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Beschränkung der gewerblichen Entfernung von Tätowierungen

 | Gericht:  Verwaltungsgerichtshof (VGH) München  | Aktenzeichen: 22 CE 21.796 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Sonstiges

Beschlusstext

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die aus § 5 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung an Menschen – NiSV – resultierende Beschränkung, wonach eine gewerbliche Entfernung von Tätowierungen ausschließlich von approbierten Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden darf.

Die verheirateten Antragsteller betreiben gemeinsam ein Tattoostudio in Nürnberg und bieten dabei – ohne ärztliche Mitwirkung – die Entfernung von Tätowierungen und Permanent- Make-Up mittels eines Nd:YAG-Lasersystems an.

Am 11. Januar 2021 erhoben die Antragsteller, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, beim Verwaltungsgericht Ansbach eine Feststellungsklage (AN 14 K 21.00062) und stellten einen diese ergänzenden Eilantrag (AN 14 E 21.00061). Mit der soweit ersichtlich nach wie vor anhängigen Klage begehren sie die Feststellung, dass sie auch über den 31. Dezember 2020 – mithin über den Zeitpunkt, zu welchem § 5 Abs. 2 NiSV in Kraft getreten ist – hinaus berechtigt sind, die gewerbliche Entfernung von Tätowierungen und Permanent-Make-up anzubieten, ohne dies durch approbierte Ärztinnen und Ärzte durchführen zu lassen. Der Eilantrag hat zum Ziel, den Antragstellern diese gewerbliche Tätigkeit

einstweilig über den 31. Dezember 2020 hinaus und bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu gestatten.

Zur Begründung des Eilantrags wurde angeführt, dass § 5 Abs. 2 NiSV für Anbieter von Tattoo-Entfernungen ohne Approbation ein Berufsverbot darstelle, welches so nicht von der Verordnungsermächtigung in §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen – NiSG – gedeckt sei. Eine solche nachträglich geschaffene subjektive Zulassungsvoraussetzung könne nicht rechtswirksam durch eine Bundesverordnung statuiert werden und sei unverhältnismäßig. Der durch das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Mittelfranken vertretene Antragsgegner erwiderte unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (im Folgenden: Bundesumweltministerium), dass § 5 Abs. 2 NiSV von der Ermächtigungsnorm in §§ 3, 5 Abs. 2 NiSG gedeckt und auch im Übrigen formell wie materiell verfassungsgemäß sei. Erhebliche Risiken für die Volksgesundheit resultierten beim Einsatz von Lasern zur Tätowierungsentfernung v.a. aus fehlender Kenntnis über mögliche Kontraindikationen oder aufgrund mangelnden Bewusstseins für eine erforderliche Diagnoseerstellung. Bei der Anwendung könnten außerdem schwerwiegende Nebenwirkungen auf der Haut entstehen, welche meist auf Behandlungsfehler zurückzuführen seien.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 26. Februar 2021 ab. Dieser sei zwar zulässig, jedoch hätten die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. § 5 Abs. 2 NiSV sei nach summarischer Prüfung ordnungsgemäß erlassen worden und mit den Vorgaben höherrangigen Rechts, insbesondere mit Art. 12 GG, vereinbar und verfassungsgemäß. Durch die §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG sei die Ermächtigung zum Erlass von Verordnungsvorschriften wie derjenigen des § 5 Abs. 2 NiSV den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG entsprechend auf die Bundesregierung übertragen worden. § 5 Abs. 2 NiSV sei formell rechtmäßig erlassen worden und halte sich im Rahmen der von der Ermächtigungsgrundlage gestellten Anforderungen. Der aus § 5 Abs. 2 NiSV resultierende Arztvorbehalt greife zwar in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte subjektive Berufswahlfreiheit ein; dies sei jedoch gerechtfertigt und verhältnismäßig. Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel sei aufgrund der Komplexität der Laseranwendung und den damit verbundenen Risiken laut den dem Verordnungserlass zugrundeliegenden Materialien und Begründungen nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund dieser gesundheitlichen Risiken erscheine der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG auch angemessen, zumal für die Ausübung bis 31. Dezember 2020 lediglich die Anschaffung eines entsprechenden Lasergeräts, nicht aber der Nachweis von Fachkunde erforderlich gewesen sei und der Verordnungsgeber eine Übergangszeit von zwei Jahren zwischen Verkündung und Inkrafttreten des § 5 Abs. 2 NiSV vorgesehen habe.

