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Abrechnung von fiktiven Forderungen an eine ärztliche Verrechnungsstelle

 | Gericht:  Verwaltungsgericht (VG) Berlin  | Aktenzeichen: 90 K 8.18 T | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Sonstiges

Urteilstext

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte unwürdig ist, den zahnärztlichen Beruf auszuüben.

Der Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beschuldigten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Einleitungsbehörde durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Einleitungsbehörde vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Einleitungsbehörde wirft dem Beschuldigten im Wesentlichen im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung als Zahnarzt begangenen gewerbsmäßigen Betrug und Insolvenzdelikte als Berufsvergehen vor.

Der am in geborene Beschuldigte schloss sein Studium im Jahre 1990 ab und erhielt in diesem Jahr die Approbation als Zahnarzt. Promoviert wurde er in . Ab 1993 war er in Berlin als niedergelassener Zahnarzt tätig. Die Praxis musste er im Jahre 2005 aufgeben, nachdem er infolge von Unfällen arbeitsunfähig geworden war. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte ihn am wegen Betrugs sowie Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Gründen dieses Urteils überredete der Beschuldigte einen Mitangeklagten in einem zwischen ihm und einer früheren Beschäftigten vor dem Arbeitsgericht Berlin geführten Kündigungsschutzprozess wahrheitswidrig zu behaupten, diese frühere Mitarbeiterin habe sich geschäftsschädigend über den Beschuldigten geäußert und diesem damit Veranlassung gegeben, sie fristlos zu kündigen. Die gekündigte Mitarbeiterin verlor deswegen den Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Berlin und schloss in der Berufungsinstanz einen für sie ungünstigen Vergleich ab.

Von 2007 bis 2010 betrieb der Beschuldigte mit einem Partner zusammen erneut eine Zahnarztpraxis. Ab dem Jahre 2010 führte er in der juristischen Person der von ihm gegründeten GmbH die Praxis weiter. Der Beschuldigte wurde am … festgenommen und befand sich danach bis zum in Untersuchungshaft bzw. Vollstreckungshaft.

Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschuldigten mit rechtskräftigem Urteil vom wegen Betruges in 32 Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Von der Verhängung eines Berufsverbots sah das Landgericht ausdrücklich ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen.

Der Beschuldigte befand sich nach der Bescheinigung der vom 16. März 2017 seit dem 20. Dezember 2016 in psychotherapeutischer Behandlung wegen einer akuten depressiven Störung bei zugrunde liegender bipolarer Störung.

Der Beschuldigte war vom 1. Januar 2014 bis 31. Januar 2017 Mitglied der …. Seit dem 1. Februar 2017 ist er als angestellter Zahnarzt in Berlin beschäftigt. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin hörte ihn unter dem 29. November 2017 zum beabsichtigten Widerruf seiner Approbation als Zahnarzt an. Mit Wirkung vom 23. März 2018 verzichtete der Beschuldigte freiwillig auf seine Approbation als Zahnarzt und gab die Approbationsurkunde zurück. Beginnend mit dem Verzicht bis einschließlich zum 22. März 2020 erteilte ihm das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung der Zahnheilkunde in abhängiger Stellung und unter Verantwortung eines approbierten Zahnarztes im Land Berlin.

Berufsrechtlich wurden gegen den Beschuldigten noch keine Maßnahmen verhängt.

Dem Beschuldigten wird nach dem Eröffnungsbeschluss vom 18. Juni 2019 zur Last gelegt, zwischen März 2012 und Oktober 2013 in Berlin dem ihm als Zahnarzt im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen nicht entsprochen zu haben und dadurch vorsätzlich seine Berufspflichten als Zahnarzt verletzt zu haben.

Im Einzelnen wirft die Einleitungsbehörde dem Beschuldigten den folgenden Sachverhalt vor:

Der Beschuldigte habe als Geschäftsführer der GmbH zwischen März 2012 und April 2013 unter Vorspiegelung ordnungsgemäßer Patientenverhältnisse und Behandlungen im Rahmen des F 32 Honorarforderungen an die verkauft und sich Kaufpreise in entsprechender Höhe auszahlen lassen. Es habe sich dabei um Forderungen für - wie der Beschuldigte auch gewusst habe - in Wirklichkeit nicht erbrachte, teure zahnmedizinische und zahntechnische Leistungen gehandelt.

Bei einem Großteil der Taten - nämlich in 22 Fällen - habe der Beschuldigte aufgrund eines gemeinsamen Tatplans und in arbeitsteiliger Weise mit einem gehandelt. Herr habe dabei angebliche Patienten, die eine Provision erhielten, für die Taten angeworben. Deren Personalien und Kontodaten habe er an den Beschuldigten weitergegeben, so dass dieser sie für fingierte Rechnungen nutzen konnte. Die angeblichen Patienten hätten auf Geheiß des Beschuldigten und Herrn sofort Ratenzahlungsvereinbarungen mit der abgeschlossen, so dass jeweils nicht sofort die Gesamtrechnungssumme fällig geworden sei. Auf die Konten der angeblichen Patienten seien dann von dem Beschuldigten und Herrn Gelder für Ratenzahlungen eingezahlt oder den angeblichen Patienten zur Einzahlung in bar übergeben worden, um anfangs eine Deckung der Konten herbeizuführen und die Betrugstaten so zu verschleiern.

Die habe an die GmbH in den tatgegenständlichen Fällen einen Betrag im Gesamtvolumen von 865.916,04 Euro (892.512,92 abzgl. 2,98 % Bearbeitungsgebühr) überwiesen. Durch Ratenzahlungen seien insgesamt 149.517,30 Euro an die zurückgeflossen. Auf die Fälle, an denen Herr beteiligt gewesen sei, entfiele ein Gesamtbetrag von 657.487,61 Euro (677.676,35 Euro abzgl. 2,98 % Bearbeitungsgebühr) und ein Rückfluss von 89.340,61 Euro.

Zum Zeitpunkt der strafrechtlichen Verurteilung durch das Landgericht Berlin am verbliebe damit ein offener Betrag von 716.398,74 Euro hinsichtlich des Beschuldigten und ein offener Betrag von 568.141,- Euro hinsichtlich Herrn B.

Der Beschuldigte habe sich bereits zu Beginn der Tatserie, Anfang des Jahres 2012, in problematischen finanziellen Verhältnissen befunden. Er habe es deshalb zumindest für möglich gehalten und es hingenommen, dass es ihm nicht gelingen würde, die erschlichenen „Kredite" zurückzuzahlen. Insbesondere als er Herrn miteinbezogen habe und die Summen der eingereichten Forderungen immer höher geworden seien, zugleich aber ein finanzieller Erfolg durch die Praxen ausblieben sei, sei dem Beschuldigten klar gewesen, dass es ihm nicht gelingen könnte, die beträchtlichen Summen an die zurückzuzahlen, zumal er gezwungen gewesen sei, stets neue Forderungen einzureichen, um die Raten der „alten" Rechnungen noch begleichen zu können.

Der Beschuldigte habe es ferner in der Zeit vom 27. März 2013 bis zum 26. September 2013 als Geschäftsführer der unter im des eingetragenen GmbH,, in 12 Fällen unterlassen, die für die Monate März 2013 bis September 2013 zu entrichtenden, den Lohn- und Gehaltszahlungen der bei der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer entsprechenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-​, Renten- und Pflegeversicherung und zur Arbeitsförderung in Höhe von insgesamt 6.547,73 Euro in Kenntnis seiner Pflicht bei Fälligkeit am drittletzten Arbeitstag des jeweiligen Monats an die zuständige Krankenkassen abzuführen.

Der Beschuldigte habe es in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH ferner unterlassen, spätestens am 21. Oktober 2013 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu stellen.

