Urteilstext
Tenor
1.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 28.01.2015 - 4 Ca 299/14 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 13./21.06.2012 geendet hat.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen geschlossene Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitsvertraglicher Befristung mit Ablauf des 30.06.2014 geendet hat.
Die am … 1969 geborene Klägerin schloss unter dem Datum des 13./21.06.2012 mit der Beklagten einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2014 als teilzeitbeschäftigte Ärztin ab. In der Vertragsurkunde (Anlage K 1) ist in § 1 angekreuzt, dass die Befristung „zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder einer Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung“ erfolgt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages wurde die Klägerin als Assistenzärztin eingestellt. Es wurde weiter angegeben, dass die Tätigkeit in den (verschiedenen) Einrichtungen der Beklagten zu erbringen sei. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach § 4 des Arbeitsvertrags nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA). Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt der Klägerin belief sich auf € 5.700,00.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Klägerin seit rund 16 Jahren approbierte Ärztin. Im Rahmen von verschiedenen Arbeitsverhältnissen hatte sie ausweislich des Zwischenzeugnisses des Städtischen Klinikums K. vom 12.05.2009 im April 2007 die Gebietsbezeichnung „Fachärztin für innere Medizin“ erworben. Die Weiterbildung erfolgte vom 01.12.2001 bis 31.07.2006 bei der Beklagten an deren Klinikum AGH. Die Klägerin war darüber hinaus bei der Beklagten vom 01.05.2007 bis 31.07.2007 in deren Krankenhaus M. tätig. Außerdem stand die Klägerin zum Erwerb des Schwerpunkts Gastroenterologie vom 01.01.2008 bis 31.07.2008 in einem Arbeitsverhältnis mit dem Landkreis E. in dessen Klinikum KN. und vom 01.09.2008 bis 30.04.2009 in einem Arbeitsverhältnis mit dem Städtischen Klinikum K. gGmbH.
Die Beklagte betreibt Krankenhäuser in BF., B., H. und M.. Ende 2011 nahm die Klägerin Kontakt mit dem Chefarzt der Abteilung Innere Medizin des Krankenhauses B., Herrn Dr. B., auf. Die Klägerin beabsichtigte, ihre Weiterbildung im Schwerpunkt Gastroenterologie fortzusetzen. Herr Dr. B. besitzt eine Weiterbildungsberechtigung für das Gebiet Innere Medizin und den Schwerpunkt Gastroenterologie für die Dauer von 18 Monaten (Anlage K 2). Außerdem besitzt er eine Befugnis in der stationären internistischen Patientenversorgung für 36 Monate (Anlage zum Protokoll der Berufungsverhandlung vom 20.07.2015). Die Weiterbildungsberechtigung hatte Herr Dr. B. aufgrund eines gegliederten Programms gemäß § 5 Abs. 5 der seit dem Jahr 2006 geltenden Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg (im Folgenden: WBO 2006) erhalten (Anlage BB 1).
Die Klägerin bewarb sich daraufhin bei der Beklagten für eine Tätigkeit als Assistenzärztin in der Abteilung von Herrn Dr. B. zur Fortsetzung ihrer Weiterbildung im Schwerpunkt „Gastroenterologie“. Welche Absprachen die Klägerin und Herr Dr. B. zu Beginn des Arbeitsverhältnisses über den Inhalt der Weiterbildung getroffen haben, ist zwischen den Parteien streitig.
Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses kam es zwischen der Klägerin und Herrn Dr. B. zu Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt der Weiterbildung. Diese wurden anlässlich von Mitarbeitergesprächen im Jahr 2012, November 2013 und vom 28.01.2014 thematisiert. Am 04.02.2014 richtete die Klägerin ein Schreiben an Herrn Dr. B. (nicht vorgelegt). Dieser teilte hierzu mit Schreiben vom 13.02.2014 (Anlage B 4) mit, es gebe eine Reihe von Gründen, weshalb die Endoskopiezahlen der Klägerin gering seien. Herr Dr. B. sprach in diesem Zusammenhang die mangelhafte Arbeitsorganisation, den späten Arbeitsbeginn, die schlechte Zusammenarbeit und die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin an. Mit Schreiben vom 18.02.2014 (Anlage K 4) beklagte die Klägerin, dass sie bisher die geforderten Untersuchungszahlen nicht erreicht habe. Sie beanstandete verschiedene Ursachen im Verantwortungsbereich des Chefarztes und verlangte einen konkreten Weiterbildungsplan. Mit einem weiteren Schreiben, gerichtet an die Personalverwaltung der Beklagten, vom 19.05.2014 (Anlage K 5) rügte die Klägerin erneut die unzureichende Weiterbildung. Sie schlug hierin eine Verlängerung ihres Arbeitsvertrags um weitere zwei Jahre vor. Mit Schreiben ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vom 27.06.2014 (Anlage K 6) machte die Klägerin den unbefristeten Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses geltend.
