Urteilstext
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
ie in Diensten des beklagten Landes stehende Klägerin ist mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigt.
Sie unterzog sich vom 31. Juli 2012 bis 3. September 2012 einer zahnärztlichen Behandlung, für die der Zahnarzt … aus ... der Klägerin unter dem 4. September 2012 den Betrag von EUR 17.269,83 in Rechnung stellte. Unter anderem stellte der Zahnarzt für eine „Geweberetraktion vor Abdrucknahme“ gem. § 6 Abs.1 GOZ entsprechend die Leistung der Ziffer 2410 „Wurzelkanalaufbereitung“ in Rechnung. Die Überschreitung des Schwellenwertes von 2,3 auf 3,5 in vier Fällen begründete er in der Rechnung wie folgt:
- bei der Leistung nach Ziffer 8035 GOZ: „erhöhte Schwierigkeit und erhöhter Zeitaufwand wegen sehr diffiziler Relation der Kiefer in horizontaler wie in vertikaler Dimension und erschlafften Bänderapparates des Kiefergelenks“;
- bei der Leistung nach Ziffer 8065 GOZ: „überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen mehrmaliger Pfeilwinkelaufzeichnung wegen Muskeltonusänderungen“;
-bei der Leistung nach Ziffer 5040 GOZ: „überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand bei Frau … bei schwieriger Präparation, da der Präparationsrand aufgrund der kurzen klinischen Krone zur Gewinnung ausreichender Retention subgingival gelegt werden musste, überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen äußerst schwieriger prothetischer Zwischenproben, besonders schwieriger Fixierung der Abformung, erhöhtem Zeitaufwand durch Mehrfachabformung“ ;
- bei der Leistung nach Ziffer 5210 GOZ: „überdurchschnittlicher Zeitaufwand durch zeitaufwendige Anproben zur Korrektur der Bisslage wegen muskulär bedingter Relationsänderungen“.
Auf den Beihilfeantrag der Klägerin vom 23. September 2012 gewährte das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) NRW der Klägerin mit Bescheid vom 2. Oktober 2012 eine Beihilfe in Höhe von EUR 9.409,44 und lehnte eine darüber hinausgehende Beihilfe ab. Es führte dazu unter anderem aus: Die Überschreitung der Schwellenwerte sei nicht erstattungsfähig, weil die jeweiligen Begründungen nicht darlegten, dass die Leistung aufgrund der tatsächlichen Umstände vom Typischen und Durchschnittlichen abweiche. Die „Besonderheiten“ bei der Erbringung der Leistung seien nicht substantiiert angesprochen. Die in der Rechnung ausgewiesene Analogbewertung könne beihilferechtlich nicht anerkannt werden.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 Widerspruch ein und übersandte dem LBV NRW mit Schreiben vom 19. November 2012 zur Begründung des Widerspruchs eine Stellungnahme der BFS finance vom 12. November 2012, die diese im Auftrag des behandelnden Zahnarztes zur Leistungsabrechnung der Krankenkasse sowie zu dem angefochtenen Beihilfebescheid gefertigt hatte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2013 half das LBV NRW dem Widerspruch hinsichtlich weiterer vorstehend nicht erwähnter ursprünglich nicht als beihilfefähig anerkannter Positionen ab und gewährte der Klägerin eine weitere Beihilfe in Höhe von EUR 172,42. Im Übrigen hielt das LBV NRW den Grundbescheid aufrecht und führte zur Begründung aus:
