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Anbietung von Dienstleistungen über ein Internetportal

 | Gericht:  Bundesgerichtshof (BGH)  | Aktenzeichen: I ZR 183/13 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Berufliche Kommunikation , Sonstiges

Urteilstext

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. August 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu 3 zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 28. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte vertreibt über das Internetportal "    .de" Gutscheine für Waren oder Dienstleistungen, die Nutzer dieses Portals zu rabattierten Preisen erwerben können, sofern sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine gewisse Mindestanzahl von Käufern findet.

Den Angeboten liegen Kooperationsverträge zwischen der Beklagten und ihren Geschäftspartnern zugrunde, in denen die angebotenen Produkte, deren Originalpreis, der ermäßigte Angebotspreis und die Höhe des Rabatts festgelegt sind. Die Leistung der Beklagten besteht nach den Kooperationsverträgen darin, dass sie das Angebot des Partners unter den über das Portal "    .de" erreichbaren werblichen Angeboten der jeweiligen Stadt platziert. Die Beklagte verlangt eine "Erfolgsprämie für die Kundengewinnung" in Höhe von 50% des Angebotspreises zuzüglich Umsatzsteuer. Die für die Kooperationsverträge ergänzend geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthalten folgende Bestimmungen:

                                       1. Leistungen von G.

       1.1 G.   unterstützt den Partner beim Marketing im Internet, insbesondere durch den Online-​Verkauf von Gutscheinen. G.   verkauft als eigenständiger Vertragspartner Gutscheine an interessierte Endkunden ("Gutscheinerwerber") und vermittelt dem Partner des Kooperationsvertrages diese Kunden für die im Kooperationsvertrag vorgesehenen Dienst- oder Sachleistungen ("Leistungen"). Für diese wird G.   Gutscheine des Partners unter den über www.    .de erreichbaren werblichen Angeboten der jeweiligen Stadt (…) platzieren ("Aktion").

            

             2. Vergütung

          2.1 Der Partner hat gegenüber G.   einen Anspruch auf Zahlung des jeweiligen Gutscheinpreises (…) pro beim Partner eingelösten Gutschein abzüglich der im Kooperationsvertrag vereinbarten Netto-​Erfolgsprämie (zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer) pro eingelösten Gutschein. …

            

             3. Leistung/Leistungsbenennungsrecht des Partners

            

             3.3 Für die Leistungserbringung gegenüber dem Gutscheinerwerber ist allein der Partner verantwortlich. Dabei sind sich die Vertragsparteien einig, dass dem Gutscheinerwerber das Leistungsforderungsrecht hinsichtlich der im Gutschein verbrieften Leistung ausschließlich gegenüber dem Partner zusteht und hinsichtlich der im Gutschein verbrieften Leistung nur diesen gegenüber dem Gutscheinerwerber berechtigt und verpflichtet. Der Partner stellt G.   von allen etwaigen Ansprüchen der Gutscheinerwerber im Hinblick auf die darin verbriefte Leistung frei.

                       

Auf der Grundlage von Kooperationsverträgen bot die Beklagte auf der Internetplattform "    .de" unter anderem Gutscheine für professionelle Zahnreinigungen, Bleachings, kieferorthopädische Zahnkorrekturen, Implantatversorgungen, prothetische Versorgungen und Zahnfüllungen von Zahnärzten aus Nordrhein-​Westfalen an.

Die Klägerin ist die berufliche Vertretung der Zahnärzte im Bereich Nordrhein. Sie sieht in der von den Zahnärzten an die Beklagte zu zahlenden Erfolgsprämie eine mit dem berufsrechtlichen Gebot der Unabhängigkeit der Zahnärzte unvereinbare Provision für die Vermittlung von Patienten. Die Beklagte sei an den Verstößen der Zahnärzte gegen ihr Berufsrecht als Gehilfin beteiligt.

