Beteiligung eines Arztes an einer einen Geschäftsanteil an einer Labormedizin-GmbH haltenden GbR

 | Gericht:  Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart  | Aktenzeichen: 2 U 176/06 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs

Urteilstext

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.10.2006 g e ä n d e r t .

 

2. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 2.) zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, niedergelassene Ärzte zum Beitritt zu der „S. B.-G.“ aufzufordern und/oder gegenüber niedergelassenen Ärzten für den Beitritt zu der „S. B.-G.“ zu werben.

 

3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

 

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung in der Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagten können die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 25.000,00 €

 

Gründe

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, der Sache nach von Erfolg.

 

A.

Zum einen wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

 

Zusammenfassend:

 

Der Kläger sieht im geplanten Vorgehen der Beklagten Ziff. 2, deren Mitgeschäftsführer der Beklagte Ziff. 1 ist, einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG, § 31 Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg [im Folgenden kurz: BOÄ] und § 4 Nr. 1 UWG.

 

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Labormedizin.

 

Die Beklagte Ziff. 2 hat mit einer „Eintrittsvereinbarung“ für eine Unterbeteiligung an ihr bei Abtretung des Gewinnbezugsrechts geworben (K 1 = Bl. 7). Als „Hauptbeteiligter“ soll der als Zeuge vernommene Steuerberater B., der „mit 80 % am Gesamtgewinn der S. G. beteiligt“ ist (§ 1 Ziff. 2 der „Eintrittsvereinbarung“), auftreten. „Die Unterbeteiligten werden quotal entsprechend ihren Leistungsanteilen an diesem Gewinnanteil beteiligt.“ Die Unterbeteiligten, mit der Werbung angesprochene niedergelassene Ärzte, sollen nur eine Innengesellschaft bilden.

 

§ 1 Ziff. 2 der „Eintrittsvereinbarung“ sah vor:

 

„2. Die Unterbeteiligten werden für die [Beklagte Ziff. 2] im Rahmen der Labordiagnostik durch festgelegte Verfahren zur Auftragserfassung und präanalytischen Qualitätssicherung Leistungen erbringen. Diese Leistungen werden für die [Beklagte Ziff. 2] erbracht und im Rahmen der Gewinnbeteiligung der Unterbeteiligten vergütet.“

 

Der Gesellschaftsvertrag der S. Beteiligungs-GbR (K 4 = Bl. 10) gab u.a. vor:

 

„ § 1 Zweck

 

1.Die Gesellschafter verbinden sich zu dem gemeinsamen Zweck des Haltens eines Gesellschaftsanteiles einer Kapitalgesellschaft über einen Treuhänder.

2. ...

3.Der Nennwert des übernommenen Gesellschaftsanteils beträgt Euro 100,00. ...

 

§ 3 Beiträge

 

1.Jeder der Gesellschaft nach Abschluss dieses Vertrages neu beitretende Gesellschafter hat einen Beitrag an die Gesellschaft in Form einer Einlage zu leisten. Die Einlage wird dem Kapitalkonto des jeweiligen Gesellschafters gutgeschrieben und mit zukünftigen Gewinnausschüttungen verrechnet.

 

2.Die Höhe der zu leistenden Einlage beträgt: EUR 100,00.

...

 

§ 5 Haftungsausschluss

 

Die Gesellschafter haften nicht für evtl. eintretende Verluste der [Beklagten Ziff. 2].

 

§ 6 Geschäftsführung

 

1.Die Geschäftsführung der Gesellschaft übernimmt der Treuhänder.

...“.

 

 

Als Treuhänder vorgesehen ist der Zeuge B..

