bei dieser entschieden und den Plan daraufhin bei der Beklagten als seinem Krankenversicherer zur Prüfung und Genehmigung eingereicht hat. Aus diesem Anlass weist die Beklagte in dem Schreiben vom 6.4.2019 (K 1) ihren Versicherungsnehmer darauf hin, dass dieser sich stattdessen auch bei einem der Zahnärzte des Netzwerks Y behandeln lassen könnte, mit denen sie sich in partnerschaftlicher Kooperation zusammengeschlossen habe. Sie beschreibt die Behandlung dieser Gesundheitspartner sodann u.a. als qualitativ hochwertig mit preiswertem Zahnersatz und verweist insbesondere auf eine schnelle Terminvereinbarung und vergünstigte Konditionen für weitere Serviceleistungen. Der Patient wird aufgefordert, sich mit dem Gesundheitspartner in Verbindung zu setzen. Ihm werden die finanziellen Vorteile vor Augen geführt. So reduziere sich der Eigenanteil, was einen Wechsel des Arztes bzw. Labors voraussetzt. Das Schreiben schließt mit dem vom hier maßgeblichen Antrag Ziff. 1. c) beanstandeten Hinweis darauf, dass sich bei der Entscheidung für einen Gesundheitspartner des Netzwerks Y der Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen gegen die Beklagte um 5 % erhöhe.

ii.
Zwar verstößt ein Zahnarzt, der auf Bitte des Patienten ein Gegenangebot zu dem Heil- und Kostenplan eines anderen Zahnarztes abgibt, weder gegen das berufsrechtliche Kollegialitätsgebot noch gegen das Verbot berufswidriger Werbung (BGH GRUR 2011, 343 Rn. 16 - Zweite Zahnarztmeinung). Die Beklagte beschränkt sich aber nicht darauf, einem durch die freie Arztwahl entstehenden Informationsbedarf eines Patienten auf dessen Veranlassung hin durch ein Gegenangebot oder eine Zweitmeinung nachzukommen. Vielmehr wendet sie sich, nachdem sie im Rahmen der Kostenübernahme von dem Behandlungsbedarf erfahren hat, umgekehrt von sich aus an den Patienten mit dem Angebot eines Gesundheitspartners des Netzwerks Y als qualitativ hochwertige und preisgünstige Alternative. Darin läge – würde dies der dem Netzwerk angehörende Zahnarzt selbst tun – eine verbotene aktive Werbung um Patienten (BGH GRUR 2011, 343 Rn. 15 – Zweite Zahnarztmeinung; Köhler in Köhler/Bornkamm/ Feddersen, UWG, § 3a Rn. 1.182). Erst recht wäre dies unlauter, wenn dem Patienten auch eine finanzielle Zuwendung in Aussicht gestellt würde. Hier kann dahinstehen, ob ein täterschaftliches berufsordnungs- und wettbewerbswidriges Verhalten zugrunde liegt, an dem die Beklagte teilnähme (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 3a Rn. 1.188). Im Rahmen der nach § 4 Nr. 4 UWG erforderlichen Gesamtwürdigung spricht das eingesetzte Mittel jedenfalls für die Unlauterkeit der Behinderung.