Nach § 6 Abs. 1 GOZ könnten selbständige zahnärztliche Leistungen, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen seien entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung der GOZ abgerechnet werden. Vermeintliche Lücken im Gebührenverzeichnis oder anderweitige Auffassungen über den Wert einer zahnärztlichen Leistung rechtfertigten keine analoge Bewertung. Dies gelte auch für Leistungen, die lediglich eine besondere Ausführung einer nach dem Gebührenverzeichnis bewerteten Leistung darstellten. In Bezug auf die Schwellenwertüberschreitungen sei darauf hinzuweisen, dass nach § 5 Abs. 2 GOZ der 2,3fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung abbilde. Zum Durchschnittlichen gehörten aber auch alle diejenigen Behandlungsfälle, die zwar Abweichungen vom Optimalen beinhalteten, die jedoch bei einer Vielzahl von Patienten vorkämen, z. B. Pfeilerdivergenz, subgingivale Präparation, Speichelfluss, Blutung, Mundöffnung, Wangendruck, schwere Erreichbarkeit. Aus der Rechnung sei ersichtlich, dass keinerlei Leistungen zwischen dem 1 - 2,3fachen Satz abgerechnet worden seien. Die vorgenommenen Schwellenwertüberschreitungen begegneten schon deshalb rechtlichen Bedenken, weil bei der Inrechnungstellung der Leistungen von einer unzutreffenden Bezugsgröße (hier 2,3facher und nicht zunächst einfacher Satz) ausgegangen worden sein dürfte. Außerdem ergäben sich aus der Erläuterung keine konkreten Anhaltspunkte oder Vergleichsbetrachtungen, die es ermöglichten, den vorliegenden Behandlungsfall als überdurchschnittlich einzustufen. Pauschale Schwierigkeitseinstufungen – wie: sehr zeitaufwändig –genügten nicht. Der in § 5 Abs. 2 GOZ geforderte zeitliche Aufwand und die Schwierigkeit im Zusammenhang mit der durchgeführten Behandlung sei nicht erkennbar. Erschwerte Retentionsgewinnung sei für den Bereich der zahnärztlichen Behandlung keine ausreichende Begründung. Es hätte vielmehr der Darlegung durch den Zahnarzt bedurft, welche den normalen Behandlungsverlauf erschwerende Maßnahmen zusätzlich erforderlich gewesen seien, um die Erhaltung des angestrebten Ergebnisses zu erzielen. Die nähere Erläuterung müsse erkennen lassen, welche Teilleistungen von der erschwerten Retentionsgewinnung betroffen gewesen seien. Der bloße Hinweis auf einen „erschlafften Bänderapparat“ sowie Mehrfachabformungen, „massive muskuläre Verspannungen“ sowie „starke Verspannungen, erhöhter Muskeltonus“ rechtfertigten die Überschreitung nicht.
Die Klägerin hat am 22. Februar 2013 Klage erhoben.
Sie trägt vor: Die abgerechneten Leistungen des Zahnarztes seien in voller Höhe erstattungsfähig. Das LBV NRW habe es versäumt, sich an den tatsächlichen Gegebenheiten und Kieferverhältnissen sowie den Begründungen des Zahnarztes zu orientieren. Der behandelnde Zahnarzt habe eine besondere Kiefersituation vorgefunden, der Innenraum sei sehr eng, es hätten Probleme hinsichtlich der Zunge vorgelegen. Aufgrund einer besonderen Kieferverspannung hätte der Zahnarzt besonderen Aufwand gehabt, eine entsprechende Kiefersanierung durchzuführen. Die von ihrgetragene Aufbissschiene hätte es nicht vermocht, die Kieferverspannungen zu lösen. Insofern sei es erforderlich gewesen, einen entsprechenden Zahnersatz herzustellen, um den Kieferverspannungen entsprechend vorzubeugen. Die stichwortartigen Begründungen des Zahnarztes reichten aus, um die Erhöhungen zu rechtfertigen, außerdem liege eine ausführliche Begründung der … vor.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW vom 2. Oktober 2012 sowie unter teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides desselben vom 29. Januar 2013 zu verpflichten, ihr eine weitere Beihilfe in Höhe von EUR 1.876,65 zu gewähren.
Der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Auch „Muskelverspannungen“ und „Hypertonus der Zungen- und Wangenmuskulatur“ seien keine besonderen Schwierigkeiten im Sinne des § 5 GOZ.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des LBV NRW ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des LBV NRW vom 2. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des LBV NRW vom 29. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Beihilfe zu den abgerechneten Aufwendungen für die zahnärztliche Behandlung durch den Zahnarzt ….