Mit ihrer am 18.07.2014 eingegangenen Klage hat die Klägerin den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, nach der Weiterbildungsordnung habe sie bestimmte Untersuchungszahlen für die Weiterbildung im Schwerpunkt Gastroenterologie vorzuweisen. Hiervon habe sie im Laufe des Arbeitsverhältnisses aber nur einen Teil erwerben können. Die Wirksamkeit des befristeten Arbeitsvertrags hänge davon ab, dass die Weiterbildung zeitlich und inhaltlich strukturiert sei. Nach dem zutreffenden Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 16.05.2013 (3 Ca 285/12) müsse der Weiterbildungsplan in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden. Aufgrund der Stationsarbeit habe sie die erforderlichen Weiterbildungsinhalte nicht erwerben können. Zudem sei es im Krankenhaus B. nicht möglich, alle Weiterbildungsinhalte zu erwerben. Die Beklagte habe nicht für eine Rotation an andere Standorte Sorge getragen.
Die Klägerin hat beantragt:
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30.06.2014 hinaus unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, aufgrund der Gespräche mit Herrn Dr. B. sei der Klägerin klar gewesen, dass sie nicht alle Weiterbildungsinhalte im Krankenhaus B. erwerben könne. Eine Rotation an andere Standorte sei nicht vereinbart worden. Bereits im Bewerbungsgespräch sei der für die Weiterbildung vorgesehene Arbeitsablauf besprochen worden. Dem Vertragsverhältnis habe der der Landesärztekammer vorgelegte Weiterbildungsplan zugrunde gelegen. Die Weiterbildung habe die im Schriftsatz vom 12.11.2014 auf Seite 6 geschilderte zeitliche Struktur gehabt. Die Klägerin habe mehr Weiterbildungsinhalte erworben, als von ihr in der Klageschrift angegeben werde. Die Klägerin habe genügend Zeit für ihre Weiterbildung gehabt. Sie sei von Herrn B. und den beiden leitenden Oberärzten unterstützt worden. Die Klägerin habe jedoch viel Zeit dafür aufgewandt, sich um andere Aufgaben zu kümmern. Sie habe gegenüber ihren Vorgesetzten einen äußerst respektlosen Ton gepflegt. Kein anderer ärztlicher Mitarbeiter habe jemals so viele Beschwerdebriefe von Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern erhalten wie die Klägerin. Die Klägerin habe mit Macht zur Funktionsoberärztin ernannt werden wollen.
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei auf der Grundlage des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung rechtswirksam. Dem Schriftformerfordernis sei genügt. Entgegen der Auffassung der Klägerin müsse der Weiterbildungsplan nicht Gegenstand des Arbeitsvertrags sein. Ein detaillierter Stundenplan sei nicht erforderlich. Ein Abarbeiten eines anfangs entworfenen Programms sei auch der Weiterbildung nicht dienlich.
Die Klägerin hat erwidert, die Beklagte verkenne die weiterbildungsrechtliche Situation. Sie habe ihre Facharztbezeichnung noch unter der Geltung der Weiterbildungsordnung vom 17.03.1995 (im Folgenden: WBO 1995) erworben. Die Annahmen der Beklagten zu Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalten gingen von der „neuen“ WBO aus. Die Aufstellung eines Plans zur strukturierten Weiterbildung stelle keine Nebensächlichkeit dar. Ohne Plan könne es keine Weiterbildung geben. Die Klage sei begründet, weil die Beklagte keinen Weiterbildungsplan geschaffen habe und auch nicht in der Lage gewesen sei, am Krankenhaus B. die vollständige Weiterbildung zu gewährleisten. Sie bestreite energisch, dass sie sich gegenüber den Vorgesetzten respektlos verhalten habe. Sie sei von Herrn Dr. B. und den Oberärzten nicht ausreichend unterstützt worden.
Mit Urteil vom 20.01.2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Befristung nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung seien erfüllt. Es genüge, dass dem Arzt die Ableistung der Weiterbildungsabschnitte ermöglicht werde. Diese Anforderung sei im vorliegenden Fall erfüllt. Die zeitliche Struktur ergebe sich durch die Vorgabe der Zeitfenster für die Weiterbildung. Die inhaltliche Struktur ergebe sich durch den Einsatz und der Assistenz bei den durchgeführten Eingriffen. Eine Aufnahme des Weiterbildungsplans in die Vertragsurkunde sei nicht erforderlich.
