Begründungspflicht bei Honorarvereinbarungen

 | Gericht:  Landgericht (LG) Wuppertal  | Aktenzeichen: 4 O 370/16 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Gebühren

Beschlusstext


Das Landgericht Wuppertal hat am 06.06.2017 beschlossen:

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt (§ 91a ZPO).

Der Verkündigungstermin vom 13.06.17 wird aufgehoben. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 02.06.2017            EUR 5.591,70
danach:                               EUR 3.000,00

Einer Begründung bedarf es nicht, weil die Entscheidung der Kostenübernahmeerklärung folgt.

Die Sach- und Rechtslage wurde im Rahmen der Güteverhandlung ausführlich erörtert.

Das Gericht wies die Parteien darauf hin, dass es nach derzeitigem Akteninhalt der Rechtsverteidigung keine größeren Erfolgsaussichten beimisst. Lediglich wegen einzelner Gebührenbestände dürfte eine geringfügige Kürzung der Klageforderung in Betracht kommen.

Das Gericht erklärt, die Hinweise auszuformulieren und den Parteien zusammen mit dem Sitzungsprotokoll zuzuleiten. Ein Vergleich kam nicht zustande.

Nach Übergang ins streitige Verfahren stellt der Klägervertreter den Antrag aus der Klageschrift vom 19.12.2016, Bl. 1 d. A.

Der Beklagtenvertreter beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Parteien verhandeln zur Sache.

B. u. v.
1.
Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem gegnerischen Schriftsatz vom 25.04.2017 und zu den Hinweisen des Gerichts im heutigen Termin Stellung zu nehmen. Frist: 24.05.2017.

2.
Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf Dienstag, den 13, Juni 2017. 11:45 Uhr, Zimmer L 21. Landgericht.

Für die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger …, Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle:

4 O 370/16-Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2017

Das Gericht weist darauf hin, dass die Klage nach derzeitiger Aktenlage überwiegend begründet sein dürfte.

1.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen Stand 12/89 wurden nicht wirksam in das Vertragsverhältnis der Parteien einbezogen, denn nach § 309 Nr. 12b BGB, dessen Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall sich aus Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB ergibt, dürfte das Empfangsbekenntnis des Klägers unwirksam sein, da es an einer gesonderten Unterschrift des Klägers fehlt. Dass der Kläger die Allgemeinen Versicherungsbedingungen Stand 12/89 tatsächlich erhalten hat und auch auf die hierin enthaltene Beschränkung der Erstattungspflicht durch die Beklagte hingewiesen wurde, hat die Beklagte nicht dargetan.

Dies hat zur Folge, dass die Erstattungspflicht der Beklagten im Hinblick auf funktionsanalytische, funktionstherapeutische und implantologische Leistungen nicht auf einen Prozentsatz von 75% beschränkt ist.

2.
Wirksamkeit der Gebührenvereinbarung

Die den streitgegenständlichen Rechnungen zugrundeliegenden Gebührenvereinbarungen vom 16.10722.10.2012 (Anlage BLD 14, Bl. 116 d. A.) zum Heil- und Kostenplan vom 16.10.2012 (Anlage BLD 13, Bl. 112 d. A.), vom 01.12.2012/10.01.2013 (Anlage K17, Bl. 173 d. A.) zum Heil- und Kostenplan vom 01.12.2012 (Anlage K 18, Bl. 174 d. A.) sowie vom 21.03.2006 und 22.04.2013 (Anlagenkonvolut K6, Bl. 26 d. A.) zum Behandlungsplan vom 06.03.2006 (Anlage K19, Bl. 178 d. A.) dürften wirksam sein. Aufgrund der Tatsache, dass die Gebührenvereinbarungen auf die jeweiligen Heil- und Kostenpläne Bezug nehmen, dürften sie Individualvereinbarungen darstellen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. 3. 2002 - 8 U 118/01, NJW-RR 2003, 125).

Auch dürften die in Ansatz gebrachten Gebührensätze angemessen sein. Dass die Aufwendungen für die Heilbehandlung in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen, trägt die Beklagte nicht vor.

Auch steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Rechnungen keine Begründung für die Abrechnung mit höheren Gebührensätzen enthalten, denn eine gesonderte Begründungspflicht ist bei Vorliegen einer wirksamen Gebührenvereinbarung nicht erforderlich. Es genügt der Hinweis auf eine abweichende Vereinbarung mit dem Patienten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.2005 -1-8 U 33/04).

Eine Unwirksamkeit der Gebührenvereinbarung vom 21.03.2006 (Anlagenkonvolut K6, BL 26 d. A.) ergibt sich auch nicht daraus, dass diese vor Neufassung der GOZ im Jahr 2012 geschlossen wurde, denn eine Zuordnung der erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen zu den in der Gebührenvereinbarung enthaltenen Positionen ist ohne weiteres möglich.

3.
Zu den streitgegenständl ichen Rechnungen:

- Der auf die Rechnung vom 30.04.2013 entfallende Teil der Klageforderung in Höhe von EUR 1.758,07 dürfte vollständig zu erstatten sein, da es sich nach vorläufiger Einschätzung um implantologische Leistungen handelt, welche zu 100% zu erstatten sind.

