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Auskunftsanspruch

 | Gericht:  Landgericht (LG) Hagen  | Aktenzeichen: 1 T 97/22 | Entscheidung:  Beschluss
Kategorie

Beschlusstext

 

Tenor


Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 23.07.2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 15.07.2022 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde war zurückzuweisen, weil sie aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht begründet ist. Prozesskostenhilfe war dem Antragsteller nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

I.
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag vom 14.06.2022 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Auskunftserteilung und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.


Dem liegt im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war in der Vergangenheit Patient in der Praxis des mittlerweile verstorbenen Arztes E in Hagen. Die Praxis des vorgenannten Arztes wurde von den Antragsgegnern übernommen.


Am 16.11.2020 wurde ein mehrseitiges Schreiben an die jetzt von den Antragsgegnern betriebene Arztpraxis gefaxt, deren Inhaber zu diesem Zeitpunkt noch Herr E war. Das gefaxte Schreiben enthielt diverse persönliche Daten des Antragstellers. Wegen des genauen Inhalts des Faxes wird auf die Anlage 1 zum Prozesskostenhilfeantrag vom 14.06.2022 – Blatt 8 ff. der Akten – Bezug genommen.


Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.12.2020 forderte der Antragsteller den damaligen Praxisinhaber zur Erteilung der Auskunft über die Verarbeitung und Speicherung von ihn betreffenden Daten auf. Eine Antwort erfolgte nicht. Nach der Praxisübernahme forderte der Antragsteller die Antragsgegner mit anwaltlichem Schreiben vom 19.05.2022 ebenfalls zur Auskunftserteilung auf.


Der Antragsteller hat ausgeführt, wegen der Übersendung des Faxes bestehe Anlass zur Annahme, dass in der jetzt von den Antragsgegnern betriebenen Praxis Daten des Antragstellers gespeichert seien, die auf rechtswidrige Art und Weise übermittelt worden seien. Die Speicherung dieser Daten sei daher ebenso rechtswidrig. Der Anspruch des Antragstellers auf Auskunftserteilung ergebe sich aus Art. 15 DSGVO. Neben dem Auskunftsanspruch bestehe auch ein Anspruch des Antragstellers auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus einem Streitwert in Höhe von 5.000,00 Euro und einer 1,5-Geschäftsgebühr.
Die Antragsgegner sind dem Vorbringen des Antragstellers mit Schriftsatz vom 08.07.2022 entgegengetreten. Sie haben unter anderem ausgeführt, das von dem Antragsteller angeführte Fax sei unmittelbar nach dem Erhalt geschreddert worden. Darüber hinaus befinde sich in der Praxis die Behandlungsdokumentation des Antragstellers, die die Antragsgegner als Nachfolger des früheren Praxisinhabers verwahrten. Aus diesem Grund sei ein Auskunftsanspruch – sofern ein solcher überhaupt zu bejahen sei – jedenfalls erschöpfend erfüllt. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe ebenfalls nicht. Es sei nicht ersichtlich, warum die Antragsgegner die nicht notwendigen Rechtsverfolgungskosten des Antragstellers tragen sollten.


II.
Das Amtsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers mit Beschluss vom 15.07.2022 zurückgewiesen.


Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob dem Antragsteller gegen die Antragsgegner ein Auskunftsanspruch zustehe, weil dieser jedenfalls gemäß § 362 BGB erfüllt sei. Dabei sei irrelevant, ob die Angaben der Antragsgegner inhaltlich zutreffend seien. Denn dies sei kein Einwand, der die Erfüllung hindere. Auch aus der Verwahrung der Behandlungsdokumentation durch die Antragsgegner ergebe sich nichts anderes.


Gegen den Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde vom 23.07.2022. Darin setzt sich der Antragsteller mit den Anforderungen an die Erfüllung des Auskunftsanspruchs auseinander.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 25.07.2022 dem Beschwerdegericht vorgelegt.


III.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Denn eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht für die beabsichtigten Klageanträge nicht.


1.
Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht aus Art. 15 DSGVO zu. Nach dieser Vorschrift hat eine betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob Daten, die diese Person betreffen, verarbeitet werden; ist das der Fall, so hat die betroffene Person einen Auskunftsanspruch über diese personenbezogenen Daten.