iii.
Ein Unfallhaftpflichtversicherer ist zwar regelmäßig nicht gehindert, einen Unfallgegner, der ein Ersatzfahrzeug bei einem örtlichen Autovermieter angemietet hat oder anmieten möchte, auf das preisgünstigere Angebot eines mit ihm zusammenarbeitenden überörtlich tätigen Autovermieters hinzuweisen (BGH GRUR 2012, 1153 Rn. 19 – Unfallersatzgeschäft). Die beanstandete Handlung der Beklagten erschöpft sich aber nicht in einem Hinweis, einer Empfehlung oder der Zugänglichmachung eines günstigeren Tarifs. Noch bevor sie den Heil- und Kostenplan der Klägerin abschließend geprüft oder auch nur inhaltliche Defizite ausgemacht hat, regt sie als Versicherer gegenüber ihrem Vertragspartner einen Arztwechsel an. Der Versicherungsnehmer erstrebt mit der Vorlage des Heil- und Kostenplans eine Leistungsübernahme im vollen tariflichen Umfang und wendet sich allein deshalb und zwangsläufig an seinen Versicherer. In diesem Zusammenhang überrascht ihn die Beklagte mit der Möglichkeit des Arztwechsels. Als Versicherer ist sie dabei in der vom einreichenden Versicherungsnehmer als stärker empfundenen Position, über den Umfang der Kostenübernahme aufgrund des Heil- und Kostenplans der Klägerin zu entscheiden. Die Beklagte nutzt diese Position verfahrensfremd dazu, die Nachfrage auf ihre Gesundheitspartner umzulenken. Versicherungsnehmer sind geneigt, den Wünschen ihres Versicherungsunternehmens nachzukommen, um eine rasche, einfache und möglichst kostendeckende Leistungsübernahme zu erreichen (vgl. OLG Düsseldorf WRP 1995, 639 Rn. 20 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, § 4 Rn. 4.25a).

iv.
Maßgeblich tritt als charakteristisch für den Verstoß hinzu, dass die Beklagte für den Fall der beworbenen Auswahl eines Gesundheitspartners des Netzwerks Y dem Patienten schriftlich zusagt, seinen Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 % zu erhöhen.
Bei dieser Wertwerbung ist zu berücksichtigen, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit der Werbung im Gesundheitswesen im Interesse der Verbraucher ein strengerer Maßstab gilt (BGH GRUR 2006, 949 Rn. 26 – Kunden werben Kunden).

Die Beklagte unterbreitet das Angebot einer Zuwendung bereits, bevor sie abschließend geprüft hat, in welchem Umfang die Kosten nach dem erstellten Heil- und Kostenplan zu erstatten sind, wie sich aus der Nachforderung von Kostenschätzungen mit Schreiben vom 6.4.2019 ergibt. Bei den mitunter hochpreisigen Kosten für Zahnersatz kann sich diese Vergünstigung auf einen erheblichen Betrag belaufen, so etwa auf 100 EUR bei 2.000 EUR für zahntechnische Leistungen. Damit setzt diese Wertwerbung einen deutlichen finanziellen Anreiz, der die Entscheidung über einen Arztwechsel beeinflussen kann.

Entgegen der Auffassung der Beklagten nimmt sie mit dem Inaussichtstellen der Vergünstigung nicht nur auf die Tarifbedingungen Bezug. Die mündliche Verhandlung war deshalb auch nicht wiederzueröffnen. Nach dem Tarif GZZ PremiumPlus-Zahn-Zusatzversicherung I.1, 2. (Anlage B 3) erhöht sich zwar der Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 %. Voraussetzung hierfür ist aber, dass ein von der Beklagten benanntes zahntechnisches Labor in Anspruch genommen wird. Nach dem maßgeblichen Verständnis des angesprochenen Verkehrskreises von Versicherungsnehmern handelt es sich bei der Zusage nicht um den Hinweis auf einen ohnehin vertraglich vereinbarten Anspruch. Nach ihrem Wortlaut gilt sie nicht nur für die Wahl eines bestimmten zahntechnischen Labors, sondern darüber hinaus für den Wechsel zu einem Gesundheitspartner und damit auch und vor allem zu einem Zahnarzt des Netzwerks Y, worauf der Antrag 1. c) ausdrücklich abstellt.

v.
Dadurch greift die Beklagte in die freie Arztwahl des Patienten ein. Was die Beklagte in den Tarifbedingungen zu Recht vermeidet, bewirkt sie über die weiter gestaltete Wertwerbung: Sie berührt die berechtigten gegenläufigen Interessen des Patienten an der freien Arztwahl (BGH GRUR 2012, 1153 Rn. 21 – Unfallersatzgeschäft).

