Beteiligung an gewerblicher Laborgemeinschaft

 | Gericht:  Bundesgerichtshof (BGH) Karlsruhe  | Aktenzeichen: I ZR 231/10 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Zusammenarbeit des Zahnarztes mit Dritten

Urteilstext

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. März 2010 aufgehoben.

 

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. März 2009 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagten sind in Praxisgemeinschaft als Zahnärzte niedergelassen. Die Klägerin betreibt ein Dentallabor. Sie macht Ansprüche aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Kooperationsvertrag geltend.

 

Die Klägerin wurde 2001 von ihrer jetzigen Geschäftsführerin K., der Zahntechnikmeisterin P., sowie der o. Zentrum für Zahnkosmetik, Verwaltung und Logistik GmbH (nachfolgend o. GmbH) gegründet. Zwischen der Klägerin und der o. GmbH bestanden außerdem Verträge über die Errichtung einer stillen Gesellschaft, in denen der o. GmbH weitergehende Rechtspositionen, insbesondere Gewinnbezugsrechte, eingeräumt wurden. Alleinige Gesellschafterin der o. GmbH ist die am 21. November 2002 von den Beklagten gegründete o. AG.

 

Die Parteien schlossen am 5. April 2001 einen Kooperationsvertrag. In Ziffer 2.1 verpflichteten sich die Beklagten,

 

während der Laufzeit dieses Vertrages sämtliche bei der Behandlung [ihrer] Patienten anfallenden und im Leistungskatalog des Auftragnehmers ausgewiesenen Dentallaborleistungen durch entsprechende Einzelaufträge beim Auftragnehmer in Auftrag zu geben. Ausgenommen sind hiervon Dentallaborleistungen, bei denen die Patienten aktiv die Auswahl des Labors bestimmen wollen.

 

In der Präambel waren als Vertragszweck die Sicherstellung einer fristgerechten und kontinuierlichen Belieferung mit Dentallaborprodukten in gleichbleibend hoher Qualität sowie die kontinuierliche Fortentwicklung der für die zahnmedizinische Behandlung der B

eklagten notwendigen Dentallaborprodukte genannt. Gemäß Ziffer 8 des Vertrages war vereinbart, dass der Vertrag erstmals zum 30. April 2011 ordentlich gekündigt werden konnte.

 

Ende 2004 erklärte die Gesellschafterin P. ihre Kündigung. In der Folgezeit erklärte die o. GmbH, von ihrer Seite bestehe kein Interesse an der Weiterführung der Gesellschaft und der Kooperationsvereinbarung nach dem Austritt von Frau P. aus der Klägerin. Am 1. Dezember 2005 kündigten die Beklagten erstmals den Kooperationsvertrag aus wichtigem Grund. Am gleichen Tag stellte zudem die o. GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Klägerin. Die o. GmbH kündigte den Kooperationsvertrag am 30. Dezember 2005 erneut und gab als wichtigen Grund für die Kündigung diesmal den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin an. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde später rechtskräftig abgelehnt. Eine weitere fristlose Kündigung des Kooperationsvertrages durch die Beklagten erfolgte mit Schriftsatz vom 28. April 2008.

 

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagen gäben Dentallaborleistungen seit Mitte des Jahres 2005 nicht mehr bei ihr, der Klägerin, in Auftrag, sondern bezögen sie von anderen Dentallaboren. Insbesondere betrieben die Beklagten ihr eigenes Labor, in dem unter anderem auch Frau P. und die Schwestern E. seit ihrem Ausscheiden bei der Klägerin tätig seien. Die Beklagten machten außerdem in unzulässiger Weise für das neu gegründete Eigenlabor „ “ Werbung. Die Kündigungen des Kooperationsvertrages seien unwirksam. Der Vertrag sei auch nicht wegen Verstoßes gegen ärztliches Standesrecht unwirksam.