Im Juli 2013 habe er die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft aufgrund eines Insolvenzfremdantrages der nur durch unverzüglichen Ausgleich der gegenüber der Versicherung bestehenden Verbindlichkeiten abwenden können. In den Folgemonaten sei er jedoch erneut - auch gegenüber anderen Versicherungen - mit der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge in Rückstand geraten.

Ab September 2013 sei der Beschuldigte nicht mehr in der Lage gewesen, die Gehälter der bei der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer regelmäßig und vollständig zu zahlen. Außerdem seien ab September 2013 Steuerverbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt in Höhe von 180.000 Euro aufgelaufen, deretwegen das Finanzamt im Dezember 2013 Kontopfändungen in Höhe von 138.000 Euro und 47.000 Euro vorgenommen habe.

Damit sei die Gesellschaft, wie ihm bewusst gewesen sei, spätestens ab dem 30. September 2013 zahlungsunfähig gewesen. Dennoch er es entgegen der ihm bekannten Verpflichtung unterlassen, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens bis zum 21. Oktober 2013, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der von ihm vertretenen Gesellschaft zu stellen.

Das Insolvenzverfahren sei vielmehr erst aufgrund eines erneuten Fremdantrages der vom 24. Oktober 2013 mit Beschluss des vom 24. Februar 2014 eröffnet worden.

Als Geschäftsführer der GmbH sei der Beschuldigte, wie er gewusst habe, zudem verpflichtet gewesen, nach den Grundsätzen eines ordnungsgemäß handelnden Kaufmanns zum Abschluss jedes Geschäftsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen, der die geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere die Vermögenslage der Gesellschaft zum jeweiligen Ende des Geschäftsjahres zutreffend widerspiegele. Die Jahresabschlüsse seien, wie er ebenfalls gewusst habe, spätestens sechs Monate nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres, mithin spätestens zum 30. Juni des jeweiligen Folgejahres, zu erstellen gewesen. Seine diesbezügliche Verpflichtung missachtend habe es der Beschuldigte jedoch unterlassen, den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2012 fristgerecht bis zum 30. Juni 2013 aufzustellen. Der Jahresabschluss für 2012 sei vielmehr zu keinem Zeitpunkt, und zwar auch nicht, als im Sommer des Jahres 2013 die drohende und zum 30. September 2013 die eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft offenbar wurde, aufgestellt worden. Spätestens in der Krisensituation hätte er den Jahresabschluss jedoch aufstellen müssen.

Verstoß gegen § 1 Abs. 1 der Berufsordnung der Zahnärztekammer.

Die Einleitungsbehörde hält die Anschuldigungen für erwiesen.

Sie beantragt,

gegen den Beschuldigten eine berufsgerichtliche Maßnahme zu verhängen, die sie in das Ermessen des Berufungsgerichts stellt.

Der Beschuldigte beantragt,

gegen ihn eine möglichst geringe berufsgerichtliche Maßnahme zu verhängen.

Er tritt den Feststellungen im Urteil des Landgerichts Berlin nicht entgegen. Er weist darauf hin, dass er vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Januar 2017 Mitglied der gewesen sei und es dort seinerseits zu keinen berufsrechtlich relevanten Verfehlungen gekommen sei. Seit dem 1. Februar 2017 sei er in einer zahnärztlichen Praxis angestellt, wo er inzwischen monatlich 2.000 Euro brutto verdiene. In einem weiteren Beschäftigungsverhältnis erhalte er 250 Euro monatlich. Wegen der aus seinen Verfehlungen entstandenen psychischen Belastungen habe er sich in eine mittlerweile abgeschlossene psychotherapeutische Behandlung begeben. Von dem entstandenen Schaden habe er 200.000 Euro wiedergutgemacht. Er habe einen Verein zur Unterstützung hautkranker Kinder gegründet habe.

Der Beschuldigte meint, er sei aufgrund seines Fehlverhaltens strafrechtlich verurteilt worden und habe die Freiheitsstrafe inzwischen vollumfänglich verbüßt. Aufgrund der Rückgabe seiner Approbation als Zahnarzt sei es ihm gegenwärtig nicht mehr möglich als selbständiger Zahnarzt tätig zu sein und ähnliche Delikte erneut zu begehen. Die zuständige Landesbehörde werde zeitnah zu dem Ende der vorübergehenden Erlaubnis zur Berufsausübung im März 2020 über die Wiedererteilung seiner Approbation entscheiden. Er sei durch tätige Reue bemüht, sein Leben wieder in den Griff zu kriegen, und als unbescholtener Bürger fortzuführen. Eine berufsgerichtliche Maßnahme müsse dem angemessen sein.

Die Aufsichtsbehörde hat sich nicht am Verfahren beteiligt.

Dem Berufsgericht lag neben der Gerichtsakte der Verwaltungsvorgang der Einleitungsbehörde als Beiakte vor, deren Inhalt – soweit von Bedeutung – Gegenstand der Hauptverhandlung und anschließenden Beratung war. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der Hauptverhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Verfahren richtet sich nach dem Gesetz über die Kammern und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Berliner Kammergesetz - KammerG) in der Fassung vom 4. September 1978 (GVBl. S. 1937), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 9. Mai 2016 (GVBl. S. 226) geändert worden ist. Dieses Gesetz ist nach der Übergangsreglung in § 92 des Berliner Heilberufekammergesetz (BlnHKG) vom 2. November 2018 (GVBl. 2018, 622) anzuwenden, weil dem Beschuldigten ein Berufsvergehen vorgeworfen wird, das er vor dem 30. November 2018 begangen hat.

Das Berufsgericht kann trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Aufsichtsbehörde in der Hauptverhandlung verhandeln und entscheiden, weil sie auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung ausdrücklich hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 3 DiszG und § 24 KammerG).

Der Beschuldigte hat sich eines einheitlich zu würdigenden und nach § 17 Abs. 1 KammerG zu ahndenden Berufsvergehens schuldig gemacht. Die Pflichtverletzungen sind so schwer wiegend, dass der Beschuldigte deswegen im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 5 KammerG unwürdig ist, den zahnärztlichen Beruf auszuüben.

Die zwischenzeitliche Zugehörigkeit des Beschuldigten zur ist für die jetzt bestehende Zuständigkeit der Einleitungsbehörde und des Berufsgerichts für Heilberufe Berlin unerheblich. Nach § 16 Abs. 1 S. 1 KammerG findet das berufsgerichtliche Verfahren statt, wenn Kammerangehörige ihre Berufspflichten verletzen. Der Beschuldigte ist seit dem 1. Februar 2017, dem Beginn einer Tätigkeit als angestellter Zahnarzt in Berlin, wieder Angehöriger der Zahnärztekammer Berlin. Auch bei Begehung der ihm vorgeworfenen Taten gehörte er, ohne dass es darauf für die Entscheidung ankommt, der Zahnärztekammer Berlin an. Der Umstand, dass die gegen ihn kein berufsgerichtliches Verfahren durchgeführt hat, kann ihn nicht entlasten. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn diese Zahnärztekammer gegen ihn bereits eine Maßnahme verhängt hätte, die wegen des Verbots der Doppelbestrafung einer erneuten Maßnahme entgegenstehen würde.

