Die Werbeanzeige mit dem Slogan "Zeig dein schönstes Lächeln mit J." verstößt gegen Berufsrecht

 | Gericht:  Berufsgericht (BG) Münster  | Aktenzeichen: 18 K 3561/21.T | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Berufliche Kommunikation , Sonstiges

Beschlusstext

Tenor

Die dem Antragsteller mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2021 erteilte Rüge wird aufrechterhalten.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen.

Die Verfahrensgebühr wird auf 500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Geschäftsführer und zahnärztlicher Leiter der B1. GmbH mit Sitz in N. .

Im Juli 2021 wurde der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass im Rahmen des Internetauftritts der Zahnarztpraxis der B1. GmbH auf Facebook die folgende Werbeanzeige geschaltet sei:

Bild 1

Außerdem seien in einem Video auf der Internetseite der Praxis die folgenden Einzelbilder verwendet worden:

Bilder 2 bis 6

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2021 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller als zahnärztlichem Leiter der B1. GmbH nach Anhörung eine Rüge. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen an: Die Werbeanzeige mit dem Slogan Zeig dein schönstes Lächeln mit J. und B1. auf der Facebook-Seite und dem Video auf der Praxis-Homepage sei geeignet, den Anschein zu erwecken, dass die

B1. GmbH durch dieselbe auch finanzielle Vorteile habe. Ausreichend sei dabei, dass der Eindruck erweckt werde, dass sich der Zahnarzt bei seiner Therapieentscheidung durch sachfremde Erwägungen in Form finanzieller Vorteile leiten lasse. Die medizinischen Vorteile durch die Verwendung der Alignersysteme des Herstellers J. mögen zwar gegeben und eine sachliche Information darüber auch durchaus zulässig sein. Allerdings könne durch den Wortlaut und die Art und Weise der Werbung ein falscher Eindruck beim Patienten entstehen. Die durch den verwendeten Wortlaut ausgedrückte Verbindung "J. und B1. " suggeriere eine besondere exklusive Zusammenarbeit zwischen diesem Hersteller und der B1. .GmbH. Dadurch vermöge der Eindruck entstehen, dass hier eine besondere Kooperation bestehe, die nicht frei von (finanziellen) Vorteilen der beteiligten Parteien sei. Dieser Eindruck werde hier noch dadurch verstärkt, dass auf andere Alignersysteme nicht hingewiesen werde und die besonderen Vorteile von J. gegenüber anderen Herstel- lern nicht für den Patienten erkennbar zum Ausdruck kämen. Dadurch entstehe der Anschein, dass nicht nur das legitime Informationsinteresse der Patienten bedient werde, sondern auch ein gewerblicher Zweck naheliege, der geeignet sei, die Therapiefreiheit des Zahnarztes zugunsten eines Herstellers einzuschränken.

Der Antragsteller hat am 16. November 2021 die berufsgerichtliche Nachprüfung der Rüge beantragt.