 

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

 

1.

die Beklagten zu verurteilen, die Klägerin mit sämtlichen bei der Behandlung ihrer Patienten anfallenden Dentallaborleistungen, ausgenommen Dentallaborleistungen, bei denen die Patienten der Beklagten aktiv die Auswahl des Labors bestimmen wollen, zu beauftragen,

 

2.

die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, unmittelbar oder mittelbar für andere Dentallabore außer der Klägerin zu werben,

 

3.

die Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über sämtliche ab Juli 2005 an andere Dentallabore außer der Klägerin vergebene sowie im eigenen Labor selbst ausgeführte Dentallaborleistungen unter Angabe des Auftragsinhalts und unter Angabe und Beleg, dass Patienten aktiv die Auswahl des Labors bestimmen wollten,

 

hilfsweise zum Auskunftsantrag:

 

ihr über einen zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen Auskunft zu erteilen über sämtliche ab Juli 2005 an andere Dentallabore außer ihr - der Klägerin - vergebene sowie im eigenen Labor selbst ausgeführte Dentallaborleistungen unter Angabe des Auftragsinhalts,

 

im Falle eines dem Auskunftsanspruch stattgebenden Urteils

 

das Urteil des Landgerichts entsprechend § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO aufzuheben und die Sache zur Entscheidung über die erstinstanzlich gestellten Klageanträge zu 3.b [Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides statt] und 3.c [Zahlung von Schadensersatz in einer nach Auskunftserteilung noch zu beziffernder Höhe] an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen,

 

hilfsweise zum gesamten Klageantrag zu 3:

 

die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Zeit von Januar 2006 bis einschließlich Juni 2009 Schadensersatz in Höhe von 2.044.369,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Berufungsbegründung sowie beginnend mit dem Monat Juli 2009 monatlich 48.675,47 Euro bis zur Rechtskraft des vorliegenden Verfahrens, spätestens jedoch bis April 2011, zu bezahlen.

 

Die Beklagen sind der Klage entgegengetreten. Sie sind der Ansicht, dass der Kooperationsvertrag durch die Kündigungen beendet worden sei. Der Kooperationsvertrag sei zudem nichtig. Das zwischen den Parteien vereinbarte Gesamtmodell verstoße bei Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen unter dem Gesichtspunkt der Kopplung der Zuweisung von Laboraufträgen und einer Gewinnbeteiligung der Beklagten gegen ärztliches Standesrecht. Die Verträge zwischen den Parteien hätten - jedenfalls nach dem Ausscheiden von Frau P. und dem damit zusammenhängenden Wegfall der qualitätsbezogenen Kooperation - einzig den Zweck gehabt, sich aus einer medizinisch gebotenen Vergabe von notwendigerweise fremd zu vergebenden Zahntechnikleistungen, die für den Zahnarzt an sich einkommensneutral seien, eine weitere Einkommensquelle im Sinne eines Selbstbelohnungssystems zu verschaffen. Dies sei durch die Berufsordnungen verboten. Sie, die Beklagten, könnten nicht durch Gerichtsurteil gezwungen werden, ein von ihnen zunächst nicht erkanntes wettbewerbswidriges Verhalten weiter fortzusetzen.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Kooperationsvertrag spätestens durch eine fristlose Kündigung vom 30. Dezember 2005 beendet worden ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagten verurteilt,

 

die Klägerin bis zum 30. April 2011 mit sämtlichen bei den Behandlungen ihrer Patienten anfallenden Dentallaborleistungen, ausgenommen Dentallaborleistungen, bei denen die Patienten der Beklagten aktiv die Auswahl des Labors bestimmen wollen, zu beauftragen.

 

Weiter hat es die Beklagten zur Unterlassung von Werbung für andere Dentallabore und im Wege der Stufenklage zur Auskunftserteilung verurteilt. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Sache zur Entscheidung über die weiteren Anträge der Stufenklage (Versicherung der Richtigkeit der Auskunft an Eides statt und Zahlung von Schadensersatz in einer nach Auskunftserteilung noch zu beziffernder Höhe) an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die zwischen den Parteien abgeschlossene Kooperationsvereinbarung sei weder unwirksam noch sei sie wirksam gekündigt worden. Es hat dies wie folgt begründet:

 