Die Antragsteller haben Beschwerde eingelegt und beantragt,

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und es den Antragstellern bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu gestatten, gewerblich die vollständige oder teilweise Entfernung von Tätowierungen oder Permanent-Makeup durch Laseranwendungen anzubieten, ohne diese durch approbierte Ärztinnen und Ärzte mit entsprechender ärztlicher Weiterbildung oder Fortbildung durchführen zu lassen.

Zur Begründung der Beschwerde vertieft der Bevollmächtigte der Antragsteller die im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragene Argumentation. Insbesondere legt er nochmals dar, dass die Regelung in § 5 Abs. 2 NiSV gegen den Parlamentsvorbehalt verstoße, die Verordnungsermächtigung in § 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG ein Berufsverbot nicht zu begründen vermöge und der Gesetzgeber den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum überschritten habe, weil keine Nachweise dafür vorlägen, dass die gesundheitlichen Risiken bei der Entfernung von Tattoos durch Personen ohne ärztliche Approbation höher seien als wenn die Entfernung durch Ärzte erfolge.

Die Antragsgegnerin hat die

Zurückweisung der Beschwerde

beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den fristgerecht dargelegten Gründen, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 1, Satz 3 und Satz 6 VwGO), ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen erstinstanzlichen Beschlusses, welche dessen Änderung rechtfertigen würden.

1.
Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht haben (BA S. 11 ff.) trifft auch unter Berücksichtigung der Darlegungen im Beschwerdeverfahren weiterhin zu (vgl. zu den Darlegungserfordernissen bei der einen abgelehnten Antrag nach § 123 VwGO betreffenden Beschwerde Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/ders./von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn. 32).

Der von den Antragstellern begehrten einstweiligen Anordnung bzw. „Gestattung“, auch über 31. Dezember 2020 hinaus die gewerbliche Entfernung von Tätowierungen oder Permanent-Makeup anzubieten, ohne dies durch einen approbierten und entsprechend

qualifizierten Arzt durchführen zu lassen, steht § 5 Abs. 2 NiSV entgehen.

1.1
Die Regelung des § 5 Abs. 2 NiSV ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat – nach der im Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung, welche auch die Verfassungsmäßigkeit der Norm umfasst (vgl. BayVGH, U.v. 15.12.2014 – 22 BV 13.2531 – juris. Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 10.4.2012 – 1 BvR 413.12 – juris Rn. 2) wirksam, da sie ordnungsgemäß erlassen wurde und mit höherrangigem Recht im Einklang steht.

1.1.1
Gegen die Rechtmäßigkeit der in § 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG normierten Ermächtigungsgrundlage für § 5 Abs. 2 NiSV werden vom Bevollmächtigten der Antragsteller, soweit die Ausführungen den Anforderungen von § 146 Abs. 4 Satz 1, Satz 3 und Satz 6 VwGO genügen, keine durchgreifenden Bedenken vorgetragen. Insoweit wird zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts (vgl. BA S. 12 ff.) Bezug genommen. Ergänzend ist festzuhalten, dass entgegen der Ansicht der Antragsteller weder das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2018 (2 BvF 1/15 – juris Rn. 237 ff.) noch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2014 (22 BV 13.2531 – juris) bzw. die darin jeweils geäußerte Rechtsauffassung zu einem anderen Ergebnis führen.

