Befangenheit eines Richters

 | Gericht:  Kammergericht (KG) Berlin  | Aktenzeichen: 20 U 165/17 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie Sonstiges

Beschlusstext

 

Tenor

Das gegen den Richter am Landgericht Dr. N... gerichtete Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 22. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

 

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.

 

Nach § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Rein subjektive Vorstellungen der ablehnenden Partei sind dabei nicht maßgeblich. Es muss sich vielmehr um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung wecken kann, der Richter stehe seiner Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (statt Vieler: Zöller-Vollkommer, ZPO, 32. Auflage, § 42 Rdnr. 9).

 

Solche Gründe liegen hier nicht vor.

 

Der Umstand, dass die Ehefrau des Richters am Landgericht Dr. N..., der in dem vorliegenden Rechtsstreit mitwirkender Beisitzer ist, den Prozessbevollmächtigten des Klägers in einer Arzthaftungssache (die sich jedoch nicht gegen die Beklagte richtet) bevollmächtigt hat, gibt keinen Anlass zur Befürchtung der Parteilichkeit des abgelehnten Richters.

 

Zwar ist in der Tat davon auszugehen, dass der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers durch die Ehefrau von Dr. N... die Annahme von dessen besonderen fachlichen Befähigung zugrunde liegen dürfte, wobei auch nahe liegt, dass Dr. N... seiner Ehefrau eine entsprechende Empfehlung gegeben hat. Allerdings begründet die dadurch zum Ausdruck kommende fachlich-juristische Wertschätzung durch den abgelehnten Richter nicht die berechtigte Besorgnis der Befangenheit auf Seiten der Beklagten.

 

Denn dass es unter den Anwälten und Anwältinnen – wie in jedem Beruf - Unterschiede in der fachlichen Befähigung gibt, dürfte nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden können. Die Konsequenz ist, dass ein Richter (eine Richterin), der (die) mit den betreffenden Anwälten in einer Anzahl von Rechtsstreitigkeiten zu tun hat, nicht umhin kommt, sich über die fachliche Befähigung des Einzelnen eine Meinung zu bilden, wie das auch umgekehrt bei Anwälten in Bezug auf Richter der Fall sein dürfte.

 

Es ist zu unterstellen, dass die prozesserfahrene Beklagte dieses weiß bzw. wissen müsste. Der Umstand, dass die Beklagte im vorliegenden Fall weiß, bzw. zu Recht davon ausgehen kann, dass die fachliche Befähigung des Prozessbevollmächtigten des Klägers aus Sicht des abgelehnten Richters eine Beauftragung in eigener bzw. Sache der Ehefrau rechtfertigt, kann dann auch nicht dazu führen, dass die Besorgnis der Beklagten, der abgelehnte Richter werde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht objektiv-kritisch, sondern mit einem Vertrauensvorschuss begegnen, aus ablehnungsrechtlicher Sicht gerechtfertigt ist.

 

Vielmehr wird sich eine “vernünftig und besonnen wertende Partei” des Umstandes, dass ein Richter sich über Anwälte eine Meinung über deren fachliche Befähigung bildet, zwar bewusst sein, sie wird aber zu Recht erwarten, dass der Berufsrichter die fachlich-juristische Wertschätzung nicht mit der rechtlichen Bewertung des Falles vermengt.

 

Aus diesem Grunde hält der Senat die in einem vergleichbaren Fall getroffene Entscheidung des 23. Zivilsenats vom 30.10.13 – 23 U 121/13 – durch welche der 23. Zivilsenat die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Beisitzerin festgestellt hat, nicht für überzeugend.

 

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 574 Abs. 1 Ziffer 2 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

 

Auch wenn der 23. Zivilsenat in einem vergleichbaren Fall anders entscheiden hat, beruhen die unterschiedlichen Auffassungen des 23. und des 20. Zivilsenats lediglich auf einer voneinander abweichenden Tatsachenwürdigung.


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