Der Kooperationsvertrag sei nicht gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 8 Abs. 5 Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammern (nachfolgend MBO Zahnärzte) oder § 1 Abs. 5 Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein vom 26. November 2005 (nachfolgend BO Zahnärzte Nordrhein) nichtig. Die Therapiefreiheit der Beklagten als Zahnärzte sei durch die Regelung in Nr. 2.1 der Kooperationsvereinbarung gewahrt, wonach den Patienten vorbehalten worden sei, aktiv die Auswahl des Labors zu bestimmen. Die Beklagten müssten sich zudem an dem in der Präambel geregelten Zweck einer qualitätsbezogenen Kooperation festhalten lassen. Der Kooperationsvertrag sei auch nicht als Teil eines von den Beklagten geschaffenen Gesamtmodells nichtig. Zwischen den Parteien sei lediglich der Kooperationsvertrag abgeschlossen worden. In diesem werde den Beklagten keine Gegenleistung für die Überweisung von Laboraufträgen versprochen. Ob und in welchem Umfang die Beklagten über die o. GmbH und nachgeschaltete weitere rechtliche Konstruktionen, insbesondere über die o. AG mittelbar am Gewinn der Klägerin teilhaben, beruhe ausschließlich auf einer Willensbildung der Beklagten und nicht der Klägerin. Nicht der Kooperationsvertrag, sondern allenfalls die von den Beklagten ergänzend geschaffenen Vertragskonstruktionen und Modelle würden gegen berufsrechtliche Regeln verstoßen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kooperationsvertrag als Teil eines mit den äußerlich getrennten weiteren Vereinbarungen verbundenen einheitlichen Rechtsgeschäfts gemäß § 139 BGB nichtig sei. Die Beklagten seien vielmehr bereits wegen der vereinbarten salvatorischen Klausel sowie aufgrund von Treuepflichten gehalten, die neben der Kooperationsvereinbarung geschaffenen weiteren rechtlichen Verbindungen in einer dem geltenden Berufsrecht entsprechenden Weise zu korrigieren.

 

Selbst wenn ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB anzunehmen sei, könnten sich die Beklagten unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls wegen des Verbots unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB nicht auf eine Gesamtnichtigkeit auch des Kooperationsvertrages berufen. Denn sie hätten einen etwaigen berufsrechtlichen Nichtigkeitsgrund durch die neben dem Kooperationsvertrag abgeschlossenen Rechtsgeschäfte eigenverantwortlich verursacht und wollten diesen Nichtigkeitsgrund nach mehrjähriger unbeanstandeter Durchführung des Kooperationsvertrages als Vorwand nutzen, um sich einseitig vom Vertrag loszusagen, damit sie ein Eigenlabor betreiben und auslasten könnten.

 

Eine Nichtigkeit ergebe sich auch nicht aus einem Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 1 und 11 UWG. Nach der Regelung in Ziffer 2.1 des Kooperationsvertrages bleibe die Therapiefreiheit der Beklagten als Zahnärzte ebenso gewahrt wie die Entscheidungsfreiheit der Patienten. Soweit den Beklagten aus der Durchführung des Kooperationsvertrages mittelbar ein Vorteil zufließe, seien sie gehalten, das von ihnen geschaffene Modell so zu verändern, dass es wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sei.

 

Der Kooperationsvertrag sei auch nicht gemäß § 138 BGB wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 16 BO Zahnärzte Nordrhein nichtig, wonach Zahnärzte berechtigt seien, ausschließlich für die Versorgung ihrer eigenen Patienten ein zahntechnisches Labor zu betreiben. Die Praxisgemeinschaft der Beklagten habe zunächst ein eigenes Praxislabor unterhalten. Dieses habe durch die Gründung der Klägerin gerade abgelöst werden sollen. Hieran müssten sich die Beklagten festhalten lassen.

 

Der Kooperationsvertrag sei auch nicht wirksam gekündigt worden.

 

Das Verbot der Werbung für andere Dentallabore ergebe sich aus einer dem Vertrag immanenten Unterlassungsverpflichtung. Der im Wege der Stufenklage geltend gemachte Auskunftsanspruch folge aus ergänzender Vertragsauslegung in Verbindung mit § 259 BGB.