Der in § 5 Abs. 2 NiSV ausgestaltete sog. qualifizierte Arztvorbehalt war vorliegend nicht zwingend bzw. ausdrücklich in die Ermächtigungsgrundlage der § 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6 NiSG aufzunehmen. Die Frage, ob der sog. Parlamentsvorbehalt (Gesetzesvorbehalt) gewahrt wurde, ist zunächst ohnehin in erster Linie eine Frage der Verfassungswidrigkeit der Verordnungsregelung (§ 5 Abs. 2 NiSV) und weniger der Ermächtigungsgrundlage (§ 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG) selbst. Unabhängig davon ist in der Sache auch kein Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt ersichtlich. Denn wann es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den dort verbürgten Grundrechten, zu entnehmen (vgl. BVerfG, B.v.1.4.2014 – 2 BvF 1/12 – juris Rn. 102 m.w.N.). Diesen Prämissen folgend bedurfte es vorliegend für den in § 5 Abs. 2 NiSV formulierten Arztvorbehalt keiner ausdrücklichen Ermächtigung in § 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG. Die wesentlichen Entscheidungen hat der parlamentarische Gesetzgeber – auch ausreichend bestimmt – im NiSG selbst umgesetzt und so eine den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechende Verordnungsermächtigung statuiert (vgl. BA S. 12 ff.). Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2018; im Gegen- teil entspricht das Vorgehen des Gesetzgebers den darin formulierten Anforderungen. Das NiSG macht mit dem Ziel des Schutzes und der Vorsorge im Hinblick auf schädliche Wirkungen nichtionisierender Strahlung (§ 1 Abs. 1 NiSG) sektorspezifische (Ziel-)Vorgaben, überlässt dabei die im Einzelnen konkret festzulegenden, stark technisch geprägten Grenzwerte und Anforderungen an die fachliche Qualifikation aber der Bundesregierung (vgl. BVerfG, U.v. 19.9.2018 – 2 BvF 1/15 – juris Rn. 242). Einen Arztvorbehalt hat der Gesetzgeber – zulässigerweise – hierbei weder ausdrücklich vorgesehen noch ausgeschlossen (vgl. dazu auch 1.1.2); Prämisse bzw. Zielvorgabe war insoweit allein, dem mit bestimmten Anwendungen verbundenen hohen Gefahrenpotential auch (u.a.) eine adäquate Anforderung an die fachlichen Kenntnisse entgegenzustellen. Trotz des damit verbundenen erheblichen Eingriffs in Art. 12 GG bedurfte es daher keiner ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers über einen Arztvorbehalt. Denn auch dieser ist (noch) Teil der eben formulierten, quasi dynamischen bzw. stufenweisen Wechselwirkung zwischen Gefahrenpotential einerseits und korrespondierender notwendiger Fachkenntnis andererseits. Ein Arztvorbehalt ist insoweit kein systemfremdes aliud oder eine Art besonderer „Sprung“ in der in NiSG und NiSV ausgeprägten fachlichen Anforderungsskala, welcher eine eigenständige Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers erforderlich gemacht hätte. In diesem Sinne fügt sich auch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2014 (Az. 22 BV 13.2531 – juris Rn. 63) in die beschriebene Systematik ein, das ebenfalls anhand der Zielvorgabe des Gesetzgebers differenziert bzw. argumentiert. Soweit es darin um die Spezifika der Gefährlichkeit von UV-Strahlung und den daraus resultierenden Schutzanforderungen geht, lassen sich die diesbezüglichen Aussagen konkret ohnehin nicht auf die vorliegende Problematik der – sich technisch bereits völlig anders darstellenden – Behandlung mit Laser- und intensiven Lichtquellen übertragen.

1.1.2
§ 5 Abs. 2 NiSV ist von der Ermächtigungsgrundlage in § 3, § 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG gedeckt. Insbesondere ermöglichen § 3 und § 5 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a NiSG die Ausgestaltung auch eines sog. qualifizierten Arztvorbehalts (vgl. BA S. 16 ff.).