Die Klägerin hat mit ihrem in der Revisionsinstanz allein noch interessierenden Klageantrag zu 3 zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit Zahnärzten Vereinbarungen bezüglich einer Zahnreinigung und/oder eines Bleachings und/oder einer kieferorthopädischen Zahnkorrektur und/oder einer Implantatversorgung und/oder einer prothetischen Versorgung und/oder einer Zahnfüllung zu treffen, die vorsehen, dass Zahnärzte für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen oder gewähren, wenn dies geschieht wie in der [in das Berufungsurteil eingeblendeten] Kooperationsvereinbarung nebst Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für Kooperationsverträge.

Das Landgericht hat den allgemein gegen das Versprechen eines Entgelts für die Zuweisung von Patienten gerichteten Klageantrag abgewiesen (LG Berlin, WRP 2013, 241). Die dagegen gerichtete Anschlussberufung der Klägerin hat zur Verurteilung der Beklagten nach dem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Klageantrag zu 3 geführt (KG, ZMGR 2014, 132). Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage mit dem Klageantrag zu 3.

 

  Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag zu 3 als begründet angesehen, weil sich die Beklagte mit dem Abschluss der Kooperationsverträge mit Zahnärzten an deren Verstößen gegen das berufsrechtliche Gebot der zahnärztlichen Unabhängigkeit beteiligt habe. Dazu hat es ausgeführt:

Die von den Zahnärzten übernommene Verpflichtung, an die Beklagte für die Kundengewinnung eine Erfolgsprämie zu zahlen, verstoße gegen § 1 Abs. 5 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein vom 26. November 2005 (im Folgenden: BO Zahnärzte Nordrhein) und die entsprechenden Regelungen in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern. Die an die Beklagte zu zahlende Erfolgsprämie stelle ein mit der zahnärztlichen Unabhängigkeit unvereinbares Entgelt für die Zuweisung von Patienten dar. Nach der Kooperationsvereinbarung sei die an die Beklagte zu zahlende Prämie nicht die Gegenleistung für die Bereitstellung eines Werbemediums, sondern die Gegenleistung für den Abschluss eines Vertrags der Beklagten mit dem für den Zahnarzt als Patient gewonnenen Erwerber des Gutscheins, der mittelbar die zahnärztlichen Leistungen zum Gegenstand habe.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten begründeten die Gefahr, dass der mit der Beklagten vertraglich verbundene Zahnarzt die Behandlung des Erwerbers eines Gutscheins nicht am Wohl des Patienten, sondern an seinen wirtschaftlichen Interessen ausrichte. Nach Nummer 3.3 Satz 3 der Vertragsbedingungen müsse der Zahnarzt für die Erstattung des Betrags, den der Erwerber eines Gutscheins für die zahnärztliche Leistung an die Beklagte gezahlt habe, auch einstehen, wenn er die Behandlung aus medizinischen Gründen ablehne. Die Kooperationsvereinbarung begründe für den Zahnarzt angesichts einer Laufzeit von 24 Monaten, des nur in begrenztem Umfang bestehenden Rechts des Zahnarztes zu Leistungsänderungen und der unbestimmten Vielzahl der einzulösenden Gutscheine ein erhebliches finanzielles Risiko. Damit bestehe die Gefahr, dass der Zahnarzt bei seiner Entscheidung über die Behandlung des Erwerbers eines Gutscheins medizinische Bedenken aus finanziellem Eigeninteresse zurückstellen werde.

Die Beklagte hafte für die von den Zahnärzten begangenen Verstöße gegen das Berufsrecht als Teilnehmerin, weil sie das berufswidrige Verhalten der Zahnärzte durch den Abschluss der Kooperationsverträge und durch das Angebot der zahnärztlichen Leistungen auf ihrer Internetplattform fördere.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz, soweit mit ihm der Klageantrag zu 3 abgewiesen worden ist. Das Berufungsgericht hat die insoweit auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein und inhaltsgleiche Regelungen der Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern gestützte Klage zwar zutreffend als zulässig (dazu unter II 1 und 2), zu Unrecht aber als begründet angesehen (dazu unter II 3).

1. Der Klageantrag zu 3 ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig. Der Umstand, dass er die Wendung "für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen oder gewähren" in § 31 Abs. 1 der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte vom 29. August 2011 (MBO Ärzte) aufnimmt, steht dem nicht entgegen.