 

II.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils.

 

1.

Der Klägerin stand kein Anspruch zu, von den Beklagten bis zum 30. April 2011 mit bei den Behandlungen ihrer Patienten anfallenden Dentallaborleistungen beauftragt zu werden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die entsprechende Verpflichtung gemäß Ziffer 2.1 des Kooperationsvertrages sei wirksam, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

 

Nach der Rechtsprechung des Senats können Verträge, die zur Begehung unlauteren Wettbewerbs verpflichten, gemäß § 134 BGB nichtig sein, wenn der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 106/06, GRUR 2009, 606 Rn. 13 = WRP 2009, 611 - Buchgeschenk vom Standesamt, mwN). So liegt es im Streitfall.

 

a)

Für die Frage, ob der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstieß, ist auf die Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 2001 abzustellen (vgl. BGH, GRUR 2009, 606 Rn. 10 - Buchgeschenk vom Standesamt). Auch wenn sich für den Streitfall in der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung weder durch das UWG 2004 noch durch die UWG-Novelle 2008 inhaltliche Änderungen ergeben haben, ist daher die Bestimmung des § 1 UWG in der bis Juli 2004 geltenden Fassung (§ 1 UWG aF) maßgeblich. Weiter ist der Beurteilung die BO-Z Nordrhein in der Fassung vom 19. Juli 1997 zugrunde zu legen (BO Zahnärzte Nordrhein aF).

 

b)

Richtet sich das Verbot gegen beide Vertragsparteien, ist in der Regel anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft nichtig ist (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - III ZR 271/03, BGHZ 159, 335, 340; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 134 Rn. 8 mwN). So liegt es auch im Streitfall. Mit der in Ziffer 2.1 der Kooperationsvereinbarung getroffenen Vereinbarung haben die Beklagten gegen ärztliches Berufsrecht und die Klägerin gegen § 1 UWG verstoßen. Beide Vorschriften verbieten, dass Zahnärzte ihre Entscheidungen nicht allein am Wohl des Patienten, sondern an einem eigenen Interesse an der Erlangung einer Gegenleistung ausrichten.

 

aa)

Ärzte sind aus dem Behandlungsvertrag und dem Berufsrecht gehalten, die Entscheidung darüber, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten mit Blick auf das Patienteninteresse zu treffen (BGH, Urteil vom 21. April 2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059, 1060 = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I; Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 182/08, GRUR 2010, 850 Rn. 16 = WRP 2010, 1139 - Brillenversorgung II). Ihre Nachfrageentscheidung darf nicht nach den eigenen Interessen des Arztes als Nachfrager oder Nachfragedisponent des Patienten getroffen werden, insbesondere darf der Arzt seine Entscheidung nicht davon abhängig machen, ob ihm für die Überweisung eine Gegenleistung zufließt oder nicht. Dieser auch für Zahnärzte geltende Gesichtspunkt kommt in dem berufsrechtlichen Verbot zum Ausdruck, sich für die Zuweisung von Patienten oder für die Zuweisung von Untersuchungsmaterial eine Gegenleistung gewähren zu lassen oder selbst eine solche Gegenleistung zu gewähren (vgl. § 8 Abs. 5 MBO Zahnärzte; ferner BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - VIII ZR 10/85, NJW 1986, 2360, 2361; Urteil vom 22. Juni 1989 - I ZR 120/87, GRUR 1989, 760 = WRP 1990, 319 - Gruppenprofil; BGH, GRUR 2005, 1059, 1060 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I; OLG Nürnberg, MDR 1988, 861; OLG Düsseldorf, MedR 2009, 664).