Der erstinstanzlich getätigte und im Rahmen der Beschwerdebegründung vertiefte Vortrag des Bevollmächtigten der Antragsteller, dass § 5 NiSG systematisch in seiner Normstruktur klar unterscheide zwischen heilkundigen und insoweit Ärzten vorbehaltenen Anwendungen (Abs. 1) und nicht-heilkundigen Einsatzgebieten nichtionisierender Strahlung (Abs. 2), so dass § 5 Abs. 2 NiSG einen qualifizierten Arztvorbehalt schon insoweit nicht rechtfertige, verfängt nicht. Die von ihm insoweit gezogene Schlussfolgerung, dass der Gesetzgeber bestimmte gefährlichere Anwendungen stets der Heilkunde zuordnen und damit in § 5 Abs. 1 NiSG regeln wollte, während weniger gefährliche Anwendungen abschließend in § 5 Abs. 2 NiSG geregelt sein sollen, findet im NiSG keine Stütze.

§ 5 NiSG differenziert – insoweit ist den Antragstellern zuzustimmen – insbesondere durch den Verweis auf die Anlagenart bzw. den damit verfolgten Anwendungszweck zwischen (zahn-)heilkundigen (§ 5 Abs. 1 NiSG i.V.m. § 2 NiSG) sowie kosmetischen und sonstigen, also nicht-heilkundigen (§ 5 Abs. 2 NiSG i.V.m. § 3 NiSG) Anwendungen. Allerdings lässt sich weder aus dem Wortlaut bzw. der Gesetzessystematik noch nach dem Willen des Gesetzesgebers und dem Normzweck ableiten, dass damit – quasi im Umkehrschluss – für nicht-heilkundige Anwendungen (in Teilbereichen) Anforderungen an die fachliche Qualifikation ausgeschlossen sein sollen, welche ausschließlich mittels Approbation zum Arzt inkl. Weiter-/Fortbildung erfüllt werden können (vgl. dazu auch VG Düsseldorf, B.v. 11.3.2021 – 7 L 2665/20 – juris Rn. 46 ff.). Vielmehr trägt diese im gesamten NiSG wie auch der gesamten NiSV vorzufindende systematische Unterscheidung zwischen heilkundigen und nicht-heilkundigen Anwendungen schlicht den spezifisch v.a. fachgesetzlich formulierten Unterschieden zwischen diesen Anwendungsarten, aber auch den sich aus der Natur der Sache ergebenden und sich in der jüngeren Praxis entwickelten Anwendungsformen Rechnung (vgl. dazu BT-Drs. 16/12276 Begr. S. 6 ff.). Dass der Gesetzgeber hier nicht – wie der Bevollmächtigte der Antragsteller unter Verweis auf den Regelungszweck des § 1 Heilpraktikergesetz annimmt – eine Einteilung in „gefährliche“ und damit stets medizinische/heilkundige und weniger gefährliche damit nichtheilkundige/ nicht-medizinische, sonstige Anwendungen vornehmen wollte, sondern sich in beiden Anwendungskategorien primär am jeweiligen Gefahrenpotential der Anwendung orientieren wollte, zeigt schon, dass auch im Bereich der Heilkundeanwendungen anhand bestimmter Schwellenwerte unterschieden und bei einer Überschreitung eine rechtfertigende Indikation gefordert wird (vgl. etwa § 2 Abs. 1 und 3, § Nr. 4 und § 5 Abs. 1 Nr. 1 NiSG). Allein ihre Gefährlichkeit macht eine Maßnahme nicht per se zu einer medizinischen/ heilkundigen. Zur Frage bzw. Abgrenzung, wann eine Anwendung als medizinisch bzw. Ausübung der Heilkunde einzuordnen ist, treffen NiSG und NiSV im Einzelnen keine Regelungen. Systematisch wird primär zunächst anhand des Zwecks und nicht der Art der Anwendung differenziert (vgl. dazu bereits die Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 1 NiSV sowie VG Düsseldorf, B.v. 11.3.2021 – 7 L 2665/20 – juris Rn. 34 ff.); im Übrigen wird vorausgesetzt, dass eine Abgrenzung mittels der einschlägigen Fachgesetze (soweit anwendbar bzw. einschlägig) vorzunehmen ist (vgl. bspw. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NiSG, der von „medizinischer Anwendung“ spricht, ohne dies näher zu definieren, oder § 1 Abs. 2 NiSV, der einen Vorrang des Medizinprodukterechts postuliert). Angesichts dessen ist auch nicht ausgeschlossen, wie der Bevollmächtigte der Antragsteller meint, nicht-heilkundige Laseranwendungen strengeren Qualifikationsvoraussetzungen zu unterwerfen als heilkundigen (vgl. zur Gefährlichkeit solcher Anwendungen im Abgrenzungsbereich zwischen § 5 Abs. 1 und Abs. 2 NiSG auch Gemke, GuP 2019, 207). Im Gegenteil spricht vieles dafür, dass, je gefährlicher eine Anwendung ist, umso höhere Anforderungen auch an die Rechtfertigung der Durchführung zu stellen sind (vgl. in diesem Sinne auch BA S. 15 sowie der bspw. in § 2 Abs. 1 und 3 NiSG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke). Dies mag in bestimmen Konstellation bedeuten, dass ab einer gewissen Gefährlichkeit nur noch medizinische (heilkundige) Anwendungen aufgrund einer entsprechenden