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO NRW sind beihilfefähig die in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang. Bei dem Merkmal der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jeweils im Einzelfall einer Konkretisierung bedarf. Dabei ist die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen unter Berücksichtigung dessen zu beurteilen, was die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) als Honorar für die jeweilige Leistung vorsieht. Soweit dem Zahnarzt nach der GOZ ein Honoraranspruch in der geltend gemachten Höhe zusteht, handelt es sich mithin zugleich um angemessene Aufwendungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BVO NRW, es sei denn, die Beihilfevorschriften schränken die Gewährung einer Beihilfe für bestimmte Aufwendungen ein oder schließen sie gar gänzlich aus. Da Zweck der Beihilfegewährung lediglich ist, einen zusätzlichen Bedarf abzudecken, der mit den Dienstbezügen eines Beamten nicht mehr bestritten werden kann und daher unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Fürsorge einer Beihilfe bedarf, ist gegen derartige Regelungen jedenfalls dann nichts einzuwenden, wenn die Beschränkungen oder Ausschlüsse der Beihilfefähigkeit bestimmter Leistungen die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht nicht in ihrem Wesenskern verletzen.
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. April 1988 – 2 C 58.85 – Buchholz 270 § 7 BhV Nr. 1.
Die vom LBV NRW bei den Gebührenpositionen 8035, 8065, 5040 und 5210 GOZ vorgenommenen Kürzungen des Steigerungssatzes von 3,5 auf 2,3 sind nicht zu beanstanden: Nach § 5 Abs. 1 S. 1 GOZ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr für eine zahnärztliche Leistung nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des im dazugehörigen Gebührenverzeichnis festgelegten Gebührensatzes. Nach § 5 Abs. 2 GOZ sind innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen (S. 1), wobei Bemessungskriterien, die bereits bei der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, außer Betracht zu bleiben haben (S. 2). Der 2,3-fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes (also des sog. Schwellenwertes bis zum Höchstwert des 3,5-fachen Satzes) ist nur zulässig und damit beihilferechtlich anzuerkennen, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ angegebenen Bemessungskriterien (Schwierigkeit, Zeitaufwand, Umstände der Ausführung) dies rechtfertigen. Um diesen Einzelfall prüfen und gegebenenfalls bejahen zu können, bedarf es einer besonderen Begründung, aus der sich ergeben muss, aus welchen Gründen die im Einzelnen erbrachte Leistung über dem des insoweit durchschnittlich Normalen gelegen hat (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ), wobei die bei Rechnungstellung noch zulässige lediglich stichwortartige Begründung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ auf Verlangen näher zu erläutern ist.
Das Bundesverwaltungsgericht,
vgl. Urteil vom 17. Februar 1994 – 2 C 10.92 – BverwGE 95, 117 ff.,
dessen Ausführungen zur Gebührenordnung für Ärzte – GOÄ – auch für die ab dem 1. Januar 2012 geltende Neufassung der GOZ insoweit noch Geltung beanspruchen können, hat unter anderem ausgeführt, dass eine Überschreitung des Schwellenwertes (2,3-facher Gebührensatz) voraussetzt, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten und abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle aufgetreten seien. Das Überschreiten des Schwellenwertes stelle einen Ausnahmecharakter dar. Dem widerspreche es, wenn schon eine von einem Zahnarzt allgemein oder häufig angewandte Verfahrensweise bei der Ausführung einer zahnärztlichen Leistung als eine das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigende Besonderheit angesehen würde.