 

Ein ähnlicher Zweck liegt dem heilmittelwerberechtlichen Zugabeverbot zugrunde, das auch nach dem Wegfall der Zugabeverordnung das Gewähren oder Annehmen von Zugaben untersagt, weil Ärzte und Apotheker die Entscheidung darüber, welches Medikament sie verschreiben oder empfehlen, allein im Interesse des Patienten treffen und sich dabei nicht davon leiten lassen sollen, ob ihnen bei der Empfehlung oder Verschreibung eines bestimmten Präparats ein persönlicher Vorteil zufließt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2003 - I ZR 142/00, GRUR 2003, 624, 626 = WRP 2003, 886 - Kleidersack; BGH, GRUR 2005, 1059, 1060 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I). Ein solches Verbot kommt auch in § 1 Abs. 8 BO Zahnärzte Nordrhein aF zum Ausdruck, wonach ein Zahnarzt keine Verpflichtungen eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen können. Hinzu kommt, dass der zahnärztliche Beruf gemäß § 1 Abs. 1 BO Zahnärzte Nordrhein aF in Diagnose- und Therapiefreiheit ausgeübt wird und mit besonderen Berufspflichten verbunden ist. So hat der Zahnarzt seinen Beruf nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst und nach den Geboten der Menschlichkeit gewissenhaft auszuüben und dem ihm im Zusammenhang mit seinem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Außerdem ist dem Zahnarzt nach § 9 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein aF nicht gestattet, Patienten einem Arzt, Zahnarzt oder einem Krankenhaus gegen Entgelt oder gegen andere Vorteile zuzuweisen.

 

Diese berufsrechtlichen Ge- und Verbote hat der Zahnarzt auch dann zu befolgen, wenn er im Rahmen seiner Praxis ein eigenes zahntechnisches Labor im Sinne des § 11 MBO Zahnärzte betreibt. Nichts anderes gilt, wenn er ein solches Labor auslagert und von einem Dritten betreiben lässt.

 

bb)

Es ist deshalb unter dem Gesichtspunkt der unangemessenen unsachlichen Einflussnahme gemäß § 1 UWG aF unlauter, einen Arzt durch die Gewährung oder das Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils zu veranlassen, diese Interessenwahrungspflicht zu verletzen (vgl. BGH, GRUR 2003, 624, 626 - Kleidersack; zu § 4 Nr. 1 UWG BGH, GRUR 2005, 1059, 1060 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I; GRUR 2010, 850 Rn. 16 - Brillenversorgung II; BGH, Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 157/08, GRUR 2011, 431 Rn. 16 = WRP 2011, 444 - FSA-Kodex).

 

c)

Die Vereinbarung in Ziffer 2.1 der Kooperationsvereinbarung verletzt diese Verbote.

 

aa)

Durch die Verpflichtung, sämtliche bei der Behandlung ihrer Patienten anfallenden Dentallaborleistungen bei der Klägerin in Auftrag zu geben, haben sich die Beklagten rechtlich in einer Weise gebunden, die ihre ärztliche Entscheidungsfreiheit eingeschränkt hat. Eine ärztliche Vergabeentscheidung kann bei Geltung der Vereinbarung nicht mehr allein am Patienteninteresse ausgerichtet werden, sondern muss zugunsten der Klägerin erfolgen. Dabei ist es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unerheblich, dass die vertragliche Regelung solche Dentallaborleistungen von der Vergabepflicht ausnimmt, bei denen die Patienten aktiv die Auswahl des Labors bestimmen. Denn die Verpflichtung des Arztes zur Wahrung der Patienteninteressen schützt auch und gerade Patienten, die keine eigenen Vorstellungen zur Auswahl eines Labors äußern, sondern insoweit auf die ärztliche Unabhängigkeit vertrauen.

 

bb)

Für die Verpflichtung zur Beauftragung der Klägerin mit Dentallaborleistungen steht den Beklagten im Streitfall auch eine Gegenleistung in Aussicht.

 

(1)

Allerdings ergibt sich aus dem Kooperationsvertrag selbst kein Gegenleistungsversprechen. Dies steht der Nichtigkeit der Vereinbarung gemäß Ziffer 2.1 des Kooperationsvertrages jedoch nicht entgegen. Ein Verstoß gegen die genannten berufsrechtlichen Vorschriften hängt nicht von einer rechtlichen Kopplung einer Überweisung von einer Gegenleistung ab. Gleiches gilt für die Annahme eines für § 1 UWG aF maßgebenden unangemessenen unsachlichen Einflusses (vgl. zu § 4 Nr. 1 UWG BGH, GRUR 2005, 1059, 1061 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I).