Die berufsgerichtliche Verfolgung ist nicht verjährt. Das letzte Verhalten, das die Einleitungsbehörde dem Beschuldigten vorhält, war eine Unterlassung bis einschließlich Oktober 2013. Nach § 16 Abs. 3 S. 1 KammerG ist eine berufsgerichtliche Ahndung nicht mehr zulässig, wenn seit der Pflichtverletzung mehr als 5 Jahre vergangen sind. Diese Regelung bestimmt jedoch weiter, dass u.a. § 78c Abs. 1 StGB entsprechend gilt. Nach § 78c Abs. 1 StGB wird die Verjährung unter anderem unterbrochen durch die Bekanntgabe, dass gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist (Nr. 1), und die Erhebung der öffentlichen Klage (Nr. 6). Hier hat der Untersuchungsführer den Beschuldigten über den Beschluss des Vorstandes der Zahnärztekammer vom 4. Oktober 2017 informiert, dass gegen ihn ein berufsrechtliches Untersuchungsverfahren eingeleitet werde. Bei einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift entspricht dieses Verfahren dem § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Ermittlungsverfahren. Das entsprechende Schreiben wurde dem Beschuldigten am 14. Dezember 2017 mit Postzustellungsurkunde durch Übergabe an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter zugestellt. Eine weitere Unterbrechung ist dann mit dem Eingang der Anschuldigungsschrift bei dem Berufsgericht für Heilberufe am 28. Juni 2018 eingetreten. Dies entspricht der Erhebung der öffentlichen Klage § 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB. Daher wäre eine Verjährung selbst dann nicht eingetreten, wenn auf die letzte Betrugshandlung im April 2013 abgestellt würde.

Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem Strafurteil. Der vom Strafgericht festgestellte Sachverhalt ist für das Berufsgericht bindend (§ 24 KammerG i.V.m. § 41 Abs. 1 DiszG und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG). Anlass für eine Lösung von diesen Feststellungen nach § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG besteht nicht. Einen entsprechenden Antrag hat der Beschuldigte nicht gestellt. Vielmehr geht auch er von den Feststellungen des Strafurteils aus. Im Übrigen kann die Kammer für Heilberufe auf die Feststellungen des Strafbefehls abstellen. Tatsächliche Feststellungen in einem Strafbefehl entfalten zwar keine Bindungswirkung im Sinne von (§ 24 KammerG i.V.m. § 41 Abs. 1 DiszG und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG. Sie können jedoch nach § 57 Abs. 2 BDG als in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffene tatsächliche Feststellungen ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, wenn sie von dem betroffenen Beamten nicht substantiiert bestritten werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 2014 – 2 B 14/14 – juris Rn. 10 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Der Beschuldigte hat im Schriftsatz seines Verteidigers vom 12. September 2018 den Vortrag der Einleitungsbehörde ausdrücklich als zutreffend bezeichnet.

Nach den Gründen des Urteils des Landgerichts Berlin vom ist von folgendem feststehenden Sachverhalt auszugehen:

 „Dem Verfahren liegt die betrügerische Einreichung von insgesamt 32 fiktiven Zahnarzthonorarforderungen durch den Geschäftsführer der GmbH, den Angeklagten, bei der ärztlichen Verrechnungsstelle im Rahmen eines Factoring-​Vertrages zu Grunde. Hierdurch kam es im Zeitraum von 16 Monaten zu der Auszahlung von insgesamt 865.916,04 Euro an die GmbH, ohne dass die im Gegenzug jeweils eine werthaltige Forderung erhielt. In 22 Fällen wirkte der Angeklagte, unter anderem durch Beschaffung von Patientendaten, mit-​täterschaftlich an den Betrugstaten mit. Beide Angeklagte waren vollumfänglich geständig.

I.

1.

Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Jahre alte Angeklagte wurde in bürgerliche Verhältnisse geboren und besuchte dort bis zu seinem Abitur im Jahr die Schule. Im Anschluss studierte er an der zunächst Chemie und wechselte dann zur Zahnmedizin, seinen Hochschulabschluss erlangte er im Jahr 1990. Nach seiner Zeit als Assistenzarzt gründete der Angeklagte im Jahr 1993 seine eigene Zahnarztpraxis in . Im Jahr 1996 heiratete der Angeklagte, ist jedoch seit 2015 geschieden. Aus der Ehe sind zwei Kinder im Alter von 15 und 13 Jahren hervorgegangen. Der Angeklagte hat eine weitere, ebenfalls 13 Jahre alte Tochter mit einer anderen Frau. In den Jahren 2003 und 2005 verletzte der Angeklagte sich zunächst bei einem Unfall an der Wirbelsäule und später erneut bei einem Treppensturz. In Folge der Verletzung war der Angeklagte nicht arbeitsfähig, und seine Praxis geriet in eine finanzielle Schieflage, so dass er sie im Jahr 2005 aufgeben musste. Im Jahr 2007 gründete der Angeklagte eine neue Praxis mit seinem Geschäftspartner, wiederum in . Diese Praxis lief nur schleppend, und im Jahr 2010 gingen die Geschäftspartner jeweils eigener Wege. Der Angeklagte gründete die GmbH, deren Geschäftsführer er war, und betrieb unter dieser Firma die Praxis. Im Jahr 2010 stellte er die Zahnärztin in seiner Praxis an, die im Jahr 2011 weitere Geschäftsführerin wurde. Des Weiteren betrieb der Angeklagte die GmbH, die hauptsächlich mit Laborleistungen befasst war. Im Jahr 2010 schied der Angeklagte als Geschäftsführer der GmbH aus, neue Geschäftsführerin wurde nun seine damalige Ehefrau .

Im Jahr 2011 wurde der Angeklagte angesprochen, ob er nicht in ein Gesundheitszentrum eröffnen wolle. Da er selbst zu diesem Zeitpunkt über keine Bonität mehr verfügte, ihm die Idee jedoch zusagte, sprach er seinen ehemaligen Geschäftspartner an, der bereit war, sich an dem Projekt zu beteiligen. Nach gemeinsamer Absprache wurden Praxisräume von dem Angeklagten für 3.200,00 monatlich angemietet, in denen im Jahr 2012 umfangreiche Bauarbeiten von dem Angeklagten durchgeführt wurden. Da der Geschäftspartner des Angeklagten jedoch verschwand, versuchte dieser das Projekt nun allein zu schultern. Zu diesem Zeitpunkt merkte der Angeklagte, der sich bereits Geld von seinem Vater geliehen hatte und über Einnahmen von lediglich 1.500,00 Euro netto monatlich verfügte, dass das Geld nicht ausreichen würde, um die Praxis in zu realisieren. In der Folge kam es zu den hier abgeurteilten Betrugstaten.

Im Jahr 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet, das Praxisprojekt in wurde nicht realisiert.

(…)

Er ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

1.

Mit Urteil vom, rechtskräftig seit dem selben Tag, wurde gegen ihn in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen Betrugs und Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verhängt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt und die inzwischen erlassen wurde.

2.

Am 7. September 2015 erließ das Amtsgericht Tiergarten im Verfahren gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen Beitragsvorenthaltung in zwölf Fällen, Insolvenzverschleppung und Bankrotts über eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 70,00 Euro. Der Strafbefehl ist seit dem 11. November 2015 rechtskräftig und noch nicht vollständig vollstreckt.

Dem Strafbefehl liegen folgende Feststellungen zu Grunde:

‚Fälle 1-​12:

Der Angeklagte unterließ es in der Zeit vom 27.03.2013 bis zum 26.09.2013 als Geschäftsführer der unter im des eingetragenen GmbH,, in 12 Fällen, die für die Monate März 2013 bis September 2013 zu entrichtenden, den Lohn- und Gehaltszahlungen der bei der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer entsprechenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-​, Renten- und Pflegeversicherung und zur Arbeitsförderung in Höhe von insgesamt 6.547,73 € in Kenntnis seiner Pflichten bei Fälligkeit am drittletzten Arbeitstag des jeweiligen Monats an die zuständigen Krankenkassen abzuführen.

Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Taten:

Tat     

Beitrags­monat

Fälligkeit

Arbeit­nehmer-Anteil in €

Zum Nachteil der

        

März 2013

27.03.2013

289,45

April 2013

26.04.2013

521,04

Mai 2013

29.05.2013

657,30

Juni 2013

26.06.2013

657,30

Juli 2013

29.07.2013

829,85

August 2013

27.08.2013

961,80

September 2013

26.09.2013

835,91

        

Insgesamt:

        

4.752,17

        

Tat     

Beitrags­monat

Fälligkeit

Arbeit-nehmer-Anteil in €

Zum Nachteil der :

August 2013

27.08.2013

304,12

September 2013

26.09.2013

386,61

        

Insgesamt:

        

690,73

        

Tat     

Beitrags­monat

Fälligkeit

Arbeit­nehmer« Anteil in €

Zum Nachteil der

August 2013

27.08.2013

409,44

September 2013

26.09.2013

409,44

        

Insgesamt:

        

818,88

        

Tat     

Beitrags­monat

Fälligkeit

Arbeit­nehmer- Anteil in €

Zum Nachteil der :

September 2013

26.09.2012

285,95

        

Insgesamt:

        

285,95

 

Fall 13:

Der Angeklagte unterließ es in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH ferner, spätestens am 21.10.2013 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft zu stellen.

Im Juli 2013 konnte er die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft aufgrund eines Insolvenzfremdantrags der nur durch unverzüglichen Ausgleich der gegenüber der Versicherung bestehenden Verbindlichkeiten abwenden. In den Folgemonaten geriet er jedoch erneut - auch gegenüber anderen Versicherungen - mit der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge in Rückstand.

Ab September 2013 war der Angeklagte nicht mehr in der Lage, die Gehälter der bei der Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer regelmäßig und vollständig zu zahlen. Außerdem liefen ab September 2013 Steuerverbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt in Höhe von 180.000 € auf, deretwegen das Finanzamt im Dezember 2013 Kontopfändungen in Höhe von 138.000 € und 47.000 € vornahm.

Damit war die Gesellschaft, wie ihm bewusst war, spätestens ab dem 30.09.2013 zahlungsunfähig. Dennoch unterließ er es entgegen der ihm bekannten Verpflichtung, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens bis zum 21.10.2013, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der von ihm vertretenen Gesellschaft zu stellen.

Das Insolvenzverfahren wurde vielmehr erst aufgrund eines erneuten Fremdantrages der vom 24.10.2013 mit Beschluss des vom 24.02.2014 - - eröffnet.

Fall 14:

Als Geschäftsführer der GmbH war der Angeklagte, wie er wusste, zudem verpflichtet, nach den Grundsätzen eines ordnungsgemäß handelnden Kaufmanns zum Abschluss jedes Geschäftsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen, der die geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere die Vermögenslage der Gesellschaft zum jeweiligen Ende des Geschäftsjahres zutreffend widerspiegelte. Die Jahresabschlüsse waren, wie er ebenfalls wusste, spätestens sechs Monate nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres, mithin spätestens zum 30.06. des jeweiligen Folgejahres, zu erstellen. Seine diesbezügliche Verpflichtung missachtend unterließ es der Angeklagte jedoch, den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2012 fristgerecht bis zum 30.06.2013 aufzustellen. Der Jahresabschluss für 2012 wurde vielmehr zu keinem Zeitpunkt, und zwar auch nicht, als im Sommer des Jahres 2013 die drohende und zum 30.09.2013 die eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft offenbar wurde, aufgestellt. Spätestens in der Krisensituation hätte er den Jahresabschluss jedoch aufstellen müssen. ‘

(…)

Der Angeklagte wurde in hiesiger Sache aufgrund des Haftbefehls des vom 9. Mai 2016 - - am 25. Mai 2016 festgenommen. Die Untersuchungshaft wurde ab dem 14. November 2016 zur Vollstreckung der wegen der oben dargestellten Verurteilung angeordneten Ersatzfreiheitsstrafe unterbrochen. Mit Urteilsverkündung am 14. Dezember 2016 wurde der Angeklagte von dem weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont.

(…)

II.

1.

Überblick

Der Angeklagte verkaufte als Geschäftsführer der GmbH zwischen März 2012 und April 2013 unter Vorspiegelung ordnungsgemäßer Patientenverhältnisse und Behandlungen im Rahmen des Factoring 32 Honorarforderungen an die und ließ sich Kaufpreise in entsprechender Höhe auszahlen. Es handelte sich dabei um Forderungen für - wie der Angeklagte auch wusste - in Wirklichkeit nicht erbrachte, teure zahnmedizinische und zahntechnische Leistungen.

Bei einem Großteil der Taten - nämlich in 22 Fällen (Fälle 7, 10, 12-​27, 29-​32 der nachfolgenden Tabelle) - handelte der Angeklagte aufgrund eines gemeinsamen Tatplans und in arbeitsteiliger Weise mit dem Angeklagten . Der Angeklagte warb dabei angebliche Patienten, die eine Provision erhielten, für die Taten an. Deren Personalien und Kontodaten gab er an den Angeklagten weiter, so dass dieser sie für fingierte Rechnungen nutzen konnte. Die angeblichen Patienten schlössen auf Geheiß der Angeklagten sofort Ratenzahlungsvereinbarungen mit der ab, so dass jeweils nicht sofort die Gesamtrechnungssumme fällig wurde. Auf die Konten der angeblichen Patienten wurden dann von den Angeklagten Gelder für Ratenzahlungen eingezahlt oder den angeblichen Patienten zur Einzahlung in bar übergeben, um anfangs eine Deckung der Konten herbeizuführen und die Betrugstaten so zu verschleiern.

Die überwies in sämtlichen vollendeten Fällen den im Rahmen des Factoring- Vertrags vereinbarten Kaufpreis, der dem vollen Rechnungsbetrag abzüglich der Bearbeitungsgebühr von 2,98% entsprach, in dem Glauben, dass die Rechnungen begründet waren und durch die Patienten - gegebenenfalls in Form von Ratenzahlungen - beglichen würden. Die Angeklagten, die sich durch ihre Handlungen eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen wollten, wussten, dass sie unter diesen Umständen keinen Anspruch auf die Kaufpreis. Zahlungen hatten, denen keine werthaltigen Forderungen gegenüberstanden.

Im Einzelnen handelte es sich um die folgenden Fälle:

 

 

Fall   

Rechnungs­nummer

Rechnungs­datum der GmbH

Angeb­liche Patienten

Rechnungs­betrag in Euro

offener Betrag nach Abbruch der Raten­zah­lungen

        

1       

788915/02

06.03.2012

        

18:007,68

11.254,80

        

2       

788915/03

15.03.2012

        

28.248,99

18.639,05

        

3       

788915/04

15.03.2012

        

19.929,71

12.456,11

        

4       

788915/05

19.03.2012

        

10.612,65

7.517,25

        

5       

788915/06

22.03.2012

        

26.116,63

16.322,83

        

6       

788915/07

12.05.2012

        

12.679,93

8.717,38

        

7       

788915/16

04.07.2012

        

16.223,90

12.075,90

        

8       

788915/17

11.07.2012

        

17.024,43

11.601,21

        

9       

788915/18

18.07.2012

        

29.512,15

23.945,83

        

10    

788915/19

03.08.2012

        

25.786,80

19.699,66

        

11    

788915/31

11.09.2012

        

22.881,71

17.489,28

        

12    

788915/32

17.09.2012

        

23.159,00

19.299,16

        

13    

788915/33

28.09.2012

        

48.382,44

40.318,68

14    

788915/34

08.10.2012

        

30.550,02

24.266,92

15    

788915/43

24.10.2012

        

34.202,03

30.462,59

16    

788915/42

26.10.2012

        

23.615,38

18.724,40

17    

788915/45

02.11.2012

        

28.015,33

23.346,13

18    

788915/47

06.11.2012

        

46.624,07

38.299,46

19    

788915/48

08.11.2012

        

26.463,37

22.604,13

20    

788915/46

09.11.2012

        

17.076,13

14.742,38

21    

788925/01

29.11.2012

        

29.909,10

25.965,83

22    

788925/05

03.12.2012

        

35.989,43

31.490,75

23    

788925/06

14.12.2012

        

40.625,80

35.831,98

24    

788915/49

20.12.2012

        

39.824,86

36.824,86

25    

788925/04

07.01.2013

        

28.650,65

26.049,06

26    

788915/50

17.01.2013

        

38.899,44

35.392,30

27    

788925/15

04.02.2013 12.02.2013

        

40.461,61

35.194,86

28    

788925/18

25.02.2013

        

29.822,69

26.716,14

29    

788925/20

06.03.2013

        

35.982,88

32.984,32

30    

788925/24

25.03.2013

        

35.324,70

33.393,62

31    

788925/27

16.04.2013

        

5.957,57

5.957,57

32    

788925/29

16.04.2013

        

25.951,84

25.411,18

GESAMT­SUMME (Angeklagter anteilig)

892.512,92 Euro 677.676,35 Euro

742.995,62 Euro 588.335,74 Euro

 

Im Einzelnen gingen die Angeklagten wie folgt vor:

2.