 

„§ 8 Gewinn und Verlust, Ermittlung, Verteilung

 

1. Im Verhältnis der Gesellschafter zueinander ist als verteilungsfähiger Gewinn derjenige Gewinn anzusehen, der sich wie folgt errechnet:

 

Auszugehen ist von dem Gewinn der Hauptgesellschaft nach dem steuerlich maßgeblichen Jahresabschluss der Hauptgesellschaft und dem Gewinnanteil, welcher der Gesellschaft zusteht. Werden aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung andere Ansätze verbindlich als die im ursprünglichen Jahresabschluss enthaltenen, so sind diese auch für die Beteiligungsgesellschaft maßgeblich.“

 

Die Ausgangsfassung sah als Ziff. 2 und 3 vor:

 

2. Der verteilungsfähige Gewinn der Beteiligungsgesellschaft wird durch Gesellschafterbeschluss auf Vorschlag des Geschäftsführers verteilt.

 

3. Jeder Gesellschafter erhält die jeweiligen Überschüsse seines Kapitalkontos nach unanfechtbarem Gesellschafterbeschluss ausgezahlt. Weist das Kapitalkonto insoweit einen Soll aus, ist der jeweilige Gesellschafter verpflichtet, sein Kapitalkonto auszugleichen.“

 

Die Beklagten behaupten eine Änderung dieses Vertragstextes insoweit dahin:

 

2. Der verteilungsfähige Gewinn der Beteiligungsgesellschaft wird entsprechend den durch Einlagen gemäß § 3 dieses Vertrages geleisteten Festkapitalanteilen der Gesellschafter aufgeteilt.

 

3. Jeder Gesellschafter erhält die jeweiligen Überschüsse seines Kapitalkontos ausgezahlt. Weist das Kapitalkonto insoweit einen Negativsaldo aus, ist der jeweilige Gesellschafter verpflichtet, sein Kapitalkonto auszugleichen.“

 

Der Kläger hat behauptet,

 

die Beteiligungsgesellschaft habe ihre werbende und wirtschaftende Tätigkeit bereits aufgenommen, und zwar auf der Grundlage der Ausgangsfassung des Gesellschaftsvertrages. Danach sei nach Konzept, Handhabung und Werbung klar, dass sich der Anteil an der Gewinnausschüttung nach dem Umfang der Laboraufträge der Gesellschafter an die Beklagte Ziff. 2 richte. Dies aber stelle einen Verstoß gegen das in § 31 BOÄ enthaltene Zuweisungsverbot dar. Im Übrigen liege eine unsachliche Beeinflussung gemäß § 4 Nr. 1 UWG in dieser Beteiligungskonstruktion, da der Gesellschafter dadurch veranlasst werde, nur die Beklagte Ziff. 2 mit Laboraufträgen zu bedenken, da sich nur so die zudem nahezu unentgeltlich eingeräumte Gesellschafterstellung als lohnend erweise.

 

Der Kläger hat im Kern beantragt

 

- wie zweitinstanzlich wieder -.

 

Die Beklagten haben beantragt:

 

Die Klage wird abgewiesen.

 

Sie haben hauptsächlich eingewandt,

 

die Beteiligungsgesellschaft sei noch gar nicht aktiviert. Sie habe im Übrigen nie das Ziel gehabt, die Gewinnbeteiligung vom Grad des Zuweisungsverhaltens des beteiligten Arztes abhängig zu machen, vielmehr sei einzig dessen Kapitalanteil Maßstab der Gewinnquote. Dies stelle die geänderte Fassung nur ergänzend klar. Danach geschehe keine Koppelung zwischen Zuweisungsumfang und Gewinnbeteiligung, eine unmittelbare oder auch nur mittelbare Zuweisungsverpflichtung werde nicht ausgelöst. Die Beteiligung erschöpfe sich in einer zulässigen reinen Kapitalbeteiligung.

 

Das Landgericht vernahm die Zeugen B., F. und B., letztere Partner in der Laborgemeinschaft des Beklagten Ziff. 1, zur Planung oder Handhabung der Gewinnverteilung, und wies danach die Klage ab, da nur eine zuweisungsabhängige Gewinnverteilung § 31 BOÄ ausfüllen würde, nicht aber eine nur kapitalanlagebezogene, wovon vorliegend nur ausgegangen werden könne. Dies stehe auch der Bejahung des § 4 Nr. 1 UWG entgegen, weil eine Koppelung zwischen Laboraufträgen und Gewinnausschüttungsgrad gleichsam als Zugabe dafür fehle. Die reine Kapitalbeteiligung sei nicht beanstandungswürdig.