Der ärztliche Behandlungsvertrag ist im Regelfall durch ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt (BGH NJW 2011, 1674 Rn. 14). Personen, die ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen wollen, können den Arzt grundsätzlich frei wählen. Diese Arztwahl ist von finanziellen Zuwendungen an den Patienten für die Entscheidung zugunsten eines Arztes freizuhalten. Wird - wie hier - die Zuwendung für einen Wechsel des Arztes, nicht etwa nur als milderes Mittel für die Erstellung einer kostengünstigeren Alternative, in Aussicht gestellt, beeinträchtigt das die freie Arztwahl. Der Patient kann nicht unbeeinflusst abwägen, ob ihm das Angebot des Gesundheitspartners ausreichende Veranlassung für einen Wechsel des Arztes gibt. Vielmehr kann der nicht unerhebliche finanzielle Anreiz Einfluss auf die Arztwahl gewinnen.

Die gegenteilige Erklärung in dem beanstandeten Schreiben, die Wahl des Zahnarztes und Labors stehe dem Patienten selbstverständlich frei, räumt die unangemessene Einwirkung nicht aus. Dass der Zahnarzt des Netzwerks seine Leistungen gewissenhaft, lege artis, vertrauenswürdig und nach den Geboten der ärztlichen Ethik erbringt, darf dabei zugrunde gelegt werden. Im Heil- und Kostenplan kann aber bei gleichem Befund die Therapieplanung unterschiedlich ausfallen. So ist nicht auszuschließen, dass ein Zahnarzt des mit der Beklagten verbundenen Netzwerks eine andere Behandlung mit Zahnersatz als die von der Klägerin geplante vorsieht. Die Beklagte geht schon vor der abschließenden Prüfung selbst davon aus, wenn sie in dem fraglichen Schreiben darauf abstellt, der Eigenanteil werde sich reduzieren. Das Verfahren der Kostenübernahme kann sich unterschiedlich lang und schwierig gestalten. In dieser Situation nutzt die Beklagte ihre Schlüsselposition als Leistungsübernehmerin dazu, die mit ihr im Netzwerk Y verbundenen Zahnärzte von sich aus zwischen die Klägerin und den Patienten zu schieben und stellt für den Wechsel zu einem dieser Zahnärzte eine Vergünstigung in Aussicht. Dadurch drängt sie ihn zu einer Änderung des Entschlusses, die Leistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen, und beeinträchtigt seine freie Arztwahl.

4.
Die aufgrund des Wettbewerbsverstoßes für eine Wiederholungsgefahr streitende tatsächliche Vermutung (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1997, 379, 380 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II; GRUR 1997, 929, 930 – Herstellergarantie) hat die Beklagte nicht widerlegt. Die nicht aufgegebene Werbung für das Versprechen eines erhöhten Erstattungsanspruchs begründet für das Gewähren des erhöhten Anspruchs ebenso wie die Berühmung, zu diesem Verhalten berechtigt zu sein, eine (Erst-)Begehungsgefahr (BGH GRUR 1989, 432 – Kachelofenbauer I).

5. 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Danach können die für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen vom Schuldner ersetzt verlangt werden, wenn die Abmahnung gerechtfertigt ist. Dies ist im Umfang des Berufungserfolgs (25.000 EUR) in Höhe von 1.242,84 EUR der Fall. Gerechtfertigt ist eine Abmahnung, wenn ihr unter anderem ein tatsächlich bestehender Unterlassungsanspruch zu Grunde liegt (vgl. BGH, GRUR 2009 502 Rn. 11 – pcb GRUR 2010, 354 – Kräutertee). Wie oben dargestellt, besteht der mit der Abmahnung geltend gemachten Anspruch, wie er mit Klageantrag Ziff. 1. c) verfolgt wird.

6.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO besteht keine Veranlassung. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Urteil beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall. Die entscheidungserheblichen rechtlichen Probleme haben in den zitierten Entscheidungen eine Klärung gefunden.


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