Indikation gerechtfertigt sind.

Vor diesem Hintergrund ermächtigt § 5 Abs. 2 NiSG den Verordnungsgeber auch dazu, im Bereich der nicht-heilkundigen Anwendungen spezifische Anwendungen unter einen Arztvorbehalt zu stellen (zum Parlamentsvorbehalt vgl. bereits 1.1.1).

1.1.3

§ 5 Abs. 2 NiSV verstößt auch im Übrigen nicht gegen höherrangiges Recht und ist insbesondere verfassungsgemäß.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller rügt, dass § 5 Abs. 2 NiSG gegen Art. 12 GG verstoße, weil es bereits an einer ausreichenden, die Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigenden Tatsachengrundlage fehle und dem Verordnungsgeber insoweit kein derart weiter Beurteilungsspielraum zustehe (dazu 1.1.3.1), sowie dass ein milderes, gleich effektives Mittel im Vergleich zum einem Arztvorbehalt existiere (dazu 1.1.3.2), dringt er damit nicht durch.

1.1.3.1

Der zutreffend vom Verwaltungsgericht dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht zufolge (vgl. dazu zunächst allgemein BA S. 18 und BA S. 20 zum Prognosespielraum) steht dem Gesetzgeber nicht nur bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele, sondern auch bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung dieser Ziele für geeignet und erforderlich halten darf, ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der vom Bundesverfassungsgericht selbst je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. Bei der Einschätzung von Gefahren, die der Allgemeinheit drohen, und bei der Beurteilung der Maßnahmen, die der Verhütung und Bewältigung dieser Gefahren dienen sollen, ist der Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers erst überschritten, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfG, U.v. 16.3.2004 – 1 BvR 1778/01 – juris Rn. 66 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne – Einschätzungsprärogative insb. bei Regelungen zur Gefahrenabwehr – auch BVerfG, B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – juris Rn. 77 m.wN.). Da das Bundesverfassungsgericht die Kompetenz zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit untergesetzlicher Rechtssätze den Fachgerichten zuweist (s.o.: BayVGH, U.v. 15.12.2014 – 22 BV 13.2531 – juris. Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 10.4.2012 – 1 BvR 413.12 – juris Rn. 2 bzw. BVerfG, B.v.

17.1.2006 – 1 BvR 541/02 – juris Rn. 50) ist konsequenterweise auch der eben zitierte Prüfungsrahmen auf diese fachgerichtliche Überprüfung zu übertragen.

Diesen Anforderungen genügt § 5 Abs. 2 NiSV. Die ihm zugrundeliegenden Erwägungen rechtfertigen auch einen qualifizierten Arztvorbehalt, der sich (u.a.) zulasten der Antragsteller auswirkt.