 

Dies bekämpft der Kläger mit seiner Berufung unter vertiefender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und der damit einhergehenden Wertungen.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19. Oktober 2006, Aktenzeichen 17 O 300/06, aufzuheben und die Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen,

es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 2.) zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

niedergelassene Ärzte zum Beitritt zu der „S. B.-G.“ aufzufordern und/oder gegenüber niedergelassenen Ärzten für den Beitritt zu der „S. B.-G.“ zu werben,

hilfsweise,

es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 2.) zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

niedergelassene Ärzte zum Beitritt zu der „S. B.-G.“ aufzufordern und/oder gegenüber niedergelassenen Ärzten für den Beitritt zu der „S. B.-G.“ zu werben, wenn der verteilungsfähige Gewinn der „S. B.-G.“ im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zuweisung von Untersuchungsmaterial steht.

 

Die Beklagten beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung als richtig.

 

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).

 

B.

1.

a) § 31 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 15. Dezember 2004 in der Neufassung der Berufsordnung vom 09.02.2005, zuletzt geändert durch Satzung vom 17.01.2007 (Ärzteblatt Baden-Württemberg 2007, S. 131), lautet:

 

„ Unerlaubte Zuweisungen von Patientinnen und Patienten gegen Entgelt Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“

 

b)

 

aa) § 31 BerufsO bringt mit seinem berufsrechtlichen Verbot zum Ausdruck, dass Ärzte gehalten sind, die Entscheidung darüber, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zu Laboruntersuchungen überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Ihre Nachfrageentscheidung darf nicht aus eigenen Interessen des Arztes als Nachfrager oder Nachfragedisponent des Patienten getroffen werden, insbesondere darf der Arzt die Entscheidung, an welchen Facharzt er einen Patienten überweist, nicht davon abhängig machen, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht (BGH GRUR 2005, 1059 [juris Tz. 22] - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften ; BGH NJW-RR 2003, 1175 [II 2.]; Koblenz OLGReport 2004, 94, 95; Ratzel in Ratzel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte [MBO], 4. Aufl. [2006] § 31, 1; vgl. auch Köhler GRUR-RR 2006, 113, 114). Ähnlich wie beim heilmittelrechtlichen Zugabeverbot sollen sich Ärzte nicht davon leiten lassen, ob ihnen bei der Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten Präparats ein persönlicher Vorteil zufließt (BGH a.a.O. [22]). Eine unzulässige Vorteilsgewährung besteht in der Beteiligung des überweisenden Arztes am Liquidationserlös des die Leistung erbringenden Arztes. Die möglichen Beteiligungsformen sind vielfältig, der Einfallsreichtum der Beteiligten nahezu unbegrenzt. Die Rechtsprechung hat zwar Honorarbeteiligungsmodelle gebilligt, diese hatten jedoch eines gemein, dass der sachliche Grund in der Versorgung des Patienten oder dem besonderen Versorgungsauftrag lag (so Ratzel in Ratzel/Lippert [2006], § 31, 3). Die Anwendung des § 31 kann zweifelhaft sein, wenn die Gewährung des Vorteils nicht von der Zuwendung von Untersuchungsmaterial abhängig gemacht ist (BGH a.a.O. [23]).

 

bb)

Jedenfalls im Rahmen des § 4 Nr. 1 UWG kommt es aber auf eine rechtliche Koppelung nicht an. Ein unangemessener unsachlicher Einfluss kann vielmehr schon dann zu bejahen sein, wenn die niedergelassenen Ärzte sich auch ohne rechtliche Koppelung veranlasst sehen, dieser Laborarztpraxis die Patienten zu überweisen (BGH a.a.O. [23]).