Eine vom Weiterbildungsplan abweichende faktische Durchführung des Arbeitsverhältnisses sei von der Klägerin nicht vorgetragen. Die Klägerin sei in der Lage gewesen, nach den Visiten die erforderlichen Untersuchungszahlen zu erwerben. Die Nichterreichung der Fallzahl habe wenig Aussagewert. Einen Grundsatz, dass eine zulässige Befristung nur dann gegeben sei, wenn innerhalb der Mindestausbildungszeit die Fallzahlen erreicht würden, gebe es nicht. Die Erreichung der erforderlichen Fallzahlen hänge auch von der Weiterbildungswilligkeit ab. Zur Frage einer Rotation an andere Standorte enthalte der Arbeitsvertrag der Parteien keine Vereinbarung. Was die Anwendung der zutreffenden Weiterbildungsordnung angehe, so sei es eine Obliegenheit der Klägerin gewesen darauf hinzuweisen, dass für sie die „alte“ Weiterbildungsordnung gelte.
Gegen das ihr am 03.02.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.03.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2015 begründet. Sie trägt vor, das Arbeitsgericht verkenne die Natur eines Weiterbildungsverhältnisses. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung schreibe vor, dass die Beschäftigung der Weiterbildung dienen müsse. „Dienen“ bedeute nicht, dass etwas lediglich „förderlich“ sei. Die Weiterbildung müsse den wesentlichen Inhalt des Arbeitsverhältnisses ausmachen. Im vorliegenden Fall sei die Beklagte am Standort B. gar nicht in der Lage gewesen, sämtliche Weiterbildungsinhalte zu vermitteln. Die Beklagte sei ferner verpflichtet gewesen, der Klägerin eine Weiterbildung zu verschaffen, wie sich diese aus der Weiterbildungsordnung ergebe. Der Weiterbildungsvertrag sei ein Ausbildungsvertrag. Der Arzt müsse Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte erwerben. Das Arbeitsgericht nehme fälschlicherweise an, dass der Arbeitgeber nur verpflichtet sei, ein Angebot zum Erwerb von Weiterbildungsinhalten zu unterbreiten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dass festgestellt wird, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 30.06.2014 hinaus unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Klägerin missverstehe die Befristungsvorgaben nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung. Das Gesetz solle die Befristung von Arbeitsverträgen mit Ärzten in der Weiterbildung erleichtern. Es genüge, dass die Ableistung der Weiterbildungsabschnitte ermöglicht werde. Es sei nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber in der Lage sei, sämtliche Weiterbildungsinhalte zu vermitteln. Es sei üblich und sogar wünschenswert, dass die Weiterbildung bei verschiedenen Arbeitgebern stattfinde. Die Klägerin wolle dem Arbeitgeber abverlangen, dass dieser sie so weit ausbilde, dass sie sich zur Facharztprüfung anmelden könne. Die Klägerin habe jedoch die Angebote zur Weiterbildung nicht angenommen.
Auf den Hinweis des Vorsitzenden vom 19.06.2015 hat die Beklagte das von Herrn Dr. B. erstellte Weiterbildungsprogramm vom 13.07.2010 für die Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin/Innere Medizin und Allgemeinmedizin vorgelegt. Die Klägerin hat hierauf vorgetragen, dieses Programm sei ihr niemals vorgelegt worden. Das Programm passe auch aus verschiedener Sicht nicht auf ihre Weiterbildungsbedürfnisse. Es sei auf eine Weiterbildungszeit von 36 Monaten zugeschnitten. Der Plan sei wertlos, weil er nicht berücksichtige, dass sie an ihren bisherigen Tätigkeiten bereits eine Vielzahl von Weiterbildungsinhalten erworben habe. Ihr sei von Herrn Dr. B. zugesichert worden, dass sie alle noch fehlenden Endoskopiezahlen am Standort B. erreichen könne. Eine Rotation an andere Standorte der Beklagten sei möglich gewesen.
Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, der vorgelegte Weiterbildungsplan entspreche den Vorgaben der Landesärztekammer. Die Landesärztekammer habe Herrn Dr. B. eine Weiterbildungsermächtigung für 18 Monate erteilt, weil bestimmte Untersuchungen im Krankenhaus B. nicht angeboten werden könnten. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedürfe es keines minutiösen Stundenplans. Auf eine Rotation bestehe kein Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen. Entscheidungsgründe I.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64 Abs. 2 a ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.
1.
