Urteilstext
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd
a)
ein Kosmetikstudio als „medical beauty LOUNGE“ zu bezeichnen und/oder bezeichnen zu lassen;
und/oder
b)
kosmetische Behandlungen unter der Bezeichnung „medizinische Therapie“ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder zu erbringen und/oder erbringen zu lassen;
und/oder
c)
ein Kosmetikstudio damit zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, dass dort „Medizinkosmetikerinnen“ tätig seien.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 13.01.2019 zu zahlen.
3.
Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungstenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,-- Euro vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen kann der Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Der Beklagte betreibt eine dermatologische Privatarztpraxis. Daneben betreibt er ein an die Arztpraxis angeschlossenes Kosmetikstudio unter der Bezeichnung „medical beauty LOUNGE“. Die dort erbrachten Leistungen werden auf der Internetseite www... dargestellt. Dort wird unter der Rubrik “Gesichtsbehandlung“ für eine „Medizinische Therapie“ geworben. Unter der Rubrik „Stellengesuch“ findet sich die Angabe: „Unser Team besteht aus unseren gut ausgebildeten Medizinkosmetikerinnen …“. Auf den Inhalt der Screenshots (Anlagenkonvolut K 1) wird Bezug genommen.
Der Kläger mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 01.10.2018 und vom 30.10.2018 wegen Wettbewerbsverstößen ab unter Aufforderung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Anlagen K 2, K 4). Dies ließ der Beklagte durch anwaltliche Schreiben vom 16.10.2018 und 07.11.2018 zurückweisen (Anlagen K 3, K 5).
Der Kläger behauptet, er sei als Fachverband umfassend klagebefugt, was auch gerichtsbekannt sei. Ihm gehörten nicht nur die Landesärztekammer Hessen, sondern auch die Bundesärztekammer als Mitglieder an. Überdies seien zahlreiche Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern Mitglieder beim Kläger.
Er ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Angaben seien irreführend, da bei dem Verkehr fälschlicherweise die Erwartung erweckt werde, dass in dem Kosmetikstudio des Beklagten medizinische Leistungen vorgenommen, insbesondere Hautprobleme bzw. Hautkrankheiten diagnostiziert und therapiert würden. In dieser Erwartung werde der Verkehr getäuscht, da heilkundliche Leistungen nach § 1 HPG nur einem Arzt oder Heilpraktiker mit entsprechender Erlaubnis vorbehalten sind. Auch verstoße der Beklagte durch die Zusammenarbeit mit Kosmetikerinnen im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit und der Werbung für gewerbliche Tätigkeiten gegen die Berufsordnung der Landesärztekammer Hessen (im Folgenden BO). Wegen des diesbezüglichen Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 28.02.2019 (Bl. 59 ff.) Bezug genommen.
Der Kläger behauptet, ihm seien Kosten für die Abmahnung in Höhe einer Kostenpauschale von 299,60 € entstanden; wegen der Begründung wird auf die Klageschrift Bl. 6-8 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1.
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, geschäftlich handelnd
a)
ein Kosmetikstudio als „medical beauty LOUNGE“ zu bezeichnen und/oder bezeichnen zu lassen;
und/oder
b)
kosmetische Behandlungen unter der Bezeichnung „medizinische Therapie“ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder zu erbringen und/oder erbringen zu lassen;
und/oder
c)
ein Kosmetikstudio damit zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, dass dort „Medizinkosmetikerinnen“ tätig seien;
2.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, in der Firma „medical beauty Lounge“ würden medizinische Leistungen erbracht, daher fehle es an einer Irreführung. Der Begriff „medical“ suggeriere dem Verkehr, dass die dort angebotenen Dienste und Therapien einem medizinischen Qualitätsstandard entsprächen und die ausführenden Behandler eine medizinische Ausbildung hätten, dagegen werde nicht suggeriert, dass ärztliche Leistungen erbracht würden. Dies werde deutlich anhand einer Fülle von gebräuchlicher Verwendungen bei Bezeichnungen wie u.a. medizinische Fußpflege, medizinischer Masseur, medizinische Pflege, medizinische Logopädie und medizinische Physiotherapie. Beispielsweise werde das medizinische, aber nicht ärztliche Leistungsangebot der Therapie „Kryolipolyse“ von der Firma ... erbracht, insoweit werde daher der Begriff „medical“ in diesem Zusammenhang zutreffend verwendet.
Für alle medizinischen Angebote in der „medical beauty Lounge“ stünde medizinisch ausgebildetes Fachpersonal zur Verfügung, wegen des Vortrags zur personellen Ausstattung wird auf die Klageerwiderung Bl. 45 d.A. Bezug genommen.
