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Adhäsive Befestigung ist Leistungsbestandteil der Kompositfüllungen/subgingivale Belagsentfernung nicht Bestandteil der PZR

 | Gericht:  Amtsgericht (AG) Celle  | Aktenzeichen: 13 C 1449/13 5.2 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Gebühren

Urteilstext


Tenor

Das Amtsgericht Celle hat auf der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2014 durch die Richterin am Amtsgericht ... für Recht erkannt:

1.

Der Teil-Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 06.08.2013, Az. 13-9083445-05-N, bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere EUR 784,47 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 127,38 seit dem 20.03.2013 sowie aus EUR 657,09 seit dem 17.07.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Teil-Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2 % und der Beklagte zu 98 %.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung abwenden durch Si­cherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Restforderung aus einer Zahnarztrechnung.

Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht des Zahnarztes, der den Beklagten im Jahr 2012 zahnärztlich behandelte. Die Leistungen wurden dem Beklagten mit Rech­nung-Nr. 519227/12 vom 14.12.2012 (Bl. 30 ff. d. A.) mit insgesamt EUR 13.006,22 in Rechnung gestellt.

Der Beklagte leistete folgende Zahlungen:

09.10.2013

EUR

11.394,91

17.01.2013

EUR

733,81

09.07.2013

EUR

75,52

Gesamt

EUR

12.204, 24

Die Zahlung der restlichen EUR 801,98 verweigerte der Beklagte auf Anraten seiner privaten Krankenversicherung mit der Begründung, die Gebührenziffern 2197 GOZ (insgesamt EUR 378,01) und 2130 GOZ analog (insgesamt EUR 423,97) seien zu Unrecht abgerechnet.

Die Klägerin behauptet, die in der streitgegenständlichen Rechnung mehrfach auf­geführten Gebührenpositionen 2197 GOZ und 2130 GOZ analog seien zu Recht in Rechnung gestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Teil-Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 06.08.2013, Az. 13- 9083445-05-N, mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere EUR 801,98 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Pro­zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

den Teil-Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der dem Teil-Vollstreckungsbescheid vorangegangene Mahnbescheid ist dem Be­klagten am 16.07.2013 zugestellt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 25.02.2014 (Bl. 73 f. d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 18.05.2014 (Bl. 87 ff. d. A.) samt ergänzender Berechnung vom 10.09.2014 (Bl. 120 d. A) sowie das Sitzungsprotokoll vom 09.09.2014 (Bl. 114 ff. d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechsel­seitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend Erfolg. Die Klage ist zum größten Teil begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung weiterer EUR 784,47 für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen aus dem Behandlungsver­trag mit dem Zahnarzt Dr. ... aus abgetretenem Recht.

Rechnung-Nr. 519227/12 vom 14.12.2012

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die folgenden Gebührenpositionen aus der Rechnung vom 14.12.2012 in Abzug zu bringen sind:

07.02.2012

 

 

 

Zähne 14, 15, 16, 17

Geb.-Nr. 2180 GOZ

EUR

118,16

Zähne 14, 15, 16, 17

Geb.-Nr. 2197 GOZ

EUR

102,36

22.03.2012

 

 

 

Zahn 24

Geb.-Nr. 2090 GOZ

EUR

58,45

Zahn 25

Geb.-Nr. 2110 GOZ

EUR

62,79

Zähne 26, 27

Geb.-Nr. 2090 GOZ

EUR

175,35

Zähne 24, 25, 26, 27

Geb.-Nr. 2197 GOZ

EUR

102,36

23.04.2012

 

 

 

Zahn 28

Geb.-Nr. 2180 GOZ

EUR

29,54

Zahn 28

Geb.-Nr. 2197 GOZ

EUR

25,59

Abzugsbetrag

Gesamt

EUR

674,60

Die weiteren berechneten Gebührenpositionen sind hingegen nicht zu beanstanden. Zu dieser Auffassung gelangt das Gericht aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Der Sachverständige hat in sei­nem schriftlichen Gutachten und im Rahmen der mündlichen Erläuterung sei­nes Gutachtens nachvollziehbar dargelegt, weshalb die vorgenannten Gebührenpositionen zu Unrecht berechnet wurden. Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen vollumfänglich an. Im Einzelnen:

Die Geb.-Nr. 2180 GOZ kann hinsichtlich der Behandlungen der Zähne 14, 15, 16, 17 am 07.02.2012 und des Zahnes 28 am 23.04.2012 nicht angesetzt werden, weil vorlie­gend nicht die Vorbereitung eines Zahnes zur Aufnahme einer Krone erfolgte, son­dern vielmehr die Vorbereitung eines Zahnes zur Aufnahme einer Einlagefüllung. Die Leistungsbeschreibung der Geb.-Nr. 2180 GOZ stellt aber ausdrücklich auf die Vorbe­reitung eines Zahnes zur Aufnahme einer Krone ab. Folglich kann auch die Geb.-Nr. 2197 GOZ, die eine Art Zuschlag zur Abgeltung des erforderlichen Mehraufwandes für eine adhäsive Befestigung gegenüber der konventionellen Klebung darstellt, hier nicht in Verbindung mit der Geb.-Nr. 2180 GOZ berechnet werden.

Die Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ als Zuschlag für die Behandlung der Zähne 24, 25, 26, 27 am 22.03.2012 ist zu Unrecht erfolgt, da bereits die Geb.-Nr. 2090 GOZ (Zähne 24, 26, 27) und die Geb.-Nr. 2110 GOZ (Zahn 25) nicht zu berechnen waren. Erbracht wurden Kompositrestaurationen in Adhäsivtechnik. Bei solchen sind vielmehr die Geb.-Nr. 2100 GOZ (Zähne 24, 26, 27) bzw. die Geb.-Nr. 2120 GOZ (Zahn 25) zu berechnen, die die Anwendung der Adhäsivtechnik bereits obligat umfassen, sodass daneben eine Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ nicht möglich ist.