- Der auf die Rechnung vom 18.03.2014 entfallende Teil der Klageforderung in Höhe von EUR 2.030,85 dürfte ebenfalls vollständig zu erstatten sein, da der Kläger die von der Beklagten im Hinblick auf den Erstattungsprozentsatz beanstandeten Positionen (Nr. 611, 605) bei der Berechnung seiner Klageforderung bereits lediglich zu 75% berücksichtigt hat.

- Der auf die Rechnung vom 23.12.2013 entfallende Teil der Klageforderung in Höhe von EUR 276,36 dürfte größtenteils zu erstatten sein. Soweit die Beklagte die volle Erstattungsfähigkeit dreier Positionen bestreitet, ist sie zur Darlegung verpflichtet, warum diese Positionen der geringeren Erstattungsquote zuzuordnen sind. Eine Zuordnung zu der jeweiligen Erstattungsquote genügt hierfür nicht. Das Gericht weist daraufhin, dass die von der Beklagten beanstandete Position 7100 eine implantologische Leistung darstellt, welche zu 100% zu erstatten ist. Im Hinblick auf die übrigen von der Beklagten beanstandeten Positionen (2290, Ä 60) liegt die Differenz zwischen den jeweiligen Erstattungsquoten bei lediglich EUR 15,66.

- Der auf die Rechnung vom 22.05.2013 entfallende Teil der Klageforderung in Höhe von EUR 1.526,42 dürfte ebenfalls größtenteils zu erstatten sein. Soweit die Beklagte die volle Erstattungsfähigkeit bestimmter Positionen bestreitet, ist sie zur Darlegung verpflichtet, warum diese Positionen der geringeren Erstattungsquote zuzuordnen sind. Eine Zuordnung zu der jeweiligen Erstattungsquote genügt hierfür nicht. Das Gericht weist diesbezüglich auf Folgendes hin:

Bei den Positionen zu Region 36 handelt es sich nach vorläufiger Einschätzung um implantologische Leistungen, welche zu 100% zu erstatten sind.

Die von der Beklagten beanstandeten Positionen gemäß GOÄ lassen sich ohne weitere Erläuterung nicht einer bestimmten zahnärztlichen Leistung zuordnen, teilweise sind diese Positionen (Ä6, Ä5000) in den anderen streitgegenständlichen Rechnungen von der Beklagten aber der Kategorie Zahnbehandlung zugeordnet worden.

Die von der Beklagten beanstandete Position 7080 fällt unter die Kategorie H der GOZ - Eingliederung von Aufbissbehelfen und Schienen. Leistungen dieser Kategorie sind von der Beklagten in den anderen streitgegenständlichen Rechnungen der Kategorie Zahnbehandlung zugeordnet worden.

Bei den übrigen Positionen handelt es sich nach vorläufiger Einschätzung um funktionsanalytische, funktionstherapeutische und implantologische Leistungen sowie zuzuordnende Begleitbehandlungen und Materialkosten, welche zu 100% zu erstatten sind.

Gegebenenfalls könnte hier die Position 5170 zzgl. der hierauf entfallenden Materialkosten in Abzug zu bringen sein, da es sich hierbei um prothetische Leistungen handelt, welche unstreitig nur zu 75% zu erstatten sind. Diesbezüglich beträgt die Differenz zwischen den jeweiligen Erstattungsquoten ca. EUR 118,00.

***
Schreiben an das Landgericht Wuppertal zum Beschluss:

In Sachen

… ./. … -  AG -4 0 370/16-
Gegner: … - Abschrift anbei und vorab per Fax: …

kommen wir zurück auf den diesseitigen Schriftsatz vom 30.05.2017 und die angekündigte Schadlosstellung des Klägers gemäß den zuletzt gestellten Klageanträgen. Insoweit überreichen wir als Anlage BLD 16 die Leistungsabrechnung der Beklagten vom 24.05.2017.

An Zinsen wurden ergänzend EUR 741,97 überwiesen. Aus buchungstechnischen Gründen erfolgt die Überweisung der Zinsen getrennt,

Der Kläger mag die sich hieraus ergebenden prozessualen Konsequenzen ziehen und den Rechtsstreit für erledigt erklären. Einer entsprechenden Erledigungserklärung schließt sich die Beklagte nochmals bereits an dieser Stelle an.

Ferner erklären wir für den Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung namens und in Vollmacht der Beklagten Kostenanerkenntnis.

Der Beklagten sind dann - gerichtskostenprivilegiert - die Kosten des Verfahrens durch unbegründeten Beschluss aufzuerlegen.

Sollte sich der Kläger - wider Erwarten - nicht zu einer ErJedigungserkfärung durchringen können (trotz Zahlungseingangs), wird bereits jetzt darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte dann auf Erfüllung (§ 362 BGB) beruft.

Aktuell geht die Beklagte jedoch davon aus, dass der Rechtsstreit unstreitig durch übereinstimmende Erledigungserklärung beendet werden kann. Vor diesem Hintergrund wird höchst vorsorglich nochmals beantragt, den auf den 13.06.2017 anberaumten Verkündungstermin aufzuheben und die Angelegenheit zunächst terminslos zu stellen, damit sich der Kläger hierzu erklären kann.


Ausdruck Urteil - PDF