Nach der genannten Vorschrift muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein. Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden. Doch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will (zuletzt BAG 19.02.2013 - 9 AZR 543/11 - Juris; BAG 16.05.2012 - 4 AZR 245/10 - NZA - RR 2012, 599). Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden Streitgegenstand eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist die Berufung insoweit unzulässig (BAG 15.03.2006 - 4 AZR 73/05 - AP ZPO § 551 Nr. 63; BAG 12.11.2002 - 1 AZR 632/01 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 155; jeweils zur vergleichbaren Vorschrift des § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
2.
Diesen Anforderungen genügt die Berufung der Klägerin. Die - knappe - Berufungsbegründung setzt sich noch hinreichend mit der tragenden Begründung des Arbeitsgerichts unter 2.5 des Urteils auseinander, für eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung genüge es, wenn die Ableistung der Weiterbildungsabschnitte durch den Arbeitgeber ermöglicht werde. Die Klägerin rügt, unter „dienen“ im Sinne von § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG sei mehr als nur „förderlich“ sein zu verstehen. Der Arzt müsse ganz überwiegend zu seiner Weiterbildung beschäftigt werden. Die Weiterbildung müsse den wesentlichen Inhalt des Arbeitsverhältnisses ausmachen.
Mit diesen Erwägungen hat die Klägerin hinreichend deutlich gemacht, mit welchen Argumenten sie das Urteil des Arbeitsgerichts bekämpfen will. Von seiner Grundannahme ausgehend hat das Arbeitsgericht unter 2.5.2 des Urteils im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen der Klägerin die Ableistung der Weiterbildungsabschnitte möglich gewesen sei. Unter 2.5.3 des Urteils hat das Arbeitsgericht schließlich erörtert, dass die Klägerin keine abweichende Durchführung des Arbeitsverhältnisses dargelegt habe. Stellt man - wie die Klägerin - aber die Grundannahme des Arbeitsgerichts in Frage, so ergibt sich zwangsläufig, dass auch die Subsumtion hätte anders ausfallen müssen. Es war daher nicht erforderlich, dass sich die Klägerin mit den Einzelbegründungen des Arbeitsgerichts unter 2.5.2 und 2.5.3 des Urteils auseinandersetzte.
II.
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Kammer kann sich nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts anschließen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30.06.2014 geendet hat. Die Befristung war nicht auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG rechtswirksam.
1.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass Gegenstand ihrer Klage eine Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG ist. Gemäß § 1 Abs. 5 ÄArbVtrG sind die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge anzuwenden, soweit sie den Vorschriften des § 1 Abs. 1 - 4 ÄArbVtrG nicht widersprechen. Dies bedeutet, dass bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer Befristung § 17 TzBfG Anwendung findet (statt vieler Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, 15. Aufl., §§ 1 - 3 ÄArbVtrG Rn 12).
2.
Die Klage ist auch begründet. Mangels einer zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung für den Erwerb einer Anerkennung für den Schwerpunkt „Gastroenterologie“ kann die Beklagte die Befristung in § 1 des Arbeitsvertrags vom 13./21.06.2012 nicht auf § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG stützen.
a)
Nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG liegt ein die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem Arzt rechtfertigender sachlicher Grund vor, wenn die Beschäftigung des Arztes seiner zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt oder dem Erwerb einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder einer Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung dient. Nach § 1 Abs. 2 ÄArbVtrG bestimmt sich die Dauer der Befristung im Rahmen der Abs. 3 und 4 ausschließlich nach der vertraglichen Vereinbarung; sie muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.
Gemäß § 1 Abs. 3 Sätze 1-5 ÄArbVtrG kann ein befristeter Arbeitsvertrag nach Abs. 1 auf die notwendige Zeit für den Erwerb der Anerkennung als Facharzt oder den Erwerb einer Zusatzbezeichnung, höchstens bis zur Dauer von 8 Jahren, abgeschlossen werden. Zum Zwecke des Erwerbs einer Anerkennung für einen Schwerpunkt oder des an die Weiterbildung zum Facharzt anschließenden Erwerbs einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder einer Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung kann ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag für den Zeitraum, der für den Erwerb vorgeschrieben ist, vereinbart werden. Wird die Weiterbildung im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung abgeleistet und verlängert sich der Weiterbildungszeitraum hierdurch über die zeitlichen Grenzen der Sätze 1 und 2 hinaus, können diese um die Zeit dieser Verlängerung überschritten werden. Erfolgt die Weiterbildung nach Abs. 1 im Rahmen mehrerer befristeter Arbeitsverträge, so dürfen sie insgesamt die zeitlichen Grenzen nach den Sätzen 1, 2 und 3 nicht überschreiten. Die Befristung darf den Zeitraum nicht unterschreiten, für den der weiterbildende Arzt die Weiterbildungsbefugnis besitzt.