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit als unzulässig anzusehen. Abweichendes kann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst eindeutig und konkret gefasst ist oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 16 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl; Urteil vom 15. Mai 2014 - I ZR 137/12, GRUR 2014, 791 Rn. 13 = WRP 2014, 844 - Teil-​Berufsausübungsgemeinschaft). Die Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands in der Antragsformulierung ist auch unschädlich, wenn sich das mit dem selbst nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte im Tatsächlichen durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage steht, sondern sich deren Streit auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 21 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 54/10, GRUR 2012, 405 Rn. 11 = WRP 2012, 461 - Kreditkontrolle). Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann im Übrigen hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 16 - Tribenuronmethyl; BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 40/11, GRUR 2013, 421 Rn. 42 = WRP 2013, 479 - Pharmazeutische Beratung über Call-​Center; Urteil vom 13. September 2013 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 55 - Biomineralwasser; BGH, GRUR 2014, 791 Rn. 28 - Teil-​Berufsausübungsgemeinschaft).

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Klageantrag zu 3 als hinreichend bestimmt anzusehen. Die Klägerin hat dadurch, dass sie in dem Antrag auf die Kooperationsvereinbarung Bezug genommen hat, sowie durch ihr Klagevorbringen deutlich gemacht, dass sie die von den Zahnärzten an die Beklagte zu zahlende Erfolgsprämie verboten haben möchte, da sie diese Prämie als ein Entgelt für die Zuweisung von Patienten ansieht. Zwischen den Parteien stehen die tatsächlichen Umstände, aufgrund deren die Beklagte die Prämie verlangt, außer Frage. Der Streit der Parteien beschränkt sich darauf, ob diese Prämie eine nach den insoweit einschlägigen berufsrechtlichen Bestimmungen unzulässige Vergütung für die Zuweisung von Patienten an den Zahnarzt darstellt.

2. Die Klägerin ist als berufsständische Vertretung der Zahnärzte (§§ 1, 6 HeilBerG NRW) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, die von ihren Mitgliedern oder von deren Wettbewerbern begangen werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2006 - I ZR 272/03, GRUR 2006, 598 Rn. 12 = WRP 2006, 891 - Zahnarztbriefbogen, mwN). Sie kann daher auch gegen von Außenstehenden begangene Wettbewerbsverstöße vorgehen, soweit die Verstöße den Wettbewerb ihrer Mitglieder berühren (vgl. BVerfGE 111, 366, 376 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 3.33 mwN).

3. Der Klageantrag zu 3 ist jedoch unbegründet. Die von der Beklagten nach dem Kooperationsvertrag und ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen beanspruchte Prämie für die Vermittlung von Patienten stellt kein nach § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein und den entsprechenden Regelungen zur zahnärztlichen Unabhängigkeit in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern unzulässiges Entgelt für die Zuweisung von Patienten dar.

a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt.