Die Bundesregierung begründet die Einführung eines qualifizierten Arztvorbehalts für den Bereich der Entfernung von Tätowierungen und Permanent-Make-Up ausweislich der zugrundeliegenden Materialien aus dem Erlassverfahren mit der Komplexität der Behandlung einerseits und der Gefährlichkeit der verwendeten Laser andererseits (vgl. im Einzelnen BA S. 21 ff.). Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller den Ausführungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, dass es „keine ausreichende und belastbare Tatsachengrundlage“ gebe, und etwa nicht näher ermittelt worden sei, welche der von der Bundesregierung genannten Risiken der Laserbehandlung unabhängig von der Person des Anwenders inhärent seien bzw. welche Risiken spezifisch durch das Vorhandensein einer Approbation minimiert würden, so ist dies – unabhängig von der Frage, ob dies noch dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 22.12.2017 – 22 CS 17.1971 – juris Rn. 14) – in der Sache jedenfalls unzutreffend. Denn die im Erlassverfahren zugrunde- gelegten Materialien geben sehr wohl das wissenschaftlich und empirisch derzeit (wenn auch lückenhaft, s.u.) belegbare Gefahrenpotential von ablativen Laserbehandlungen im Allgemeinen und im Speziellen der Entfernung von Tätowierungen und Permanent-Make-Up wieder; vgl. etwa exemplarisch die vom Verwaltungsgericht zitierte Bekanntmachung einer Empfehlung mit wissenschaftlicher Begründung der Strahlenschutzkommission – Gefährdungspotenzial bei der Anwendung von Lasern und anderen optischen Strahlungsquellen an der menschlichen Haut – vom 5. Dezember 2016 (veröffentlicht im BAnz AT vom 21.3.2017). Es mag sein, dass noch keine ähnlich breite und über einen ähnlich langen Zeitraum entwickelte Tatsachengrundlage wie etwa beim Erlass der (vom Regelungsziel her ähnlichen und ebenfalls im Bereich der NiSG angesiedelten) UV-Schutz-Verordnung besteht; dies räumt etwa auch die eben zitierte Empfehlung der Strahlenschutzkommission ein (vgl. dort S. 23: „Betrachtet man die vorliegenden Daten, wird auf jeden Fall deutlich, dass unsere Kenntnisse zum Ausmaß unerwünschter Wirkungen von Lasern und anderen optischen Strahlungsquellen äußerst lückenhaft sind. Hier werden dringend systematische Untersuchungen benötigt. Alles deutet auf die Notwendigkeit hin, ein funktionierendes Nebenwirkungsregister einzurichten. Zur Erfassung zukünftiger Fehler sollte eine verbesserte Problemerfassung erfolgen, wie sie von Experten empfohlen wird […]. In der Heilkunde gibt es geeignete Fehlersammelsysteme […]. Ebenfalls gibt es Erhebungen, welcher Stellenwert Fehlern bei medizinischen Leistungen beigemessen wird. Gerade für die Ästhetik bzw. kosmetischen Anwendungen gibt es ein solches Sammelsystem zu Fehlern nicht.“). Andererseits zitieren die Erlassmaterialien wie auch die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission konkrete wissenschaftliche Studien, welche die Gefährlichkeit der Behandlung belegen, so etwa die kürzlich nachgewiesene Freisetzung von toxischen Spaltprodukten, insb. nach Laserbehandlung eines Tätowierungspigments (vgl. Empfehlungen der Strahlenschutzkommission S. 16 mit Verweis auf Schreiver u.a., Scientific Reports 5.8.2015). Zudem ist es gerade auch ein wesentliches Element der dem Verordnungsgeber eingeräumten Einschätzungsprärogative, als Ausfluss der staatlichen Fürsorgepflicht und Aufgabe zur Gefahrenabwehr auch Gefahren zu begegnen, für welche zwar schon belastbare, aber eben noch nicht vollumfängliche Anhaltspunkte vorliegen. So kann es, wenn der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber sich über die tatsächlichen Voraussetzungen oder die Auswirkungen einer Regelung im Zeitpunkt ihres Erlasses ein ausreichend zuverlässiges Urteil noch nicht hat machen können, geboten sein, dass er die weitere Entwicklung beobachtet und die Norm überprüft und revidiert, falls sich erweist, dass die ihr zugrundeliegenden Annahmen nicht mehr zutreffen. Das gilt unter anderem dann, wenn komplexe Gefährdungslagen zu beurteilen sind, über die verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht vorliegen (so BVerfG, U.v. 16.3.2004 – 1 BvR 1778/01 – juris Rn. 67 m.w.N.; vgl. zu solchen Evaluations- und ggf. Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers auch BayVGH, U.v. 19. 3.2019 – 10 BV 18.1917 – juris Rn. 29). Abgesehen davon verbietet sich der vom Bevollmächtigten der Antragsteller formulierte Schluss, dass, allein weil aus dem Bereich der kosmetischen Anwendungen (bisher) keine umfänglichen Studien zu auftretenden Schädigungen und Nebenwirkungen vorliegen, keine solche angefallen seien. Vielmehr liegt, dem obigen Zitat folgend, nahe, dass schlicht keine systematische und nachvollziehbare Erfassung bei kosmetischen Anwendungen erfolgt. Dass schließlich ein approbierter Arzt mit zusätzlicher Fort- und Weiterbildung für das Erkennen und Behandeln auftretender Komplikationen einer Laserbehandlung fachlich eine höhere Qualifikation aufweist als Personen ohne absolviertes Medizinstudium, liegt auf der Hand und braucht insoweit nicht näher vertieft zu werden (vgl. dazu auch ergänzend 1.1.3.2). Soweit sich der Bevollmächtigte schließlich in Bezug auf einen Beurteilungsspielraum und dazu korrespondierende Tatsachenermittlung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2017 (Az. 6 C 56/16 – juris Rn. 25) bezieht, hat dies für das vorliegende Verfahren allenfalls beschränkte Aussagekraft, da ihm streitgegenständlich eine Anordnung im Einzelfall (Verwaltungsakt) und keine Verordnung zugrunde liegt.