Factoring-​Vertrag

Mit Datum vom 26. Januar 2012 beziehungsweise 31. Januar 2012 wurden zwischen der und der GmbH, vertreten durch die zu diesem Zeitpunkt bereits als weitere Geschäftsführerin eingetragene Zahnärztin, ein Geschäftsbesorgungsvertrag und ein ergänzender Factoring-​Vertrag geschlossen. Gegenstand der Verträge war die Abrechnung privatzahnärztlicher Leistungen gegenüber Zahlungspflichtigen sowie der Kauf der aus der abgerechneten Behandlung resultierenden Forderung gegenüber den Patienten unter Abzug einer Bearbeitungsgebühr von 2,98%.

Da der Angeklagte zu dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bereits nicht mehr über eine entsprechende Bonität verfügte, veranlasste er die als zweite Geschäftsführerin, die Verträge zu unterzeichnen. war jedoch zu keinem Zeitpunkt in die betrügerisch vorgenommenen Abrechnungen gegenüber der eingebunden und wurde hierüber auch nicht in Kenntnis gesetzt. Die Rechnungserstellung sowie der Kontakt zu der erfolgten ausschließlich über den Angeklagten .

Mit Datum vom 16. April 2013 kündigte die die Verträge mit Wirkung zum 31. Mai 2013.

3.

Einreichung der Honorarforderungen

Die Einreichung der Honorarforderungen an die erfolgte durch den Angeklagten mittels einer elektronischen Schnittstelle, wobei jede der 32 Rechnungen durch den Angeklagten einzeln eingereicht wurde und dieser zugleich mitteilte, dass der Patient eine Ratenzahlung wünsche. Mittels einer Software namens „" wurde die Bonität der angeblichen zahlungspflichtigen Patienten geprüft, wobei jedoch keine tatsächliche Liquiditätsprüfung vorgenommen wurde, sondern lediglich ein Ausschluss von bereits negativ aufgefallenen Personen stattfand. Da die vermeintlichen Patienten die Bonitätsprüfung passiert hatten und die eingereichten fiktiven Forderungen jeweils inhaltlich plausibel waren, erfolgte ihr Ankauf durch die, und der entsprechende Kaufbetrag (Forderungsbetrag abzüglich der Bearbeitungsgebühr von 2,98%) wurde auf das Konto der GmbH überwiesen. Die Sichtung der Forderungen auf ihre Plausibilität, die Entscheidung über den Ankauf und die Anweisung der Zahlung wurde dabei jeweils von einem zuständigen Mitarbeiter der vorgenommen. Die Überweisung erfolgte dabei in allen Fällen binnen weniger Tage. Nachdem die die Rechnung erstellt und den jeweils vermeintlich Zahlungspflichtigen übersandt hatte, wurde - entsprechend der anfänglichen Ankündigung - vor Fälligkeit der Zahlung jeweils ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt. Eine solche wurde in sämtlichen abgeurteilten Fällen von der unter Hinweis darauf genehmigt, dass die fälligen Raten jeweils zum 20. eines Monats von dem angegebenen Konto abgebucht würden.

4.

Beteiligung und Zusammenwirken der Angeklagten

In zehn Fällen (Fälle 1-​6, 8, 9, 11 und 28) beging der Angeklagte die Taten wie vorstehend dargestellt ohne Beteiligung des Angeklagten Bei den betroffenen Personen in den Fällen 1, 3-​6, 8, 9, 11 und 28 handelte es sich um Angehörige beziehungsweise um langjährige Bekannte des Angeklagten h, die ihm vertrauten und keine Provision erhielten. Im Fall 2 wurden die Patientendaten dem Angeklagten durch seinen Bekannten vermittelt. Das Geld für die Ratenzahlungen überbrachte der Angeklagte den Personen entweder in bar oder - seltener - überwies es von Konten der e GmbH. In sämtlichen übrigen Fällen erfolgten die Taten unter Beteiligung des Angeklagten jeweils aufgrund eines gemeinsam gefassten Tatplans. Der Angeklagte wurde durch Vermittlung des in der Praxis in im Juli 2012 mit Bauarbeiten beauftragt. Die Angeklagten kamen überein, dass der Angeklagte weitere angebliche Patienten besorgen und sich auch um die anfängliche Bedienung der Kredite kümmern sollte. Der Angeklagte sprach aus diesem Grund Personen aus seinem Bekanntenkreis an und veranlasste sie, entweder ein Konto für die Taten einzurichten oder nicht mehr genutzte Konten zur Verfügung zu stellen. Sämtliche entsprechenden Daten übermittelte er an den Angeklagten in dem Wissen, dass dieser in der Folge fiktive Forderungen gegenüber diesen Personen bei der einreichen und entsprechende Zahlungen erhalten würde. In allen Fällen überwies der Angeklagte dann erhebliche Beträge auf das Konto der GmbH, die von dem Angeklagten abgehoben und entweder durch Bareinzahlungen auf die Konten der vermeintlichen Patienten verbracht oder diesen bar übergeben wurden.

In zahlreichen Fällen, in denen Probleme beim Versuch der Abbuchung von Raten auftraten, trat der Angeklagte mit Mitarbeitern der in Kontakt, beschwichtigte diese, erfand Ausreden und verschleierte die Taten.

Der Angeklagte befand sich bereits zu Beginn der Tatserie, Anfang des Jahres 2012, in problematischen finanziellen Verhältnissen. Er hielt es deshalb zumindest für möglich und nahm es hin, dass es ihm nicht gelingen würde, die erschlichenen „Kredite" zurückzuzahlen. Insbesondere als er den Angeklagten miteinbezog und die Summen der eingereichten Forderungen immer höher wurden, zugleich aber ein finanzieller Erfolg durch die Praxen ausblieb, war dem Angeklagten klar, dass es ihm nicht gelingen konnte, die beträchtlichen Summen an die zurückzuzahlen, zumal er gezwungen war, stets neue Forderungen einzureichen, um die Raten der „alten" Rechnungen noch begleichen zu können.

Auch der Angeklagte, der das von ihm und dem Angeklagten betriebene Modell als „fingierte Kredite" begriff, hielt es bei Tilgungsraten von teilweise über 900,00 Euro nebst Zinsen von über 300,00 Euro für offene Forderungen und immer höher werdenden eingereichten Rechnungen, ohne dass diesen ein sichtbarer unternehmerischer Erfolg des Angeklagten gegenüberstand, zumindest für möglich und nahm es hin, dass eine Gesamtrückzahlung an die nicht gelingen konnte.

5.

Geldflüsse

Die überwies an die GmbH in den tatgegenständlichen Fällen einen Betrag im Gesamtvolumen von 865.916,04 Euro (892.512,92 Euro abzgl. 2,98% Bearbeitungsgebühr). Durch Ratenzahlungen flössen insgesamt 149.517,30 Euro an die zurück. Auf die Fälle, an denen der Angeklagte beteiligt war, entfallen ein Gesamtbetrag von 657.481,61 Euro (677.676,35 Euro abzgl. 2,98% Bearbeitungsgebühr) und ein Rückfluss von 89.340,61 Euro.