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die Interpretation der Antragsgegnerin des Werbetextes sei nicht haltbar. Ihre Schilderung, dass eine besondere, exklusive Zusammenarbeit bestehe, die nicht frei von finanziellen Vorteilen sei, sei nicht nachvollziehbar. Das verbindende Wort "und" drücke allein aus, dass die B1. GmbH die Schienen der Marke "J. " bei der Alignertherapie verwende. Die Wortwahl sei äußerst neutral und drücke nicht mehr aus, als dass bei der Alignertherapie die zahnärztliche Leistung der B1. GmbH und die Schienen der Marke "J. " verwendet würden. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass die Werbung für ein Zahntechniklabor nicht als berufswidrig einzustufen sei. Im Falle der Anbieter von Aligner-Behandlungen liege die Situation gleich. Die weitere Begründung der Antragsgegnerin, die Werbung sei mangels Nennung weiterer Anbieter und der Vorteile der "J. "-Schienen gegenüber diesen Anbietern berufswidrig, sei nicht haltbar. Dies ergebe sich schon daraus, dass es auch im Rahmen ärztlicher Werbung erlaubt sei, die Vorteile, die man bewerben möchte, zugespitzt und prägnant zu präsentieren. Wäre die B1. GmbH gezwungen, von ihr nicht verwendete Anbieter zu nennen und damit den verfolgten Zweck selbst zu schmälern, könne dies nicht mit der Wesenseigenheit der Werbung vereint werden, nur eigene Vorteile in den Vordergrund zu stellen und verstieße auch gegen das Verbot vergleichender Werbung. Durch die Werbung trete auch kein Vertrauensverlust bei Patienten dahingehend ein, dass die B1. GmbH die Gewinnerzielung über das Wohl der Patienten stellen könnte. Dies ergebe sich schon ohne weiteres daraus, dass die B1. GmbH keinerlei Gewinn aus der Verwendung der J. -Produkte erhalte. Die zahnärztlichen Leistungen würden regulär nach den Bestimmungen der GOZ abgerechnet. Auf der anderen Seite bestehe seitens der Patienten ein nicht zu unterschätzendes Informationsbedürfnis, welche Bedingungen sie im Rahmen einer Alignment-Behandlung erwarten könnten. Insoweit sei zu beachten, dass bei einem Patientenkreis, der medizinisch-ästhetische Dienstleistungen in Anspruch nehme, Besonderheiten gegenüber den Patienten bei medizinisch notwendigen Behandlungen gälten. Der Patient im Fall einer Aligner-Behandlung die Leistung zumindest zu einem wesentlichen Teil selbst zahlen müsse, setzt er sich intensiver mit den verfügbaren Optionen und den Unterschieden zwischen den Anbietern auseinander. Dabei stehe das Produkt des Anbieters, der die J. -Schiene herstelle, schon für sich für verschiedene besondere Merkmale, deren Vorliegen für den Patienten von großer Bedeutung sei. Insbesondere der Umstand, dass die Behandlung mit den Produkten nicht von jedem Zahnarzt ohne weiteres durchgeführt werden könne, da die Zertifizierung erforderlich sei, mache es unverzichtbar, auf die Möglichkeit der Behandlung mit J. -Produkten aufmerksam zu machen. Insgesamt werde hier nur ein legitimes Interesse der Patienten bedient. Einer Überprüfung halte es auch nicht stand, allein die Nennung des Markennamens als Fremdwerbung einzustufen und nur daraus die Unzulässigkeit der Werbung herzuleiten. Vielmehr sei hier eine Interessenabwägung zwischen der Berufsfreiheit und dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität der Ärzteschaft vorzunehmen, bei der stets alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Bei der Fremdwerbung sei entscheidend, ob der "böse Schein" bezüglich der Bevorzugung des betreffenden Herstellers dadurch kompensiert werde, dass ein Informationsbedürfnis des Patienten bedient werde. Die hier durchzuführende Abwägung falle eindeutig zugunsten der B1. GmbH aus. Die Nennung der Firma, mit der sie zusammenarbeite, sei für Patienten von großem Interesse, da sich die J. -Produkte von denen anderer Anbieter in einer Vielzahl von Punkten unterschieden. Gerade die bei einer Behandlung mit den Produkten bestehende Verpflichtung zur Absolvierung einer Schulung durch den Zahnarzt mache die Nennung des Markennamens zu einer für den Patienten ganz zentralen Information. Insgesamt bediene die B1. GmbH mit der Werbung in ganz überwiegendem Maße allein das sachangemessene Informationsbedürfnis der Patienten, weshalb die Berufsfreiheit deutlich überwiege.

Der Antragsteller beantragt,

den Rügebescheid der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2021 aufzuheben und festzustellen, dass die streitgegenständliche Werbung berufsrechtlich zulässig sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Rügebescheid vom 19. Oktober 2021 aufrechtzuerhalten.

