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Führen der Bezeichnung "Tierklinik"

 | Gericht:  Landgericht (LG) Amberg  | Aktenzeichen: 41 HKO 7/09 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Berufliche Kommunikation

Urteilstext

 

Tenor

1.

Der Beklagte wird verurteilt, unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann –, wegen jeder Zuwiderhandlung es zu unterlassen, öffentlich im Internet, in Printmedien oder sonst, insbesondere bei der Praxisbeschilderung die Bezeichnung "Tierklinik" zu verwenden bzw. als solche aufzutreten.

 

2.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.12.2008 zu bezahlen.

 

3.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

4.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Es ergeht folgender Beschluss: Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Werbung nach § 8 UWG in Anspruch.

 

Der Kläger ist ein Verband, der nach § 2 seiner Satzung den Zweck verfolgt, durch Beteiligung an der Rechtsforschung sowie durch Aufklärung und Belehrung zur Förderung des lauteren Wettbewerbs beizutragen und unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.

 

Der Beklagte betreibt in Amberg eine tierärztliche Fachpraxis.

 

Mit Bescheid der Bayerischen Landestierärztekammer vom 08. Jan. 1998 war ihm die Genehmigung zum Führen der Bezeichnung "Tierärztliche Klinik" erteilt worden. Diese Genehmigung zum Führen der Bezeichnung wurde wegen Nichterfüllung der personellen Mindestvoraussetzungen widerrufen. Nach Widerspruchsbescheid vom 19.04.2005 erhob der Beklagte Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg. Am 13.11.2006 nahm er die Klage zurück.

 

Mit Schreiben vom 26.03.2007 forderte der Kläger den Beklagten auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben, da er auch in der Folgezeit, nach der Klagerücknahme, die Bezeichnung "Tierklinik" weiter geführt hatte.

 

Mit Schreiben vom 26.03.2007 teilte der Beklagte mit, dass er bereits am 23.03.2007 eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unterzeichnet hätte.

 

Im amtlichen Telefonbuch, den Gelben Seiten und regionalen Gelben Seiten für 2008 (jeweils gültig bis Februar 2009) warb der Beklagte für seine Tierarztpraxis wiederum mit der Bezeichnung "Tierärztliche Klinik".

 

Mit Schreiben vom 11.11.2008 forderte der Kläger erneut zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

 

Darauf reagierte der Beklagte mit Ablehnung.

 

Der Kläger trägt vor, die Bewerbung einer Tierklinik gegenüber einer normalen Praxis sei von markterheblicher Bedeutung im Sinne des Wettbewerbsrechts. Für den Beklagten hätte die Verpflichtung bestanden, die notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung des Wettbewerbsverstoßes zu ergreifen. Da hier ein erneuter Verstoß vorliege, sei die Wiederholungsgefahr unzweifelhaft wieder aufgelebt. Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung liege nicht vor. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, da nicht auf den ursprünglichen Verstoß abzustellen sei, sondern auf die Tatsache, dass die Wiederholungsgefahr wieder aufgelebt bzw. mit der wiederholten Erteilung des Anzeigenauftrags eine fortgesetzte Handlung und ein neuer Wettbewerbsverstoß vorliege.

 

Der Kläger beantragt daher,

 

1.

Der Beklagte wird verurteilt, unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann –, wegen jeder Zuwiderhandlung es zu unterlassen, öffentlich im Internet, in Printmedien oder sonst, insbesondere bei der Praxisbeschilderung die Bezeichnung "Tierklinik" zu verwenden bzw. als solche aufzutreten.

