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Gebührennummer 8090 GOZ nicht je Zahn berechenbar

 | Gericht:  Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart  | Aktenzeichen: 12 K 4088/15 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Gebühren

Urteilstext


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.


Tatbestand

Der Kläger ist B 1-Mitglied der Beklagten; mitversichert ist seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz für Kassenleistungen von 30 %.

Am 12.01.2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von ZA vom 07.01.2015 über EUR 3.527,02 für Behandlungen der Ehefrau vom 05.05.2014 bis 06.01.2015. In dieser Rechnung wurde die Nr. 8090 GOZ für den 09.05.2014 4mal und für den 28.08.2014 10mal angesetzt.

Mit Bescheid vom 26.01.2015 gewährte die Beklagte hierfür Kassenleistungen in Höhe von EUR 673,36. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und bezog sich hierzu auf die Stellungnahme von Prof. Dr. M. G. vom 02.02.2015.

Mit Bescheid vom 12.03.2015 nahm die Beklagte den Bescheid vom 26.01.2015 zurück und gewährte Kassenleistungen von nunmehr EUR 736,02.

Dagegen erhob der Kläger erneut Widerspruch und bezog sich auf die Stellungnahme von Prof. Dr. M. G. vom 13.04.2015. Weiter legte er einen Auszug aus dem Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur Gebührenordnung für Zahnärzte vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2015 - zugestellt am 08.07.2015 - wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, Nr. 8090 GOZ sei je Sitzung nur einmal berechenbar, nicht je Zahn.

Am 10.08.2015, einem Montag, hat der Kläger Klage erhoben. Er beruft sich darauf, nach teleologischer Auslegung der Nr. 8090 GOZ sei die Vergütung je Sitzung je Zahn fällig.

Der Kläger beantragt bei sachdienlicher Auslegung,

die Beklagte zu verpflichten, ihm für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von ZA vom 07.01.2015 weitere Kassenleistungen in Höhe von EUR 116,42 zu gewähren, und den Bescheid der Beklagten vom 12.03.2015 und deren Widerspruchsbescheid vom 25.06.2015 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich darauf, nach dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung von Nr. 8090 GOZ sei die Einschränkung "je Sitzung" eindeutig. Es sei nämlich die Rede von Funktionsflächen, also einer Mehrzahl. Zu diesem Ergebnis komme auch der Kommentar zur Gebührenordnung für Zahnärzte von Liebold/Raff/Wissing.

Mit Beschluss vom 14.01.2016 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.


Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die zusätzlich geltend gemachten Kassenleistungen. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Anspruch auf Kassenleistungen ist in der Satzung der Beklagten (Satzung) geregelt; dabei ist maßgebend die Satzung in der Fassung, die zu dem Zeitpunkt gegolten hat, in dem die Aufwendungen entstanden sind, für die die Kassenleistungen begehrt werden. Dies ist vorliegend der Zeitraum vom 05.05.2014 bis 06.01.2015. Maßgebend ist danach die 87. Satzung, die ab 07.01.2014 in Kraft war.

Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 a) der Satzung haben die Mitglieder für sich und ihre mitversicherten Angehörigen Anspruch auf Leistungen in Krankheitsfällen gemäß den §§ 31 bis 42 der Satzung. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung ist Voraussetzung, dass die Leistungen nach der Bundesbeihilfeverordnung in der jeweils gültigen Fassung dem Grunde nach beihilfefähig sind und Leistungen in den §§ 31 bis 48 der Satzung geregelt sind. Die erstattungsfähigen Höchstsätze sind in den Leistungsordnungen festgesetzt, die Bestandteil der Satzung sind (§ 30 Abs. 1 Sätze 4 und 5 der Satzung). Für die Mitglieder der Gruppe B 1 gilt die Leistungsordnung B (§ 30 Abs. 1 Satz 7 der Satzung).
Aufwendungen für ärztliche bzw. zahnärztliche Leistungen sind erstattungsfähig (§ 31 Abs. 1 der Satzung bzw. § 32 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Die Rechnungen müssen nach den Vorgaben der maßgeblichen Gebührenordnungen bzw. sonstigen gesetzlichen Regelungen erstellt sein (§ 30 Abs. 2 Satz 7 der Satzung).

Der Ansatz der Nr. 8090 GOZ [diagnostischer Aufbau von Funktionsflächen am natürlichen Gebiss, am festsitzenden und/oder herausnehmbaren Zahnersatz, je Sitzung] entspricht - soweit er streitig ist - nicht der Gebührenordnung für Ärzte.

Dabei erkannte die Beklagte für den 09.05.2014 und den 28.08.2014 jeweils den einmaligen Ansatz der Nr. 8090 GOZ als erstattungsfähig an, den darüber hinaus erfolgten insgesamt zwölfmaligen Ansatz dagegen nicht.

Nach dem Wortlaut der Nr. 8090 GOZ ist die Leistung je Sitzung, und nicht je Zahn ansetzbar. Hierfür spricht insbesondere, dass von Funktionsflächen, also der Mehrzahl, die Rede ist.

Die Bundeszahnärztekammer geht zwar in ihrem Kommentar zur GOZ zu Nr. 8090 GOZ davon aus, dass die Leistung je Sitzung je Zahn berechnet wird und sich auf den Aufbau mehrerer Funktionsflächen an diesem Zahn in einer Sitzung bezieht. Zur Begründung führt sie dabei aus, die Höhe der Honorierung lasse keinen anderen Schluss zu als die Leistungsbewertung pro Zahn, weil die Behandlung zahnbezogen erfolge. Der mögliche Umfang der Leistungserbringung variiere so stark, dass eine Berechnung pro Sitzung unangemessen sein könne. Dies ist nicht überzeugend.
11.2.2016

Im Kommentar zur GOZ von Liebold/Raff/Wissing wird zu Nr. 8090 GOZ ausgeführt (Seite 7 Tz. 2.1.1): Der diagnostische Aufbau von Funktionsflächen ist je Sitzung berechenbar. In der Natur der Sache liegt begründet, dass Führungsflächen in der Regel nur einzeln aufgebaut werden können, da die Veränderung von Funktionsflächen des stomatognathen Systems eine Maßnahme darstellt, die mit großem Bedacht durchgeführt werden muss. Aufgrund der Tatsache, dass das stomatognathe System allerfeinste Veränderungen und Diskrepanzen ... aufzuspüren in der Lage ist, muss der behandelnde Zahnarzt bei Maßnahmen, die die Führungsflächen verändern, mit äußerster Präzision und Behutsamkeit vorgehen, um das feine Gleichgewicht der Okklusion und Artikulation wiederherzustellen bzw. zu bewahren. Änderungen der Führungsflächen müssen deshalb immer mit dem Blick für das gesamte stomatognathe System vorgenommen werden, da die Veränderung nur einer einzigen Funktionsfläche möglicherweise Auswirkungen auf viele andere Funktionsflächen hat, die infolgedessen in einem weiteren Arbeitsgang oder einer weiteren Sitzung ebenfalls ... verändert werden müssen. Insofern werden diagnostische Aufbauten häufig nur an einem oder wenigen Zähnen zugleich vorgenommen. Dann ist die vorgegebene Honorarhöhe dieser Gebührennummer noch nachvollziehbar, da sich ein derartiger Aufbau über sehr viele Sitzungen erstrecken kann. Diese Ausführungen sind überzeugend.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.




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