Nach § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein, der seine Grundlage in § 29 Abs. 1, § 32 Satz 2 Nr. 1 HeilberG NRW hat, soll der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann. Mit dieser Bestimmung soll zwar nicht unmittelbar bestehenden Gesundheitsgefahren begegnet, aber verhindert werden, dass sich die Zahnärzte bei der Ausübung ihres Berufs statt an medizinischen Notwendigkeiten an ökonomischen Erfolgskriterien orientieren und sich dadurch bedingt langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung ergeben. Die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein soll gewährleisten, dass der Zahnarzt die Entscheidung, ob und wie er einen Patienten behandelt, nicht an sachfremden wirtschaftlichen Eigeninteressen, sondern allein an medizinischen Erwägungen mit Blick auf das Patientenwohl ausrichtet (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 111/08, GRUR 2011, 345 Rn. 68 = WRP 2011, 451 - Hörgeräteversorgung II, zu §§ 31, 34 Abs. 5 MBO Ärzte aF; Urteil vom 23. Februar 2012 - I ZR 231/10, GRUR 2012, 1050 Rn. 23 = WRP 2012, 1226 - Dentallaborleistungen, zu § 8 Abs. 5 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer aF und zu § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein; BGH, GRUR 2014, 791 Rn. 16 - Teil-​Berufsausübungsgemeinschaft, zu §§ 18 und 31 der Berufsordnung für Ärzte der Landesärztekammer Baden-​Württemberg; Spickhoff/Scholz, Medizinrecht, 2. Aufl., § 31 MBO Ärzte Rn. 1 f.; Ratzel in Ratzel/Lippert, Musterberufsordnung der deutschen Ärzte [MBO], 6. Aufl., § 31 Rn. 3). Die Vorschrift ist somit dazu bestimmt, das Marktverhalten der Zahnärzte im Interesse der Verbraucher zu regeln (vgl. zum nach § 3 Abs. 2 der Musterberufsordnung der deutschen Ärztinnen und Ärzte und den auf diese Bestimmung zurückgehenden Vorschriften der Ärztekammern für Ärzte grundsätzlich bestehenden Verbot, im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit Waren oder andere Gegenstände abzugeben oder abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen (BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 - I ZR 215/02, GRUR 2005, 875, 876 f. = WRP 2005, 1240 - Diabetesteststreifen; Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 13/07, GRUR 2009, 977 Rn. 12 = WRP 2009, 1076 - Brillenversorgung I; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.74; MünchKomm.UWG/Schaffert, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 140; Großkomm.UWG/Metzger, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 72).

Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht nicht entgegen, dass nach Art. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken diejenigen Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken vollständig harmonisiert werden sollen, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Nach Art. 3 Abs. 8 der Richtlinie 2005/29/EG bleiben alle spezifischen Regeln für reglementierte Berufe unberührt, damit die strengen Integritätsstandards gewährleistet bleiben, die die Mitgliedstaaten den in dem Beruf tätigen Personen nach Maßgabe des Unionsrechts auferlegen können. Dementsprechend ist die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf berufsrechtliche Bestimmungen, die - wie vorliegend die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein und die Regelungen zur zahnärztlichen Unabhängigkeit in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern - das Marktverhalten in unionsrechtskonformer Weise regeln, nach dem UWG 2008 ebenfalls zulässig (vgl. BGH, GRUR 2009, 977 Rn. 12 - Brillenversorgung I; BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 58/10, GRUR 2012, 79 Rn. 11 = WRP 2012, 964 - Rechtsberatung durch Einzelhandelsverband; Urteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 222/11, GRUR 2013, 1056 Rn. 15 = WRP 2013, 1336 - Meisterpräsenz; Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 68/13, GRUR 2015, 283 Rn. 23 = WRP 2015, 344 - Hörgeräteversorgung III; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.6k; MünchKomm.UWG/Schaffert aaO § 4 Nr. 11 Rn. 15; GroßKomm.UWG/Metzger aaO § 4 Nr. 11 Rn. 9, jeweils mwN).

b) Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein und die entsprechenden Regelungen in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern es den Zahnärzten verbieten, an Betreiber von Internetportalen für die Zuweisung von Patienten Provisionen zu zahlen (dazu unter II 3 b aa). Zu Unrecht hat es aber gemeint, das Geschäftsmodell der Beklagten begründe die Gefahr, dass vertraglich mit der Beklagten verbundene Zahnärzte sich bei der Behandlung von Gutscheininhabern nicht am Wohl der Patienten, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen orientierten (dazu unter II 3 b bb).