 

cc)

§ 31 BerufsO ist nicht nur ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB (BGH NJW-RR 2003, 1175 [II 1.]; Ratzel a.a.O. 1 und 20; Armbrüster in MünchKomm, BGB, 5. Aufl. [2006], § 134, 30), sondern die Regelung ist auch dazu bestimmt, ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile von Ärzten untereinander zu verhindern (BGH a.a.O. [II 2.]; Ratzel a.a.O. 1). Dieser Schutzzweck gebietet, jede Art der Patientenvermittlung gegen Entgelt oder sonstige Vorteile, die ihren Grund nicht in der Behandlung selbst haben, als verbotswidrig anzusehen (Ratzel a.a.O. 1). Der Charakter als Schutzgesetz gebietet zudem als allgemeinen Rechtsgrundsatz ein Umgehungsverbot. Danach ist unwirksam auch ein Geschäft, das einen verbotenen Erfolg durch Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, die scheinbar nicht von der Verbotsnorm erfasst werden (BGH NJW 2006, 1066, 1067 [Tz. 13]; Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl. [2007] § 134, 28).

 

c)

aa)

Der BGH hat in seiner Entscheidung GRUR 2005, 1059 [juris Tz. 18.] - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften es für wettbewerbswidrig erachtet, wenn die beklagten Laborärzte die labortechnischen Untersuchungen, welche niedergelassene Ärzte - wie häufig in einer eigenen Laborgemeinschaft - selbst durchführen dürfen, dieser Laborgemeinschaft unter Selbstkostenpreis anbieten und dadurch die niedergelassenen Ärzte veranlassen, den Beklagten Patienten für labortechnische Untersuchungen zu überweisen, welche nur Laborärzten vorbehalten sind (zust. Ratzel in Ratzel/Lippert [2006] § 31, 5). Das OLG Köln GRUR 2006, 600 sah das Geschäftsmodell eines Hörgeräteakustikbetriebes, wonach dem HNO-Arzt einerseits eine Beteiligung an seinem Unternehmen im Wege des Aktien-erwerbs angetragen und andererseits eine Einbindung in die Hörgeräteakustikabgabe im verkürzten Versorgungsweg in der Weise angeboten wurde, dass der Arzt seinen finanziellen Aufwand kompensieren oder Gewinn erwirtschaftet kann, indem er die vom Akustiker angebotene Möglichkeit, im Rahmen der Hörgeräteversorgung bestimmte Leistungen gegen Entgelt (initiale Beratung des Patienten und Ohrdruckprüfung gegen 100,00 €) zu erbringen, nutzt, nicht als Verstoß gegen berufsrechtliche Vorschriften an, wenn dem Arzt für die in diesem Zusammenhang zu erbringenden Leistungen keine unangemessen hohe Vergütung zugesagt wird. So liege kein Verstoß gegen § 34 Abs. 5 MBO vor, der dem Arzt verbiete, Patientinnen und Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen (OLG Köln a.a.O. [juris Tz. 34]). Weise aber das Hörgeräteakustikunternehmen in seiner Werbung darauf hin, dass für den Arzt die Aktienbeteiligung an dem Unternehmen umso lukrativer ist, desto häufiger er Patienten bei der Hörgeräteversorgung an die Gesellschaft verweist, und bringe es gerade die Beeinflussbarkeit des Gewinns durch die Zuweisungspraxis als maßgebliches Argument für die Aktienanlage vor, so ziele diese Werbung darauf ab, dass Ärzte Überweisungen entgegen § 34 Abs. 5 MBO nicht aus sachlichen, sondern aus finanziellen Gründen vornehmen, was unlauter nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG sei (OLG Köln a.a.O. [juris Tz. 46]). Dort hatte die Beklagte in einem Verkaufsprospekt wiederholt darauf hingewiesen, dass der HNO-Arzt durch seine „aktive Mitarbeit“ bzw. „als Anteilseigner und durch Zuweisungen“ den Erfolg der Gesellschaft bestimme. Diese Werbung verleite HNO-Ärzte, einen unmittelbaren Bezug zwischen der Verweisung des Patienten durch den Arzt an die Beklagte und dem Gewinn des Arztes herzustellen, stelle die Lukrativität der Beteiligung an der Aktiengesellschaft als von der Zuweisungspraxis abhängig dar und bringe gerade die Beeinflussbarkeit des Gewinns durch die Zuweisungspraxis als maßgebliches Argument für die Anlage vor, was einen Verstoß gegen das Berufsrecht darstelle (a.a.O. [juris Tz. 48]). Das OLG Koblenz hatte in einem Fall, in welchem eine Augenklinik in Anschreiben an niedergelassene Augenärzte den Eindruck erweckte, sie erhielten für die prä- und postoperative Untersuchung von Patienten, welche bei der beklagten Klinik kataraktoperiert wurden, im Falle der Zuweisung eines Patienten ein Entgelt, wofür sie keine nennenswerte zusätzliche Leistung zu erbringen hätten, einen Verstoß gegen § 31 BOÄ angenommen. Habe nämlich der niedergelassene Arzt bei der Beratung des Patienten über die Möglichkeiten der weiteren ambulanten operativen Versorgung mehrere in Betracht kommende, qualitativ gleichwertige Operateure zur Auswahl, werde er nach allgemeiner Lebenserfahrung seinem Patienten denjenigen empfehlen, bei dem er bei sonst vergleichbaren Bedingungen selbst einen wirtschaftlichen Vorteil hat. Habe er von einem der möglichen Operateure eine Zahlung zu erwarten, bei einem anderen nicht, liege es auf der Hand, dass er seinem Patienten zu Ersterem raten werde (Koblenz OLGReport 2004, 94, 95). Bei Umsatz- und Gewinnbeteiligungen wird ein fest vorgegebener Gewinnanteil oder ein Fixum für unzulässig erachtet. Eine angemessene umsatzbezogene Erhöhung der Gemein-, Geräte- und Verwaltungskosten entbehre jedoch nicht der inneren wirtschaftlichen Rechtfertigung. Unzulässig sei jedoch eine Beteiligung bzw. ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis des Dritten an der Praxis des Abführungspflichtigen (Ratzel a.a.O. 19). Ein Verstoß liege vor, wenn einem derartigen (Investor-)Gesellschafter Gewinne verursachungsgerecht nach der Zahl der von ihm veranlassten Untersuchungen zugeteilt würden (Ratzel a.a.O. 20). Das OLG Koblenz (OLGReport 2006, 516) hat einen Verstoß gegen § 34 Abs. 5 der Hessischen BerufsO für Ärzte, wonach es diesen nicht gestattet ist, ihre Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen, bejaht, als die dortige Verfügungsbeklagte in von ihr entwickelte Software für Arztpraxen ein Modul zum Druck von V. für eine bestimmte Versand-Apotheke integrierte, mit der die Bestellung von Medikamenten dieser Apotheke ausgedruckt werden kann. Mit der Integration des beanstandeten Softwaremoduls stifte die Verfügungsbeklagte Ärzte dazu an, gegen dieses Verbot zu verstoßen. Gleichgerichtet unter Verweis auf § 34 Abs. 5 MBO-Ärzte hat das LG Saarbrücken mit Urteil vom 31.01.2007 = A & R 2007, 87, 88 f den Fall entschieden, dass eine (niederländische) Versand-Apotheke bei Ärzten unter Hinweis auf Budgetentlastung für die Anforderung von für deren Patienten bestimmte Broschüren geworben hat, denen ein Bestellschein mit Freiumschlag für eine erste Bestellung bei ihr zu günstigen Konditionen beigelegt war.

 

bb)