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW),
vgl. Urteil vom 9. Dezember 1993 – 6 A 511/92 ,
hat unter anderem ausgeführt, dass die von einem Zahnarzt zu erstellende Begründung hinsichtlich des Überschreitens des Schwellenwertes den Zeitaufwand und den Schwierigkeitsgrad plausibel erläutern müsse. Der 3,5-fache Gebührensatz gelte nur in den Fällen, die in der ärztlichen Praxis außergewöhnliche Anforderungen stellen. Diese könnten sich nur daraus ergeben, dass die Verhältnisse des konkret zu beurteilenden Falles mit den Verhältnissen der vom Gebührentatbestand erfassten (normalen) Fälle verglichen würden. Dabei sei zunächst eine Darlegung des behandelnden Zahnarztes, welchen zeitlichen Rahmen (vom einfachen Fall bis hin zu den schwierigsten Fällen) der vorgenommene Eingriff in der ärztlichen Praxis in Anspruch nehme und inwieweit sich der Fall des konkreten Patienten unter Berücksichtigung der Schwierigkeit sowie der Umstände bei der Ausführung von einem normalen Fall unterscheide, erforderlich. Ferner müsse dargestellt werden, wie sich der konkrete Fall im Vergleich mit anderen Fällen verhalte und wieso er sich deutlich vom Durchschnitt unterscheide und abhebe.
Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 1999 – 12 A 2889/99 , Urteil vom 7. Dezember 2001 – 6 A 2017/99 ; Beschluss vom 8. Oktober 2001 – 6 A 1265/01 und Beschluss vom 23. März 2009 – 3 A 407/07 .
Vorliegend enthält die zahnärztliche Rechnung vom 4. September 2012 keine den vorgenannten Anforderungen entsprechende Begründung. Nachvollziehbare und plausible Gründe für die Schwellenwertüberschreitungen sind darin nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass es bei allen Schwellenwertüberschreitungen schon an jedem zeitlichen Vergleich mit einem aus Sicht des Arztes normalen – auch erhöhten, aber noch von der Regelspanne 2,3 erfassten - Aufwand mit dem vorliegend getätigten fehlt, lassen die angegebenen Kurzbegründungen nicht annähernd auf Schwierigkeiten bei der Leistungserbringung schließen, die eine Steigerung zumal auf den Höchstsatz 3,5 rechtfertigen könnten.
Hinsichtlich der Schwellenwertüberschreitung bei der Leistung nach Ziffer 8035 GOZ (Kinematische Scharnierachsenbestimmung mittels elektronischer Aufzeichnung) ist aus der Begründung „erhöhte Schwierigkeit und erhöhter Zeitaufwand wegen sehr diffiziler Relation der Kiefer in horizontaler wie in vertikaler Dimension und erschlafften Bänderapparates des Kiefergelenks“ nicht zu entnehmen, dass und warum die Behandlung insoweit nicht nur vom durchschnittlichen Behandlungsfall abwich, sondern mit außergewöhnlichen die Ausnahme bildenden Schwierigkeiten verbunden war und zu welchem konkreten Mehraufwand diese Schwierigkeiten verglichen mit dem durchschnittlichen Fall führten. Die diffizile Relation der Kiefer soll durch die Scharnierachsenbestimmung gerade ermittelt werden und ist somit Grundlage der Leistung. Ein erschlaffter Bänderapparat liegt bei einer Vielzahl von Patienten vor und bildet für sich noch keinen Ausnahmefall, der die Erbringung der Leistung erschwert. Gleiches gilt für die Begründung der Schwellenwertüberschreitung bei der Leistung nach Ziffer 8065 „überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen mehrmaliger Pfeilwinkelaufzeichnung wegen Muskeltonusänderungen“: Veränderungen in der Muskelspannung im Kieferbereich sind nicht außergewöhnlich. Die „mehrmalige Pfeilwinkelaufzeichnung“ ist von der Leistungsbeschreibung der Ziffer 8065 GOZ„…und Einstellung nach den gemessenen Werten“ erfasst, die davon ausgeht, dass ein Ergebnis, nämlich die Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren, mehrere Messwerte erfordert.