aa) Gemäß § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein und den entsprechenden Regelungen in Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern ist es dem Zahnarzt nicht gestattet, sich im Vorfeld einer Behandlung in der Weise zu binden, dass er Dritten für die Zuweisung von Patienten eine Gegenleistung verspricht oder gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - I ZR 201/02, GRUR 2005, 1059, 1060 = WRP 2005, 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften, zu § 31 Abs. 1 MBO Ärzte 1997; BGH, GRUR 2012, 1050 Rn. 23 - Dentallaborleistungen; Spickhoff/Scholz aaO § 31 MBO Ärzte Rn. 1 und 5). Zulässig ist dagegen die Vereinbarung einer Vergütung als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen einer Internetplattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen und für die im Zusammenhang damit geleisteten Dienste (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1886/06, GRUR 2008, 618, 620 = WRP 2008, 492, zu § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO; Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1287/08, GRUR 2011, 530, 532 = WRP 2011, 207, zu § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für Zahnärzte der Landeszahnärztekammer Baden-​Württemberg aF; BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 55/08, GRUR 2011, 343 Rn. 22 = WRP 2011, 449 - Zweite Zahnarztmeinung, zu § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte; Urteil vom 24. März 2011 - III ZR 69/10, GRUR 2011, 652 Rn. 14 = WRP 2011, 755, zu § 7 Abs. 5 der Berufsordnung für hessische Zahnärztinnen und Zahnärzte aF).

bb) Entscheidend ist, ob das Geschäftsmodell der Beklagten die Gefahr begründet, dass ein vertraglich mit ihr verbundener Zahnarzt sich bei der Behandlung eines Gutscheininhabers nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Davon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Zu Unrecht hat es aber gemeint, bei dem Geschäftsmodell bestehe eine entsprechende Gefahr.

(1) Das Berufungsgericht hat das Bestehen einer solchen Gefahr mit der Regelung in Nr. 3.3 Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten begründet, nach der der Zahnarzt die Beklagte von allen Ansprüchen der Gutscheinerwerber im Hinblick auf die verbriefte Leistung freistellt. Danach müsse - so das Berufungsgericht - der Zahnarzt auch für die Rückerstattung des vom Gutscheinerwerber gezahlten Betrags einstehen, wenn er die Behandlung aus medizinischen Gründen zu Recht ablehne. Es ist jedoch - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - durchaus zweifelhaft, ob diese Regelung andere Ansprüche der Gutscheinerwerber als solche wegen Schlecht- oder Falschbehandlung durch den mit der Beklagten kooperierenden Zahnarzt erfasst. Die in dieser Hinsicht bestehenden Zweifel an der Reichweite der genannten Haftungsregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu deren Lasten. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass den Zahnarzt keine Freistellungsverpflichtung und damit keine Haftung trifft, wenn er die Behandlung des Gutscheinerwerbers - aus welchen Gründen auch immer - ablehnt.

(2) Bei diesen Gegebenheiten begründet auch der Umstand, dass die Kooperationsverträge der Beklagten nach Nr. 5.1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Laufzeit von 24 Monaten haben, nicht die Gefahr, dass sich mit der Beklagten kooperierende Zahnärzte bei der Behandlung von Patienten nicht an deren Wohl, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen orientieren. Dasselbe gilt für das den Zahnärzten nach dem Kooperationsvertrag nur in begrenztem Umfang zustehende Recht zur Vornahme von Leistungsänderungen und das der Beklagten nach dem Kooperationsvertrag zustehende Recht, Gutscheine in beliebiger Zahl zu verkaufen.

(3) Nach dem vorstehend Ausgeführten hat die Kooperation der Beklagten mit Zahnärzten, soweit sie von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 3 angegriffen wird, letztlich keine anderen Auswirkungen auf das Patientenwohl als das kostenpflichtige Zurverfügungstellen einer Internetplattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen, das als solches als zulässig anzusehen ist (vgl. oben Rn. 21). Damit kann eine solche Kooperation ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt eines Berufsrechtsverstoßes als unzulässig angesehen werden. Die Frage, ob die Verhaltensweise der Beklagten unter einem anderen Gesichtspunkt - wie etwa wegen Irreführung der kooperierenden Zahnärzte - als wettbewerbswidrig anzusehen sein könnte, steht mangels eines Sachvortrags der Klägerin hierzu nicht zur Entscheidung.

III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die Beklagte nach dem Klageantrag zu 3 verurteilt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO).

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsurteil nur wegen der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt aufzuheben und die Sache nach diesem Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das den Klageantrag zu 3 abweisende Urteil des Landgerichts ist daher wiederherzustellen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

 


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