In der Entscheidung NJW-RR 2003, 1175 [II 2. a)] hat der III. Zivilsenat des BGH im Hinblick auf die nur auf Grund hinreichender Sachgründe einschränkbare, verfassungsrechtlich gewährleistete freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) Zahlungen von Fachärzten für Anästhesie an den beklagten Frauenarzt, der ambulante Operationen durchführte, bei denen die klagenden Anästhesisten die Narkoseleistungen übernahmen und ein Entgelt für die Benutzung des Operationsraums an den Beklagten zu leisten hatten, für nicht unzulässig angesehen, da es dabei um einen pauschalen Aufwendungsersatz für Kostenentlastungen eines Kooperationspartners gehe; ein solcher Kostenausgleich sei sachlich gerechtfertigt. Diese Sicht wäre allerdings ausgeschlossen, wenn solche Aufwendungen bereits im Rahmen der ärztlichen Liquidation vom Patienten oder vom Kostenträger vollständig ersetzt würden. Auch bestehe die Gefahr eines Missbrauchs, nämlich, dass möglicherweise der „Meistbietende“ den Zuschlag erhalte, was nach den tatsächlichen Gegebenheiten jenes Falles aber verneint wurde (BGH a.a.O. 1176 [II. 2. b)]; zust. Ratzel a.a.O. 4; Spickhoff NJW 2004, 1710). Das OLG Köln GRUR 2006, 600 [juris Tz. 32] stellte fest, dass ein Arzt durch berufsrechtliche Vorschriften nicht gehindert sein kann, sich an einer Aktiengesellschaft zu beteiligen, was auch dann gelte, wenn es sich bei Aktiengesellschaften um einen Hersteller von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten handele.

 

2.

Gemessen an diesen Grundsätzen vermag der Senat der landgerichtlichen Entscheidung nicht beizutreten.

 

Im Spannungsfeld zwischen einerseits dem zweifelsfrei zulässigen Beitritt eines Arztes zu irgendwelchen Unternehmensbeteiligungengesellschaften, auch wenn sie irgendeinen beruflichen Bezug aufweisen, etwa dem Kauf von Aktien eines Pharmaunternehmens, und andererseits der Gewährung von Entgelten/Vorteilen unmittelbar für jede Untersuchungszuweisung, ist das vorliegende, zumindest geplante und ersichtlich jederzeit umsetzungsreife Beteiligungsmodell gemessen an § 31 BOÄ als unzulässig einzustufen.

 