 

(2)

Im Streitfall ergibt sich eine hinreichende Verbindung zwischen der Verpflichtung nach Ziffer 2.1 der Kooperationsvereinbarung und der Möglichkeit der Beklagten, im Sinne einer Gegenleistung von entsprechenden Laboraufträgen an die Klägerin wirtschaftlich zu profitieren, aus den gesellschaftsrechtlichen Umständen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestanden zwischen der Klägerin und der o. GmbH Verträge über die Errichtung einer stillen Gesellschaft, in denen der von den Beklagten über die o. AG beherrschten o. GmbH insbesondere weitergehende Gewinnbezugsrechte eingeräumt wurden. Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass die Beklagten über diese gesellschaftsrechtlichen Verbindungen die Möglichkeit hatten, bereits im Vorfeld oder während der Laufzeit des Kooperationsvertrages ihre gesellschaftsrechtliche Einflussnahme auf die Klägerin aktiv auszugestalten. Solche indirekten Möglichkeiten zur Erlangung einer Gegenleistung reichen für die Annahme einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung der ärztlichen Diagnose- und Therapiefreiheit aus.

 

Unerheblich ist, dass die Kooperation der Parteien daneben auch noch anderen Zwecken gedient haben mag. Dem Berufungsgericht kann deshalb nicht in der Beurteilung gefolgt werden, die Beklagten müssten sich an der Formulierung der Präambel des Kooperationsvertrags festhalten lassen, wonach der Vertrag der Sicherstellung einer fristgerechten und kontinuierlichen Belieferung mit Dentallaborleistungen in gleichbleibend hohe Qualität sowie der kontinuierlichen Fortentwicklung der für die zahnmedizinische Behandlung notwendigen Dentallaborprodukte diene. Dieser Vertragszweck ändert nichts an der dargelegten verbotenen Beeinträchtigung der ärztlichen Therapieentscheidung.

 

cc)

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beschränkt sich die Unwirksamkeitsfolge des § 134 BGB nicht auf diejenigen Abreden und rechtlichen Verbindungen, die es den Beklagten ermöglichen, am Gewinn der Klägerin teilzuhaben. Sie erfasst vielmehr auch die Pflicht zur Beauftragung der Klägerin mit Dentallaborleistungen gemäß Ziffer 2.1 des Kooperationsvertrages.

 

(1)

Wie dargelegt, ist die Einschränkung der ärztlichen Entscheidungsfreiheit und der Pflicht zur Wahrung der Patienteninteressen durch das Gewähren oder Inaussichtstellen von finanziellen Vorteilen untersagt. Grundlage des Verbots ist also nicht nur die Möglichkeit zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile, sondern deren Auswirkungen auf die - im Streitfall durch die Kooperationsvereinbarung beeinträchtigte - Entscheidungsfreiheit des Arztes im Sinne des Patientenwohls.

 

(2)

Eine Nichtigkeit der Beauftragungspflicht nach Ziffer 2.1 ergibt sich zudem aus § 139 BGB. Denn die Regelung in der Kooperationsvereinbarung und die gesellschaftsrechtliche Konstruktion, welche ein Bezugsrecht der Beklagten im Hinblick auf den Gewinn der Klägerin und einen gesellschaftsrechtlichen Einfluss der Beklagten auf die Klägerin ermöglicht, stellen auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Umstände ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB dar.

 

Der für die Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäfts im Sinne dieser Vorschrift erforderliche Einheitlichkeitswille liegt vor, wenn das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist, die möglicherweise äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte also miteinander stehen und fallen sollen (st. Rspr; vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05, NJW-RR 2007, 395 Rn. 17; Palandt/Ellenberger aaO § 139 Rn. 5, jeweils mwN). Dabei genügt der Einheitlichkeitswille einer Partei, wenn die andere Partei ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt (BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 - IX ZR 209/91, NJW 1992, 3237, 3238 mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Praxisgemeinschaft, der die Beklagten angehören, bis zur Gründung der Klägerin ein eigenes Praxislabor unterhalten hat und die Klägerin dieses Eigenlabor ablösen sollte. Dies und die Feststellungen des Berufungsgerichts zur gesellschaftsrechtlichen Beherrschung der o. GmbH durch die Beklagten sowie zur Gründung einer stillen Gesellschaft zwischen dieser und der Klägerin lassen nur den Schluss zu, dass die Kooperationsvereinbarung Teil einer von den Beklagten geschaffenen einheitlichen rechtlichen Konstruktion ist, die von der Klägerin zumindest hingenommen wurde.