b)
Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 13./21.06.2012 ist unter § 1 angekreuzt, dass die vorliegende Befristung zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung etc. erfolge. Diese Bezeichnung ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien unrichtig. Die Befristung erfolgte, weil die Klägerin die Anerkennung für den Schwerpunkt „Gastroenterologie“ erwerben wollte. Sowohl nach der „alten“ Weiterbildungsordnung 1995 als auch nach der derzeit geltenden Weiterbildungsordnung 2006 handelt es sich bei der Spezialisierung auf die Gastroenterologie um einen Schwerpunkt innerhalb der Facharztweiterbildung „Innere Medizin“. In der Weiterbildungsordnung 1995 war die Gastroenterologie unter 15.C.3 (Seite 44 der WBO 1995 im Anlagenband) ausdrücklich als Schwerpunkt ausgewiesen. Aus der Weiterbildungsordnung 2006 ergibt sich nichts anderes. Dort ist der Facharzt/die Fachärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie im Abschnitt B.13.4 (Seite 79 der WBO 2006, abrufbar aus dem Internetauftritt der Landesärztekammer Baden-Württemberg) im Abschnitt B „Gebiete, Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen“ aufgeführt.
Die Falschbezeichnung der Parteien im Arbeitsvertrag führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Befristung. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung kennt kein Zitiergebot. Der jeweilige Befristungsgrund muss daher im Arbeitsvertrag nicht konkret benannt werden. Der sachgrundbezogene Weiterbildungszweck muss ggf. durch die Auslegung des Vertrags ermittelt werden (KR-Treber, 10. Aufl., § 1-3 ÄArbVtrG Rn 15; APS-Schmidt, 4. Aufl., §§ 1-3 ÄArbVtrG Rn 16; LAG Hamm 02.10.2008 - 17 Sa 816/08 - Rn 86 ff.). Im Streitfall ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages, dass die Parteien die Befristung auf eine Weiterbildung zum Erwerb einer Anerkennung für den Schwerpunkt „Gastroenterologie“ stützen wollten. Denn ausschließlich diese Weiterbildung war der Gegenstand der Parteivereinbarungen.
c)
Nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG liegt ein Befristungsgrund im Sinne des Gesetzes nur dann vor, wenn die Beschäftigung des Arztes seiner „zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung“ dient. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es hierfür nicht erforderlich, dass die Parteien einen entsprechenden Weiterbildungsplan förmlich zum Inhalt ihres Arbeitsvertrags machen.
aa)
Die Klägerin hat sich insoweit auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 16.05.2013 in der Rechtssache 3 Ca 285/12 berufen. In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht Mannheim auf Seite 7 ausgeführt, ein entsprechendes Programm, das nicht nur inhaltliche, sondern auch zeitliche Abfolgen der Weiterbildungsinhalte regele, müsse entweder in den Vertrag aufgenommen werden oder mit diesem verbunden sein.
bb)
Diese Auffassung findet jedoch im Gesetz keine Stütze. Da das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung kein Zitiergebot kennt, bedarf es auch keiner konkreten Angabe des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag (so bereits BAG 24.04.1996 - 7 AZR 428/95 - AP HRG § 97 b Nr. 10). Wenn es aber nicht einmal der Angabe des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag bedarf, dann sind erst recht keine weiterführenden Angaben zur zeitlichen und inhaltlichen Struktur der Weiterbildung aufzunehmen. Soweit sich das Arbeitsgericht Mannheim auf Parallelen zum Teilzeit- und Befristungsgesetz beruft, so sind diese nicht ersichtlich. Es entspricht vielmehr der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass der Befristungsgrund im Sinne der §§ 14 Abs. 1-3 TzBfG nicht Vertragsinhalt sein muss. Es ist ausreichend, dass der sachliche Grund bei Vertragsschluss objektiv vorliegt (vgl. nur BAG 23.06.2004 - 7 AZR 636/03 - AP TzBfG § 14 Nr. 12; APS-Greiner, 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn 486 mit zahlreichen Nachweisen). Demzufolge stellt die Aufnahme des Weiterbildungsplans in den befristeten Arbeitsvertrag keine Wirksamkeitsvoraussetzung dar.