1.1.3.2

Auch der Einwand, die Regelung des § 5 Abs. 2 NiSV sei unverhältnismäßig, insbesondere weil ein gleich geeignetes, aber milderes Mittel dergestalt vorliege, dass man Anamnese und Diagnostik vor der Laseranwendung einem Arzt vorbehalten, die Anwendung selbst aber auch durch entsprechend geschulte aber nichtapprobierte Personen zulassen hätte können, trägt nicht. Die vom Verordnungsgeber insoweit zulässig im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative zugrunde gelegten Erwägungen tragen den auch vom Verwaltungsgericht gezogenen Schluss (vgl. insb. BA S. 24 f.), dass der Verzicht auf den Facharztvorbehalt zwar milder, aber zu wenig effektiv wäre, um den mit der Laseranwendung verknüpften Gefahren adäquat zu begegnen.

Zwar kann im Sinne des Vortrags der Antragsteller zunächst durchaus davon ausgegangen werden, dass der Schwerpunkt der sog. höchstpersönlichen, also nicht delegierbaren Leistungen bei einem bestehenden Arztvorbehalt oft vor der eigentlichen Therapie bzw. Anwendung verortet sein mag. So zählen etwa die von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren diskutierten, diesbezüglichen Empfehlungen der Bundesärztekammer („Persönliche Leistungserbringung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen, Stand 29.08.2008“) als Beispiele für höchstpersönliche Leistungen (u.a., verkürzt zitiert) „Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung, Diagnosestellung, Aufklärung und Beratung, Entscheidung über die Therapie und Durchführung invasiver Therapien einschließlich der Kernleistungen operativer Eingriffe“ auf (vgl. dort S. 2). Dies könnte für die Sichtweise der Antragsteller sprechen, dass höchstpersönliche Arztleistungen auch von der eigentlichen Laseranwendung separiert und vorangestellt werden könnten. Dem ist aber, wie auch das Verwaltungsgericht ausführt, zu entgegnen, dass selbst bei einer Delegation an nichtärztliche Mitarbeiter ein ständiges Aufhalten in „Rufweite“ des Arztes erforderlich ist, um jederzeit eingreifen zu können. Hinzu kommen aus Sicht des Senats im Bereich der Entfernung von Tätowierungen und Permanent-Make-Up mittels Laseranwendungen noch zwei Besonderheiten. Zum einen liegt der Schwerpunkt aus ärztlicher Perspektive deutlich in der Durchführung der eigentlichen Behandlung und