Sie ist unter anderem der Auffassung: Die gerügten Werbeaussagen würden im Rahmen einer umfangreichen Werbekampagne bestehend aus mehreren Bildern und Videoclips des gewerblichen Alignerherstellers J. getroffen. Die Werbung spreche Patienten in erster Linie auf emotionale Weise an. Sie locke mit Bildern von Fotomodellen, strahlend weißen und geraden Zähnen und der Aussicht auf "dein schönstes Lächeln", wenn sich die Patienten für die Zusammenarbeit von "J. und B1. " entschieden. Eine berufsbezogene sachangemessene Werbung stehe dabei nicht im Vordergrund. Hauptaugenmerk der einzelnen Aussagen sowie der gesamten Kampagne sei die Präsentation des konkreten Aligneranbieters J. . Der Markenname werde wiederkehrend plakativ eingeblendet und in den Vordergrund gerückt. Die Werbung sei geeignet, bei Patienten den Eindruck hervorzurufen, dass bei der Wahl des Alignerherstellers finanzielle Gründe eine wesentliche Rolle spielten. Dies sei geeignet, Zweifel an der zahnärztlichen Unabhängigkeit und einer allein am Patientenwohl orientierten Behandlung hervorzurufen. Die Angabe des Herstellers habe für Patienten keinen eigenen Informationswert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.
Das Berufsgericht für Heilberufe kann über den Antrag auf gerichtliche Nachprüfung einer Rüge durch Urteil auf Grund einer Hauptverhandlung oder gemäß §§ 58e Abs. 5 Satz, 83 Abs. 1 Satz 1 des Heilberufsgesetzes - HeilBerG NW - (in der am 14. Dezember 2019 in Kraft getretenen Fassung vom 3. Dezember 2019, GV.NRW.2019 S. 882ff) in leichteren Fällen ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden.

Vgl. hierzu auch: Landesberufsgericht für Heilberufe bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 13. Oktober 2014 - 6t 470/12.T -, www.n-rwe.de, und vom 15. Juli 2005 - 13 E 466/04.T -.

Das Gericht macht im vorliegenden Verfahren von der ihm danach eröffneten Möglichkeit Gebrauch, ohne Hauptverhandlung durch Beschluss zu entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten ausreichend Gelegenheit hatten, sich schriftlich zur Sach- und Rechtslage zu äußern.

Der Antrag auf berufsgerichtliche Nachprüfung ist nach § 58a Abs. 4 HeilBerG NW zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2021 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Antragsteller vor Erteilung der Rüge ordnungsgemäß angehört worden.

Die Rüge ist auch in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach §§ 58a, 58e Abs. 1 Satz 1 HeilBerG NW kann der Kammervorstand Kammerangehörige wegen eines Berufsvergehens rügen, wenn die Schuld gering ist und der Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint. Nach § 58e Abs. 3 Satz 1 HeilBerG NW kann die Rüge mit einem Ordnungsgeld bis zu 10.000 Euro verbunden werden.

Die Berufspflichten der Kammerangehörigen ergeben sich aus §§ 29, 30 HeilBerG NW sowie aus den Bestimmungen der einschlägigen Berufsordnung, die im Rahmen des § 29 HeilBerG NW weitere Vorschriften über Berufspflichten enthalten kann (vgl. § 32 Satz 2 HeilBerG NW). Nach § 21 Abs. 1 S. 2 bis 4 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe - BO - (vom 19. November 2005, MBl. NRW 2006, S.42, zuletzt geändert am 11. Juni 2021, MBl. NRW 2021, S. 759) ist dem Zahnarzt berufswidrige, insbesondere anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung untersagt, wobei der Zahnarzt eine berufswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden darf und dem entgegen zu wirken hat.

Gegen die sich daraus ergebenden Berufspflichten hat der Antragsteller mit den oben abgebildeten Werbeanzeigen schuldhaft verstoßen.

Hierbei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Einem Arzt oder Zahnarzt ist von Verfassung wegen berufsbezogene und sachangemessene Werbung erlaubt. Allerdings ist der Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität der Ärzteschaft ein Gemeinwohlbelang, der es erlaubt, eine gewerbliche Betätigung von Ärzten und Zahnärzten zu beschränken. Insbesondere darf Verhaltensweisen entgegengewirkt werden, die den Eindruck vermitteln, der Arzt stelle die Erzielung von Gewinn über das Wohl seiner Patienten und deren ordnungsgemäße Behandlung. In diesem Sinne soll der Patient darauf vertrauen können, dass sich der Arzt oder Zahnarzt nicht von kommerziellen Interessen leiten lässt.

Vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1. Juni 2011 - 1 BvR 233/10,1 BvR 235/10 -, juris, Rn. 58, 61.

Das Verbot berufswidriger Werbung für Ärzte bzw. Zahnärzte soll dem Schutz der Bevölkerung dienen. Es soll das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Arzt bzw.

Zahnarzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen vornimmt, Behandlungen vorsieht oder Medikamente verordnet. Die ärztliche Berufsausübung soll sich nicht an ökonomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten orientieren. Das Werbeverbot beugt damit einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vor, die einträte, wenn der Arzt Werbemethoden verwendete, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind. Dem Arzt ist allerdings nicht jede, sondern lediglich solche Werbung verboten, die keine interessengerechte und sachangemessene Information darstellt. Ihm ist neben der auf seiner Leistung und seinem Ruf beruhenden Werbewirkung eine Reihe von Ankündigungen mit werbendem Charakter unbenommen: Er darf rechtmäßig erworbene Titel führen, seine Tätigkeit z.B. durch ein Praxisschild nach außen kundtun und auch durch Zeitungsanzeigen werben, sofern diese nicht nach Form, Inhalt oder Häufigkeit übertrieben wirken.

Vgl. Landesberufsgericht für Heilberufe beim OVG NRW, Urteil vom 25. April 2007 - 6t A 1014/05.T -, NJW 2007, 3144, mit weiteren Nachweisen.

Werbebeschränkungen orientieren sich damit letztlich am Rechtsgut des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung. Als berufswidrig ist demnach eine Werbung anzusehen, wenn sie den Interessen des Gemeinwohls im Hinblick auf die (zahn-)ärztliche Berufsausübung zuwiderläuft. Berufswidrig ist danach insbesondere solche Werbung, die zu Irrtümern und damit zu einer Verunsicherung der Kranken führen würde, weil sie das Vertrauen in den Arztberuf untergraben und langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben könnte. Die Abgrenzung zwischen erlaubter sachlicher Information und verbotener berufswidriger Werbung kann dabei nicht generalisierend-abstrakt erfolgen, sondern ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit auf der einen Seite und der Sicherung des Werbeverbots auf der anderen Seite auf Grund einer Abwägung im Rahmen des gesamten Lebensvorgangs, in dem die fragliche Werbemaßnahme ihre Wirkung entfaltet, vorzunehmen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Mai 2012 - 13 A 1399/10 -, juris, Rn. 40.

Dabei ist auf den Standpunkt der angesprochenen Verkehrskreise und auf das Leitbild eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers und nicht auf die Auffassung des jeweiligen Berufsstandes abzustellen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Juni 2008 - 13 A 1712/07 -, juris, mit weiteren Nachweisen, insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

In Anwendung dieser Maßstäbe hält das Berufsgericht den Rahmen berufsrechtlich zulässiger Werbung durch die gerügten Werbeaussagen für überschritten.

So erweist sich das wiederholte deutliche Hervorheben des Aligner-Herstellers J. mit den Aussagen "J. : Die durchsichtige Zahnspange für dein schönstes Lächeln", "ZEIG DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN MIT J. UND B1. , "WAS IST J. ?", "WAS IST BESONDERS AN J. ?", "WARUM J. BEI B1. ?" mit unter anderem den zusätzlichen Aussagen: "Viele Aligner- Lösungen lassen Dich bei der Zahnkorrektur alleine. So kann der Behandlungsablauf nicht überprüft werden ..." und: "bei B1. in N. wird der Behandlungserfolg fortlaufend vom Zahnarzt kontrolliert. Nur so kannst Du das bestmögliche Ergebnis erhalten ..." als anpreisende Werbung i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 3 BO.

Anpreisend ist eine besonders nachdrückliche Form der Werbung, insbesondere mit reißerischen bzw. marktschreierischen Mitteln. Sie ist gekennzeichnet durch Übertreibungen und die Verwendung von Superlativen mit dem Ziel, die eigene Leistung besonders wirkungsvoll herauszustellen und den Adressaten/Patienten suggestiv zu beeinflussen.

Vgl. LG Hamburg, Urteil vom 12. Januar 2012 - 327 O 443/11 -, juris, Rn. 26, mit weiteren Nachweisen.