d)
Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG ist es jedoch, dass die Beschäftigung des Arztes seiner zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung objektiv dient. Die Frage, welche Anforderungen an eine solche Weiterbildung im Einzelnen zu stellen sind, wird in Rechtsprechung (LAG Berlin 10.10.2006 - 12 Sa 806/06 - Rn 27; LAG Berlin-Brandenburg 16.10.2009 - 9 Sa 1242/09- Rn. 23) und Schrifttum (KR-Treber aaO Rn. 20; APS-Schmidt aaO Rn. 15; KSchR-Däubler/Wroblewski 9. Aufl. § 1 ÄArbVtrG Rn: 9; Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, 15. Aufl. §§ 1 - 3 ÄArbVtrG Rn. 4; Künzl NZA 2008, 1101) bisher nicht vertieft erörtert. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags zu diesem Zweck eine Weiterbildungsplanung erstellen muss, die zeitlich und inhaltlich auf die konkrete Weiterbildung zugeschnitten ist. Die Planung muss nicht Inhalt der (schriftlichen) Befristungsabrede sein. Sie muss jedoch objektiv vorliegen und im Prozess dargelegt werden.
aa)
Der Wortlaut der Vorschrift ist nur eingeschränkt ergiebig. Nach dem Gesetzeswortlaut genügt es, wenn die Beschäftigung dem Weiterbildungszweck „dient“. Allerdings soll die Weiterbildung zeitlich und inhaltlich strukturiert sein. Vor der Einfügung der letztgenannten Tatbestandsvoraussetzung durch das 1. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2994) vertrat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24.04.1996 (aaO Rn 19) die Auffassung, das Gesetz lasse es genügen, dass die Beschäftigung diesen Zweck fördert. Der Arzt müsse nicht ausschließlich zu seiner Weiterbildung beschäftigt sein. Aus diesen Ausführungen ergibt sich aber noch nicht, welche Anforderungen an die Strukturierung der Weiterbildung zu stellen sind.
bb)
Wesentliche Anhaltspunkte hierzu ergeben sich aus den Gesetzgebungsmaterialien. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung vom 15.05.1986 wurde im Zusammenhang eines Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zur Änderung der Bundesärzteordnung vom 25.06.1985 geschaffen (Bundestags-Drs. 10/3559). Ausweislich der Entwurfsbegründung hatte die gesetzliche Neuregelung das Ziel, nach Einführung des „Arztes im Praktikum“ die Fluktuation von Ärzten im Krankenhausbereich zu fördern. Aus diesem Grund sollten gesetzliche Möglichkeiten zum Abschluss befristeter Arbeitsverträge für Ärzte in der Weiterbildung geschaffen werden. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die vorgesehene Neuregelung in eine eigenständige arbeitsrechtliche Regelung, jedoch ohne wesentliche Änderung, überführt (Bundestags-Drs. 10/4748).
Das bis zum 31.12.1997 befristete Gesetz wurde durch das 1. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung vom 16.12.1997 auf unbestimmte Zeit verlängert und in wesentlichen Teilen geändert. So wurde in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG die Wörter „zeitlich und inhaltlich strukturierten“ vor das Wort „Weiterbildung“ eingefügt. Zur Begründung für diese Änderung wurde in der Entwurfsbegründung ausgeführt (Bundestags-Drs. 13/8668 S. 6):
„Die Befristung von Arbeitsverhältnissen in der Weiterbildung stellt einen genau umrissenen Ausnahmetatbestand dar, der zu einer Einschränkung der Gestaltungsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien führen kann. Deshalb sind strenge Anforderungen an die Befristung festzulegen. Die Befristungsmöglichkeit ist daher daran gebunden, dass es sich bei den befristeten Arbeitsverhältnissen immer konkret um Weiterbildung handelt. Tätigkeiten, die nicht der Weiterbildung dienen, können nicht für eine Befristung herangezogen werden. Nur auf diese Weise kann Missbrauch ausgeschlossen werden. Durch die Bindung der Befristung an die Erfordernisse einer zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung wird sichergestellt, dass die ärztliche Tätigkeit tatsächlich der Weiterbildung dient und dem Arzt die für seine Weiterbildung erforderliche Ableistung der Weiterbildungsabschnitte ermöglicht wird.“
In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 29.10.1997 (Bundestags-Drs. 13/8862 S. 6) werden diese Ausführungen nahezu wörtlich wiederholt.
An dieser Rechtslage hat sich bis heute nichts mehr geändert, auch wenn der ursprüngliche Regelungsanlass für das Gesetz, die Einführung einer 18-monatigen Praxisphase als Arzt im Praktikum mittlerweile entfallen ist. Der Arzt im Praktikum wurde mit Wirkung vom 01.10.2004 wieder abgeschafft.
