Urteilstext
Tenor
Das Landgericht München I - 26. Zivilkammer – erlässt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2017 folgendes Endurteil:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 7.403,86 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem ßasiszinssatz seit 25.07.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin fünf % und die Beklagte 95 % zu tragen.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus Krankheitskostenversicherung im Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung.
Die Klägerin ist seit … bei der Beklagten nach dem Tarif 549 Krankheitskostenversichert.
Dieser Tarif sieht bei Zahnbehandlungen einen Erstattungsprozentsatz von 100% der erstattungs-fähigen Aufwendungen und bei Zahnersatz sowie Kieferorthopädischen Behandlungen einen Erstattungssatz von 80% der erstattungsfähigen Aufwendungen vor. Auf die Versicherung finden die allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten und Krankenhaustagegeldversicherung der Beklagten Anwendung. Für weitere Einzelheiten zu den tariflichen Leistungen und den allgemeinen Versicherungsbedingungen wird auf Anlage K 1 verwiesen.Krankenhaustagegeldversi-cherung der Beklagten Anwendung. Für weitere Einzelheiten zu den tariflichen Leistungen und den allgemeinen Versicherungsbedingungen wird auf Anlage K 1 verwiesen.
Die Klägerin befand sich im Zeitraum vom in zahnärztliche Behandlung. Gegenstand der zahnärztlichen Behandlung war auch eine Versorgung mit Implantaten. Der behandelnden Zahnarzt berechneten der Klägerin mit Rechnung vom …EUR 3.199,80, Anlage K 2, mit Rechnung vom … EUR 1.521,65, Anlage K 3, mit Rechnung vom … EUR 3.576,74, Anlage K 4, mit Rechnung vom … EUR 1.529,93, Anlage K 5, und mit Rechnung vom … EUR …, Anlage K 6.
Hinsichtlich der Rechnung Anlage K 2 nahm die Beklagte Beträge in Höhe von EUR 255,69 und von EUR 249,18 aus den erstattungsfähigen Aufwendungen heraus, da der Behandler der Klägerin in dieser Höhe Leistungen mit mehr als dem 3,5-fachen Steigerungsfaktor berechnete. In der Rechnung vom …. nahm die Beklagte insgesamt EUR 523,28 von der Erstattung aus, da die dortigen Gebührenziffern nicht berechnungsfähig seien. Bei der Rechnung vom … nahm die Beklagte Beträge in Höhe von EUR 92,26 und von EUR 650,58 von der Erstattung aus, bei der Rechnung vom insgesamt Beträge in Höhe von EUR 688,52, EUR 254,19 und EUR 6.309,86. Bei der Rechnung vom … nahm die Beklagte Beträge in Höhe von EUR 62,51 und EUR 179,33 aus.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe die streitgegenständlichen Beträge zu Unrecht bei der Regulierung der entsprechenden Zahnarztrechnungen herausgenommen. Unter Berücksichtigung der zum Teil nur in Höhe von 80% geschuldeten Regulierung ergebe sich eine weitere Versicherungsleistung in Höhe von EUR 7.629,11. Die Behandlungen seien medizinisch erforderlich, ein auch über einem 3,5-fachen Steigerungsfaktor liegender Steigerungsfaktor wegen der besonderen Schwierigkeiten im Einzelfall angemessen und berechenbar. Darüber hinaus sei die Beklagte jedenfalls auf Grund der letzten Leistungsabrechnung vom … mit der Erstattung der Behandlungskosten in Verzug. Die Beklagte sei mit Schreiben vom 13. Juni 2012 anwaltlich aufgefordert worden, abschließend Erstattung aller ihr vorliegender Rechnungen zu leisten. Die Beklagte schulde der Klägerin daher sowohl die Erstattung weitere EUR 7.629,11 als weitere Versicherungsleistung, als auch die Übernahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten Höhe von EUR 729,23 aus Verzug.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 7.629,11 nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.7.2012 zu zahlen sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 729,23 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Die Beklagte führt im Wesentlichen aus, ein über 3,5-fachen Steigerungsfaktor hinausgehende Vergütung sei nicht geschuldet. Bei der Rechnung Anlage K 4 könne die Gebührenziffer 2181 GOÄ nicht berechnet werden, darüber hinaus sei auch hier eine Erstattung eines mehr als 3,5-fachen Steigerungssatzes nicht möglich. Gleiches gelte für die Gebührenziffer 2700, 2732, 445 und 444 GOÄ. Das PRGF-Verfahren sei ein Verfahren alternativer Heilbehandlung und nicht erstattungsfähig. Für die Rechnung Anlage K 6 führt die Beklagte aus, die Gebührenziffer 2181 GOÄ könne mit der dort durchgeführten funktionsanalytischen Behandlungsmaßnahme nicht berechnet werden. Außerdem gelte auch hier, dass eine Berechnung von mehr als dem 3, 5 fachen Steigerungssatz nicht möglich sei. Ziff. 7050 GOZ könne neben Ziff. 7060 am 16.02.2012 nicht berechnet werden, das Polieren der Schiene sei mit dem Honorar für das Anfertigen der Schiene abgegolten, die Laborkosten seien begrenzt und zum Teil nicht neben den ärztlichen Leistungen berechenbar. Auch hinsichtlich der Rechnung Anlage K5 wendet die Beklagte im Wesentlichen ein, die Laborkosten für SAM-Basisplatten seien nicht berechenbar.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 04.02.2016 (Bl. 73/77 d. A.) durch Einholen eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten vom 25.01.2017 in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2017 ergänzt und erläutert. Für Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme werden das in der Akte befindliche Exemplar des schriftlichen Sachverständigengutachtens und die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2017 in Bezug genommen. Für weitere Einzelheiten und Ergänzungen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist mit Ausnahme eines geringen Teils der Hauptforderung und der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begründet.