Die mit der Begründung „überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand bei Frau … bei schwieriger Präparation, da der Präparationsrand aufgrund der kurzen klinischen Krone zur Gewinnung ausreichender Retention subgingival gelegt werden musste, überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand wegen äußerst schwieriger prothetischer Zwischenproben, besonders schwieriger Fixierung der Abformung, erhöhtem Zeitaufwand durch Mehrfachabformung“ auf den 3,5fachen Satz erhöhte Abrechnung der Leistung nach Ziffer 5040 GOZ (Teleskopkrone) ist nicht tragfähig, da die Retentionsgewinnung durch subgingivale Präparation auch bei einer kurzen klinischen Krone vom Leistungsumfang der Ziffer 5040 mit erfasst ist. Dies ergibt sich auch aus Ziffer 5.5 Buchstabe e) und h) des Runderlasses des Finanzministeriums vom 16.11.2012 – Beihilferechtliche Hinweise zum zahnärztlichen Gebührenrecht.
(Az.: B 3100 – 3.1.6.2.A - IV A 4, MBl.NRW 2012, S. 699ff) -, wodurch der Dienstherr von seiner Berechtigung, bei Unklarheiten über die Auslegung von Gebührentatbeständen seine Auffassung hierzu festzulegen, Gebrauch gemacht hat: Hiernach rechtfertigen „subgingivale Präparation“ und „kurze oder lange klinische Krone“ in der Regel keine Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes. Der Zahnarzt hat in seiner Rechnung aber nicht dargelegt, worin eine abweichend von der Regel vorliegende Schwierigkeit bei der Präparation vorgelegen haben soll. Auch die pauschale Behauptung „äußerst schwieriger Zwischenproben“ sowie „besonders schwieriger Fixierung der Abformung“ hat der Zahnarzt nicht in Relation zum durchschnittlichen Fall dargelegt und kenntlich gemacht, wie sich der Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad konkret von der Mehrzahl der Fälle abhob. Schließlich ist der angeführte „erhöhte Zeitaufwand durch Mehrfachabformung“ keine eine Erhöhung des Gebührensatzes rechtfertigende Begründung, weil Abformungen (Plural) schon vom Leistungskatalog der Ziffer 5040 erfasst sind und der Zahnarzt nicht verdeutlicht hat, worin der erhöhte Zeitaufwand durch das mehrfache Abformen von der Mehrzahl der durchschnittlichen auch schwierigeren Fälle, in denen mehrere Abformungen erforderlich sind, abwich.
Die Berechtigung zum Ansatz der über den 2,3fachen Steigerungssatz hinausgehenden Gebührensätze ergibt sich auch nicht aus der im Widerspruchsverfahren und im Klageverfahren vorgelegten Stellungnahme der ... GmbH vom 12. November 2012. Die Stellungnahme beschränkt sich auf abstrakte Ausführungen zur Frage der Überschreitung von Schwellenwerten und die Empfehlung an die Klägerin, die Sachbearbeiterin des LBV NRWum Erläuterung zu bitten, wie eine Begründung „noch verordnungskonformer“ begründet werden könne.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für die analog als Ziffer 2410 GOZ „Wurzelkanalaufbereitung“ abgerechnete „Geweberetraktion vor Abdrucknahme“ in elf-facher Anzahl in Region 17 15,13, 11,23,27,37,33,43,47. Beihilfefähig ist nur ein Betrag, den der Arzt oder Zahnarzt nach der GOÄ bzw. GOZ zu Recht berechnet hat; eine nach der jeweiligen Gebührenordnung nicht abrechnungsfähige Leistung ist auch nicht beihilfefähig.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Januar 1995, 12 A 841/92 , Juris.
Die Berechnung der Leistung „Geweberetraktion vor Abdrucknahme“ in analoger Anwendung der Ziffer 2410 GOZ erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ, wonach selbständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses der GOZ berechnet werden können.