Zum Zeitpunkt der Verurteilung verblieben damit ein offener Betrag von 716.398,74 Euro hinsichtlich des Angeklagten und ein offener Betrag von 568.141 Euro hinsichtlich des Angeklagten .

Von den Kaufpreiszahlungen der überwies der Angeklagte mehr als 420.000 Euro auf das Konto der GmbH. Über dieses Geld wurde hauptsächlich durch Barabhebungen verfügt. Der Angeklagte erhielt eine etwa zehnprozentige Provision der jeweiligen Honorare bezüglich der von ihm beigebrachten angeblichen Patienten, die ihrerseits eine Provision in nicht feststellbarer Höhe erhielten. Weiteres Geld wurde durch die Angeklagten unter anderem für die Ratenzahlungen an die und Begleichung von Verbindlichkeiten, sowie seitens des Angeklagten für Anschaffungen und laufende Kosten für die Praxen verwendet.

Auch wenn die Angeklagten Teile des Geldes wie dargestellt verwendeten, verbleibt ein Betrag von etwa 200.000,00 Euro, über den die geständigen Angaben der Angeklagten keinen Aufschluss gaben und über dessen Verbleib oder Verwendung die Kammer keine Feststellungen treffen konnten.

6. Aufdeckung

Im Frühjahr 2013 kam es vermehrt zu Zahlungsproblemen der vermeintlichen Patienten gegenüber der . Zudem ging ein Anruf bei der ein, in dem sich, die „Patientin" in Fall 29 beschwerte, dass sie eine Rechnung erhalten habe, obwohl sie nicht behandelt worden sei. Wenig später meldete sie sich erneut und teilte mit, sich geirrt zu haben, eine Behandlung habe doch stattgefunden. Zudem wurde nun festgestellt, dass angebliche Patienten des Angeklagten unter der gleichen E-​Mail-​Adresse verkehrten. Die kündigte aufgrund dieser und weiterer Verdachtsmomente die Verträge mit dem Angeklagten h am 16. April 2013 zum 31. Mai 2013.

Am 21. November 2013 gab der Angeklagte gegenüber der ein notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis über 900.000,00 Euro ab.

7. Versuchsfälle

In den Fällen 31 und 32 datieren die eingereichten Forderungen vom 16. April 2013, also dem Datum der Vertragskündigung. Da zu diesem Zeitpunkt bereits Zweifel an der Richtigkeit der eingereichten Rechnungen bestanden, kann die Kammer nicht ausschließen, dass die Mitarbeiter der den Ankauf der beiden Forderungen und die folgende Kaufpreisüberweisung nicht mehr irrtumsbedingt vorgenommen haben. Weshalb es zu diesem Zeitpunkt noch zu dem Ankauf kam, ließ sich in der Hauptverhandlung nicht aufklären.“

Auf dieser Grundlage steht zur Gewissheit des Berufsgerichts für Heilberufe fest, dass der Beschuldigte durch ein mehraktiges Verhalten ein einheitlich zu würdigendes Berufsvergehen begangen hat. Die damit verletzte Berufspflicht ergibt sich insbesondere aus der zur Tatzeit geltenden Berufsordnung der Zahnärztekammer Berlin (BO) in der Fassung vom 30. Januar 1997 (ABl. S. 3078), zuletzt geändert am 26. April 2007 (ABl. 2008 S. 864). Nach § 1 Abs. 1 S. 6 2. Spiegelstrich der Berufsordnung ist der Zahnarzt verpflichtet, dem ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Dem entspricht die Verpflichtung aus § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KammerG, den Beruf gewissenhaft auszuüben.

Der Beschuldigte hat durch die Straftaten, mit denen er die geschädigt hat, seine Berufspflicht verletzt, dem ihm als Zahnarzt im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Die Taten waren ihm überhaupt nur aufgrund seiner Eigenschaft als Berufsträger möglich, weil er nur deswegen in der Lage war, fiktive Honorarforderungen zu verkaufen. Dies begründet entgegen der Auffassung des Beschuldigten ein Bedürfnis für eine zusätzliche berufsrechtliche Disziplinierung neben der strafrechtlichen Sanktion. Das Erfordernis eines berufsrechtlichen Überhangs ist, auch wenn es nicht ausdrücklich geregelt ist, allgemein anerkannt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13. März 2019 – 6t E 757/18.T – juris Rn. 18 f. m.w.N.). Dies gilt selbst für den Fall, dass das Strafgericht ein beschränktes Berufsverbot verhängt hat (OVG Münster, Beschluss vom 9. Dezember 2003 – 13 B 1944/03 – juris Rn. 7).

Bei der Beurteilung der Frage, ob neben der grundsätzlich ausreichenden strafrechtlichen Sanktion eine berufsrechtliche Ahndung erforderlich ist, sind alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Hierzu gehören auch, aber nicht nur, die Schwere der Tat, die Einsicht des Beschuldigten in sein Fehlverhalten, sein Verhalten in der Zwischenzeit und die sich daraus ergebende Prognose hinsichtlich seines künftigen berufsrechtmäßigen Verhaltens, und schließlich das Erfordernis, einer etwaigen Minderung des Ansehens der Kammerangehörigen entgegenzuwirken oder verlorenes Vertrauen der Öffentlichkeit in die Kammerangehörigen wiederherzustellen. Des Weiteren ist aber auch zu berücksichtigen, inwieweit die Tat den Kernbereich der Berufstätigkeit betraf, und ob eine Ahndung aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich ist (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13. März 2019 – 6t E 757/18.T – juris Rn. 20).

Auf dieser Grundlage ist allgemein anerkannt, dass die betrügerische Abrechnung von Leistungen, insbesondere dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum erfolgte und ein erheblicher Schaden entstanden ist, das Bedürfnis für eine zusätzliche berufsrechtliche Disziplinierung auslöst (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13. März 2019 – 6t E 757/18.T – juris Rn. 21). Die Verletzung der Pflicht zur korrekten Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen und die mit betrügerischen oder leichtfertigen Falschabrechnungen verbundene Gefährdung der finanziellen Basis der Kassen kann nach den Umständen des Einzelfalls zur Annahme der Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit führen, die den Entzug der Approbation rechtfertigen kann (OVG Bremen, Urteil vom 2. August 2017 – 10 LD 278/14 – juris Rn. 62; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. September 2002 – 3 C 37/01 – juris 21 ff.). Auch wenn diese Entscheidungen überwiegend den Abrechnungsbetrug gegenüber gesetzlichen Krankenkassen betreffen, können die zugrunde liegenden Rechtsgedanken auf den Fall übertragen werden, dass ein Berufsträger seine berufliche Stellung ausnutzt, um ein privatrechtliches Unternehmen zu schädigen, dass darauf spezialisiert ist, Berufsträger bei der Abrechnung ihrer Leistung zu unterstützen. Auch insoweit erscheint das Vertrauensverhältnis als schützenswert und erfordert eine Maßnahme insbesondere zur Wahrung des Ansehens des Zahnarztberufs.

Die Pflicht, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen, hat der Beschuldigte auch dadurch verletzt, dass er Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nicht rechtzeitig abgeführt und die Insolvenz seines Unternehmens verschleppt hat. Nach der Rechtsprechung des Berufsgerichts für Heilberufe Berlin stellt die wiederholte Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in jedem Fall eine Berufspflichtverletzung dar, die von nicht unerheblichem Gewicht ist (Urteil vom 2. November 2011 – 90 K 7.09 T – juris Rn. 26). Auch wenn die Entscheidung einen Arzt betrifft, bei dem die einschlägige Berufsordnung die Beachtung der arbeitsrechtlichen Regelungen gegenüber den nichtärztlichen Mitarbeitern ausdrücklich regelt, gehört es auch ohne eine solche Klarstellung zu der gewissenhaften Berufsausübung, die jeweils geltenden rechtlichen Vorschriften zu beachten und insbesondere nicht gegen die Strafgesetze zu verstoßen.