I.
Die Klage zulässig, das Landgericht München I ist nach § 281 ZPO zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.
II.
Die Klage ist auch weit überwiegend begründet. Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die streitgegenständlichen Rechnungen mit Ausnahme der unten aufgeführten Einzelpositionen medizinisch erforderliche und ordnungsgemäß berechnete zahnärztliche Leistungen berechnen, die in dem tarifgemäßen Umfang von der Beklagten zu erstatten sind. Soweit in diesen Rechnungen über den 3,5-fachen Steigerungsfaktor hinausgehende Steigerungsfaktoren eingesetzt werden, ist das Gericht aufgrund der mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen, die ihrerseits auf den weiteren Begründungen der Klägerin beruhen, davon überzeugt, dass bei der Klägerin besonders komplizierte Biss- und Schmerzverhältnisse vorlagen, die dazu führten, dass die Behandlung besonders zeitaufwändig war, so dass die Steigerungsfaktoren auch in der entsprechenden Höhe begründet sind. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass zwischen der Klägerin und ihrem Behandler schriftliche Vergütungsvereinbarung diesbezüglich bestanden.
Sodann ist das Gericht nach dem Ergebnis der folgerichtigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen aufgrund eigener Überzeugungsbildung davon überzeugt, dass auch das PRGF-Verfahren im Falle der Klägerin medizinisch erforderlich war, da der behandelnde Arzt die entsprechende Behandlung nach objektiven Kriterien für sinnvoll halten konnte.
Nicht berechenbar und von der Regulierung abzusetzen sind hingegen Einzelpositionen der Rechnungen K 6 und K 5 von insgesamt EUR 225,25. Dies betrifft hinsichtlich der Rechnung K 6 die EUR 77,94 Eigenlabor, weil das Polieren einer Schiene nicht gesondert berechenbar ist. Außerdem ist die Berechnung der Ziff. 4120 neben der Zufahrt 2677 nicht möglich sodass weitere EUR 54,13 zu kürzen sind. Schließlich sind die Leistungen die mit der Gebührenziffer Ä 204 berechnete wurden, EUR 21,65, EUR 19,39 und EUR 25,48 ebenfalls jeweils nicht zu vergüten, da die Versorgung durch Wundverband Teil der operativen Leistung ist. Sodann und schließlich ist hinsichtlich der Rechnung K 5 ein Abzug in Höhe von EUR 27,56 zu machen, da für ein normales Aufklärungsgespräch insbesondere durch Übergabe eines Formblatts die Gebührenziffer GOZ 6190 nicht berechnet werden kann.
Im Ergebnis hat die Klägerin daher nach § 192 WG in Verbindung mit dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer EUR 7.403,86.
Soweit die Beklagte zur Zahlung zu verurteilen war, schuldet sie darüber hinaus nach § 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.7.2012. Verzug ist mit der endgültigen Leistungsablehnung zu diesem Tag eingetreten.
Demgegenüber hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwalts kosten. Ausweislich der Anlage BLD 1 (nach Bl. 48 d. A.) war die Klägervertreterin bereits im Zeitpunkt des Einreichens der letzten Rechnung bei der Beklagten vorgerichtlich mandatiert, so dass durch einen nachfolgenden Verzug der Beklagten mit Blick auf den Charakter der Anwaltsgebühren als Pauschgebühren ein kausaler Gebührenschaden nicht entstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 zweite Alternative ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 7.629,11 festgesetzt.