Aus den Gesetzesmaterialien folgt, dass die vom Arbeitsgericht hervorgehobene Zwecksetzung, die Ableistung der Weiterbildungsabschnitte solle ermöglicht werden, nicht isoliert von dem Bestreben des Gesetzgebers gesehen werden darf, die Befristungsmöglichkeit konkret an den Weiterbildungszweck zu binden. Der Gesetzgeber wollte die Befristungsvoraussetzungen verschärfen (so auch KR-Treber aaO Rn 21; LAG Berlin 10.10.2006 - 12 Sa 806/06 - Rn 27). Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber dem in Weiterbildung befindlichen Arzt die Ableistung der Weiterbildungsabschnitte nicht durch „irgendeine“ Weiterbildung, sondern gerade durch eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung ermöglichen muss.
cc)
Der Sinn und Zweck des Gesetzes spricht dafür, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags einen auf die konkrete Weiterbildung zugeschnittenen Weiterbildungsplan zu erstellen hat. Dieser Plan muss nicht schriftlich niedergelegt werden, auch wenn sich dies aus Beweisgründen empfehlen wird. Es muss aber objektiv feststellbar sein, wie sich der Arbeitgeber eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung vorgestellt hat. Diese Befristungsvoraussetzung folgt aus folgenden Erwägungen:
§ 1 Abs. 1 ÄArbVtrG knüpft durch die Bezugnahme auf den die Befristung rechtfertigenden Sachgrund an die allgemeinen Regelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen an. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Wirksamkeit einer Befristungsabrede grundsätzlich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen. Die Prognose ist daher der wesentliche Teil des Sachgrundes für eine Befristung. Geht es um den Sachgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG, so hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Prognose gerechtfertigt war, nach dem vorgesehenen Vertragsende bestehe für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein betrieblicher Bedarf mehr (zuletzt BAG 15.10.2014 - 7 AZR 893/12 - NZA 2015, 362). Geht es um den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, so bedarf es einer Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr der Stammkraft (zuletzt BAG 29.04.2015 - 7 AZR 310/13 NZA 2015, 928).
Im vorliegenden Fall der ärztlichen Weiterbildung hat sich die Prognose des Arbeitgebers darauf zu erstrecken, der zur Weiterbildung beschäftigte Arzt werde bis zum vorgesehenen Vertragsende die beabsichtigte Weiterbildung entweder abschließen oder zumindest wesentliche Weiterbildungsinhalte erwerben können. Ebenso wie bei den oben genannten Sachgründen muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein, dass die angestrebten Weiterbildungsinhalte erworben werden können (so auch LAG Berlin-Brandenburg 16.10.2009 aaO Rn 24).
Eine derartige Prognose setzt zwingend voraus, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Überlegungen dazu anstellt, welche Weiterbildungsinhalte der betreffende Arzt erwerben möchte und auf welche Weise der Erwerb im Laufe des befristeten Arbeitsverhältnisses stattfinden soll. Erforderlich ist somit ein Weiterbildungsplan. Welche Anforderungen an diesen Plan zu stellen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Steht etwa ein approbierter Arzt zu Beginn seiner Facharztausbildung für Innere Medizin, so mag das von der Beklagten vorgelegte Programm vom 13.07.2010 (Anlage BB1) für einen Weiterbildungsplan genügen. Geht es aber um eine Ärztin wie die Klägerin, die bereits vor einigen Jahren die Facharztanerkennung erworben hat und darüber hinaus jedenfalls in Arbeitsverhältnissen beim Landkreis E. und beim Städtischen Klinikum K. bereits Weiterbildungsinhalte für den Schwerpunkt „Gastroenterologie“ erworben hat, so genügt ein solches allgemeines Programm ersichtlich nicht. Denn um in einem solchen Fall die Weiterbildung zeitlich und inhaltlich zu strukturieren, muss zu Beginn des Arbeitsverhältnisses festgestellt werden, welche Weiterbildungsinhalte dem betreffenden Arzt noch fehlen und in welchem Zeitraum er sie mutmaßlich in der betreffenden Einrichtung erwerben kann. Ohne eine solche Planung würde die Beschäftigung des Arztes seine Weiterbildung nicht fördern; von einer „Dienlichkeit“ im Sinne des Gesetzes könnte keine Rede sein. Die Weiterbildung wäre eine solche „auf das Geratewohl“.
e)
Den aufgezeigten Anforderungen an eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung genügt die von der Beklagten dargelegte Weiterbildungsplanung nicht.
aa)
Die Parteien haben zu Beginn des Arbeitsverhältnisses keine Überlegungen dazu angestellt, welche Weiterbildungsinhalte und -zeiten die Klägerin noch erwerben muss. Maßgeblich hängt dies davon ab, ob auf die vorliegende Weiterbildung der Klägerin die Weiterbildungsordnung 1995 oder die Weiterbildungsordnung 2006 Anwendung findet. Nach der Weiterbildungsordnung 1995 beträgt die Weiterbildungszeit im Schwerpunkt „Gastroenterologie“ zwei Jahre (S. 44 der WBO 1995); nach der Weiterbildungsordnung 2006 beläuft sich diese auf drei Jahre (S. 79 der WBO 2006). Würde ersteres zutreffen, so hätte sich angesichts der schon abgeleisteten Weiterbildungszeit im Schwerpunkt „Gastroenterologie“ (wohl 15 Monate) die Frage gestellt, ob das vorliegende Arbeitsverhältnis wegen § 1 Abs. 3 Satz 4 ÄArbVtrG überhaupt noch für die Dauer von zwei Jahren befristet werden kann.