weniger bei der vorbereitenden Anamnese und Diagnose. Denn die regelmäßige Aufgabenstellung besteht nicht in der ausführlichen Anamnese, Untersuchung und Indikations- sowie Diagnosestellung etwa bzgl. eines zunächst unbekannten Krankheitsbildes; der Behandlungszweck bzw. das „Behandlungsziel“ (Entfernung per Laser) stehen vielmehr bereits fest, es geht vielmehr v.a. darum, Komplikationen einer Behandlung insgesamt, aber auch während und nach dieser auszuschließen bzw. so weit wie möglich zu vermeiden. Zum anderen bestehen, wie unter 1.1.3.1 bereits dargestellt und auch vom Verordnungsgeber so als wesentliche Erwägung herangezogen (s.o., Empfehlung der Strahlenschutzkommission) bei der Laserentfernung von Tattoos und Permanent-Makeup als relativer „junger“ Anwendung noch keine umfassenden Kenntnisse zum Ausmaß unerwünschter Nebenwirkungen (Komplikationen). Auch dieser Aspekte unterstreicht die Notwendigkeit, die Anwendung nur durch qualifizierte Ärzte, die anwendungsspezifische, neu auftretende Komplikationsformen früh-/rechtzeitig zu erkennen vermögen, zuzulassen.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller hierzu anmerkt, dass die vorhandenen Erkenntnisse bisher v.a. ärztliche Behandlungsfehler dokumentieren, kann daraus – abgesehen davon, dass sich der von ihm zitierte Auszug aus einer Umfrage mit Behandlungsfehlern v.a. aus dem Bereich der Haarentfernung befasst – nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass nichtmedizinischen Anwendern weniger Fehler unterlaufen. Stattdessen bestätigt dies den bereits erwähnten Befund der Strahlenschutzkommission, dass im nichtmedizinischen Bereich bisher keine systematische und empirisch verwertbare Dokumentation erfolgt ist. Unter dem eben erwähnten Aspekt „Gefahrenanalyse“ unterstreicht dies daher die Notwendigkeit, eine Anwendung von Lasern zur Entfernung von Tattoos und Permanent-Make-Up zumindest bis zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse zu Gefahren und Komplikationen ausschließlich entsprechend qualifizierten Ärzte vorzubehalten.

Insoweit ist der seit 1. Januar 2021 geltende Arztvorbehalt auch nicht übermäßig belastend bzw. unzumutbar (vgl. dazu und insbesondere zur Notwendigkeit einer Übergangsregelung ergänzend BVerfG, U.v. 27.10.1998 – 1 BvR 2306/96 – juris Rn. 188 ff.).

1.2
Die somit durch § 3 NiSG i.V.m. § 5 Abs. 2 NiSV normierten und seit 1. Januar 2021 geltenden Voraussetzungen erfüllen die Antragsteller nicht. Dass sie eine Entfernung von Tätowierungen oder Permanent-Make-Up im von ihnen betriebenen Tattoostudio nicht durch approbierte Ärztinnen und Ärzte mit entsprechender ärztlicher Weiterbildung oder Fortbildung durchführen lassen (können oder wollen), steht fest bzw. wird selbst von ihnen vorgetragen.

2.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 i.V.m. § 159 S. 2 VwGO.

3.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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