Ob dem Antragsteller ein solcher Anspruch gegen die Antragsgegner zustand, kann hier offen bleiben. Denn nach der zutreffenden Ansicht des Amtsgerichts, der sich die Kammer vollumfänglich anschließt, wäre ein solcher Auskunftsanspruch jedenfalls erfüllt.


a)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wird die Auskunft in einer solchen Form erteilt, steht ihre etwaige inhaltliche Unrichtigkeit der Erfüllung nicht entgegen. Der Verdacht, dass die erteilte Auskunft unvollständig oder unrichtig ist, kann einen Anspruch auf weitergehende Auskunft nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2021 – VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 19).


Für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist daher wesentlich, ob der Erklärung der Schuldner zu entnehmen ist, dass die Auskunft vollständig ist. Eine solche Erklärung ist dann anzunehmen, wenn die erteilte Auskunft erkennbar den Gegenstand des berechtigten Auskunftsbegehrens vollständig abdecken soll (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 19 f.).


b)
Unter Zugrundelegung der zitierten Rechtsprechung ist der Auskunftsanspruch des Antragstellers als durch die Antragsgegner erfüllt anzusehen.


aa)
Hinsichtlich des Faxschreibens haben die Antragsgegner durch ihre Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 08.07.2022 vorgetragen, dass im November 2020 – also vor der Übernahme der Praxis durch die Antragsgegner – nach den Angaben einer Mitarbeiterin der Praxis einmal ein Fax eingegangen ist, welches in der Folge geschreddert worden sei. Zu dem konkreten, von dem Antragsteller vorgelegten Fax haben die Antragsgegner ausgeführt, sie könnten sich hierzu nicht erklären, weil ihnen die Anlage nicht übersandt worden sei. Schließlich haben die Antragsgegner geäußert, ein Auskunftsanspruch – sofern er bestanden haben sollte – sei damit erschöpfend erfüllt worden.


Aus dem Gesamtzusammenhang lässt sich den Ausführungen der Antragsgegner nur die Erklärung entnehmen, dass ihnen das streitgegenständliche Fax bis zur Übersendung im aktuellen Verfahren nicht bekannt gewesen, ein solches Fax jedenfalls jetzt nicht mehr vorhanden sei und sich etwaig daraus ergebende Daten jedenfalls nicht von den Antragsgegnern gespeichert seien. Eine weitergehende Erklärung seitens der Antragsgegner konnte aus ihrer Sicht nicht erwartet werden. Denn wo aus Sicht des Auskunftsschuldners keine Daten gespeichert sind, kann die entsprechende Auskunft denknotwendig nicht weiter gehen als die Erklärung, dass nichts gespeichert ist. Für den Willen der Antragsgegner, dass mit dieser Erklärung dem Auskunftsbegehren des Antragstellers vollumfänglich Genüge getan werden sollte, spricht insbesondere die Aussage im Schriftsatz vom 08.07.2022, dass ein Auskunftsanspruch „erschöpfend erfüllt“ worden sei. Aus dieser geht deutlich hervor, dass das Auskunftsbegehren des Antragstellers vollumfänglich abgedeckt werden sollte.


Die Argumentation des Antragstellers, eine Erfüllung sei ausgeschlossen, weil sich die Antragsgegner mangels Übermittlung der Anlagen und damit auch des streitgegenständlichen Faxes gar nicht dazu hätten erklären können, ob entsprechende Daten bei ihnen gespeichert seien, verfängt nicht. Denn aus dem Schriftsatz der Antragsgegner vom 08.07.2022 ergibt sich – wie bereits ausgeführt – eindeutig, dass bei den Antragsgegnern zum Zeitpunkt dieses Schriftsatzes weder das Fax noch die darin enthaltenen Daten gespeichert seien. Um einen etwaigen Auskunftsanspruch zu erfüllen, mussten die Antragsgegner nicht erst abwarten, bis sie das gegenständliche Fax zur Kenntnis nehmen konnten, um sodann – erneut – mitzuteilen, dass die darin enthaltenen Daten bei ihnen bislang nicht gespeichert waren.