Dabei mag zu Grunde gelegt werden, dass die ursprüngliche Fassung des § 8 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages nicht auf eine Gewinnverteilung je nach dem Auftrags-/Zuweisungsvolumen des beteiligten Arztes ausgerichtet war, sondern dass schon von vornherein insoweit ein Verständnis angelegt war, wie es in der Neufassung dieser Vertragsklausel seinen Ausdruck gefunden hat (Gewinnausschüttung nach dem jeweils geleisteten Festkapitalanteil). Zwar ist danach die unmittelbare Koppelung von Zuweisungsgrad und Gewinnanteil aufgehoben, die wirtschaftliche Verknüpfung bleibt jedoch offenkundig, da diese dem Beteiligungsmodell immanent ist und die einzige innere Rechtfertigung für einen Beitritt darstellt. Gewinne können nämlich kaum erwirtschaftet werden aus der bloßen Innehabung von 100,00 € Kapitalbeteiligung je Beigetretenem. Der Gewinnzufluss an die Anteilseigner speist sich ersichtlich aus dem wirtschaftlichen Erfolg der Beklagten Ziff. 2. Zwar ist denkbar - worauf der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat -, dass die GmbH, die Beklagte Ziff. 2, aus welchen Gründen auch immer, „rote Zahlen“ schreibt. Die Gesellschafter haften dafür schon nicht (§ 5 Gesellschaftsvertrag). Eine solche wirtschaftliche Entwicklung ist zwar nicht ausgeschlossen, damit würde die im Modell verankerte Gewinnerwartung, welche durch eigenes Zuweisungsverhalten steuerbar ist, nur durch ein Risiko überlagert, das nicht modellspezifisch, sondern dem Wirtschaftssystem schlechthin immanent ist. Auch der, dem für jede Zuweisung direkt eine Provision versprochen wäre, könnte im Falle der Insolvenz des Versprechenden mit diesem Anspruch ausfallen. Das allgemeine, dem Wirtschaftsleben innewohnende Verlustrisiko ändert aber am Geschäftsmodell und seinem auf Vorteilsgewährung ausgerichteten Versprechen für den Fall einer Beteiligung nichts. Da der Geschäftszweck der Beklagten Ziff. 2 Laborleistungen nach vorgegebenen Gebührentatbeständen sind, operiert diese GmbH erfolgreich, wenn sie einen hohen Umsatz und eine hohe Auslastung hat. Je mehr Aufträge, sprich je mehr Zuweisungen an diese erfolgen, desto größer ist deren Gewinn und damit über die vom Treuhänder für die Innengesellschafter gehaltene Gewinnbeteiligung die Gewinnausschüttung an den Inhaber des Leistungsanteils an diesem Gewinnanteil (vgl. auch § 1 Eintrittsvereinbarung). Soll sich die Beteiligung für den beitretenden Arzt auszahlen, so handelt er in seinem ureigenen Interesse, wenn er nicht andere gleich- oder möglicherweise besserwertige Laborunternehmen als Adressaten seines Untersuchungsauftrages ins Kalkül zieht, sondern ausschließlich die Gesellschaft beauftragt, an der er solchermaßen beteiligt ist. Zwar ist nicht auszuschließen, dass ein Arzt durch ein großes Zuweisungsaufkommen angesichts der unmittelbaren Entkoppelung seines Gewinnanteils von seinem Zuweisungsgrad einen Mitgesellschafter begünstigt, der wenig Aufträge zu vergeben hat oder aus irgendwelchen Gründen nicht alle Aufträge dieser Gesellschaft erteilt. Der zuweisende Arzt kann jedoch sicher sein, dass seine intensive Zuweisung, wenn auch nicht 1 : 1, so doch in jedem Falle mit einer Erhöhung auch seiner Gewinnausschüttung abgebildet wird. Von einer Vergabe an ein anderes Laborunternehmen, an welchem er nicht solchermaßen beteiligt ist, hat er nichts, nur bei der Vergabe an dieses stellt sich für ihn ein entgeltwerter Vorteil ein. Insoweit gilt das, was bereits das OLG Koblenz (OLGReport 2004, 94, 95) so zusammengefasst hat: „Hat der niedergelassene Arzt bei der Beratung des Patienten über die Möglichkeiten der weiteren ambulanten operativen Versorgung mehrere in Betracht kommende, qualitativ gleichwertige Operateure zur Auswahl, wird er nach allgemeiner Lebenserfahrung seinen Patienten denjenigen empfehlen, bei dem er - der niedergelassene Arzt - bei sonst vergleichbaren Bedingungen selbst einen wirtschaftlichen Vorteil hat. Hat er von einem der möglichen Operateure eine Zahlung zu erwarten, bei einem anderen aber nicht, liegt es auf der Hand, dass er seinen Patienten zu Ersterem raten wird“ . Das dem Beteiligungsmodell immanente Motiv des Gewinnstrebens wird den Arzt dazu verleiten, gerade dieses Labor mit seinen Aufträgen zu bedenken. Nichts anderes bringt § 1 Nr. 2 der Eintrittsvereinbarung zum Ausdruck: „2. Die Unterbeteiligten werden für die [Beklagte Ziff. 2] im Rahmen der Labordiagnostik durch festgelegte Verfahren zur Auftragserfassung und präanalytischen Qualitätssicherung Leistungen erbringen ...“ . Danach hat das Modell in Bezug auf die beitrittswilligen Ärzte einzig den Zweck, sich aus einer medizinisch gebotenen Vergabe von (auch) notwendigerweise fremd zu vergebenden Untersuchungen, die für den Arzt an sich einkommensneutral sind, eine weitere Einkommensquelle zu erschließen und sich aus diesem aufkommensneutralen ärztlichen Leistungsbereich einen weiteren Erwerbszweig im Rahmen eines Selbstbelohnungssystems zu verschaffen. Ist beim Erwerb von börsennotierten Aktien eines Pharmaunternehmens und der gezielten Verordnung gerade von Medikamenten aus diesem Hause die Selbstbelohnung äußerst mittelbar, weil die Börsenbewertung des Unternehmens von vielfältigen anderen Faktoren, welche der Arzt nicht beeinflussen kann, abhängt, weshalb diese Selbstbindung im Zuweisungsverhalten einen sehr ungewissen Lohn verspricht, ist die vorliegende Ausrichtung des Zuweisungsverhaltens auf die Gesellschaft, an der der Arzt beteiligt ist, unmittelbar werthaltig und, wenn alle Unterbeteiligten das Geschäftsmodell verinnerlicht haben und danach handeln, annähernd linear zum Zuweisungsgrad lukrativ. Dieses Selbstbelohnungssystem, welches von der Teilhabe des Zuweisenden am Liquidationserlös des Laborleistungen Erbringenden lebt, läuft jedoch dem Grundgebot einer nicht von Eigennutz überlagerten ärztlichen Entscheidung grob zuwider und verzerrt, kommt es zu solchen Gesellschaften, das Nachfrageverhalten nachhaltig zu Lasten von qualitativ gleichwertigen, unter Umständen gar besseren Labors, die nur eben keine Selbstprovisionierungsmöglichkeit durch das Zuweisungsverhalten eröffnen. Diese Labors werden vielmehr am Markt ausgegrenzt, ohne dass diese Wettbewerbsverschiebung von einem sachlichen Grund getragen wäre. Danach ist das geplante Beteiligungsmodell auf einen Verstoß gegen § 31 BOÄ angelegt, es schafft mithin eine Erstbegehungsgefahr für eine zur Tatbestandsverwirklichung gebotene, hinreichend verwirklichte unmittelbare Vorteilsgewährung im Rahmen einer medizinisch notwendigen, an sich prämierungsneutralen Vergabe ärztlicher Untersuchungsleistungen.