 

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäfts auch nicht entgegen, dass die Rechtsgeschäfte äußerlich getrennt sind und allein der Kooperationsvertrag zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossen wurde. Die Einheitlichkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Rechtsgeschäfte unterschiedlichen Vertragstypen angehören, diese in unterschiedlichen Vertragsurkunden niedergelegt sind und an ihnen zum Teil verschiedene Personen beteiligt sind (BGH, NJW 1992, 3237, 3238 mwN).

 

d)

Dem Berufungsgericht ist auch nicht in der Annahme zu folgen, die Beklagten könnten sich jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls wegen des grundsätzlichen Verbots unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nicht auf eine - unterstellte - Nichtigkeit der Kooperationsvereinbarung berufen. Die Beklagten hätten einen etwaigen berufsrechtlichen Nichtigkeitsgrund durch die neben dem Kooperationsvertrag konzipierten und konstruierten Verträge eigenverantwortlich verursacht und diesen Nichtigkeitsgrund nach mehrjähriger unbeanstandeter Durchführung der Kooperationsvereinbarung als Vorwand genutzt, um sich von dieser einseitig loszusagen und ein Eigenlabor zu betreiben und auslasten zu können.

 

Die Klägerin kann die verbotene Leistungshandlung bereits deshalb nicht unter Berufung auf Treu und Glauben verlangen, weil das Verbotsgesetz den Schutz von Interessen Dritter, hier der Patienten, bezweckt (vgl. BGH, NJW 1986, 2360, 2361 f.; GRUR 2010, 850 Rn. 22 - Brillenversorgung II).

 

2.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch zu, von den Beklagten bis zum 30. April 2011 Unterlassung einer Werbung für andere Dentallabore zu verlangen.

 

Das Berufungsgericht hat einen solchen Unterlassungsanspruch im Wege der Auslegung des Kooperationsvertrages angenommen und hat dabei insbesondere auf die in Ziffer 2.1 niedergelegte Verpflichtung zur exklusiven Beauftragung der Klägerin mit Dentallaborleistungen abgestellt. Wie dargelegt, ist diese Regelung nichtig und kann daher nicht Grundlage einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung sein.

 

Eine andere Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht.

 

3.

Durch die erfolgreichen Angriffe der Revision gegen die Annahme einer vertraglichen Pflicht zur Beauftragung mit Laborleistungen ist auch der vom Berufungsgericht auf eine ergänzende Vertragsauslegung in Verbindung mit § 259 BGB gestützte Ausspruch zur Stufenklage und dem dazu gestellten Hilfsantrag die rechtliche Grundlage entzogen worden.

 

4.

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Berufungsurteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

 

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat das Berufungsgericht hinreichende Feststellungen dazu getroffen, dass die Beklagten jedenfalls mittelbar von der Zuweisung von Aufträgen an die Klägerin profitieren konnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der o. GmbH Verträge über die Errichtung einer stillen Gesellschaft abgeschlossen wurden, in denen der von den Beklagten über die o. AG beherrschten o. GmbH insbesondere weitergehende Gewinnbezugsrechte eingeräumt wurden. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die Beklagten über diese gesellschaftsrechtlichen Verbindungen die Möglichkeit hatten, bereits im Vorfeld oder während der Laufzeit des Kooperationsvertrages ihre gesellschaftsrechtliche Einflussnahme auf die Klägerin aktiv auszugestalten. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Feststellungen verfahrensfehlerhaft getroffen wurden.

 

5.

Das Berufungsurteil ist daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.


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