Schließlich ist die Erfüllung auch nicht ausgeschlossen, weil es sich bei der von den Antragsgegnern erteilten Auskunft in inhaltlicher Hinsicht um eine „klar dargelegte Lüge“ handeln würde. Zwar kann es an der Erfüllung des Auskunftsanspruchs fehlen, wenn offensichtlich Daten des Auskunftsgläubigers gespeichert sind, der Auskunftsschuldner jedoch gleichwohl die Auskunft erteilt, es seien keine Daten gespeichert. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor. Selbst für den Fall, dass der Vortrag des Antragstellers der Wahrheit entspricht, wonach das streitgegenständliche Fax nicht unmittelbar nach dessen Empfang in der Praxis geschreddert worden, sondern jedenfalls am 17.12.2020 noch in der Praxis vorhanden gewesen sei, steht dies nicht im Widerspruch zu der Erklärung der Antragsgegner, dass ein solches Fax und die darin enthaltenen persönlichen Daten jedenfalls nach der Praxisübernahme durch sie nicht mehr vorhanden bzw. gespeichert seien.

bb)
Auch soweit in der Praxis der Antragsgegner unstreitig die Behandlungsdokumentation bezüglich des Antragstellers vorhanden ist, die aus dessen Behandlung durch den Vorgänger der Antragsgegner herrührt, ist ein etwaig bestehender Auskunftsanspruch auch nach Auffassung der Kammer jedenfalls erfüllt.


Es ist umstritten, wie detailliert die nach Art. 15 DSGVO mitzuteilenden Informationen sein müssen (vgl. zum Meinungsstand Schmidt-Wudy, in: BeckOK-Datenschutzrecht, 40. Edition, Stand: 01.05.2022, Art. 15 DSGVO Rn. 52 ff.). Jedenfalls dann, wenn die Auskunft völlig pauschal und ohne jeglichen Inhalt erteilt wird – etwa indem der Auskunftsschuldner nur mitteilt, es lägen Daten vor, jedoch nicht ausführt, welche –, liegt jedoch keine Erfüllung des Auskunftsanspruchs vor. Danach reicht die Auskunft, es liege die Behandlungsdokumentation des Antragsgegners vor, grundsätzlich nicht aus, um den darauf bezogenen Auskunftsanspruch zu erfüllen.


Allerdings steht hier einer detaillierteren Auskunft hinsichtlich des Inhalts der Behandlungsdokumentation die Regelung des § 10 Abs. 4 S. 2 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte – im Folgenden: BO Ärzte – entgegen. Danach darf ein Arzt, dem infolge einer Praxisaufgabe oder -übernahme Behandlungsunterlagen in Obhut gegeben wurden, diese ohne Einwilligung des betroffenen Patienten weder selbst einsehen noch anderen weitergeben. Den Antragsgegnern wäre hier somit eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs über die Mitteilung des Umstands, dass eine Behandlungsdokumentation in der Praxis vorhanden ist, hinaus nur möglich gewesen, wenn der Antragsgegner in die Einsichtnahme eingewilligt hätte.


Eine solche Einwilligung kann aus den zutreffenden Gründen des Nichtabhilfebeschlusses vom 25.07.2022 in dem Verhalten des Antragstellers jedoch nicht gesehen werden, sodass den Antragsgegnern eine rechtmäßige Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen nicht möglich war und sich die zu erfüllende Auskunftserteilung somit auf den Umstand beschränkte, dass die Behandlungsdokumentation in der Praxis der Antragsgegner verwahrt werde. Eine ausdrückliche Einwilligung zur Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen hat der Antragsteller nicht erteilt. Seinem – auch prozessualen – Verhalten ist auch keine konkludente Einwilligung zu entnehmen. So ist bereits der beabsichtigte Klageantrag dergestalt formuliert, dass er gerade nicht auf die Behandlungsdokumentation abzielt, sondern ausdrücklich auf das streitgegenständliche Fax. Auch die inhaltlichen Ausführungen der Schriftsätze des Antragstellers lassen keine Einwilligung in die Einsichtnahme erkennen. Sie weisen keinerlei Bezug zu der Behandlungsdokumentation auf, sondern befassen sich ausschließlich mit dem gegenständlichen Fax. Schließlich vermag die Kammer auch in der Äußerung, die Ausführungen des Amtsgerichts zur Behandlungsdokumentation seien ein „schlechter Scherz“, keine konkludente Einwilligung des Antragstellers in die Einsichtnahme in die Behandlungsdokumentation zu erkennen.


2.
Dem Antragsteller steht auch der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu.
Der Antragsteller hat weder eine Pflichtverletzung noch einen vor Beauftragung des Rechtsanwalts eingetretenen Verzug hinreichend dargelegt, sodass ein Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus den §§ 280 Abs. 2, 286 BGB in Betracht kommt.


IV.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.
    
 

 


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