Der Beschuldigte hat vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Auch wenn das Strafgericht dies nicht ausdrücklich erwähnt hat, ist es ersichtlich davon ausgegangen, dass der Beschuldigte sich vorsätzlich wegen Betruges in 32 tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht hat, wobei er in 22 Fällen mit dem weiteren Angeklagten gemeinschaftlich handelte und es in zwei Fällen beim Versuch blieb. Ähnliches gilt für die im Strafbefehl enthaltenen Vorwürfe der Insolvenzverschleppung und des Nichtabführens von Beiträgen zur Sozialversicherung. Der Umstand, dass der Beschuldigte sich nach Verkündung des Urteils des Landgerichts wegen Depressionen und einer zugrunde liegenden bipolaren Störung in psychotherapeutische Behandlung begeben hat, gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, zu Gunsten des Beschuldigten von einer verminderten Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten auszugehen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich der Beschuldigte nach der Verkündung eines strafgerichtlichen Urteils, das ihn zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt hat, in niedergedrückter Stimmung befand. Rückschlüsse auf eine Beeinträchtigung bei Begehung der Straftaten und auf deren Auswirkung auf die Taten, lässt dies nicht zu.

Nach den Strafzumessungsgründen im strafgerichtlichen Urteil, die zwar nicht bindend sind, von denen das Berufsgericht für Heilberufe jedoch ausgeht, handelte es sich jeweils um gewerbsmäßigen Betrug, weil der Beschuldigte sich durch die betrügerisch erlangten Beträge eine laufende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen wollte.

Bei der Auswahl und der Bemessung der berufsgerichtlichen Maßnahme ist das Gewicht der festgestellten Berufspflichtverletzung, die Persönlichkeit des Beschuldigten, das Ausmaß seiner Schuld, berufsrechtliche Vorbelastungen, aber auch die Notwendigkeit zu berücksichtigen, das Ansehen der Angehörigen des Berufsstandes zu wahren und das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität und Zuverlässigkeit eines Berufsträgers zu sichern, um so die Funktionsfähigkeit des Berufsstandes zu gewährleisten. Bei der Schwere der Berufspflichtverletzung spielt auch eine Rolle, ob der Kern der beruflichen Tätigkeit betroffen ist; zu den die Schuld und die Persönlichkeit beeinflussenden Faktoren gehören die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten sowie die Zahl der Pflichtverletzungen. Das Berufsrecht ist als Teil des staatlichen Disziplinarrechts nicht repressiv und damit tatbezogen. Vielmehr ist vorrangig das Gesamtverhalten und die Gesamtpersönlichkeit des Beschuldigten im Hinblick auf die sich aus dem gezeigten Verhalten ergebenden Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Berufsausübung zu würdigen; dabei steht die individuelle Pflichtenmahnung im Vordergrund. Neben dem Gewicht des Berufsvergehens ist dabei die Prognose des künftigen Verhaltens des Beschuldigten und hierbei die Frage entscheidend, in welchem Umfang es einer pflichtenmahnenden Einwirkung bedarf, um ein berufsrechtliches Fehlverhalten zukünftig zu unterlassen (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-​Brandenburg, Urteil vom 28. Februar 2019 – OVG 90 H 2.18 – juris Rn. 109).

Grundsätzlich kommen nach § 17 Abs. 1 KammerG in abgestufter Form und teilweise gemäß § 17 Abs. 2 KammerG auch kumulativ eine Warnung (1.), ein Verweis (2.), eine Geldbuße bis zu 50.000,- Euro (3.), die Entziehung des aktiven und passiven Kammerwahlrechts (4.) und die Feststellung, dass der Beschuldigte unwürdig ist, seinen Beruf auszuüben (5.), als Sanktionen in Frage.

Hier liegen die Voraussetzungen für die Verhängung der Höchstmaßnahme vor. Anlass für die Annahme der Unwürdigkeit können nur gravierende Verfehlungen sein, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern. Der Betroffene muss ein schwerwiegendes Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Zahnarztes nicht zu vereinbaren ist (BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2016 – 3 B 68/14 – juris Rn. 6).

Die Ausübung des zahnärztlichen Berufs, die entsprechende Einschätzung durch die Patientenschaft und die Öffentlichkeit umfasst nicht nur eine fachlich beanstandungsfreie Behandlung des Patienten, sondern auch die Einhaltung der sonstigen Berufspflichten. Zwar mag den Angehörigen der Heilberufe heute nicht mehr in jeder Beziehung eine integre Lebensführung auferlegt sein und allein die Begehung eines einzelnen Delikts durch einen Zahnarzt noch nicht zu dessen Unwürdigkeit führen. Im Hinblick auf das Merkmal der Berufswürdigkeit gehört aber auch dazu, alles zu unterlassen, was das Ansehen des Berufsstandes gefährdet. Dieses ist, da das Ansehen und Vertrauen in die Zahnärzteschaft ein Element des wichtigen Gemeinschaftsgutes der Volksgesundheit ist, das als solches vor Gefährdung in Schutz genommen werden muss, zwar nicht um seiner selbst willen, sondern um des Vertrauens willen geschützt, das die Öffentlichkeit den Angehörigen des Zahnarztberufs entgegenbringen soll (VGH München, Beschluss vom 21. Mai 2010 – 21 BV 09.1206 – juris Rn. 23 – 24 m.w.N.).

Im Interesse der Gesundheit des Einzelnen und aller Bürger sollen Patienten die Gewissheit haben, dass sie sich ohne Vorbehalt einem Zahnarzt voll und ganz anvertrauen können. Sie sollen nicht durch ein irgend geartetes Misstrauen davon abgehalten werden, rechtzeitig zahnärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diesem Anliegen ist nicht bereits dann Genüge getan, wenn der Zahnarzt keinen Anlass bietet, an seiner Heilkunst zu zweifeln. Denn auch erhebliche Straftaten, die keinen Zusammenhang mit einer als solcher unbeanstandbar ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeit haben, sind geeignet, das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient zu stören und damit zur Unwürdigkeit zu führen. Die Allgemeinheit erwartet sich bei der gebotenen objektiven Betrachtung von einem Zahnarzt, dass er anderen nicht durch erhebliche Straftaten wesentlichen Schaden zufügt, weil das dem Bild vom helfenden und heilenden Zahnarzt zuwiderliefe (VGH München, Urteil vom 22. Juli 2014 – 21 B 14.463 – juris Rn. 36; OVG Münster, Urteil vom 25. Mai 1993 – 5 A 2679/91 – juris Rn. 15).

Die Straftaten des Beschuldigten, die Gegenstand des berufsgerichtlichen Verfahrens sind, widersprechen ganz klar diesem Berufsbild. Der Beschuldigte hat sich in erheblichem Umfang wegen gewerbsmäßigen Betruges strafbar gemacht und darüber hinaus Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt und Insolvenzdelikte begangen. Zwar kann zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt werden, dass das Strafgericht ausdrücklich von der Verhängung eines Berufsverbotes abgesehen hat. Es hat darauf abgestellt, ob „eine Wahrscheinlichkeit künftiger ähnlich erheblicher Rechtsverletzungen durch den Täter besteht, wobei der Richter einen Ermessenspielraum hat“. Maßgeblich für die Annahme, dass eine Wiederholungsgefahr nicht bestehe, war die Annahme des Strafgerichts, dass der Beschuldigte „nicht nur früh seine Taten eingestanden und die Verantwortung für sein Handeln übernommen“ habe. Er habe „auch - was entscheidend ist - glaubhaft versichert, in Zukunft im Angestelltenverhältnis tätig sein zu wollen, so dass er selbst mit Honorarabrechnungen nicht mehr in Berührung käme“. Er habe „den Eindruck vermittelt, sich aufgrund seiner desolaten finanziellen Situation darüber im Klaren zu sein, dass eine selbständige Tätigkeit für ihn nicht mehr in Betracht kommt.“ An diese Bewertung ist das Berufsgericht jedoch nicht gebunden. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn das Strafgericht selbst eine berufsrechtliche Maßnahme verhängt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1963 – I C 98.62 – BVerwGE 15, 282-289, Rn. 11).

Die Begründung zeigt jedoch auf der anderen Seite auf, dass das Strafgericht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für ein Berufsverbot dem Grunde nach vorlagen. Entsprechend ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin davon ausgegangen, dass dem Beschuldigten die Approbation zu entziehen war. Voraussetzung für den Widerruf der Approbation ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG), dass nachträglich Tatsachen eingetreten sind, aus denen sich die Unzuverlässigkeit oder die Unwürdigkeit des Zahnarztes zur Ausübung des Zahnarztberufes ergibt. Das Strafgericht hat sich letztlich davon leiten lassen, dass der Beschuldigte den Eindruck erweckt hat, er werde alles tun, um Wiederholungsfälle zu vermeiden. Insoweit konnte sich das Berufsgericht für Heilberufe einen eigenen, ungünstigeren Eindruck von dem Beschuldigten verschaffen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nach § 7a ZHG bei einer Person, die gemäß § 7 auf die Approbation verzichtet hat und die einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation gestellt hat, die Entscheidung über diesen Antrag zurückgestellt und zunächst eine Erlaubnis zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs nach § 13 Abs. 1 bis zu einer Dauer von zwei Jahren erteilt werden kann. Dies dürfte dafür sprechen, dass das Landesamt eine weitere Verlängerung der Erlaubnis zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes nicht ohne weiteres vornehmen kann, sondern zuvörderst darüber entscheiden muss, ob es dem Beschuldigten die zahnärztliche Approbation wieder erteilt. Sollte die Behörde sich für letzteres entscheiden, lässt es sich nicht ausschließen, dass der Beschuldigte erneut eine selbstständige Berufstätigkeit aufnehmen würde.

Mit Blick auf die durch das Berufsvergehen des Beschuldigten herbeigeführte Beeinträchtigung des Ansehens und des Vertrauens in die Zahnärzteschaft ist neben den strafrechtlichen Verurteilungen, deren Feststellungen Grundlage des berufsgerichtlichen Verfahrens sind, auch das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 15. Mai 2006 von besonderer Bedeutung, das den Beschuldigten wegen Betruges sowie wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt hat, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Diese Verurteilung steht ebenfalls im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Beschuldigten, der durch die Verleitung einer weiteren Person zur Falschaussage erreichte, dass eine frühere Beschäftigte in seiner Zahnarztpraxis einen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Berlin verlor und in der Berufungsinstanz einen für sie ungünstigen Vergleich abschloss. Der Kläger hat sich selbst durch die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht davon abhalten lassen, erneut im Rahmen seiner Berufstätigkeit durch betrügerische Handlungen in ganz erheblichem Umfang straffällig zu werden. Dies weist darauf hin, dass der Beschuldigte gerade im Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit als Zahnarzt bereit war, rücksichtslos und unter Verletzung von Strafgesetzen seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zulasten anderer Personen durchzusetzen.

Die damit verbundene Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsstandes, das durch die Handlung des Beschuldigten gegenüber einem auf die Abrechnung von Privatrechnungen spezialisiertem Privatunternehmen betroffen wurde, spricht dafür, gegen den Beschuldigten eine gewichtige Maßnahme zu verhängen. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität und Zuverlässigkeit eines Berufsträgers wird schwer beeinträchtigt, wenn dieser seine Berufsstellung für die Begehung von Straftaten ausnutzt, die das Strafgericht mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe geahndet hat. Darüber hinaus sprechen gegen den Beschuldigten die Vielzahl der Einzelhandlungen, der Umstand, dass er einen weiteren Mittäter sowie weitere Hilfspersonen mit einbezogen hat, und insbesondere der erheblicher Schaden, den er bei dem Abrechnungsunternehmen angerichtet hat. Ferner ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass es sich um einen gewerbsmäßigen Betrug handelte, mit dem er sich anstelle einer ordnungsgemäßen Berufsausübung ein regelmäßiges Einkommen verschafft hat.

Zugunsten des Beschuldigten kann berücksichtigt werden, dass er sich einsichtig gezeigt hat, frühzeitig ein Geständnis abgelegt hat und sich zur Schadenswiedergutmachung verpflichtet hat. Allerdings kann diesen Umständen kein besonders hohes Gewicht zukommen, wenn der Beschuldigte durch Urkunden bereits überführt war und es ihm angesichts der drohenden Haftstrafe um eine Schadensbegrenzung für sich selber gehen musste. Auch der Umstand, dass der Beschuldigte vor der Verurteilung und danach als Freigänger keine weiteren Berufspflichtverletzungen begangen hat, kann allenfalls mit einem geringen Gewicht zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt werden. Es spricht viel dafür, dass bei dem Beschuldigten Charaktermängel vorliegen, die ihn zu Straftaten veranlasst haben, die zu einem vollständigen Vertrauensverlust geführt haben. Das Berufsgericht hält daher zur Wahrung des Ansehens des Zahnarztberufs die Feststellung, dass der Beschuldigte unwürdig ist, seinen Beruf auszuüben, für unabdingbar. Es wäre der Bevölkerung nicht zu vermitteln, dass ein Zahnarzt, der bei seiner Berufsausübung in dem Maße wie der Beschuldigte Straftaten begangen hat, weiterhin die Gelegenheit erhalten soll, sein Verhalten fortzusetzen.

Die seit dem Berufsvergehen verstrichene Zeit kann dem Beschuldigten nicht als Milderungsgrund zu Gute kommen. Insbesondere die etwas mehr als drei Jahre, die der Beschuldigte Mitglied der waren, können sich nicht zugunsten des Beschuldigten auf das vorliegende Verfahren auswirken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts richtet sich die Bewertung, ob eine mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes nicht in Einklang stehende Verfahrensverzögerung vorliegt, nach den besonderen Umständen des Einzelfalls, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des Tatvorwurfs, der Umfang und die Schwierigkeit des Verfahrensgegenstandes sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen. Keine Berücksichtigung finden hingegen Verfahrensverzögerungen, die durch den Beschuldigten selbst oder die Verteidigung, sei es auch durch zulässiges Prozessverhalten, verursacht wurden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. September 2012 – 2 BvR 2819/11 – juris Rn. 4). Davon ausgehend handelt es sich bei der vorübergehenden Unzuständigkeit der Einleitungsbehörde, die darauf beruhte, dass der Beschuldigte seine Tätigkeit in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Kammer verlegt hatte, um eine nicht zu berücksichtigende Verfahrensverzögerung, die der Beschuldigte selbst verursacht hat. Dies wurde in einem berufsgerichtlichen Verfahren auch für den Fall angenommen, dass der Angehörige einer Kammer sich wegen eines Auslandsaufenthalts vorübergehend nicht in deren Zuständigkeitsbereich befand (Berufsgericht für Heilberufe Münster, Urteil vom 20. Februar 2008 – 16 K 730/07.T – juris Rn. 20; Landesberufsgericht für Heilberufe Münster, Urteil vom 29. September 2010 – 6t A 1292/08.T – juris Rn. 12).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 24 KammerG in Verbindung mit § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG, § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2 i. V. m. § 709 Satz 2 ZPO.


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