Die Berechnung der Geb.-Nr. 2197 GOZ für die Behandlung am 08.02.2012 an Zahn 14 neben der Geb.-Nr. 2160 GOZ und an den Zähnen 15, 16, 17 neben der Geb.-Nr. 2170 GOZ ist hingegen nicht zu beanstanden. In den Fällen, in denen sowohl eine konventionelle Klebung als auch eine adhäsive Befestigung möglich ist, ist bei adhä­siver Befestigung die Geb.-Nr. 2197 GOZ neben der Grundleistung zu berechnen. Dies ist hier der Fall. Aus demselben Grund ist die Berechnung der Geb.-Nr 2197 GOZ für die Behandlung am 24.04.2012 an den Zähnen 24, 25, 26, 27 neben der Geb.-Nr. 2170 GOZ und an Zahn 28 neben der Geb.-Nr. 2150 GOZ nicht zu beanstanden

Die Berechnung der Geb.-Nr. 2130 GOZ analog für die Behandlung der Zähne 21 bis 28, 31 bis 36, 38, 41 bis 48 am 21.02.2012 und der Zähne OK, 31 bis 36, 38, 41 bis 48 am 27.08.2012 ist nicht zu beanstanden. Die vorgenommene Entfernung subgingivaler Beläge wird nicht von der Geb.-Nr. 1040 GOZ erfasst; die Geb.-Nr. 1040 GOZ erfasst das Entfernen supragingivaler/gingivaler Beläge. Die Entfernung subgingivaler Beläge unterfällt nicht den Geb.-Nrn. 4070, 4075 GOZ. Die Geb.- Nrn. 4070, 4075 GOZ erfassen eine paradontalchirurgische Therapie, bei der über die Belagsentfernung hinaus ein Abtrag von Wurzelelementschichten, eine Wurzelglättung und ein Ausschälen des entzündlich infiltrierten Bindege­webes erfolgen. Die hier vorgenommene subgingivale Belagsentfernung stellt keinen solchen chirurgischen Eingriff dar.

Hinsichtlich der am 22.03.2012 erfolgten Behandlung der Zähne 24 bis 27 sind jedoch die Geb.-Nr. 2100 GOZ (Zähne 24, 26, 27) und die Geb.-Nr. 2120 GOZ (Zahn 25) einschlägig, sodass insoweit ein Betrag von EUR 657,09 zu be­rechnen ist (Zahn 24: EUR 126,38, Zahn 25: EUR 151,57, Zähne 26, 27: EUR 379,14). Dies ergibt sich aus der ergänzenden Berechnung des Sachver­ständigen vom 10.09.2014, der die Parteien nicht entgegengetreten sind.

Von dem Restbetrag von EUR 801,98 sind folglich EUR 674,60 in Abzug zu bringen und EUR 657,09 zu addieren, sodass sich eine Restforderung der Klägerin von EUR 784,47 ergibt.

Der Betrag ist auch fällig. Eine den formellen Anforderungen des § 10 Abs. 2 bis 4 GOZ genügende Rechnung lag mit der Rechnung vom 14.12.2013 vor. Die Fälligkeit der Vergütung hängt davon ab, dass die Rechnung die formellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 bis 4 GOZ erfüllt. Zweck der Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung ist es, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden können, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2006 – III ZR 117/06 für § 12 GOÄ). Steht die Prüffähigkeit einer in Rechnung ge­stellten ärztlichen Leistung im Vordergrund, kommt es für die Fälligkeit der Forderung nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Gebührentatbestand berechtigt ist. Hält der Zahlungspflichtige die Berechnung für unbegründet, besteht kein Anlass, die Durchsetzung der Forderung im Rechtsweg etwa mit der Überlegung zu verzö­gern oder zu erschweren, der Arzt müsse zur Herbeiführung der Fälligkeit seinerseits die Berechtigung des in Anspruch genommenen Gebührentatbestands überprüfen und gegebenenfalls einen anderen (neu) in Rechnung stellen. Die Fälligkeit setzt deswegen nicht voraus, dass die Rechnung (in dem fraglichen Punkt) mit dem mate­riellen Gebührenrecht übereinstimmt (vgl. BGH, aaO).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB. Soweit die Klägerin Verzugszinsen ab dem 20.03.2013 begehrt, können diese nicht für die nachberechneten Gebührenpo­sitionen verlangt werden, da insoweit kein Verzug vorlag. Ein Zahlungspflichtiger kann nicht mit der Bezahlung einer ärztlichen Leistung in Verzug geraten, die ihm nicht zu­vor berechnet worden ist, § 286 Abs. 4 BGB. Dem Zahlungspflichtigen obliegt es nicht, eine ärztliche Gebührenrechnung unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob der ver­langte Betrag auch nach anderen Gebührenpositionen begründet sein könnte (vgl. BGH a. a. O). Für die nachberechneten Positionen können daher nur Prozesszinsen ver­langt werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11,711 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Par­teien vom 14.10., 03.11 und 06.11.2014 gaben keinen Anlass zur Wiedereröff­nung der mündlichen Verhandlung. Ein Fall des § 156 ZPO liegt nicht vor. Eine Wiedereröffnung ist auch nicht nach § 156 Abs. 1 ZPO geboten.

 

 


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