Dies trifft auf die genannten Werbeaussagen zu. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass das Hauptaugenmerk der einzelnen Aussagen sowie der gesamten Kampagne auf die Präsentation des Aligner-Anbieters J. gerichtet sei, indem dessen Markenname wiederkehrend plakativ in den Vordergrund gerückt werde. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Wortwahl sei äußerst neutral und drücke nicht mehr aus, als dass bei der Alignertherapie die zahnärztliche Leistung der B1. GmbH und die Schienen der Marke "J. " verwendet würden. Vielmehr gehen die genannten Werbeaussagen über eine bloße Information über die Zusammenarbeit zwischen dem Antragsteller und dem Aligner-Hersteller J. hinaus. Indem der Antragsteller ausschließlich auf den Aligner-Hersteller J. hinweist und durch die genannten zusätzlichen Aussagen allein die Vorzüge dessen Produkts hervorhebt, informiert der Antragsteller nicht in sachlicher Art und Weise über sein Leistungsangebot, sondern bewirbt vor allem ein Fremdprodukt in übermäßig anpreisender Weise. Die Werbeaussagen stellen sich damit als anpreisende Fremdwerbung dar. Schon die Fremdwerbung an sich kann jedoch als berufswidrig eingestuft werden, da sie den Anschein vermittelt, der Zahnarzt werbe für die andere Firma, weil er hiervon finanzielle Vorteile habe. Der dadurch vermittelte Eindruck ist geeignet, langfristig das Vertrauen in den Arztberuf zu untergraben.

Vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 62.

Dies ist hier der Fall. Es mag sein, dass der Antragsteller - wie er geltend macht - keinerlei Gewinn aus der Verwendung der J. -Produkte erhalte, der Patient im Fall einer Alignerbehandlung mit J. -Produkten die Leistung zu einem wesentlichen Teil selbst zahlen müsse und die Behandlung mit diesen Produkten nur von entsprechend zertifizierten Zahnärzten vorgenommen werden dürfe. Hieraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Werbung allein oder zumindest überwiegend das Informationsbedürfnis der Patienten bediene. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass die Werbung Patienten in erster Linie auf emotionale Weise anspreche, indem sie neben den genannten Werbeaussagen mit Bildern von Fotomodellen mit strahlend weißen und geraden Zähnen locke. Damit zielt die Werbung erkennbar darauf ab, potentielle Patienten zu einer Aligner-Behandlung gerade mit dem Produkt des Anbieters J. zu bewegen. Das Anpreisen eines bestimmten Produkts durch einen Zahnarzt ist indes ohne weiteres geeignet, bei Patienten den Eindruck zu erwecken, dass sich der Antragsteller von kommerziellen Interessen leiten lässt.

Der Antragsteller hat auch schuldhaft gehandelt. Hierfür ist es unerheblich, ob die Werbung möglicherweise nicht durch ihn persönlich, sondern durch die

"B1. GmbH" veranlasst worden ist. Auch wenn es sich bei dieser Firma um ein von der Zahnarztpraxis des Antragstellers vollständig unabhängiges Unternehmen handelt, ist das Schalten der Werbeanzeige dem Antragsteller zuzurechnen. Da der Antragsteller jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt Geschäftsführer der "B1. GmbH" war, liegt das

Handeln des Unternehmens allein in seiner Verantwortung (vgl. etwa §§ 35 Abs. 1, 36, 43 Abs. 2 GmbHG). Dabei macht es berufsrechtlich keinen Unterschied, ob ein Zahnarzt als solcher oder als Geschäftsführer eines gewerblichen Unternehmens in Erscheinung tritt. Der Zahnarzt kann sich der ihn treffenden Berufspflichten nicht dadurch entledigen, dass er in Form eines oder für einen rechtlich selbständigen Dritten handelt, für den die Berufspflichten nicht gelten.

Vgl. Berufsgericht für die Heilberufe beim Oberlandesgericht München, Urteil vom 20. Januar 1982 - BG Ä 5/81 -.

Im Übrigen bestimmt § 21 Abs. 1 S. 4 BO ausdrücklich, dass der Zahnarzt eine berufswidrige Werbung durch Dritte nicht dulden darf und dem entgegen zu wirken hat.

Liegt mithin eine schuldhafte Berufspflichtverletzung durch den Antragsteller vor, ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin ihm eine Rüge nach §§ 58a, 58e Abs. 1 Satz 1 HeilBerG NW erteilt hat. Ermessensfehler sind insoweit jedenfalls nicht erkennbar und werden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 107, 108 HeilBerG NW in entsprechender Anwendung, § 58e Abs. 5 Satz 2 HeilBerG NW).


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