 

3.

 

Damit ist das Klagebegehren schon nach seinem Hauptantrag gerechtfertigt.

 

a)

Zwar umschreibt der Antrag seinem Wortlaut nach den bloßen Beitritt zu der auf die Beklagte Ziff. 2 bezogenen Beteiligungsgesellschaft und/oder das Werben hierfür als Verletzungshandlungen. Die Klagegründe, welche auch diese Entscheidung bestimmen, erheben jedoch das damit verbundene und bezeichnete Beteiligungsmodell, dem der Beitritt einzig dient und mit dem die konkrete Verletzungsform beschrieben ist, mit zum Streitgegenstand.

 

b)

aa)

Zudem handelt es sich bei den Vorschriften der BerufsO für Ärzte auch um Normen, die im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (OLG Düsseldorf MedR 2005, 169 [juris Tz. 4, 6]; OLG Köln GRUR 2006, 600 [II. 1 c) aa) = juris Tz. 27]; Koblenz OLGReport 2004, 94 [noch zu § 1 UWG]; v. Jagow in Harte/Henning, UWG [2004], § 4 Nr. 11, 70; so auch Piper in Piper/Ohly, UWG [2006], § 4.11/164 [zu § 34 MBO-Ä]).

 

bb)

Die Beklagte Ziff. 2, die nicht selbst Adressatin der BerufsO („Ärztinnen und Ärzten ...“ ) ist, haftet jedoch als Anstifterin zum Rechtsbruch, bzw. als Störerin, weil durch ihr Handeln Ärzte zu einem Verstoß gegen die berufsrechtlichen Vorschriften verleitet werden (OLG Düsseldorf MedR 2005, 169 [juris Tz. 4]; OLG Köln a.a.O. [Tz. 29]; vgl. auch Piper a.a.O. § 4.11/183).

 

cc)

Die Bagatellgrenze ist überschritten. Dies gilt schon deshalb, da vorliegend das wichtige Rechtsgut der Gesundheit betroffen ist (BGH GRUR 2006, 953 [Tz. 21] - Warnhinweis II ). Zudem würde im Falle der Nachahmung eine nachhaltige Verzerrung im Nachfrageverhalten eintreten.

 

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.

 

Hinsichtlich der Festsetzung des Gegenstandswertes folgt der Senat der Wertvorgabe des Klägers, welche vom Landgericht übernommen worden ist und was auch keinen Widerspruch der Beklagten erfahren hat.

 

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Wie aufgezeigt folgt der Senat aktuellen, teilweise auch höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall. 


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