2.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.12.2008 zu bezahlen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Er trägt vor, dem Kläger stünde kein Unterlassungsanspruch zu. Ein Unterlassungsanspruch wäre bereits verjährt. Da es sich um ein Dauerdelikt handle, sei der Anspruch durch die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 23.03.2007 verwirkt. Zudem sei das Geltendmachen des Unterlassungsausspruchs auch rechtsmissbräuchlich, da überwiegend sachfremde für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt würden. Der Kläger hätte den Erstabmahner von dem erneuten Rechtsverstoß in Kenntnis setzen müssen, anstatt selbst tätig zu werden. Zudem handle es sich bei dem vorgeworfenen Wettbewerbsverstoß um keinen, der unlauter i. S. des § 3 UWG wäre. Eine spürbare Beeinträchtigung der Marktchancen von Mitbewerbern sei nicht eingetreten, da es weder in Regensburg noch sonst in der Region eine Tierklinik gäbe, welche einen 24-Stundendienst sieben Tage die Woche, sowie eine stationäre Unterbringung der Tiere ermögliche. Die nächste Tierklinik befinde sich in Nürnberg. Da er mit seiner Fachpraxis die Leistungen einer Tierärztlichen Klinik erbringe, könne es nicht wettbewerbswidrig sein, wenn er sich auch als solche bezeichne.

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst übergebener Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

 

Die Handelskammer ist gem. §§ 12 ZPO, 95 Abs. 1 Ziff. 5 GVG örtlich und sachlich zuständig.

 

Der Kläger ist prozessführungsbefugt (vgl. insoweit BGH WRP 1996, Seite 194).

 

II.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung gem. § 8 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 2,3,4 Nr. 11, 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG gegen den Beklagten wegen der Bezeichnung seiner tierärztlichen Praxis als Tierklinik zu.

 

Unstreitig ist dem Beklagten durch die Bayerische Landestierärztekammer versagt worden, die Bezeichnung "Tierärztliche Klinik" für seine tierärztliche Praxis zu führen, da die Mindestanforderungen nach Klinikrichtlinien nicht erfüllt sind.

 

Die Bezeichnung der Praxis als Klinik ist irreführend i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG, denn sie entspricht nicht den tatsächlichen Erwartungen, die der Verkehr an eine "Klinik" stellt. Für die Klinik ist eine gewisse personelle und auch operative Mindestausstattung für die stationäre Betreuung erforderlich. Die Verbraucher gehen bei der Verwendung "Tierärztliche Klinik" davon auch aus, dass diese Mindestanforderungen auch tatsächlich erfüllt sind. Dadurch verschafft sich der Beklagte auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Anbietern, die die Voraussetzungen für die Bezeichnung "Tierklinik" ebenfalls nicht erfüllen, sich aber an die gesetzlichen Vorgaben halten.

 

Da es sich insoweit auch um eine Marktverhaltensregelung handelt, liegt auch ein Verstoß gegen § 4 Ziff. 11 UWG vor.

 

Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, durch die ein Unternehmer auf die Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Dazu gehört nicht nur das Angebot und die Nachfrage von Waren und Dienstleistungen, sondern auch die Werbung einschl. der bloßen Aufmerksamkeitswerbung (vgl. Bornkamm, 26. Auflage, § 4 Rn 11.34.UWG). Zumindest eine bloße Aufmerksamkeitswerbung liegt in dem Führen der Bezeichnung "Klinik", ohne dass die Voraussetzungen für die Klinikrichtlinien gegeben sind.

 

Der Beeinträchtigung kann auch die "Wesentlichkeit" nicht abgesprochen werden. Bei einem Vergleich zwischen gesetzestreuen Tierarztpraxen und der Praxis des Beklagten ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Verbraucher gerade wegen des Hinweises "Klinik" für vermeintlich bessere Betreuung ihrer Tiere die Praxis des Beklagten aufsuchen und sich dieser damit einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung verschafft.

 

Aufgrund des bereits erfolgten Wettbewerbsverstoßes ist die Wiederholungsgefahr zu bejahen.

 

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Für den Beginn der Verjährung ist nicht auf den ursprünglichen Verstoß abzustellen. Es ist vielmehr so, dass für jeden Teil eine gesonderte Verjährung läuft, auch wenn die einzelnen Akte von einem einheitlichen Verletzerwillen getragen sind (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 26. Auflage, § 11 Rn 1.22).

 

Dem Kläger steht damit der begehrte Unterlassungsanspruch zu.

 

Der Anspruch auf Aufwendungsersatz ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

 

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 288 BGB.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


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