Es erscheint bereits sehr zweifelhaft, ob hier überhaupt eine die analoge Anwendung einer Leistung der GOZ ermöglichende „selbständige zahnärztliche Leistung, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen ist“ vorliegt. Indem der Zahnarzt seine in dem vorübergehenden Freilegen des Zahnfleischrandes für eine möglichst präzise Abformung zur Herstellung von Zahnersatz bestehende Leistung, die er in der Rechnung mit „Geweberetraktion vor Abdrucknahme“ bezeichnete, als eigenständige Leistung neben den ebenfalls im gleichen Behandlungstermin mit der Ziffer 2030 GOZ abgerechneten „Besonderen Maßnahmen beim Präparieren“, worunter nach der Leistungsbeschreibung auch das Separieren und Beseitigen störenden Zahnfleischs sowie die Stillung einer übermäßigen Papillenblutung fallen, und neben der mit der Ziffer 5170 abgerechneten „Abformung mit individuellem Löffel“ in Rechnung stellte, könnte schon ein Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachabrechnung derselben Leistung vorliegen. Auch die in der Stellungnahme der … abgegebene Erklärung, die abgerechnete Leistung sei eine zusätzliche das Behandlungsergebnis optimierende Maßnahme gewesen, da es sich um eine Lasersterilisation gehandelt habe, vermag die Zweifel nicht zu beheben, da es sich nur um ein besonderes Verfahren des Zahnarztes zu den im Übrigen in der GOZ beschriebenen Leistungen des Präparierens und Abformens (Ziffern 2030 und 5170 GOZ) handelte. Dies kann jedoch dahin stehen. Denn auch bei der Annahme, die Geweberetraktion mittels Laser sei gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ eine selbständige zahnärztliche Leistung, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen wurde, hätten weder der Zahnarzt als Rechnungsaussteller noch die C. finance in ihrer Stellungnahme zu der Nichtanerkennung dieser Rechnungsposition schlüssig dargetan, dass es sich bei der im Rahmen der Geweberetraktion mittels Laser vor Abdrucknahme erbrachten Leistung um eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand mit der Leistung nach Ziffer 2410 gleichwertige Leistung des Gebührenverzeichnisses der GOZ handelt. Die Vergleichbarkeit einer Geweberetraktion mit einer Wurzelkanalaufbereitung ist nicht gegeben. Eine Geweberetraktion ist das Zurückschieben des Zahnfleischrandes - sei es mit Hilfe von Retraktionsfäden oder -pasten mit oder ohne chemische Zusätze, sei es durch den Einsatz eines Lasergerätes - zur Vorbereitung einer Abformung. Dagegen handelt es sich bei einer Aufbereitung eines Wurzelkanals um die Entfernung der Pulpa (des Zahnnervs) aus dem Wurzelkanal, die Erweiterung des Wurzelkanals und Entfernung des Wurzeldentins (knochenähnlicher Bestandteil der Zahnwurzel) mit Hilfe von Handfeilen oder elektrisch betriebenen rotierenden Instrumenten sowie Spülungen zur Vorbereitung einer Wurzelkanalfüllung zwecks Erhalts des betroffenen Zahns. Während der Zahnarzt die Behandlungsleistung am Zahnfleisch vollzog, hat er dafür „analog“ die Leistung in einem zuvor geöffneten Zahn in Rechnung gestellt. Beide Leistungen werden mit unterschiedlichen Instrumenten und Hilfsmitteln durchgeführt und sind nach der Art nicht gleichwertig. Darüber hinaus sind auch Kosten- und Zeitaufwand nicht annähernd gleichwertig. Das ergibt sich schon daraus, dass die Wurzelkanalaufbereitung von 11 Zähnen – wie hier in Rechnung gestellt – an einem zahnärztlichen Behandlungstag schon wegen der Komplexität und des hierfür erforderlichen Zeitaufwandes nicht realisierbar ist. Die mithin tatbestandlich nicht mit einer Wurzelkanalaufbereitung vergleichbare Geweberetraktion könnte selbst als selbständige nicht im Gebührenverzeichnis der GOZ enthaltene Leistung nicht analog nach der Leistung der Ziffer 2410 abgerechnet und als beihilfefähig anerkannt werden.
Hiervon ausgehend bestand kein Anlass, ein Sachverständigengutachten zur Klärung der Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Rechnungspositionen, wie von der Klägerin schriftsätzlich im Klageverfahren angeregt, einzuholen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711, ZPO.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird gem. § 52 Nr. 3 GKG auf EUR 1.876,65 festgesetzt.