Auch die Wortschöpfung „Medizinkosmetikerin“ sei nicht irreführend, sie umschreibe den Begriff der medizinischen Fachangestellten mit kosmetischer Zusatzausbildung. Der Verkehr erwarte, dass die so bezeichnete Person einen medizinischen Ausbildungsberuf absolviert habe und eine zertifizierte Aus- oder Fortbildung im kosmetischen Bereich. Auf die Personalliste des Beklagten Anlage A 1 sowie die Qualifikationsnachweise Anlage A 2 wird Bezug genommen (Zeugen Bl. 91). Alle Angestellten der „medical beauty Lounge“ hätten eine Aus- oder Fortbildung im kosmetischen Bereich. Auch werde nicht gegen § 29a BO verstoßen, da dieser sich nur mit dem Betrieb einer Arztpraxis und der gemeinsamen Leistungserbringung ärztlicher Leistungen befasse.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist umfassend klagebefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (Köhler / Bornkamm, UWG, 37. Aufl., Rz. 2.45).
Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltende Anspruch auf Unterlassung aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG zu.
Dem Beklagten liegt eine unlautere Handlung nach § 3 Abs. 1 UWG zur Last, da die streitgegenständlichen geschäftlichen Handlungen irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG sind.
Die vom Beklagten zur Bezeichnung seines Kosmetikstudios verwendete Bezeichnung „medical beauty LOUNGE“ ruft beim angesprochenen Verkehr - dies ist der allgemeine Verkehr, zu dem auch das erkennende Gericht gehört - die Vorstellung hervor, es handele sich um eine Praxis, in der medizinische Leistungen angeboten werden, die einen Bezug zur Schönheit haben, wie etwa die Diagnose und Therapie von Hautkrankheiten, Schönheitsoperationen etc. Diese Leistungen dürfen nach § 1 Abs. 2 HeilPraktG nur von Ärzten bzw. soweit erlaubt von Heilpraktikern durchgeführt werden. Bei der „medical beauty LOUNGE“ handelt es sich jedoch unstreitig um ein Kosmetikinstitut. Dass der Beklagte approbierter Arzt ist, ist insoweit unerheblich, da es nicht um medizinische Leistungen geht, die er in seiner Praxis erbringt, sondern um solche, die in seinem Kosmetikinstitut erbracht werden.
Selbst wenn - was zwischen den Parteien streitig ist - in der „medical beauty LOUNGE“ medizinische Leistungen von Hautärztinnen und einer Heilpraktikerin erbracht würden, so wäre auch dies als unlautere Handlung gemäß §§ 3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 17 der BO zu unterlassen. Danach ist die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit an den Praxissitz gebunden. Die streitgegenständliche „medical beauty LOUNGE“ ist aber keine Arztpraxis, sondern ein Kosmetikinstitut. Auch eine Zusammenarbeit mit Personen, die weder Ärztinnen oder Ärzte oder sind oder zu ihren berufsmäßig tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören, ist nach § 29a BO nicht gestattet.
Auch die Erbringung kosmetischer Behandlungen unter der Bezeichnung „medizinische Therapie“ ist irreführend, da der Verkehr davon ausgeht, dass medizinische Leistungen erbracht werden, die die Diagnose und Heilung von Krankheiten betreffen. Hierin wird der Verbraucher jedoch getäuscht, da es um kosmetische Leistungen geht.
Schließlich ist auch die Bewerbung des Kosmetikinstituts dahingehend, dass dort „Medizinkosmetikerinnen“ tätig seien, ebenfalls irreführend. Insoweit wird vom Verkehr erwartet, dass es sich um Kosmetikerinnen handelt, die über kosmetische Anwendungen hinaus medizinische Leistungen erbringen dürfen, was aber nicht der Fall ist. Selbst wenn diese eine medizinische Zusatzqualifikation haben sollten wie medizinische Fachangestellte, dürften sie keine heilkundlichen Leistungen erbringen.
Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, dass streng zu unterscheiden sei zwischen ärztlichen und medizinischen Leistungen. Der Verkehr gehe aufgrund der Bezeichnung „Medizinkosmetikerinnen“ nicht davon aus, dass ärztliche Leistungen erbracht würden, sondern medizinische. Dies werde deutlich anhand einer Fülle von gebräuchlicher Verwendungen bei Bezeichnungen wie u.a. medizinische Fußpflege, medizinischer Masseur, medizinische Pflege, medizinische Logopädie und medizinische Physiotherapie. Bei diesen Bezeichnungen handelt es sich jedoch um Berufe, die einer gesetzlichen Regelung unterliegen und inhaltlich definiert sind. Dagegen ist der Begriff der „Medizinkosmetikerin“ eine fantasievolle Wortschöpfung. Ob der Beklagte - was bestritten ist - die Leistung der sogenannten Kryolipolyse anbietet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 299,60 € ist begründet aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, da die Abmahnung berechtigt war. Der Kläger unterhält gerichtsbekannt einen umfangreichen gemeinnützigen Zweckbetrieb für den Bereich der Abmahnungen, die Höhe der geltend gemachten Kosten für die Abmahnung werden auf den geltend gemachten Betrag geschätzt. Die Zinsforderung ist begründet aus § 291 ZPO.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 1 ZPO.