Die Klägerin ist selbst zunächst von der Anwendbarkeit der Weiterbildungsordnung 2006 ausgegangen, weil sie sonst nicht den Auszug aus den Richtlinien zu dieser Weiterbildungsordnung vorgelegt hätte (Anlage K 3). Erst im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin vorgetragen, die von ihr angestrebte Anerkennung für den Schwerpunkt „Gastroenterologie“ richte sich noch nach der Weiterbildungsordnung 1995. Hierfür spricht auch vieles, weil nach den Übergangsbestimmungen der Weiterbildungsordnung 2006 (Seite 89 der WBO 2006) Kammerangehörige, die vor dem 01.05.2006 eine Weiterbildung im Gebiet Innere Medizin sowie deren Schwerpunkte begonnen haben, diese nach den Bestimmungen der bisherigen Weiterbildungsordnung bis zum 30.04.2016 abschließen können.
bb)
Dem Vorbringen der Parteien kann nicht entnommen werden, dass sie bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags abgeklärt haben, welche Weiterbildungsinhalte die Klägerin in ihren früheren Arbeitsverhältnissen zum Schwerpunkt „Gastroenterologie“ bereits erworben hatte und welche sie noch erwerben muss. Wenn die Beklagte auf Seite 19 ihres Schriftsatzes vom 12.11.2014 vorgetragen hat, Herr Dr. B. habe sein der Landesärztekammer vorgelegtes Weiterbildungsprogramm auf das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin angewandt, so geht dieses Programm an den hiesigen Weiterbildungserfordernissen gerade vorbei, weil es sich lediglich auf die 36-monatige Basisweiterbildung bezieht. Wenn die Beklagte hierzu einwendet (S. 21 des Schriftsatzes), ein einmal entworfenes Programm sei der Weiterbildung nicht dienlich, so ist dem entgegenzuhalten, dass ein Weiterbildungsplan eben nur eine Planung darstellt, von der aufgrund der aktuellem Bedürfnisse abgewichen werden kann.
cc)
Die von der Beklagten vorgelegte zeitliche Planung (S. 6 des Schriftsatzes vom 12.11.2014) hat ohne eine inhaltliche Strukturierung der Weiterbildung keine ausreichende Basis. Zu einer zeitlichen Weiterbildungsplanung gehört zwar sicherlich die Aufstellung eines Tagesplans, der dem Arzt in Weiterbildung ausreichend die Gelegenheit zur Weiterbildung gibt. Zu einer zeitlichen Planung gehört aber auch, dass die Parteien Überlegungen dazu anstellen, in welchen Zeiträumen die erforderlichen Weiterbildungsinhalte erworben werden sollen. Ohne eine derartige Planung kann im Lauf des Arbeitsverhältnisses nicht überprüft werden, ob der Weiterbildungszweck erfüllt werden kann.
dd)
Unter diesen Umständen kommt es auf die von den Parteien umfänglich und emotional vorgetragenen Einzelheiten zum Ablauf des Arbeitsverhältnisses nicht an. Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Parteien wechselseitig die Verantwortung für das Scheitern der Weiterbildung zuschieben, wenn sie sich bei Vertragsabschluss keine hinreichenden Überlegungen zur zeitlichen und inhaltlichen Struktur der Weiterbildung gemacht haben. Die Darlegungslast für das Vorliegen einer auf die konkrete Weiterbildung zugeschnittenen Weiterbildungsplanung trägt der Arbeitgeber. Denn er hat die Grundlagen für die Prognose im Prozess darzulegen (zuletzt BAG 24.09.2014 - 7 AZR 987/12 - NZA 2015, 301 Rn 15). Randnummer 58 f) Ist die vorliegende Befristung somit rechtsunwirksam, so gilt der Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG in Verbindung mit § 1 Abs. 5 ÄArbVtrG als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
III.
Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist. Die Kammer hat gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zugelassen, weil soweit ersichtlich zur Frage, welche Anforderungen an eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung zu stellen sind, noch keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorliegt.