Urteilstext
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 500,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.11.2013 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren immateriellen und materiellen Schaden zu ersetzen, der aus der fehlerhaften Behandlung der
Klägerin durch den Beklagten im Zeitraum zwischen Mai 2012 und Juli 2012 entstanden ist bzw. entstehen wird, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige
Dritte übergehen oder übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten, einen niedergelassenen Zahnarzt mit den Tätigkeitsschwerpunkten ästhetische Zahnheilkunde und Implantologie, wegen einer angeführten zahnärztlichen
Fehlbehandlung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.
Der Klägerin waren anderweitig im Dezember 2010 Frontzähne extrahiert und anderen Stelle am 21.01.2011 zwei Implantate regio 12 und 21 gesetzt worden. Der Beklagte sollte nunmehr
die Prothetik, aufbauend auf den Implantaten, in Form einer Brücke aus Keramik erstellen.
Nach den entsprechenden Vorarbeiten fertigte der Beklagte die erste Prothetik, die zunächst mit Rücksicht auf eine Schwangerschaft der Klägerin eingesetzt wurde, wobei der genaue
Zeitpunkt zwischen den Parteien streitig ist (Februar 2011 oder Februar 2012).
Für Leistungen am 08.02.2011 erstellte der Beklagte unter dem 06.12.2011 eine Rechnung, die die Klägerin auch beglich.
Am 11.04.2012 erfolgte eine Behandlung wegen einer Nacharbeitung (wohl des Provisoriums).
Am 16.05.2012 wurde die endgültige Brücke eingesetzt und provisorisch zementiert. Am 30.08.2012 nahm die Klägerin einen Termin beim Beklagten wahr, in dem eine Korrektur der Brücke
erfolgte. In der Folgezeit war die Zahnbehandlung wegen einer Niederkunft der Klägerin und nachfolgender gesundheitlicher Probleme unterbrochen.
Am 16.10.2012 übersandte der Beklagte der Klägerin für seine bisherige Tätigkeit eine Rechnung über EUR 3.598,36, die die Klägerin beglich.
Eine Weiterbehandlung fand ab April 2013 statt. Im Juni 2013 brach die obere Ecke des linken Frontzahnes (21) ab, was der Beklagte beheben konnte.
Laut den Behandlungsunterlagen nahm die Klägerin Termine am 08.04.2013, 22.07.2013 und 24.07.2013 wahr und erschien danach nicht mehr zur Behandlung in der Praxis des Beklagten. Im
Juli 2013 erhielt der Zahnersatz auf Wunsch der Klägerin eine hellere Farbe durch den Zahntechniker.
Mit Schreiben vom 20.08.2013 übersandte die Klägerin dem Beklagten per email Fotographien des damaligen Zustandes der Prothese mit der Bitte um Vereinbarung eines Termins, in dem
die Prothese ausgebessert werden solle. Mit email vom 27.08.2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie den ursprünglich geforderten weiteren Behandlungstermin nicht mehr
wahrnehmen wolle. Ferner forderte sie den Beklagten auf, den von diesem mit Rechnung vom 16.10.2012 angeforderten Eigenanteil (Honorar und Laborkosten) in Höhe von EUR 3.598,36,
welchen sie am 15.01.2013 bezahlt habe, bis 04.09.2013 zu erstatten.
Der Beklagte wies mit email vom 04.09.2013 die Forderungen zurück und bot der Klägerin an, erneut einen Termin in seiner Praxis wahrzunehmen, um „eine Lösung für das Problem" zu
finden.
Mit Schreiben vom 19.09.2013 forderten die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten nochmals zur Erstattung auf. Der Beklagte wies mit Schreiben seines
nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2013 die Ansprüche zurück.
Die Klägerin behauptet, sie habe sich erstmals zu Beginn des Jahres 2012 in die Praxis des Beklagten in der Nähe des Doms begeben, die erste Prothetik sei im Februar 2012
provisorisch eingesetzt worden. Sämtliche Behandlungen zuvor habe - teilweise in Gegenwart des Beklagten - Dr. Dr. … vorgenommen und diese auch abgerechnet.
Bereits diese erste vom Beklagten eingegliederte Prothetik sei unzureichend gewesen: Die beiden Frontzähne (12, 21) hätten deutliche Abweichungen voneinander aufgewiesen. Der Zahn
11 sei sichtbar kürzer als Zahn 21 gewesen, ferner seien die Übergänge zwischen den Zähnen nicht sauber gearbeitet gewesen und die Farbe der künstlichen Zähne habe nicht mit
derjenigen der angrenzenden Zähne harmoniert. Ferner habe die Oberfläche der Prothetik zum Teil Rillen aufgewiesen, die sich äußerlich von den anderen Zähnen deutlich abgehoben
hätten und im Mund der Klägerin zu Irritationen geführt hätten. Überdies habe auch nach den ersten Nacharbeiten die Prothese fehlerhaft gesessen, weshalb beim Sprechen Speichel
durch die Frontzähne gespritzt sei und die Klägerin deshalb Probleme beim Sprechen gehabt habe.
Auch nach der Nachbesserung im April 2012 seien Rillen auf den unterschiedlich langen Frontzähnen vorhanden gewesen, ferner sei die Färbung deutlich zu gelb gewesen und die
Übergänge seien unsauber gearbeitet gewesen.
Die Klägerin behauptet weiter, auch die Nacharbeiten im April 2013 hätten zu keiner Verbesserung, sondern vielmehr zu einem völlig unerwarteten Ergebnis geführt: Die Zähne hätten
danach ein klobiges Bild abgegeben und nach vorne „hervorgestochen" (Pferdegebiss), ferner seien sie unnatürlich weiß gewesen.
Nach dem - streitigen - Abbruch eines Teils des Zahnes 11 im August 2013 habe sie sich in Behandlung ihrer vormaligen Zahnärztin begeben, die ebenfalls die Arbeit des Beklagten für
unzureichend befundet habe.
Bis heute weise die Prothese mangelhafte Übergänge und unzureichende Abschlüsse zwischen der Prothetik und dem Zahnfleisch im hinteren, zum Gaumen hin gerichteten Bereich auf. Auch
im Bereich der Frontzähne seien die Abschlüsse nicht dicht, so dass sich dort Speisereste ablagern könnten, was zur Notwendigkeit einer regelmäßigen umfassenden Zahnreinigung zur
Vorbeugung von unangenehmem Mundgeruch führe. Ferner würden das Zahnfleisch und die Mundinnenwand der Klägerin ständig und in zunehmendem Maße irritiert.
Sie behauptet, die Arbeit des Beklagten sei für sie insgesamt wertlos.
Neben der Erstattung des geleisteten Eigenanteils begehrt die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000,00 EUR. Begründend führt sie unter anderem die
Beeinträchtigungen aufgrund der optischen Mängel in ihren persönlichen sozialen Kontakten sowie ihrer beruflichen Tätigkeit an sowie den Umstand, dass die Behandlung wiederholt
werden muss.
Die Klägerin beantragt sinngemäß mit der am 27.11.2013 zugestellten Klage, den Beklagten zu verurteilen,
1.
an die Klägerin EUR 3.598,36 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2.
an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 3.000,00, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3.
die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von EUR 413,64 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen,
4.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren immateriellen und materiellen Schaden zu ersetzen, der aus der im Februar 2012 von dem Beklagten
begonnenen zahnärztlichen Behandlung entstanden ist bzw. entstehen wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet den angeführten Behandlungsfehler. Er behauptet, die provisorische Kunststoffbrücke sei bereits am 15.02.2011 eingesetzt worden, im Februar 2012 habe es
keine Behandlung gegeben. Etwaige Keramikabsplitterungen an der endgültigen, am 16.05.2012 eingesetzten und provisorisch befestigten Suprakonstruktion seien ihm unbekannt, diese
müssten nach der letzten Behandlung durch den Beklagten entstanden sein. Er ist der Ansicht, jedenfalls habe er nicht hinreichend Gelegenheit zur Nachbesserung gehabt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 22.05.2014, Bl. 75 der Gerichtsakte, und Beschluss vom 13.02.2015, Bl. 159 der Gerichtsakte, durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens sowie dessen mündliche Erläuterung im Verhandlungstermin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Dr. B
vom 21.11.2014, Bl. 93 ff. der Gerichtsakte, sowie die Sitzungsniederschrift vom 22.09.2015, Bl. 174 der Gerichtsakte, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet, im Übrigen war sie abzuweisen.
I.
Zunächst hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 500,00 aus §§ 280, 253 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den
Parteien geschlossenen Behandlungsvertrag.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Beklagte zur Überzeugung der Kammer die Klägerin fehlerhaft behandelt, weil er die am 16.05.2012 inserierte Brückenkonstruktion ohne
sachlichen Grund niemals endgültig zementierte, sondern bis zum Ende der Behandlung im Jahr 2013 einzig provisorisch befestigte, wodurch Mängel der Brücke entstanden, die nunmehr
eine Neuanfertigung der Brückenkonstruktion erforderlich machen.
Die Kammer stützt ihre Überzeugung hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der Behandlung vollumfänglich auf das sorgfältig erstellte, umfassende Sachverständigengutachten des gerichtlich
bestellten Sachverständigen Dr. Dr. … sowie dessen mündliche Erläuterungen im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung. Die Ausführungen des Sachverständigen waren eindeutig
und gut nachvollziehbar. Anhaltspunkte für Zweifel an den Feststellungen und Erklärungen des Sachverständigen, der der Kammer seit Jahren aus zahlreichen weiteren
Zahnarzthaftungsverfahren als kompetent, erfahren und zuverlässig bekannt ist, ergaben sich für die Kammer nicht.
Soweit die Parteien den zeitlichen Ablauf der Behandlung divergierend vorgetragen haben, konnte aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen, auch aus Korrespondenz zwischen den
Parteien aus dem Jahr 2012, die sich auf einen anderen Rechtsstreit der Klägerin bezog, sowohl von der Kammer als auch vom Sachverständigen ermittelt werden, dass der Beklagte
zunächst für die Klägerin eine Prothetik provisorisch im Februar 2011 einsetzte. Sodann wurde am 16.05.2012 eine weitere - neu gefertigte - Brückenkonstruktion eingesetzt.
Der Sachverständige Dr. Dr. … hat im Ergebnis eine Mangelhaftigkeit der im Mai 2012 eingesetzten Prothese, welche die Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den
Sachverständigen im September 2014 noch trug, in mehrfacher Hinsicht festgestellt, diese aber nur im Hinblick auf einen einzigen Mangel in Zusammenhang mit einem Behandlungsfehler
des Beklagten gestellt. Die im Jahr 2011 inserierte Prothetik konnte der Sachverständige nicht mehr begutachten, so dass die Klägerin hinsichtlich ihrer diesbezüglich aufgestellten
Behauptungen den Beweis nicht erbringen konnte. Zur Überzeugung der Kammer ist dem Beklagten insoweit ein Vorwurf fehlerhafter Behandlung zu machen, als er die am 16.05.2012
inserierte Brückenkonstruktion zu keinem Zeitpunkt definitiv inkorporierte, sondern bis zum Ende der Behandlung im Juli 2013 immer nur und immer wieder provisorisch zementierte.
Der Sachverständige erklärte, anlässlich der Untersuchung der Klägerin am 11.09.2014 habe er festgestellt, dass die Prothese im Bereich der Zähne 11 und 21 aufgrund von
Keramikabsplitterungen vertikale Defekte und Frakturlinien im Bereich der Inzisalkanten (Schneidekanten) aufweise. Außerdem seien das prothetische Abutment 21 sowie 12 aufgrund zu
vermutender Keramikabsplitterungen im hinteren Bereich (palatinal-zervikal) nicht bis zur finalen Präparationsgrenze durch die Restauration abgedeckt. Palatinal seien die
Kronenränder zu kurz dimensioniert. Nunmehr bestehe eine eingeschränkte Hygienefähigkeit. Den Eindruck eines „Pferdegebisses" hat der Sachverständige indes nicht bestätigt, auch
eine überdurchschnittliche Bauchigkeit und ein leichter frontaler Überbiss führten nach seinen Ausführungen nicht zu einem optischen Hervorstechen der prothetischen Versorgung.
Weiter erklärte er, auffällige Farbabweichungen und Rillen seien nicht festzustellen gewesen. Die Farbe der Keramik sei nicht unnatürlich. Die Prothetik sei in optischer Hinsicht
allerdings derzeit mangelhaft, weil an zwei Restaurationen die Inzisalkanten abgebrochen seien.
Die Abplatzungen im palatinalen Bereich führte der Sachverständige für die Kammer überzeugend auf eine nicht medizinisch gerechtfertigte und deshalb fehlerhaft nur provisorische
Befestigung der Suprakonstruktion über einen langen Zeitraum - hier mehr als ein Jahr - zurück. Hierzu erklärte er - insbesondere gut nachvollziehbar im Rahmen der mündlichen
Erläuterung des Gutachtens -, der Beklagte habe für die Klägerin eine zirkonoxidbasierte Suprakonstruktion gewählt, die eine große Stabilität aufweise. Gleichzeitig sei jedoch über
einen langen Zeitraum nur eine provisorische Befestigung mittels Implant-Link gewählt worden. Bei einer solchen Befestigung trete nach einiger Zeit - wie er auch im Rahmen der
Untersuchung der Klägerin habe feststellen können - eine Mobilität der Brücke auf. Dadurch entstünden, wie hier geschehen, Spannungslinien, die schließlich ihrerseits zu den
eingetretenen Abplatzungen und Kronenranddefiziten führen könnten und hier geführt haben.
Er erläuterte weiter, soweit Frakturen an den Inzisalkanten der Zähne 11 und 21 und im palatinal-zervikalen Bereich der Restaurationen 12 und 21 Substanzdefizite der Keramik
bestünden, könne zwar nicht exakt festgesellt werden, wann diese Schäden entstanden seien. Hinsichtlich der Abplatzungen im palatinalen-zervikalen Bereich lasse sich indes eine
andere Ursache als ein Bezug zu den Kronen und Befestigungen ausschließen. Während die Frakturen und Abplatzungen im Schneidekantenbereich auch durch Traumen, beispielsweise das
Anstoßen von Besteck oder Geschirr, entstehen könnten und erklärbar seien, sei dies im hinteren palatinalen Bereich nicht möglich. Dabei ergänzte der Sachverständige im Rahmen der
mündlichen Erläuterung des Gutachtens, es sei aus seiner Sicht auszuschließen, dass die Kronenranddefizite gerade an den beobachteten Stellen von Anfang an bestanden hätten,
einerseits aufgrund der beobachteten Mobilität, die die Abplatzungen erklären würde, andererseits, weil die Kronenränder im übrigen, also an den weiteren Stellen, exakt wären.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte die Brückenkonstruktion grundsätzlich bereits ca. eine Woche nach der provisorischen Befestigung - sobald der Patient wisse, ob ihm
die Brücke gefalle und er damit zurechtkomme - definitiv befestigt werden können. Spätestens am 30.08.2012, wo in der Behandlungskartei des Beklagten dokumentiert sei, „Patientin
kommt gut zurecht", hätte definitiv zementiert werden müssen. Soweit der Sachverständige im Verhandlungstermin hinzufügte, er habe allerdings auch einen positiven Erfahrungsbericht
über eine provisorische Befestigung über einen Zeitraum von drei Jahren gelesen, lässt dies erkennen, dass er insoweit eine gründliche Prüfung und Abwägung seiner Beurteilung
vorgenommen hat, was die Kammer von der von ihm gleichwohl verlangten Notwendigkeit einer zeitnahen definitiven Einzementierung zusätzlich überzeugte.
Soweit der Beklagte die nur provisorische Befestigung über einen langen Zeitraum im Termin mit häufigen Änderungswünschen der Klägerin, ihrem eigenen Wunsch sowie dem Umstand
erläutert hat, er sei aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin zuvor einen anderen Zahnarzt gerichtlich in Anspruch genommen habe, „vorsichtig" gewesen, greift dies im Ergebnis
nicht durch. Die bis dahin geäußerten Änderungswünsche erklären nicht, weshalb nicht im August 2012 definitiv zementiert oder eine baldige Wiedervorstellung zur definitiven
Zementierung angemahnt wurde. Soweit der Beklagte im Verhandlungstermin hinzugefügt hat - was sich aus der Behandlungsdokumentation nicht ergibt - die Klägerin habe einzig eine
provisorische Befestigung gewollt, befreit dieser Umstand den Beklagten nicht vom Vorwurf fehlerhaften Verhaltens. Denn der - zumal ggf. ohne ausführliche Erörterung der Problematik
- geäußerte Wille eines Patienten nach einem bestimmten fehlerhaften Vorgehen befreit einen Mediziner nicht von der Pflicht zur Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst und der
Haftung für ihre Verletzung. Ein "Handeln auf Verlangen" kann den Arzt deshalb grundsätzlich nicht aus seiner Haftung für eine fehlerhafte Behandlung entlassen (vgl. OLG Köln,
Urteil vom 25.02.1998, Az. 5 U 157/97, zitiert nach: juris, Rz. 43).
Als Folge der fehlerhaften Behandlung der Klägerin durch den Beklagten ist nunmehr eine Neuanfertigung der Brückenkonstruktion notwendig. Der Sachverständige hat überzeugend
erläutert, dass die Keramikabsplitterungen, die defizitären Kronenrandabschlüsse an zwei Restaurationen sowie der Spaltraum im Bereich des Brückengliedes nur durch eine
Neuanfertigung behoben werden können. Die von der Klägerin vorgetragenen Folgen des Austritts von Speichel beim Sprechen sowie weitere Einschränkungen beim Sprechen hat der
Sachverständige indes nicht feststellen können. Zu den behaupteten Zahnfleischbeschwerden und dem vorgetragenen Mundgeruch erläuterte der Sachverständige, als Folge der Abplatzungen
im palatinalen Bereich und der defizitären Kronenrandsituation könnten sich dort Speisereste sammeln und eine „Plaqueakkumulation" entstehen. Hier bestehe eine eingeschränkte
Hygienefähigkeit. Aufgrund der initialen Zersetzung von Speiseresten könne deshalb leicht Mundgeruch entstehen. Bedingt durch diese Speiseresteansammlung sei im Bereich der
Suprakonstruktion zudem eine Gingivahyperplasie entstanden, die auf entzündlichen Vorgängen basiere und ebenfalls eine Ursache von Mundgeruch sein könne und durch die möglicherweise
freie Dentalräume verschlossen worden seien. Ergänzend hierzu hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens erklärt, die Zahnfleischhyperplasie
verursache keine Schmerzen, wahrscheinlich sei allerdings die Möglichkeit von Zahnfleischblutungen beim Zähneputzen.
Bei der Bemessung des geschuldeten Schmerzensgeldes waren die der Klägerin entstehenden Unannehmlichkeiten und körperlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die durch die
Neuanfertigung und Neu-Insertion einer weiteren Suprakonstruktion entstehen werden. Demgegenüber haben weder die beschriebene Anfälligkeit für Mundgeruch noch die
Zahnfleischirritation, einhergehend mit ggf. Zahnfleischblutungen beim Zähneputzen, Umfang und Gewicht, bei der Schmerzensgeldbemessung ins Gewicht zu fallen. Für die entstehenden
Unannehmlichkeiten und Beeinträchtigungen im Rahmen der - bereits jetzt abzusehenden - Nachbehandlung erachtet die Kammer ein Schmerzensgeld von EUR 500,00 für angemessen, aber auch
ausreichend.
Der diesbezügliche Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
II.
Hingegen hat die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die streitgegenständliche Behandlung entstandenen Kosten in Höhe von EUR 3.598,36. Zwar
steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass die vom Beklagten bei der Klägerin im Mai 2012 inserierte implantatgetragene Suprakonstruktion aktuell nicht funktions- und
verwendungsfähig ist und ausgetauscht werden muss. Dies begründet jedoch für sich genommen noch nicht die rechtliche Bewertung der Prothetik als unbrauchbar in dem Sinne, dass die
Klägerin das dem Beklagten geschuldete zahnärztliche Honorar nicht bezahlen müsste, bzw. dessen Erstattung verlangen kann: Insoweit ergibt sich schon aus dem dienstvertraglichen
Charakter des ärztlichen Behandlungsvertrages, dass eine Fehlerfreiheit der Behandlung grundsätzlich nicht Voraussetzung für die Fälligkeit des Arzthonorars ist. Vielmehr entfällt
der Honoraranspruch eines Zahnarztes nur dann, wenn die erbrachte prothetische Versorgung für den Patienten völlig unbrauchbar ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30.03.2015, Az. 5 U
139/14 zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 27.02.2002, Az. 5 U 151/01; Urteil vom 06.07.2005, Az. 5 U 27/04; OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2005, Az. 1 U 6/05, zitiert nach:
juris; OLG München, Urteil vom 01.02.2006, Az. 1 U 4756/06; OLGR München 2006, 431 f.; OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.12.2007, Az. 1 U 10/07; NJW-RR 2008, 1056 ff.; zitiert nach:
juris) und er diese Versorgung auch weder tatsächlich noch wirtschaftlich nutzt, indem er etwa die Prothetik noch trägt oder eine Nachbehandlung auf der vorhandenen Prothetik
aufgebaut wird. Es genügt deshalb nicht, dass die Leistung mangelhaft oder sogar objektiv wertlos ist, wenn der Patient sie gleichwohl tatsächlich nutzt (BGH, Urteil vom 29.03.2011,
Az. VI ZR 133/10, zitiert nach: juris, Rz. 18 m w. N.; OLG Naumburg, Urteil vom 13.12.2007, Az. 1 U 10/07, zitiert nach: juris, Rz. 7, m. w. N.). Dabei spielt es auch grundsätzlich
keine Rolle, aus welchem Grund der Patient die medizinisch unbrauchbare Versorgung noch trägt, selbst wenn dies nur aus Gründen der Beweissicherung oder aus finanziellen Gründen der
Fall ist; dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Verbleib der Prothetik für den Patienten mit Beeinträchtigungen verbunden ist (OLG Köln, Beschluss vom 30.03.2015, Az. 5 U
139/14, zitiert nach juris). Sollte sich die Klägerin sich allerdings künftig dazu entschließen, sich einer zahnärztlichen Nachbehandlung und einem gegebenenfalls in diesem
Zusammenhang erforderlichen Austausch der Suprakonstruktion zu unterziehen, werden die ihr damit verbundenen Kosten vom Beklagten zu ersetzen sein, weshalb dem hierauf gerichteten
Feststellungsantrag stattzugeben war.
III.
Aufgrund des festgestellten Behandlungsfehlers des Beklagten in der Gestaltung der Brücke sowie der aufgrund der unzureichenden provisorischen Befestigungen entstandenen
Abplatzungen war die Pflicht des Beklagten zum Ersatz zukünftig auftretender Schäden der Klägerin antragsgemäß auszusprechen, § 256 ZPO. Zur Behebung der aufgrund von
Behandlungsfehlern des Beklagten aufgetretenen Mängel ist eine Neuanfertigung der Brückenkonstruktion notwendig. Denn der Sachverständige hat überzeugend erläutert, dass aufgrund
der Keramikabsplitterungen, des defizitären Kronenrandabschlusses an zwei Restaurationen sowie des Spaltraumes im Bereich des Brückengliedes die Notwendigkeit zur Neuanfertigung der
Brückenkonstruktion besteht.
IV.
Der Antrag auf Verurteilung des Beklagten, die Klägerin von außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten zu freizustellen, war unbegründet. Außergerichtlich hat die Klägerin
einzig die Rückzahlung des an den Beklagten gezahlten Honorars gefordert, nicht indes eine Schmerzensgeldzahlung. Nachdem kein Anspruch auf Rückzahlung bestand, besteht auch kein
Anspruch auf Freistellung der hierdurch entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
Streitwert: bis EUR 8.000,00 (Antrag zu 1): EUR 3.598,36, Antrag zu 2): EUR 3.000,00, Antrag zu 3): EUR 1.400,00)